Special: NieR (Rollenspiel)

von Benjamin Schmädig



NieR (Rollenspiel) von Square Enix
Emotionslose Elektronik?
Entwickler:
Publisher: Square Enix
Release:
23.04.2010
23.04.2010
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ab 19,98€
Spielinfo Bilder Videos
Keiichi Okabe gehört nicht zu den viel beschäftigten Komponisten. Seine Musik ist zwar seit Tekken 2 fester Bestandteil der Serie, doch meist arbeitet der Sound Designer hinter den Kulissen. Nur manchmal arrangiert er einen Titel für Valkyrie Profile 2 oder schreibt einen Song für Beautiful Katamari. Es gibt aber Arbeiten, die verlangen nach mehr als man bisher zu geben bereit war. Für Keiichi Okabe könnte Nier diese Arbeit gewesen sein...

Eine Truhe voller Ideen

So altmodisch es wirkte und so wenig es seine spielerischen Elemente entwickelt hatte: In Nier steckte eine ganze Truhe liebevoller Ideen. Eine davon war die Geschichte um Nier und seine kranke Tochter Yonah. Und es ist nicht nur Yonah, die an einer seltsamen Krankheit leidet, denn auf der Suche nach einem Heilmittel begegnet Nier immer wieder dem Tod und anderen tragischen Schicksalen. Ob Keiichi Okabe so von der Erzählung berührt war, dass er diesmal einen Großteil des Soundtracks selbst komponierte und produzierte?

Nier ist Okabes bislang persönlichstes und aufwändigstes Werk. Das Booklet geizt zwar bis auf die Titelliste sowie die Namen der Beteiligten mit Informationen, wird mit seinen kraftvollen Artworks aber dem Spiel gerecht. Man hat nicht das Gefühl, dass Square Enix
dem Album allzu viel Aufmerksamkeit widmet - man bringt auf zwei CDs aber alle wichtigen Themen unter.

Kämpferischer Untergang

Ein Großteil davon wird wie im Spiel von einer Solistin gesungen, die hin und wieder von Knabenstimmen begleitet wird. Gelegentlich trat der Komponist sogar selbst vors Mikrofon. Der meist sehr ruhige Gesang erzeugt eine traurige, wehmütige Stimmung. Manchmal wecken schwungvolle Rhythmen die Lust auf das große Abenteuer, gelegentlich betonen mächtige Trommeln den verzweifelten Kampf der Protagonisten. Eine außergewöhnliche Atmosphäre entsteht gleich im vierten Stück, »Blu-bird«, wenn Teile der Musik wie von einer zerkratzten CD aufgebrochen werden, während der Chor mit kurzen Silben die Trommeln vor sich her treibt. Ganz anders der Auftakt des Soundtracks: Mit »Snow in Summer« künden sakrale Klänge den Abschied von einer Ära an, bevor sich die kämpferische Percussion gegen den Untergang aufbäumt.

Vom Computer ins Konzert?

Ein Großteil des Abenteuers wird von einer Mischung aus orchestralen Arrangierungen und dem ruhigem J-Pop-Gesang getragen. Weil viele dieser Titel, das Klavierstück »Grandma« etwa, von den Schicksalen einzelner Charaktere erzählen, schwelgt man als Kenner des Spiels besonders in diesen Momenten in Erinnerungen. Sehr bewegend fängt der Komponist auch Yonahs Leidensweg ein, wenn er ihr Thema für verschiedene Instrumente variiert: für Streicher, für ein Piano und für eine Gitarre. Sein Soundtrack ist immer dann am stärksten, wenn echte Instrumente spielen oder gesungen wird!

Okabe kennt sich aber vor allem mit Computern aus - mit Synthesizern und elektronischen Samples. Und so klingt vieles leider auch ungemütlich kalt. Gerade den vermeintlichen Orchesterstücken hört man ihre elektronische Herkunft oft an. Und so bewegend die Melodien auch sind: Okabe verlässt sich durchgehend auf rudimentäre stilistische Mittel. Einmal eingeführte Themen wiederholt er wieder und wieder, filigran ist keine seiner Kompositionen und sein einziges Mittel zur Verdeutlichung eines kämpferischen Konflikts ist die Trommel.

Nier gehört zu den ungewöhnlichen Spielemusiken: Fernab von großen Orchesterwerken und lizenzierten »Best-Ofs« hat ausgerechnet einer der Tekken-Komponisten einen meist ruhigen, bewegenden Soundtrack geschrieben. Ohne Pathos begleiten seine Lieder mit leiser Wehmut ein großes Abenteuer. Okabe gehört nicht zu den Meistern seines Fachs und er verlässt sich zu oft auf die emotionslose Elektronik. Aber er erzählt mit viel Liebe von einer Geschichte, die von Herzen kommt. Seine Musik trifft den Ton der Erzählung so genau, dass sofort die Erinnerungen an das Spiel wach werden!

Einschätzung: gut
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Kommentare

Jhena schrieb am
Square Enix is Publisher, falls dich das noch interessiert^^. Bin durch den Last Story Artikel auf den hier aufmerksam geworden. Ein genialer Ost und so ziemlich das Beste, was ich zuletzt so gehört habe. Kann locker mit nem beliebigen FF Ost mithalten oder ihn sogar überbieten. So geil was son Tekkenkomponist drauf hat. Ich liebe diese Welt und ihre Menschen.
johndoe706070 schrieb am
hat jemand den OST und kann mir sagen welcher Publisher ist?
Immaculate_Misconception schrieb am
Bin dank dieses Threads auf dieses großartige Werk aufmerksam geworden. Ich bin schlichtweg begeistert! Merkwürdig, dass gerade die Musik von japanischen Komponisten mir so häufig intensiv ins Ohr und ins Herz geht und dort ewig verweilt. Da sei nämlich noch Naoki Sato genannt, der unter anderem den Soundtrack zum Anime "Eureka Seven" gemacht hat. Ebnefalls hervorragend und empfehlenswert.
Find ich ganz große Klasse, dass ihr jetzt auch Soundtracks testet! Weiter so! :)
4P|Benjamin schrieb am
Ja cool, ich überlege in letzter Zeit, ob ich nicht ein Soundtrack "Review" von Shadow of the Colossus mache, halt unter der Kategorie Lesertest.
Hau rein! :) Shadow gehört zu den großartigsten Scores dieser Tage!
Ben
schrieb am