Splinter Cell: Conviction01.06.2009, Benjamin Schmädig
Splinter Cell: Conviction

Special:

Zunächst sollte alles anders werden - Tageslicht und Menschenmengen bestimmten vor zwei Jahren das Bild des neuen Splinter Cell. Doch Ubisoft ruderte zurück: Conviction orientiert sich an dem klassischen Spiel mit Licht und Schatten. Wie aktuell kann der fünfte Teil einer Serie noch wirken, und sind Neuerungen im Genre der Stealth-Action überhaupt möglich? Wir haben uns mit dem Produzenten Alex Parizeau unterhalten.

4Players: Zunäcst einmal: Bleibt Splinter Cell mit Conviction ein Spiel, in dem man viel Zeit im Schatten verbringt?

Alex Parizeau: Das Besondere ist diesmal, dass der Spieler besser bestimmen kann, in welchem Tempo er vorankommt. Wer es also gerne so handhabt, dass er so lange auf eine Wache wartet, bis sie sich in der richtigen Position befindet, kann das tun! Man kann aber auch pro-aktiver an viele Situationen herangehen. Wir haben die Wege durch die Schatten sowie die athletische Wege (über Rohre oder Vorsprünge, Anm. d. Red.) so gesetzt, dass man sich wirklich wie ein Panther fühlen kann. Man kann seine Gegner umgehen und sich ein Bild von der Umgebung verschaffen, bevor man zuschlägt. Was wir nicht so stark in den Vordergrund stellen ist das Warten und das Anlocken der Wachen, z.B. durch Pfeifen. Der gesamte Ablauf ist jetzt dynamischer als vorher, schon allein deshalb, weil sich Sam schneller bewegt als vorher - auf den athletischen Wegen ebenso wie beim Schleichen durch die Schatten.

Erste Spielszenen von der E3 2009

4Players: Da es Euch um die Zugänglichkeit geht: Werden die Stellen denn hervorgehoben, an denen Sam die Umgebung zum Klettern oder für ähnliches nutzen kann?

Alex: Nein, wir haben zwar darüber nachgedacht, uns aber letztlich dagegen entschieden. Unsere Philosophie für das Leveldesign ist die: Es gibt keine Sackgassen. Wann immer man an eine Mauer gelangt, findet man deshalb etwas, über das Sam klettern kann, hinter dem er sich verstecken kann oder durch das er hindurch springen kann - es gibt immer eine Möglichkeit für ihn, zu verschwinden. Ich denke dabei an den Mehrspieler-Modus aus Double Agent: Für Mercs gab es viele Sackgassen, aber Spione fanden fast überall einen Ausweg.

4Players: Ja, wir haben auch sofort an die Multiplayer-Agenten gedacht: Die Art und Weise, mit er sich Sam fortbewegt, ist sehr ähnlich.

Alex: Genau! Während die Gegner also in Sackgassen geraten, kann der Spieler stets die Umgebung nutzen, um unterzutauchen - und die Wachen umgehen. Die ideale Situation stellen wir uns so vor: Sam wird entdeckt, ein Gegner folgt ihm, Sam verschwindet - und taucht hinter der Wache wieder auf, um sie zu erledigen.

4Players: Apropos: Dürft ihr schon über den Multiplayer reden?

Alex: Es wird auf jeden Fall eine Mehrspieler-Komponente geben! Aber alles weitere ist eine der Überraschungen, die wir uns für den Sommer aufheben.

4Players: Conviction hat sich stark verändert, seit Ubisoft das Spiel erstmals vorgestellt hatte. Welche Elemente sind denn jetzt noch im Spiel drin, die bereits vor zwei Jahren dabei waren? Und was wurde gestrichen?

Alex: Ursprünglich war z.B. geplant, dass Sam Objekte auflesen und herumtragen konnte. Uns ist aber klar geworden, dass es sich irgendwie nicht wie Splinter Cell anfühlt, wenn er z.B. mit einem Computermonitor herumläuft. Uns erschien es plausibler, dass Sam einen Gegner eher in den Schatten locken und dort unschädlich machen würde.

4Players: Der Stealth-Action scheint es im Allgemeinen schwer zu fallen, sich von dem Spiel mit Licht und Schatten zu lösen. Warum ist es deiner Meinung nach so schwierig, echte Innovationen in dieses Genre zu bringen? Ist das überhaupt möglich?

Alex: Klar, auf jeden Fall! Max' Vorstellung von Stealth ist in diesem Zusammenhang sehr interessant. Kojima sagt nämlich in Bezug auf Metal Gear Solid 4, dass der Spieler in einem guten Stealth-Action-Titel verwundbar sein muss, denn nur dann hat der Spieler einen Grund, sich zu verstecken. Wir wollten diesen Ansatz aber neu definieren, indem wir einen Charakter schufen, der im Schatten  besonders stark ist - der sich einen Vorteil erspielt, wenn er die Schatten und die Umgebung für seine Zwecke nutzt. Es geht ja nicht nur darum, sich unbedingt zu verstecken; u.a. gibt es auch Abschnitte, in denen sich Sam inmitten von Passanten aufhält. Letztlich geht es darum, dass man alle zur Verfügung stehenden Mittel, also die Schatten, die Menschen und die Umgebung so nutzt, dass man den Gegnern schnell nahe kommt.   

4Players: Kann Sam in der Menschenmenge untergehen?

Alex: Es gibt kein Untertauchen per se, es gibt keinen speziellen Knopf dafür. Aber wenn Sam mit der Menge mitläuft, können die Passanten die Sichtlinie der Wachen blockieren. Auf die Art kann er sich unbemerkt an einen Gegner heranschleichen. Man muss jetzt also nicht mehr warten, bis die Wachen in der richtigen Position sind, sondern bewegt sich selbst auf unterschiedliche Art und Weise auf sie zu.

Was wir ebenfalls ändern wollten ist die Tatsache, dass man in Stealth-Spielen den richtigen Weg erst dann erkennt, wenn man aus seinen tödlichen Fehlern lernt. Bisher hatte man seine Taktik dann angepasst, nachdem man einen tödlichen Fehler gemacht hatte. Das wollten wir vermeiden. Wir wollen, dass der Spieler so lange wie möglich am Leben bleibt. Für uns ergibt es keinen Sinn, dass man keine Chance mehr hat, sobald Sam gesehen wird. Wir wollten lieber zeigen, wie er reagiert, sobald er gesehen wird. Das ist etwas, das wir neu eingebracht haben.

4Players: Aus unserer Sicht war diese Dynamik aber schon immer ein Markenzeichen der Serie: Dass man gesehen werden und sich immer wieder verstecken konnte, um es von neuem zu versuchen...

Alex: Das konnte man zwar, aber die Statistiken zeigen, dass es nicht einfach ist, nach dem Entdecktwerden zu überleben. Jetzt kann man den Spieß umdrehen und den Gegnern das Fürchten lehren, sobald man gesehen wird.

4Players: Eine Frage zu den Passanten: Kann man direkt mit der Menge interagieren? Wie funktioniert das Wechselspiel zwischen Fisher und den Zivilisten?

Alex: Es gibt keine direkte Interaktion mit den Passanten, aber die Passanten werden auf das reagieren, was Sam tut. Man kann z.B. eine Panik unter ihnen auslösen, um die Wachen abzulenken. Oder man kann sie als Deckung benutzen. Sie nehmen zwar keine zentrale Funktion ein, aber man kann sie ähnlich wie die unbelebte Umgebung nutzen. Man wird z.B. in Washington unterwegs sein, wo es natürlich mehr Zivilisten gibt als anderswo.

4Players: Eine Frage zu den Wachen: In einer der gezeigten Szenen sieht man, wie sich einige Wächter hinter umgestoßenen Tischen verbarrikadieren als Sam in die Nähe ihres Raumes kommt. Tun sie dies nur in geskripteten Situationen oder gehen sie anderswo auch von selbst vorsorglich in Deckung?

Alex: Es gibt eine Mischung aus geskripteten Sequenzen und eigenständigem Verhalten. Grundsätzlich ist das ein Unterschied zu den bisherigen Spielen, in denen niemand wusste, dass jemand auf sie zukam. Es wird nicht in überall der Fall sein, aber an diesem speziellen Schauplatz wissen die Wachen über Sam Bescheid. Sie wissen nur nicht, aus welcher Richtung er kommt.

Für mein Empfinden wirkten die Gegner in Chaos Theory schon sehr lebendig, denn wann immer man in einen Raum geschaut hatte, konnte man einer Unterhaltung zuhören. Das gehört zu den Dingen, die wir in Conviction stärken wollten: dass man gegen clevere Feinde kämpft, die nicht nur zum Selbstzweck Wache schieben.

4Players: Wird man denn gegen Feinde kämpfen, die ähnliche Fähigkeiten wie Sam haben?

Alex: Ja, denn man kämpft später auch gegen Third Echelon-Agenten. Sie werden zwar nicht so klettern können wie Sam, aber einige können im Schatten sehen und sich bewegen sich sehr scnell. Und sie werden die Position, an der Sam zuletzt gesehen wurde, geschickt einkreisen, Blendgranaten werfen und sich genauer umsehen. Der Spieler wird dadurch gezwungen, in Bewegung zu bleiben.

4Players: Man wird eine Situation auf unterschiedlichen Wegen lösen können... Wie offen ist die Umgebung denn ganz allgemein?

Alex: Am besten kann man es so beschreiben: Jeder Abschnitt ist seine eigene kleine offene Welt. Es ist nicht so, dass ein Schauplatz komplett offen ist. Man kann eine große Halle z.B. durch den Vordereingang betreten oder man gelangt durch mehrere Fenster an den Seiten ins Innere - es gibt immer verschiedene Wege. Einige Gegenden werden natürlich offener sein als andere, aber einer der Grundsätze für unser Leveldesign ist: Jedes Areal soll seine eigene kleine offene Welt sein.

4Players: Wir bedanken uns für das ausführliche Interview!        

 
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