Lazy Raiders15.03.2010, Jan Wöbbeking
Lazy Raiders

Im Test:

Lazy Raiders ist das ideale Knobelspiel für Egozentriker: Der in die Jahre gekommene Archäologe und Abenteuerer Dr. Diggabone muss auf seinem Xbox Live Arcade-Ausflug durch aztekische Ruinen nicht einen Finger krumm machen. Stattdessen dreht sich die komplette Welt um ihn. Mit Hilfe meines Analogsticks lasse ich die quadratischen Labyrinthe blitzschnell rotieren, so dass er an fiesen Fallen, tödlichen Stacheln und rollenden Riesenfindlingen vorbei zu allerlei funkelnden Schätzen schliddert.

Die ganze Welt dreht sich um mich!

Manch einer kennt aus seiner Kindheit vielleicht noch die kleinen, mit Wasser gefüllten Geduldsspielchen, in welchen man diverse Gegenstände an unterschiedliche Positionen schubsen musste, indem man einfach das komplette Gehäuse neigte. Eine fetter Plastikfisch rutschte natürlich schneller ans Ziel als ein dünner Ring. Der kanadische Entwickler Sarbakan hat sich dieses Prinzip zum Vorbild genommen: Dr. Diggabone und alles andere in den kleinen Labyrinthen besitzt eine spezifische Masse und daraus resultierende Trägheit. Wenn ich es geschickt anstelle, 

Nur nicht überanstrengen: Statt selbst zu laufen, rutscht Dr. Diggabone auf dem Hosenboden durch das Labyrinth, wenn man es in die gewünschte Richtung kippt.  
kullert z.B. die dicke Indiana-Jones-Kugel aus einer Mulde und walzt einen der vermummten Grabräuber platt, während der selig vor sich hin grinsende Dr. Diggabone nur ein kleines Stückchen auf seiner Plattform nach links rutscht.

Ist der Schwung zu groß, purzelt mein verwunderter Schützling dagegen dem maskierten Dieb in die Arme und wird danach noch von der Kugel plattgewalzt, was er mit einem entsprechend verstimmten Sprachsample quittiert. Außerdem gibt es für die misslungene Aktion einen dicken Abzug vom Punktekonto. Aber keine Bange: Lazy Raiders trägt seinen Titel nicht umsonst. Nicht nur die Hauptfigur ist ein Müßiggänger, auch ich kann mir alle Zeit der Welt lassen. Wenn ich Mist baue oder die Zeit abläuft, gibt es zur Strafe nur weniger Punkte - trotzdem lässt sich das Labyrinth in der Regel noch meistern.

Raffgier als Antrieb

Damit trotzdem Motivation aufkommt, haben die Kanadier ihrem Spiel ein sinnvolles Punktesystem verpasst: Je mehr glitzernde Klunker ich sammle und je mehr tödliche Stacheln ich mit dicken Kugeln zermalme, desto schneller füllt sich mein Konto. Dadurch werden wiederum weitere Schätze freigeschaltet und zum Schluss schnappe ich mir bei einem guten Durchgang sogar eine wertvolle Reliquie oder einen mit Diamanten verzierten Totenschädel. Die Beute lässt sich danach in einer kleinen Galerie betrachten. Auch die staubigen Grabkammern sind liebevoll gestaltet:

Nicht ganz so hübsch, aber praktisch: Die meiste Zeit über betrachtet man die Levels in der herausgezoomten Übersicht.
Aus den brüchigen, mystisch beleuchteten Rissen zwischen den Steinplatten rieselt derart viel Staub,  dass ich beim Zocken ständig Durst bekam. Auch der mysteriöse 5.1-Soundtrack erzeugt Abenteurer-Stimmung.

Für Abwechslung im Tomb-Raider-Alltag sorgen die Eis- und Wildwest-Welten sowie diverse Extras. Eine davon sind die Feuerfallen: Auf Knopfdruck stelle ich die komplette Welt auf den Kopf, wodurch die Flammen zu lodern beginnen. Schaffe ich es, eine TNT-Kiste in die Nähe zu bugsieren, zerreißt sie Sperren und Widersacher. Die bissigen Vampir-Fledermäuse funktionieren ähnlich: Die Flattermänner interessiert mein Gedrehe herzlich wenig - sie schweben stets wie angewurzelt an der gleichen Stelle. Doch sobald ich die Welt auf den Kopf stelle, verwandeln sie sich nicht in Graf Dracula, sondern in kleine violette Bälle, welche sich bequem in tödliche Piekser kullern lassen.    

Fazit

Lazy Raiders ist das ideale Kontrastprogramm zum bockschweren »The Misadventures of P. B. Winterbottom«. In beiden Titeln spielt ein raffgieriger Schnauzbartträger die Hauptrolle, doch Dr. Diggabone lässt seinen Feldzug viel entspannter angehen als der Kuchendieb. Wenn etwas nicht geklappt hat, versuche ich es einfach auf eine andere Weise - schließlich können hier die Levels auf unterschiedliche Art gelöst werden. Richtig spannend wird es dadurch allerdings nie. Trotzdem macht es Spaß, auf Punktejagd zu gehen und eine Stufe ein zweites oder drittes mal anzugehen. Schön auch, dass den Entwicklern eine sehr ausgewogene Mischung aus Rätsel- und Geschicklichkeit gelungen ist: Für einen guten Platz in den Weltranglisten ist ein flinker Daumen genau so wichtig wie ein cleverer Lösungsweg. Auch technisch gibt sich das Abenteuer keine Blöße: Die einfach gehaltene Steuerung flutscht und die Grabkammern sehen - vor allem, wenn man sie mit den Schultertasten heranzoomt - richtig schmuck aus. Schade, dass es keinerlei Multiplayer-Modi gibt: Ich hätte zu gerne anderen Zockern im Tetris-Stil Fledermäuse oder dicke Felsbrocken herübergeschickt. Für bequeme Solo-Knobler ist Lazy Raiders aber das ideale Entspannungsprogramm für zwischendurch.

Pro

<P>
unverbrauchte Spielidee
sehr entspanntes Knobeln
gute Mischung aus Rätseln und Geschicklichkeit
ausgefeiltes Punktesystem
urig staubige Azteken-Labyrinthe
detailverliebt brüchige Steinoberflächen
knuffige Hauptfigur</P>

Kontra

<P>
fesselt nicht so sehr wie kniffligere Spiele
nur ein Modus
keine Mehrspieler-Varianten</P>

Wertung

360

Die drehbaren Grabkammer-Labyrinthe von Lazy Raiders bieten entspannte Schwerkraft-Puzzles und ein durchdachtes Punktesystem.

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