Special: Forza Motorsport 3 (Rennspiel)

von Benjamin Schmädig



Entwickler:
Publisher: Microsoft
Release:
23.10.2009
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ab 5,29€
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4Players: Eine Sache zum Realismus: Sie sagten, dass Sie die Originalstrecken mit einer Genauigkeit von weniger als einem Zentimeter vermessen können. Wie detailliert sind dann die im Spiel vorkommenden Nachbildungen? Anders gefragt: Wie groß ist das kleinste Polygon?

Greenawalt:
Das kommt auf den Bereich der Strecke an. Wir verwenden eine Reihe von Tricks [um die gewünschte Genauigkeit zu erzielen]. Wenn die Strecke relativ eben ist, können wir große Polygone verwenden. Aber an Stellen, wo sich der Asphalt stark wellt, kommen kleinere zum Einsatz. Zusätzlich können wir dann verschiedene... Texturen ist nicht der richtige Ausdruck... denn das sind sichtbare Elemente. Es ist eher eine Art unsichtbare, aber fühlbare Oberfläche, die wir auf dieses Polygon legen, damit es sich wie eine Reihe kleiner Unebenheiten anfühlt. Man könnte es mit Bump Mapping vergleichen, nur dass die sichtbare Textur auch die Physik beeinflusst. Vielleicht sieht man also ein sehr langes Polygon, auf dem sich aber kleine Unebenheiten befinden.

4Players: Man kann die ursprünglichen Daten also noch nicht so nehmen wie sie sind und einfach ins Spiel einbauen?

Greenawalt:
Nein, deshalb dauert das auch so lange. Zuerst bauen wir die Daten tatsächlich originalgetreu ein, aber dann müssen wir sie anpassen.

4Players: Gibt es unterschiedliche Wetterbedingungen oder Nachtrennen?

Greenawalt:
Nope.

4Players: Warum nicht?

Greenawalt: Weil wir dafür Kompromisse bei den vier Grundpfeilern des Spiels eingehen müssten: Alle 400 Autos können beschädigt werden, sie können getunt und lackiert werden und man kann sämtliche Wagen in Cockpit-Perspektive fahren. Wir treffen keine Entscheidungen, bei denen wir sagen müssten:
Noch lässt sich die Realität nur bedingt simulieren. Aber Forza 3 ist nah dran!
Nein, bestimmte Dinge funktionieren nur bei 200 unserer Autos. Das ist Bullshit.

Es ist nicht so, dass Nachtrennen oder Wetterwechsel unmöglich wären. Dafür müssen wir die Technik aber erst weiter optimieren. Denn nur so kann man sich auf Konsole weiterentwickeln: Man lernt, wie man [die Software] optimieren kann. Sobald wir wissen, wie das geht, können wir diese Möglichkeiten ins Auge fassen. Aber ich werde niemals einen Kompromiss bei der Physik, bei der Grafik oder bei der Simulation eingehen. Manche werden sagen: "Auf dieses oder jenes könnte ich aber verzichten." Aber das können sie nicht. Denn es geht um die Autos - um die Leidenschaft für Autos!

4Players: Was ist eigentlich so schwierig daran, ein Schadensmodell einzubauen? Stellen sich denn wirklich die Hersteller in den Weg?

Greenawalt: [winkt ab] Nein. Nein, das war nie ein Problem. Es gab keinen Hersteller, der uns dahingehend abgewiesen hätte. Das ist nur ein Mythos in der Spieleindustrie. Der Grund, weshalb das so schwierig ist, ist der, dass man zuerst den Wagen modellieren und ihn anschließend noch einmal mit Schaden modellieren muss. Dann trägt man die Texturen auf und trägt anschließend noch die Schadens-Texturen auf. Man kann sich natürlich eins der Schadensmodelle und damit viel Zeit ersparen. Außerdem könnte man Speicherplatz sparen, denn man muss die beschädigten Modelle aller Autos ja im Speicher halten. Mit einem Schadensmodell wird jedes Auto immerhin viel größer.

4Players: Sie haben über die Zusammenarbeit mit den Herstellern gesprochen. Verstehen die Autobauer eigentlich, worum es in den Spielen geht? Versteht man die Community, die sich darum bildet?

Greenawalt: Im Allgemeinen tun sie das nicht. Sie sehen uns aber als einen Weg, über den sie ihre heutige Zielgruppe direkt ansprechen können. Sie sehen uns als die Zukunft, denn es ist eine Sache, über ein neues Auto zu lesen oder es in einer Anzeige zu sehen. Es ist aber eine ganz andere Sache, im Spiel einzusteigen, es zu lackieren und es selbst zu fahren.

Viele Vertreter, mit denen ich zu tun habe, kennen sich nicht besonders gut mit Videospielen aus. Wenn ich ihnen dann erkläre, was wir in der Simulation eigentlich anstellen und dass wir reale Daten dafür brauchen, sind die meisten ziemlich überrascht. "Ihr macht das alles in einem Spiel? Wir machen das nicht mal in unserem eigenen Simulator!" Die haben immer noch Pole Position vor Augen... [lacht] Oder sie haben mit anderen Rennspiel-Entwicklern zu tun, denen sie diese oder jene Informationen zukommen lassen. Wir arbeiten aber auf einem höheren Level und versuchen uns einen vollständigen Überblick darüber zu verstehen, wie jedes Detail funktioniert.

4Players: Wie weit geht diese Zusammenarbeit: Können die Ingenieure die Technologie aus Spielen für ihre eigenen Simulationen verwenden?

Greenawalt: Wir wurden schon von mehreren Rennteams angesprochen. Die wollen zwar alle ihren eigenen Simulator bauen, weil sie die darin verwendeten vertraulichen Informationen über ihre Wagen nicht weitergeben wollen. Sie fragen uns also, ob sie unseren Simulator nutzen dürfen, ohne dass wir das Auto implementieren, das sie für ein bestimmtes
Neue Welten dank Natal: Ob Rennspieler in Zukunft zu "Schattenlenkern" werden?
Rennen gebaut haben. Deshalb fragen sie uns nach unseren Strecken, nach unserer Simulations-Technik und nach der Grafik-Engine, denn Grafik-Entwickler sind sehr rar. Die meisten arbeiten bei Firmen wie Pixar - unsere besten Entwickler kommen deshalb aus solchen Studios.

4Players: Eine Frage zum Schluss: Können Sie sich vorstellen, mit Natal zu arbeiten?

Greenawalt: Oh, natürlich. Als Designer war ich wirklich begeistert als ich Natal gesehen habe. Denn unsere Vision heißt nicht "Simulation". Die Vision heißt nicht "Racing". Die Vision heißt nicht einmal "Community". Die Vision ist es, aus Spielern Auto-Liebhaber und aus Auto-Liebhabern Spieler zu machen. Wenn man sich Kinder anschaut, die mit Modellen spielen oder wenn ich darüber nachdenke, wie mein Stiefvater an Autos arbeitet - sie nutzen ihre Hände auf ganz natürliche Art und Weise. Im Gegensatz dazu ist das Gamepad ein sehr unnatürlicher Weg.

Wenn ich mir Natacha [Gachnang, Formel 2-Pilotin und europäische Patin des Spiels, Anm. d. Red.] anschaue, die geht selbstverständlich ganz natürlich mit dem Lenkrad um. Und für mich als Spieler fühlt sich das Gamepad ja auch vollkommen natürlich an. Aber was ist mit der Generation von morgen oder Menschen, die keine leidenschaftlichen Spieler sind? Unter denen gibt es trotzdem viele, die diese Leidenschaft für Autos teilen - und Natal ist ein sehr natürlicher Weg, sie ans Spielen heranzuführen.

4Players: Aber was könnte man mit Natal tun...

Greenawalt: Eine Menge! Deshalb mache ich meinen Job. [lacht] Es gibt eine Tonne neuer Erfahrungen. Wir müssen sie natürlich erst entwickeln, was vielleicht Jahre dauern wird. Um ehrlich zu sein: Ich habe keine Ahnung, was genau wir letztendlich damit anstellen werden. Ich muss jetzt erst mal eine Pause einlegen, mein Team muss Urlaub machen. Und dann kommen wir zurück und denken darüber nach, was wir tun wollen. Aber sobald ich es gesehen hatte, sind meine Gedanken in alle Richtungen ausgebrochen - es gibt so viele Dinge, die ich ausprobieren will!

4Players: Vielen Dank für das Interview!    
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Kommentare

johndoe776539 schrieb am
nice
aber vom den projekt natal in verbdg mit rennspielen halte ich wenig (was man bisher sehen konnte) ^^ is eher geschmackssache
aber ich hätte es auch gern noch für den pc, weilch da mein lenkrad hab ... wird aber wohl nicht passieren
117Spartan schrieb am
Danke für das lesenswerte Interview.
Brotkruemel schrieb am
Im Kern steckt die zentrale Physik-Simulation - und zwar die beste, die es in Konsolen- oder PC-Spielen gibt.
Dann bringt es doch mal auf dem PC raus, damit auch wirklich alle das testen und erleben können! 8) Vorher glaub' ich es nicht! :lol:
manuelsam schrieb am
Schönes Interview. Das mag ich so an 4players.de, Ihr seid die ersten die ich lese, die sich "trauen" die "L-Frage" zu stellen. So, muss weg, Forza fahren, mit MS-Wheel :roll:
schrieb am