Risiko: Fraktionen25.06.2010, Jens Bischoff
Risiko: Fraktionen

Im Test:

Der Strategieklassiker Risiko ist eines der populärsten Brettspiele überhaupt. Mit Risiko: Fraktionen gibt es seit kurzem auch eine Umsetzung für Xbox Live Arcade. Die Stainless Games-Produktion begnügt sich allerdings nicht damit, das Original einfach nur in digitaler Form anzubieten. Man hat auch neue Ideen implementiert, die sich überraschend gut ins vertraute Geschehen einfügen.

Vertrautes Umfeld

Den Brettspielklassiker Risiko kennt vermutlich jeder,

Video: Der Trailer gewährt einen kurzen Einblick in Setting, Präsentation und die neue Spielmechanik.der auch mal abseits von PCs und Konsolen spielt und dass Brettspiele auch in digitaler Form Spaß machen können, haben Titel wie Catan oder Carcassonne bereits eindrucksvoll bewiesen. Auch mit Risiko: Fraktionen steht eine weitestgehend originalgetreue Umsetzung via Xbox Live Arcade zum Download bereit, die den Klassiker in digitaler Form wiederbelebt und zu Partien gegen Fans aus aller Welt einlädt. Nach wie vor gilt es durch Würfelduelle die virtuelle Welt zu erobern bzw. vorgefertigte Aufträge zu erledigen.

Der einzige Wermutstropfen ist dabei, dass es keine klassischen Aufträge und Spielsteine mehr gibt. Letzteres dient zwar der Übersicht; irgendwie fehlt aber auch etwas, wenn statt Plastiktruppen nur noch Zahlen in feindliche Länder einfallen. Der Verzicht auf klassische Auftragskarten ist ebenfalls etwas schade, auch wenn diese durch neue, universelle Missionen ersetzt wurden, die nun von allen Teilnehmern erfüllt werden können - wer zuerst drei beliebige Ziele erreicht hat, gewinnt. Alternativ kann man aber natürlich nach wie vor auch um die Eroberung der ganzen Welt spielen.

Kreatives Neuland

Im Mittelpunkt steht aber etwas ganz anderes und zwar der neue Fraktions-Modus. Hier ziehen keine farbigen Klötzchen bzw. Zahlen, sondern individuelle Kriegsparteien in die Schlacht: Menschen, Katzen, Roboter, Yetis und Zombies. Der Unterschied ist aber erstmal rein optischer Natur und untermalt die Würfelduelle einfach mit schießenden Soldaten, kratzenden Haustieren oder Säure speienden Untoten.

Der Fraktionen-Anstrich weiß nicht nur optisch zu gefallen - die klassischen Würfelkriege werden dadurch noch spannender, abwechslungsreicher und verbissener.
Die Animationen und Effekte sind zwar sehr amüsant und während der leider nur fünf Schlachten umfassenden Solo-Kampagne gibt es sogar humorvolle Story-Sequenzen mit hochwertiger deutscher Sprachausgabe, aber die große Überraschung erwartet einen erst auf den speziell angefertigten Karten.

Diese sind zwar nach wie vor in Länder und Kontinente eingeteilt, für deren Besetzung es jede Runde Bonustruppen gibt, aber die Ländereien selbst bieten einige interessante Besonderheiten: Zum einen besitzt jeder Spieler eine Hauptstadt, deren Verlust bzw. Eroberung sich ebenfalls auf den Truppennachschub auswirkt. Darüber hinaus gibt es auch fest platzierte Minen, Kraftwerke und andere Gebäude, die primär beim Erfüllen von Aufträgen eine Rolle spielen. Auch hier gilt: Wer als erstes drei für alle Teilnehmer ausgeschriebene Auftragsziele erreicht hat und gleichzeitig im Besitz seiner Hauptstadt ist, gewinnt. Die Missionsziele reichen ganz klassisch von der Eroberung bestimmter Kontinente oder Länderzahlen bis hin zur Besetzung spezieller Bauwerke oder Förderung vorgeschriebener Rohstoffmengen, die sich nach der Höhe der Besatzungstruppen richten.     

Spannende Vielfalt

Neben dem möglichst schnellen Erfüllen dreier Aufträge, gilt es aber auch deren individuelle Belohnungen in Betracht zu ziehen. Manche bescheren einem zusätzliche Truppen oder Spielzüge, andere wiederum Vorteile beim Würfeln. Spannend sind auch einzigartige Felder oder Bauwerke wie ein Staudamm, der bestimmte Landstriche vorübergehend fluten und darauf stationierte Einheiten einfach wegspülen kann.

Wer will, kann natürlich auch das Original-Risiko spielen - allerdings ohne klassische Spielsteine und Auftragskarten.
Auf einer anderen Karte gibt es hingegen einen Vulkan, der jederzeit automatisch ausbrechen und ebenfalls angrenzende Landstiche verwüsten kann. Besonders hart umkämpft sind auch Tempel und Grüfte, mit deren Hilfe man gezielt Armeen blockieren oder überlaufen lassen kann. Zudem kann man Feldlager besetzen, um sich Unterstützung von einer nahen Raketenabschussbasis zu holen oder Flugfelder errichten, um seine Abwehrwürfel leicht zu frisieren.

Insgesamt gibt es je nach Mitspielerzahl zwölf Landkarten, darunter natürlich auch die klassische Risiko-Weltkarte, die durch ihre Besonderheiten für jede Menge Spannung und Abwechslung sorgen. Bedienung und Navigation sind sehr handlich und wer's eilig hat, kann auch die Würfelduelle in zwei Stufen beschleunigen. Selbst beim Missionsangebot kann man je nach bevorzugter Spiellänge aus entsprechenden Vorgaben wählen, die Startaufstellung manuell bestimmen oder dem Zufall überlassen sowie statt auf Missionen auf Welteroberung spielen. Dass es hingegen keine Möglichkeit gibt, die Spielstärke von KI-Gegnern festzulegen, ist allerdings sehr merkwürdig und vor allem für Leute, die gern auch mal allein spielen, ärgerlich.

Taktischer Partyspaß mit Handicap

Den meisten Spaß macht aber ohnehin der Mehrspielermodus. Hier können bis zu fünf Hobbygeneräle antreten - sowohl lokal an einer Konsole als auch online. Eine Mischung aus beidem ist leider nicht möglich. Das Online-Matchmaking ist solide und lässt einen nicht nur nach Spielmodus sowie Ranglisten- oder Standardpartien suchen, sondern auch Plätze für Freunde reservieren und Xbox Live Party nutzen. Schade ist nur, dass Spieler, die eine Online-Partie vorzeitig verlassen, nicht durch KI-Spieler ersetzt und so zu wehrlosem Freiwild werden.

Im Fraktionsmodus gibt es hingegen auch Karten mit speziellen Feldern und Ereignissen wie diesen Vulkanausbruch.
Gelegentlich würde man sich bei besonders trägen Konkurrenten auch eine Zugzeitbegrenzung wünschen, was bei größeren Truppenbewegungen nach Tauschaktionen oder bei Welteroberungsversuchen jedoch ohne dynamische Anpassung wohl eher hinderlich gewesen wäre.

Für den größten Unmut dürfte aber ein gravierender Bug sorgen, der Spiel und Konsole noch vor dem Erreichen des Startmenüs einfrieren lässt. Auch wir hatten damit zu kämpfen und sind fast verzweifelt, weil dieser Fehler, sobald er einmal aufgetreten ist, wirklich jeden Spielstart verhindert. Zwar handelt es sich dabei um keinen generellen Fehler, der bei allen Usern auftritt, aber die, die es betrifft, sind natürlich zurecht verärgert - vor allem da auch ein erneuter Download oder das Leeren des Caches keine Abhilfe schafft. Immerhin gibt es einen kleinen Trick, der zumindest bei uns funktionierte: Vor dem Start des Spiels sollte man sein Profil abmelden und sich erst wenn die entsprechende Aufforderung kommt, wieder einloggen. Das ist zwar auch nur eine Notlösung, aber bis ein entsprechender Patch veröffentlicht wird, wohl die einzige Möglichkeit für Betroffene dem fatalen Froststrahl aus dem Weg zu gehen...    

Fazit

Bis auf kleine Einschränkungen wie das Fehlen klassischer Aufträge und Spielsteine hat Stainless Games die Brettspielvorlage stimmig und originalgetreu umgesetzt. Wer also einfach mal wieder Lust auf eine Runde Risiko, aber gerade keine Mitspieler zur Hand hat, kann ruhigen Gewissens gegen die leider nicht anpassbare KI oder andere Xbox Live-Spieler in den Würfelkrieg ziehen. Das Spielprinzip ist zeitlos, die Bedienung einfach, der Mehrspielermodus trotz fehlender Zug-Timer und KI-Ersatz für Frühaussteiger ungemein motivierend. Komplett neu ist hingegen der Fraktions-Modus, dem ein überraschend guter Spagat zwischen klassischen Tugenden und frischen Ideen gelungen ist: Es gibt nicht nur neue Karten und individuelle Kriegsparteien, sondern auch spezielle Aufträge und Bauwerke, die den traditionellen Würfelduellen zusätzliche Würze verleihen. Man erobert nicht nur taktisch klug Länder und Kontinente, sondern kämpft auch um Truppen spendende Städte und Hauptstädte, baut Würfelboni einbringende Flughäfen oder besetzt Energie spendende Minen und Kraftwerke, um Aufträge zu erfüllen. Besonders hart umkämpft sind Staudämme, die ganze Landstriche unter Wasser setzen können oder Tempel, die feindliche Soldaten überlaufen lassen. Das sorgt insgesamt für ein packendes Spielerlebnis, ohne dass die Tugenden des Originals zu sehr in den Hintergrund rücken. Auch die Präsentation kann sich sehen bzw. hören lassen - während der leider viel zu kurzen Kampagne gibt es sogar hochwertige deutsche Sprachausgabe. Es gibt aber auch einen fiesen Bug, der das Spiel schon vor Beginn einfrieren lässt. Das betrifft zwar nicht jeden und konnte zumindest bei uns durch einen Start ohne eingeloggtes Profil umgangen werden - ärgerlich ist es aber dennoch. Vor allem da ohne diesen Lapsus sowie die Enschränkungen bei KI und Kampagnenumfang durchaus Gold drin gewesen wäre...

Pro

einfache Bedienung
zeitloses Spielprinzip
amüsante Präsentation
hochwertige Lokalisierung
gelungene Zusatz-Features
motivierender Mehrspielermodus

Kontra

ärgerlicher Start-Bug
sehr kurze Kampagne
keine anpassbaren KI-Stufen
kein KI-Ersatz für Frühaussteiger

Wertung

360

Klassisches Risiko mit optionalen Fraktionsgeplänkeln, die für jede Menge Spielspaß sorgen, sofern man durch einen schwerwiegenden Bug nicht am Spielen gehindert wird...

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