Guitar Hero: Metallica22.05.2009, Mathias Oertel
Guitar Hero: Metallica

Im Test:

Anfänglich noch als Kinderkram oder schlimmer noch: "Casual"-Titel bezeichnet, ist die Guitar Hero-Serie zusammen mit den diversen Rock Band-Ablegern mittlerweile nicht mehr aus der Videospielewelt wegzudenken. Und nachdem man anfänglich noch zu Cover-Versionen abrocken musste, reißen sich die Stars mittlerweile darum, nicht nur als Download-Inhalt, sondern als eigenständiges Produkt zu erscheinen. Und mehr noch als die spirituellen Vorgänger von Aerosmith passt Metallica zu Guitar Hero wie die Zitrone zum Corona. Oder?

Ein himmlisches Paar

Man kann über die Pseudo-Add-on-Politik der Guitar Hero-Serie denken, was man will. Selten hat eine dezidierte Band-Version so viel Sinn ergeben wie Guitar Hero Metallica (GHM). Nicht nur, weil die Jungs aus L.A. wie kaum eine andere Band seit Jahrzehnten mit ihrem immer wieder anders gefärbten Metal einem Fels in der Brandung gleich allen Zeitströmungen widerstehen. Sondern auch, weil ihre Songs von einem spielmechanischen Standpunkt sowohl variantenreich genug als auch sämtliche Schwierigkeitsstufen überbrückend wie geschaffen für das Rhythmus-Prinzip sind.

Video: Guiter Hero Metallica im Überblick!
Doch es sind nicht nur die 28 Metallica-Songs, die unter dem Strich die ausgewogenste "Levelstruktur" der bisherigen GH-Teile darstellen. Auch die übrigen 21 Titel, die laut Publisher allesamt auf Wunsch der Hauptdarsteller rund um James Hetfield eingebaut wurden, bieten von ganz leicht (Turn the Page, Bob Seger & The Silver Bullet Band, mitunter nicht nur leicht, sondern geradezu langweilig) bis brachial (Toxicity, System of a Down) alles, was man sich als Gitarren-, Bass-, Schlagzeug- oder Gesangs-Held wünscht. Das aus diesen Wünschen wie beim natürlich nicht fehlenden One oder Master of Puppets auch ein Albtraum werden kann, liegt in der Natur der Dinge und wird an dieser Stelle sehr positiv aufgenommen.

Gut abgespeckt

Anstatt wie bisher und auch zuletzt in GH World Tour, den Rocker vor dem Schirm durch ein sehr enges Levelkorsett zu zwängen, in dem man bei einem Gig eine bestimmte Setlist abdudeln muss, bevor es zum nächsten Gig geht, wird der Verlauf der mit Comic-Sequenzen angereicherten Karriere in GHM sehr schnell geöffnet.

Die Freiheit, die bei der Karriere von Rock Band 2 angeboten wird, erreicht man zwar auch damit nicht, doch im Vergleich zu den bisherigen Gitarrenhelden hat man einen guten Schritt nach vorne gemacht. Denn das Team von Neversoft hat einen ebenso einfachen wie genialen Kniff parat, um die im Mittelpunkt stehende Karriere nicht mit gelegentlichem Frust wie bislang, sondern purem Spaß zu füllen: Man verlässt die Pfade der eintönigen Setlists und macht das Vorankommen der Karriere von der Anzahl der erspielten Sterne abhängig, dem allgemein üblichen Bewertungsysstem in Musikspielen dieser Art. Das bedeutet, dass man mit X Sternen eine neue Bühne sowie damit verbundene Songs sowohl von Metallica als auch von den, ich nenne sie an dieser Stelle mal "Third-Party-Bands", freischaltet. Sprich: Man muss nicht ausnahmslos alle frühen Songs bewältigen, um das gesamte Lieder-Spektrum zu genießen. Der Spaß steht eindeutig im Vordergrund, was gar nicht oft genug betont werden kann.

Und Spaß hat man, gleichgültig, welches Instrument man sich nun schnappt. Und das macht deutlich, wie gut Metallica zu dem Guitar Hero-/Rock Band-Prinzip passt: Die Gesangseinlagen sind ebenso fordernd wie abwechslungsreich, die Gitarrenläufe können einen ebenso zur Weißglut treiben wie trügerisch einschläfern, die Bassspur scheint abwechslungsreicher als je zuvor. und wer schon beim bislang veröffentlichten Download-Auftritt von Death Magnetic an den Trommelstöcken verzweifelte oder sich bei der Konkurrenz von Rock Band in Battery die Finger blutig trommelte, findet in 

Die Bühnenshow von Metallica wird durch umfangreiche Motion Capture-Aufnahmen zum Leben erweckt.
GHM seinen neuen Meister - genauer: Im neuen Expert Plus-Schwierigkeitsgrad, der Trommlern zur Verfügung steht und der einen zum legitimen Nachfolger von Lars Ulrich machen dürfte, wenn man ihn tatsächlich bewältigt.

Hilfreich für Expert Plus ist in jedem Fall die Anschaffung eines zweiten (separat erhältlichen) Basspedals, das allerdings über eine Y-Weiche für Klinkenstecker zusammen mit dem Original-Treter an die Drums gestöpselt werden muss. Wieso ich auf diesem Hinweis herumreite? Ganz einfach: Allem Anschein nach wird diese Weiche nicht mitgeliefert und muss ebenfalls separat erstanden werden. Allerdings lohnt sich die Anschaffung. Denn zum einen bekommt man durch die duale Basedrum-Bearbeitung ein noch kompletteres Spielgefühl und zum anderen funktioniert die Doppelbasstrommel auch in World Tour sowie den Rock Bands. Und selbstverständlich brauchen die Rock Band-Besitzer nicht auf das Guitar Hero-Drumset umrüsten: Auch das RB-Kit funktioniert problemlos - auch mit Doppel-Pedal.

    

Schlecht abgespeckt

Neben der Karriere kann man wie schon in World Tour wahlweise solo oder mit anderen Bandmitgliedern einen Abstecher ins Musikstudio machen und dort eigene Tracks aufnehmen. Die Bedienung wurde im Vergleich zu World Tour allerdings nicht vereinfacht, so dass man weiterhin bilanzieren kann, dass das Tool zwar verdammt mächtig ist, aber sich nicht für einen kurzen Abstecher zwischendurch eignet.

Eine Einbindung in den Guitar Hero Download-Store gibt es hingegen nicht. Sprich: Mit GHM ist man an die knapp 50 mitgelieferten Tracks gebunden. Das ist insofern schade, da die allseits beliebten Battles zurückkehren, die man gerne auch mit einigen anderen Songs ausfechten würde. Denn sie wurden mit einigen fiesen Stolpersteinen versehen, mit denen man dem Gegner das Leben schwer machen kann, so z.B. dem völligen Ausschwärzen des Notenbereichs.

Die Songs lassen sich überdies nicht exportieren und so z.B. in World Tour verwenden. Dies ist extrem bedauerlich, da zum

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einen die Konkurrenz zeigt, dass diese Crossverbindung nicht nur funktional, sondern sinnvoll ist, da man seine Liedbibliothek auf diese Art und Weise unproblematisch ergänzen kann - zumal man das Geld bereits ausgegeben hat.

Technisch wie gehabt

Da GHM komplett auf Mastertracks (in einem Fall sogar aus den S&M-Sessions samt entsprechendem coolen Orchester-Intro auf der Bühne) setzt, ist die Klangqualität insgesamt sehr gut. Im Gegensatz zu World Tour scheinen die Instrumente im Verhältnis zueinander sogar optimiert worden zu sein. Allerdings bleibt nach wie vor ein Manko und damit ein großer Unterschied zur Rock Band-Konkurrenz: Das Publikum. Auch im zigsten Aufguss schafft es Neversoft nicht, ein Publikum vor die Bühne zu stellen, das Gänsehaut-Feeling hervorruft. Ja: Es geht mit. Und es bietet deutlich mehr als nur ein generisches Raunen bzw. Rauschen, der von höflichem Beifall abgelöst wird. Doch Momente, in denen sich einem vor dem Bildschirm angenehm die Haare aufstellen, werden eher durch die Songs sowie die mit allerlei Pyro-Effekten sowie neuen Kameraperspektiven und -Spielereien inszenierten Shows abgeliefert. Dazu kann man auch guten Gewissens den Beginn der virtuellen Metallica-Tournee bezeichnen, der die vier stilecht zu "Ecstasy of Gold" auf die Bühne treten lässt, bevor es mit "For Whom the Bell Tolls" weiter geht. Die Bühnenbilder orientieren sich danei an den Highlights der illustren Karriere und zeigen Momentaufnahmen von z.B. dem schwarzen Album, Master of Puppets oder eben dem bereits erwähnten S&M.

Wie schon bei GH Aerosmith hat man Metallica ins Motion Capture-Studio gezerrt, ihnen die hautengen schwarzen und mit weißen Bommeln besetzten Anzüge übergestülpt und gefilmt, was das Zeug hält. Das Ergebnis: Alles, was auf der Bühne mit den Metalmeistern zu tun hat, wirkt abgesehen von den leicht deformiert bzw. unproportional scheinenden Extremitäten, extrem authentisch und supergeschmeidig animiert. Im Gegensatz dazu wirken die herkömmlichen generischen Figuren, mit denen man die "Third-Party-Songs" spielt, altbacken und ungelenk. Doch auch dies ist kein neues Problem: In GH Aerosmith war es nicht anders.  

Fazit

Muss man ein Metallicaholic sein, um Guitar Hero Metallica in seiner ganzen Fülle genießen zu können? Nein, aber es hilft ungemein, da natürlich die Mehrheit der Songs von Lars Ulrich & Co stammen. Doch auch wenn man nicht zwangsläufig jedes Album der Rocker im Schrank hat, stellt sich sehr schnell Spaß ein. Und man sollte nicht dem Irrglauben verfallen, dass GHM leicht sei, nur weil man die bisher gültigen Setlistgrenzen aufgehoben und das Vorwärtskommen in der Karriere vereinfacht hat. Denn mit den insgesamt 49 Songs (davon 28 von Metallica) wird das bisher kompletteste und sämtliche Schwierigkeitsgrade optimal eingrenzende Spektrum aller erhältlichen Guitar Heroes angeboten - zwischen Lust und positivem Frust wird man an jedem Instrument vom Musikerhimmel bis hin zur Metalhölle geführt. Dass man allerdings die Lieder nicht in Guitar Hero World Tour exportieren kann, ist sehr bedauerlich und kostet nicht nur viele Sympathiepunkte - immerhin hat die Rock Band-Konkurrenz in dieser Hinsicht gezeigt, wie es gehen kann. Übrigens auch hinsichtlich Kulisse und Akustik, die an den immer noch üblichen GH-Mankos leidet: Die Instrumente sind zwar weitgehend gut abgemischt, aber das Publikum geht immer noch nur unzureichend mit. Und wie schon bei GH Aerosmith ist die visuelle Diskrepanz zwischen den geschmeidigen Motion Capture-Animationen von Metallica auf der einen Seite und den generischen Figuren auf der anderen immer noch zu deutlich, um ignoriert werden zu können - ungeachtet des nach wie vor spaltenden Comic-Stils, der vor allem bei den unproportional erscheinenden Armen von James Hetfield deutlich wird. Dennoch nicht nur für Metallica-Fans mehr als nur einen kleinen Blick wert.

Anmerkung: Zum Test stand bislang nur die 360-Fassung zur Verfügung. Das Test-Update für die übrigen Version wird so schnell wie möglich nachgereicht.

Pro

fast 50 Songs...
sehr ausgewogener Schwierigkeitsgrad für alle Fähigkeitsstufen
Dual-Basspedal für Drummer möglich...
die virtuellen Metallica-Jungs sehen cool aus und bewegen sich geschmeidig...
gut austarierter Karrieren-Fortschritt

Kontra

- ... von denen einige wenige unpassend sind
Songs nicht in World Tour exportierbar- ... aber eine kleine Mogelpackung
... aber die generischen Figuren sehen dagegen altbacken aus

Wertung

360

Hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades das bislang ausgereifteste Guitar Hero und nicht nur für Metallicaholics interessant.

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