OutRun Online Arcade15.04.2009, Paul Kautz
OutRun Online Arcade

Im Test:

Wer braucht OutRun Online Arcade? Beide auf Xbox veröffentlichten Teile (OutRun 2 und OutRun 2006: Coast 2 Coast) laufen auf der 360 - und bieten jeweils mehr Inhalt als der Arcade-Download. Warum sollte man also zum Neuling greifen, außer um Sega einen Gefallen zu tun? Nun...

Von der Arcade in die Arcade

Sonniger wird's nicht: OutRun bietet nach wie vor den schönsten blauen Himmel aller Spiele!
 Die Beantwortung fällt leicht: Zum einen lassen sich die alten OutRuns nicht mehr online spielen - das gute alte Xbox Live ist genauso tot wie die dazu gehörige Konsole, was Ben, Michael und mich hart getroffen hat, haben wir OutRun 2006 doch oft online gespielt. Verdammt oft. Zum anderen sehen die Spiele auf der 360 überraschenderweise schlechter aus als auf dem Original-System; der Emulator versagt bitter. Und speziell an dieser Stelle gibt es keine Ausreden mehr: Erstaunlich, wie viel besser OutRun Online Arcade (OOA) aussieht als das ohnehin schon prachtvolle OutRun 2006 ! Entwickler Sumo Digital hat nicht einfach den alten Code durch den HD-Konverter gejagt, sondern bemerkenswerte Detailarbeit geleistet. Resultat: Das mit Abstand schönste OutRun! Dem allerdings etwas Anti-Aliasing gut getan hätte - auf der anderen Seite wird die rasante Punktehatz auch so schon gelegentlich langsamer (besonders im Herzinfarkt-Modus).

Diese Spielvariante ist eine von fünf, die es in OOA geschafft haben. Denn vermutlich aus Speicherplatzgründen musste die Schere angesetzt werden, was in erster Linie dafür sorgt, dass Fans der Xbox-OutRuns auf die Hälfte der Strecken verzichten müssen: Die neuen Pisten aus OutRun 2 sind nicht enthalten, hier gibt es nur die 15 Levels der Spielhallen-Version. Außerdem wurde erheblich am Bonusmaterial gespart; genau genommen gibt es gar keines - alle zehn Wagen und alle sieben Songs sind von vornherein verfügbar, weitere Fahrzeuge oder die Original-MIDI-Versionen der Lieder sind weit und breit

OOA ist eine Umsetzung des Arcade-Automaten - die zusätzlichen Strecken aus OutRun 2 sind hier nicht vorhanden.
nicht auszumachen. Im Mehrspielermodus und der Zeitattacke hat man zwar die Wahl unter den normalen und den getunten Vehikeln, was sich allerdings optisch nicht auswirkt - lediglich die Fahreigenschaften sind leicht anders. Und was die Akustik betrifft: »Life was a Bore« und »Magical Sound Shower« sind drin, mehr braucht ein echter OutRunner ohnehin nicht.

Rasender Frauenheld

OutRun ist kein Rennspiel wie jedes andere: Hier geht es nicht darum, die Karre möglichst mächtig aufzupimpen oder durch eine realistisch nachgebildete Stadt zu heizen, stets auf der Suche nach einer Abkürzung. Nein, OutRun ist der Kampf gegen die Uhr, ist die Suche nach dem perfekten Drift - es soll ja Leute geben, die OutRun dafür abstrafen, dass man driften muss, was in etwa so sinnvoll ist, wie PES vorzuwerfen, dass dort mit einem Fußball gespielt werden muss. Das Driften ist essentieller Bestandteil des Spieldesigns, ermöglicht es dem Gamepad-Ferrarista doch, haarige Kurven, die sonst nur mit erheblichem Einsatz des Bremspedals zu meistern wären, in einem wunderbaren Rutsch und unter minimalem Geschwindigkeitsverlust zu meistern. Manche Levels (wie »Giant Statues«) können gar zum großen Teil durchgedriftet werden, was ein fantastisches Gefühl ist, wenn man es gut macht. Und wenn man richtig gut ist, dann gibt es beim flüssigen Levelübergang nicht nur kreischende Möwen, sondern einen mächtig röhrenden Drachen zu sehen, was eine Art visueller Glückwunsch für eine sehr, sehr gut gemeisterte Runde ist.           

Das Spiel besteht aus 15, flüssig ineinander übergehenden Abschnitten, an deren Ende (kaum eine ist länger als eine Minute) immer eine Entscheidungsmöglichkeit besteht: Biege ich nach links ab, wird die kommende Strecke

Im Herzinfarkt-Modus gilt es, die immer absurderen Wünsche der blonden Beifahrerin zu erfüllen - ideenreich und herausfordernd!
einfacher; wähle ich den rechten Pfad, entscheide ich mich für höheren Anspruch. Das ergibt schlussendlich viele mögliche Varianten des Durchspielens, wobei es allerdings nur fünf mögliche Enden gibt - an denen ein albernes Echtzeit-Filmchen wartet, das schon immer fragwürdig aussah und in HD nicht besser wird.

Neben dem normalen OutRun-Modus ist vor allem die Herzinfarkt-Variante interessant: Hier gibt einem die auf dem Beifahrersitz zappelnde Blondine Anweisungen, bei deren korrekter Ausführung ihre Liebe immer größer wird. Normale Frauen würden etwas wie »Sei mal romantisch!« oder »Bring mir Blumen!« verlangen, diese merkwürdige Tussi wird dadurch erregt, dass man lange auf markierten Bahnen driftet, Münzen einsammelt, keine Crashs baut, bestimmte Wagen überholt oder gülden schimmernde Tore passiert - versteh mal einer die Weiber. Je nach gewählter Abzweigung werden die Aufgabenstellungen immer haariger: Wer am Ende einer schwierigen Tour die höchste Bewertung »AAA« einsacken will, muss schon ein Teufelskerl am Gamepad sein! Genau wie jener, welcher alle 15 Strecken hintereinander gestapelt am Stück schafft.

Motor auf, Klappe zu!

Die letzte Spielvariante ist die Zeitattacke: Hier gibt es kein Girl und keinen Zivilverkehr auf der Straße, sondern nur euren Ferrari sowie den von zwei sehr gut fahrenden Ghosts - oh, und beim Levelübergang warten Flugmaschinen statt Tiere. Für jeden

Driften, was das Zeug hält - nur so kommt man präzise und sicher durch die fiesen Kurven.
Spielmodus gibt es lokale und Online-Ranglisten, die jedes Endziel separat bewerten. Und natürlich darf man auch online gegen Flitzer aus aller Welt antreten, allerdings beschränkt sich dieser Modus wie gewohnt auf das Allernötigste: Sechs Spieler dürfen gegeneinander rasen, das war's. Friedvolle Naturen können die Kollisionsabfrage untereinander abschalten, für Anfänger lässt sich auch das »Aufholen« aktivieren, was das Mithalten mit besseren Spielern enorm erleichtert. Echte Rennen oder Turniere gibt's leider ebenso wenig wie lokale Rennen via Splitscreen oder System Link, aber dafür funktioniert der Netzcode problem- und verzögerungslos.

Noch eine Warnung aus der Akustik-Abteilung: Unabhängig davon, wie gut oder schlecht ihr Englisch sprecht, solltet ihr OOA nicht auf Deutsch spielen. Denn zum einen entgeht euch dadurch jede Menge Sprachausgabe in den Menüs (die deutsche Sprecherin kommentiert nicht die Auswahl, die man macht). Zum anderen fällt mir für die Qualität der hiesigen Sprüche nur die Möglichkeit ein, dass Segas Putzfrau gerade einen Bad Hair Day hatte - die Sprachausgabe ist richtig, richtig schlecht.      

Fazit

Ob abgespeckt oder nicht: OutRun ist auch in der neuen Variante der Arcade-Racer schlechthin! Die Jagd nach dem Highscore, nach dem perfekten Drift, nach der immer besseren Rundenzeit ist die einzige Motivation - und sie klebt die Spielerhände genauso verlässlich an das Gamepad wie vor 23 Jahren, was auch und vor allem daran liegt, dass die Steuerung perfekt funktioniert. Darüber hinaus finde ich es erstaunlich, wie viel besser das Spiel auf der 360 nochmal aussieht! In meiner Erinnerung war bereits OutRun 2006 eine Augenweide. Allerdings sollten OutRun-Jünger keine Neuerungen erwarten, denn alle Inhalte von OOA gab es bereits mehrmals zu sehen und zu spielen - das hier ist die entschlackte Version des SP-Automaten, von den Bonusinhalten eines OutRun 2 und 2006 ist nichts zu sehen. Wenn ihr damit leben könnt, dann bekommt ihr hier einen perfekt ausbalancierten, wunderbar anspruchsvollen Renner - mit dem nach wie vor schönsten blauen Himmel aller Spiele.

Pro

tolle Präsentation
motivierende Spielmodi
tolle Spielbarkeit
großartige Steuerung
anspruchsvolle Highscorejagd
solider Mehrspielermodus

Kontra

altbekanntes Spielprinzip
geringer Umfang
kein freispielbares Material
gelegentliches Grafikruckeln

Wertung

360

Gelungene Umsetzung der Arcade-Raserei - super Grafik und präzise Steuerung trösten über den dürftigen Umfang hinweg.

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