Forza Motorsport 414.10.2011, Michael Krosta
Forza Motorsport 4

Im Test:

Turn 10 lebt und liebt offensichtlich den Rausch der Geschwindigkeit, denn die Entwickler stehen nicht nur auf flotte Wagen, sondern machen auch selbst ordentlich Tempo: Gerade mal zwei Jahre nach Forza 3 rast schon der Nachfolger mit einer frischen Grafikengine, überarbeiteter Fahrphysik sowie einigen Neuerungen wie der Kinect-Unterstützung über die Ziellinie. Wird Forza 4 die neue Messlatte im virtuellen Motorsport? 

Tolles Fahrgefühl

Hinter dem Steuer meines getunten BMW M3 rase ich auf dem Hockenheimring meinem nächsten Sieg entgegen. Der Werbe-Slogan "Freude am Fahren" passt wie der Fuß aufs Gaspedal: Wie schon in der Vergangenheit, ist die Fahrphysik von Forza 4 top! Gebe ich in Kurven zu viel Stoff, bricht sofort das Heck des bayerischen Biests aus, sofern ich nicht mit Fahrhilfen wie der Traktionskontrolle unterwegs bin. Wo in anderen Rennspielen der nächste Dreher schon vorprogrammiert ist, kann ich den Wagen hier durch sanftes Gegensteuern und einen behutsamen Umgang mit Gas und Bremse noch souverän abfangen. In solchen Momenten wird klar, dass Forza 4 nicht unbedingt die ultra-realistische Hardcore-Simulation ist, wie man sie vom PC kennt. Doch auf den Konsolen findet sich derzeit kein anderes Rennspiel, das sich so authentisch und rund anfühlt - einzig Sonys Gran Turismo 5 ist dem nahezu ebenbürtig. Genau wie dort hat man jetzt auch hier die Wahl zwischen einer normalen Lenkung und einer Simulationsvariante, obwohl sich die Unterschiede in Grenzen halten: Bei der normalen Einstellung hat man weiterhin die volle Kontrolle über seinen Wagen, doch werden einige physikalische Effekte abgeschwächt und es gibt minimale, kaum spürbare Korrekturen beim Einlenken und den Pedalbewegungen, um das Auto besser auf der Straße halten zu können. Zwar kommt auch mit dem Controller oder dem neuen Motion-Pad von Microsoft Fahrfreude auf, aber ein Spiel wie Forza 4 ist vor allem für Lenkräder gemacht: Sowohl das Porsche Turbo S Wheel als auch das offizielle CSR Wheel - beide vom deutschen Spezialisten Fanatec - überzeugen durch feine und differenzierte Force Feedback-Effekte, die Vibrationen und Unebenheiten auf der Strecke wunderbar an den Fahrer weitergeben. Profis können außerdem eine H-Schaltung mit sechs Gängen und Kupplung verwenden, wobei man Letztere sogar schleifen lassen kann.

Controllerfreies Rasen

Genau in die andere Richtung schlägt das Fahren mit Kinect: Wie bei den meisten Handyspielen werden Gas und Bremse automatisch geregelt und alle Fahrhilfen sind jederzeit aktiv, so dass man sich nur noch auf die Lenkung konzentrieren muss. Die Gestensteuerung funktioniert sogar ohne große Verzögerung und damit recht präzise, doch eine ernsthafte Alternative zum Controller oder Lenkrad stellt das Kamerasystem nicht dar. Dessen war man sich auch bei Turn 10 bewusst und hat die Kinect-Fahrten nicht ohne Grund von den restlichen Spielmodi ausgelagert. Entscheidet man sich auf dem Startbildschirm für die Verwendung von Kinect, gelangt man durch ein Winken in ein separates Menü, bei dem man lediglich die Wahl zwischen Einzelrennen, Zeitfahren, Splitscreen-Duellen und dem Besuch

Das Fahrgefühl ist ausgezeichnet!
Das Fahrgefühl ist ausgezeichnet!
des Autovista-Modus hat - dazu später noch mehr. Die Einzelrennen sind dabei auf nur eine Runde beschränkt - Anpassungen sind nicht möglich. Die Entscheidung ergibt halbwegs Sinn, da bereits nach dieser kurzen Zeit die Arme langsam schwerer werden, selbst wenn man im Sitzen spielt, was ebenfalls gut funktioniert. Einzig das Navigieren durch die Menüs bei der Strecken- und Fahrzeugwahl ist etwas zu sensibel und fummelig geraten. Unterm Strich würde man die Kinect-Einbindung zum Casual-Rasen nicht vermissen, denn aktiviert man alle Fahrhilfen, sind auch die Ausflüge mit dem Controller ähnlich anspruchslos.   

Aber egal ob Controller, Lenkrad oder Kinect: Jeder der ca. 500 Boliden fährt sich anders! Der eine Flitzer neigt z.B. zum starken Untersteuern und scheint vor jeder Kurve geradeaus weiterfahren zu wollen. Ein anderer hat generell ein völlig anderes Bremsverhalten, so dass man entsprechend früher oder später auf das Pedal treten muss. Manche Fahrzeuge überzeugen durch eine geniale Balance, durch die sie sich selbst bei Renntempo  immer präzise kontrollieren lassen. Andere wiederum sind extrem nervös und lassen sich nur mit viel Arbeit am Lenkrad sowie Feingefühl auf der Straße halten. Hier entsteht ein regelrechter Kampf zwischen Mensch und Maschine. Diese Vielfalt und die Nuancen innerhalb der Fahrphysik sind grandios!  

Gib Gummi!

Einen wesentlichen Beitrag dürfte in diesem Zusammenhang die enge Zusammenarbeit zwischen Turn 10 und Pirelli leisten: Die Integration einer Software erlaubte es den Entwicklern, die originalgetreuen Daten des Reifenherstellers aus deren Testkammern direkt ins Spiel zu importieren. Das Zusammenspiel zwischen Pneus und Asphalt kam in der Serie nie besser zur Geltung als hier, was man auch in der zuschaltbaren Echtzeit-Telemetrie erkennt, bei der nicht nur G-Kräfte und Motor-Drehzahlen, sondern u.a. auch Temperaturen sowie die Bodenhaftung jedes einzelnen Reifens betrachtet werden. Kleiner Nachteil der Pirelli-Geschichte: Da Turn 10 die gelieferten Daten bewusst nicht nachträglich bearbeiten wollte, wirkt der optionale Reifenverschleiß nur absolut und lässt sich nicht passend zur gewählten Renndistanz skalieren. Da man in den meisten Veranstaltungen den Kurs durchschnittlich nur drei bis fünf Mal umrundet, spielt der Verschleiß in der Praxis daher kaum eine Rolle. Gleiches gilt übrigens für den Benzinverbrauch, der automatisch mit dem Reifenabbau

Mit den kraftvollen Muscle Cars wirbelt man ordentlich Staub auf.
Mit den kraftvollen Muscle Cars rauchen die Reifen.
aktiviert wird und wieder nicht getrennt eingestellt werden darf. Unter diesen Voraussetzungen ist es verständlich, warum Boxenstopps und Reifenwechsel nicht unbedingt auf der Tagesordnung stehen. Entsprechend wurde das Thema von den Entwicklern erneut sehr stiefmütterlich behandelt, denn sie haben dem Spiel nicht mal eine animierte Crew spendiert.  

Fantastische Motorenklänge

Im Gegensatz dazu hat sich Turn 10 bei den Aufnahmen für die Motorengeräusche voll ins Zeug gelegt: Eine Gänsehaut ist garantiert, wenn man zum ersten Mal hinter dem Steuer eines potenten Boliden sitzt und die Drehzahl in die Höhe treibt! Im Gegensatz zu Gran Turismo 5 klingt die Maschine meines BMW M3 hier so aggressiv, wie es sich gehört! Da bahnt sich jede einzelne Pferdestärke lautstark ihren Weg in meinen entzückten Gehörgang. Doch nicht nur der Flitzer aus Bayern überzeugt im Audiobereich auf ganzer Linie - auch die meisten Modelle anderer Hersteller zeichnen sich durch ihre individuellen Klänge aus, die sich nach Tuningmaßnahmen sogar verändern. So röhrt, faucht, schreit, dröhnt und kreischt es in einer brachialen 5.1-Motorensinfonie aus den Boxen. Die Soundeffekte bei Kollisionen können dieses hohe Niveau leider nicht halten, denn auch im Vergleich zum Vorgänger fallen sie nicht mehr so druckvoll aus, wenn es scheppert. Besser wurde das Quietschen der Reifen umgesetzt - der elektrolastige Soundtrack mit seinen treibenden Beats ist dagegen Geschmackssache, aber lässt sich zum Glück stumm schalten.

Unbehagen auf der Siegerstraße

Es ist eigentlich immer ein schönes Gefühl,  Rennen zu gewinnen. Doch wenn es zur Gewohnheit wird und man sich nicht mal sonderlich anstrengen muss, weicht die Freude der Langeweile und Demotivation. Genau mit diesem Problem hat die Karriere in Forza 4 zu kämpfen: Selbst nach über sieben Saisons innerhalb der neuen Welt-Tournee und einem Fahrerlevel jenseits der 30 will meine Siegesserie einfach nicht reißen und würde selbst einen Sebastian Vettel vor Neid erblassen lassen. Dabei hatte mir Game Director Dan Greenawalt im Rahmen eines Events eigentlich versichert, dass sich die Leistung der KI meinem Können anpasst und nach knapp zehn

Spannende Positionskämpfe bilden im Rahmen der Welttournee leider die Ausnahme.
Spannende Positionskämpfe bilden im Rahmen der Welttournee leider die Ausnahme.
Rennen einpendelt - manuelle Einstellungen hinsichtlich der Leistung meiner Mitbewerber sind nämlich nicht erlaubt. Leider. Denn die adaptive KI funktioniert einfach nicht! Ihre Bremspunkte liegen viel zu früh und man spürt trotz fragwürdiger Abflüge, dass sie nie ans Limit geht. Statt spannender Positionskämpfe warten entweder stupide Rempeleinlagen im Mittelfeld oder einsame Fahrten an der Spitze, bei denen man in den viel zu kurzen Rennen kaum gefordert wird und selbst bei vorsichtiger Fahrweise noch relativ locker als Erster die Ziellinie überquert. Und baut man doch mal Mist, nutzt man einfach die optionale Rückspulfunktion und macht den Fehler ungeschehen, sofern man sie nicht vorher in den Einstellungendeaktiviert hat, um einen größeren Bonus abzusahnen. Denn wie schon bei den Vorgängern, so gilt auch hier: Je weniger Fahrhilfen man nutzt, desto großzügiger fällt der Geld- und Punkteregen am Ende aus - Abzüge gibt es allerdings für Schäden, die man aus eigener Tasche zahlen muss. Schön ist, dass sich mittlerweile auch sauberes Fahren positiv auf die Einnahmen auswirkt: In Anlehnung an das Kudos-System aus Project Gotham Racing werden das Durchfahren von Kurven, Überholmanöver, Drifts, Windschattennutzung und Geschwindigkeit in vier Stufen bewertet und zumSchluss in Credits umgerechnet. Gleichzeitig stärkt Turn 10 die Gewichtung sauber gefahrener Rennrunden für die Plätze auf den Online-Bestenlisten, wo eine langsamere, aber saubere Runde zu einer höheren Platzierung führen kann als eine schnellere, bei der man schon mal die Bande touchiert oder von der Rückspulfunktion Gebrauch gemacht hat.

Strafen in Form von addierten Sekunden bei Abflügen oder gar Verwarnungen für aggressive Pistensäue gibt es nicht, was aber gerade in Bezug auf Onlinerennen durchaus sinnvoll gewesen wäre. Wer nicht selbst hinters Steuer will, kann wieder einen Fahrer anheuern, muss die Einnahmen aber dann brüderlich mit ihm teilen. Das ist prima, wenn man auf einer Rennstrecke antreten muss, die einem partout nicht liegt. Allerdings ist ein Sieg selbst bei der Verpflichtung eines (teureren) Top-Fahrers nicht garantiert, so dass man im Zweifelsfall doch lieber selbst den Job übernimmt. Schade ist, dass Turn 10 nicht wieder die Idee des Drivatars aus dem ersten Forza-Teil aufgreift, bei der man einer KI seinen eigenen Fahrstil beibringen konnte.

Gute Idee, schlechte Umsetzung

Eigentlich ist die Grundidee hinter der neuen Karriere gar nicht so schlecht, da vor allem die favorisierten Autos in den Mittelpunkt gerückt werden. Jede Saison umfasst eine bestimmte Anzahl an Wettbewerben auf fest vorgegebenen Strecken. Das mit der Zeit

Bei den Belohnungen ist man sehr spendabel: So finden sich in einer vergleichsweise kurzen Spielzeit schon echte Traumwagen in der eigenen Garage.
Bei den Belohnungen ist man sehr spendabel: So finden sich in einer vergleichsweise kurzen Spielzeit schon echte Traumwagen in der eigenen Garage.
etwas mühsame Abklappern von Standardrennen wird zwischendurch immer wieder durch kleine Variationen aufgelockert: So gilt es z.B., beim Auto-Bowling auf dem Top Gear-Track so viele Kegel wie möglich abzuräumen oder bei Pylonen-Herausforderungen seine Präzision hinter dem Lenkrad unter Beweis zu stellen, denn für jede Berührung bekommt man eine Strafzeit aufgebrummt. Schön sind auch die 1 gegen 1-Duelle, bei denen man sich durch den extrem langsamen Verkehr schlängeln und dabei auch noch den Konkurrenten schlagen muss. Vor allem auf den langen und kurvenreichen Abschnitten der Fujimi Kaido-Pisten machen die Duelle einen riesigen Spaß und erinnern an alte Test Drive-Zeiten, obwohl es hier leider keinen Gegenverkehr gibt, der die Sache sicher noch spannender gemacht hätte. Im Rahmen der Welttournee hat man vor jedem Start in der Regel die Wahl zwischen drei verschiedenen Veranstaltungen mit unterschiedlichen Bonus-Aussichten. Möchte man lieber seinen Fahrerrang verbessern und mit einer Auswahl an neuen Wagen belohnt werden oder die Affinität zu einem bestimmten Autobauer hoch schrauben, um etwa Vergünstigungenbei Tuningteilen zu ergattern? Zwar bleibt die Art des Events immer gleich - man hat also nie die Wahl zwischen Rennen, Pylonen Herausforderung oder anderen Variationen - aber in welche Richtung man sich durch die Boni weiter entwickeln will, bleibt einem selbst überlassen. Es ist die Freiheit, die diesen Modus auszeichnet.

Leicht verdientes Geld

Egal für was man sich entscheidet: Man wird sehr schnell feststellen, dass Turn 10 bei der Ausschüttung von Belohnungen und Boni alles andere als knauserig ist. Innerhalb kürzester Zeit bekommt man bereits heiße Sportwagen als Geschenk serviert, für die man in anderen Rennspielen sehr viel mehr Spielzeit investieren müsste. Dabei hat man meist sogar noch die Wahl, welches der großzügigen Angebote man annehmen will. Ein ähnliches Bild entsteht bei der Hersteller-Affinität, wo einem schnell ein Rabatt von 100 Prozent bei Tuning-Teilen winkt, wenn man ein paar erfolgreiche Rennen mit Autos der jeweiligen Marke absolviert. Mir persönlich geht der Aufstieg etwas zu rasant vonstatten und ich frage mich, wozu Turn 10 jetzt die Möglichkeit nach Vorbild von Need for Speed erlaubt, sich mit Microsoft-Punkten seine Wunschfahrzeuge vorzeitig zu kaufen. Da nicht nur die Anzahl an (verkaufbaren) Modelle in der Garage sowie Sparmöglichkeiten beim Tuning-Kauf zunehmen, sondern auch das Credits-Konto kontinuierlich wächst, sehe ich keine Notwendigkeit, auf MS-Punkte ausweichen zu müssen.  Wer es tatsächlich will, kann fast den kompletten Modus

Willkommen in Indianapolis!
Willkommen in Indianapolis!
mit einem einzigen Wagen durchspielen. Zwar sind ab und zu Anpassungen bei der Leistung nötig, doch wer sich nicht selbst mit dem Aufmotzen seines Boliden beschäftigen will, kann sich auch automatisch eine optimale Mischung zusammenstellen lassen.

Auf Einkaufstour

Mehr Spaß macht es aber, selbst auf große Einkaufstour zu gehen und sich durch die enorme Auswahl an Upgrades zu wühlen, die jedem Tuning-Fan diesen gewissen "Haben wil"-Ausdruck ins Gesicht zaubern dürfte. Neben diversen Motor-Teilen wie Nockenwellen, Turboladern, Kolben oder Ventilen und sogar Hubraumvergrößerungen kann man hier auch das Fahrwerk mit besseren Federn, Dämpfern oder Stabilisatoren in mehreren Stufen verbessern, sich mit verschiedenen Reifenmischungen mehr Bodenhaftung erkaufen sowie frei einstellbare Differenziale und Getriebe anschaffen. Gewichtsreduzierungen gehören neben einem robusten Überrollkäfig ebenfalls dazu und auch dem Antrieb werden mit Renn-Kupplungen und Antriebswellen Beine gemacht. Während man in GT5 keine Notwendigkeit dafür gesehen hat, dürfen hier außerdem die Bremsen aufgemöbelt werden - immerhin kein unwichtiger Faktor, wenn man seinen Straßenflitzer erstmal in ein PS-starkes Renngeschoss verwandelt hat. Doch auch die Optik kommt nicht zu kurz: Eine tolle Zusammenstellung aus lizenzierten Felgen von 5zigen über BBS bis Zender sorgt für den Bling-Bling-Faktor, wobei sich Felgen- und Reifengrößen auf Wunsch anpassen lassen. Zusätzlich warten Bodykits von Spezialisten wie ABT mit neuen Frontpartien, Heckenschürzen, Seitenschwellern und fetten Spoilern im Sortiment, mit denen auch äußerlich die Transformation zum Rennwagen abgeschlossen wird.

Kunstvolle Designs

Der Design-Editor setzt den Möglichkeiten zu optischen Verschönerungen aber wieder die Krone auf: Es ist einfach unglaublich, was Künstler aus dem relativ komplizierten System mit seinen Schichten und einer respektablen Anzahl an vorgefertigten Symbolen, Piktogrammen und Grundformen alles herausholen können. Man könnte sich sicher viel Arbeit sparen und auch weniger versierte Spieler für das Herumexperimentieren mit den Design-Möglichkeiten begeistern, wenn man das Importieren von Bildern via USB-Stick als Basis erlauben würde, doch hat Microsoft diesbezüglich sicher nicht zu Unrecht Bedenken hinsichtlich des Urheberrechts. So muss man weiterhin viel Zeit und Mühe investieren, wenn man komplexe Vinyls basteln will. Doch die Anerkennung seitens der Community ist einem gewiss, denn man kann seine Werke nicht nur mit anderen Spielern teilen (auch gegen Credits), sondern stellt sich auch einer Abstimmung, die von null bis zu fünf Sternen reicht. Da man die hochgeladenen Designs sowohl nach Bewertung als auch hinsichtlich der meisten Downloads sortieren kann, darf man davon ausgehen, dass einem die Perlen nicht durch die Lappen gehen. Und was man dort jetzt schon alles findet: Da wird u.a. das Design des Ringtaxis vom Nürburgring angeboten oder es finden sich Lackierungen, die Filme wie Saw thematisieren. Selbst zu Spielen der Konkurrenz wie Super Mario Galaxy oder Gran Turismo 4

Im Design-Editor können sich Künstler ordentlich austoben
Im Design-Editor können sich Künstler ordentlich austoben
finden sich aufwändige Vorlagen zum Download. Wer schon im Vorgänger unzählige Stunden in den Editor investiert hat, kann sich übrigens freuen: Sämtliche Design-Vorlagen aus Forza 3 können importiert werden. Das dürfte auch der Grund sein, weshalb man bereits zum Start eine derart große Auswahl an Lackierungen vorfindet.

Film & Foto

Nachwuchs-Regisseure kommen ebenfalls auf ihre Kosten, denn neben Standard-Replays dürfen sie in einem virtuellen Schnitt-Studio auch eigene Clips kreieren und haarsträubende Choreographien festhalten bzw. mit der ganzen Welt teilen. Der Fotomodus ist ebenfalls wieder enthalten: Hobby-Knipser dürfen sowohl über den Pause-Umweg jederzeit im Rennen oder Wiederholungen zur Kamera greifen oder das Objekt der Begierde abseits der Pisten in idyllischen Kulissen wie einem Bergpfad, dem Top Gear-Studio oder einer Lagerhalle in Szene setzen. Fein-Einstellungen am Objektiv wie Verschlusszeit und Blendenöffnung sorgen neben der Bearbeitung von Helligkeit, Kontrast und Sepia-Tönen dafür, dass im Zusammenspiel mit der freien Kamerapositionierung kunstvolle Aufnehmen entstehen können, die genau wie die Videos und Designs ebenfalls der Community zum Download angeboten werden können. Mit den exorbitanten Möglichkeiten eines Gran Turismo 5 kann der Fotomodus von Forza 4 allerdings nicht mithalten. Das liegt vor allem daran, dass man in den wenigen Hintergrundmotiven den Hauptdarsteller - nämlich das Auto - zu schlecht nach den eigenen Vorstellungen in Szene setzen kann. Bei GT5 darf man nicht nur zwischen verschiedenen Positionen innerhalb der "Bühne" wählen, sondern sogar die Stellung der Räder und die Beleuchtung festlegen. Kurzum: Man hat dort viel mehr Möglichkeiten für die Komposition einer Aufnahme. Außerdem lassen sich die Bilder bei der Konkurrenz auf einen USB-Stick exportieren. Bei Forza 4 hat man dagegen nur die Möglichkeit, sie auf der Festplatte zu speichern oder in einer höheren Qualität auf die offizielle Webseite hochzuladen, um sie anschließend auf dem eigenen PC zu speichern - immerhin.      

Fortschritt durch Technik?

Aber zurück zur Welttournee: Am Ende der siebten Saison hatte ich Hoffnung auf Besserung, denn ich musste tatsächlich für den Sieg kämpfen anstatt wie gewohnt mit einem Vorsprung zwischen fünf und fünfzehn Sekunden über die Ziellinie zu donnern. Es herrschten wie immer optimale Bedingungen - keine Überraschung, denn auch in Forza 4 glänzt ein Wettersystem leider wieder mit Abwesenheit. Scheinbar wird man sich erst auf der nächsten Konsolengeneration näher damit beschäftigen, wenn überhaupt. Immerhin darf ich auf manchen Pisten zu unterschiedlichen Tageszeiten an den Start gehen - und der Neuzugang aus Baden-Würtemberg gehört neben internationalen Strecken wie Suzuka oder dem idyllischen Camino Viejo de Montserrat auch zu dieser elitären Auswahl, wohingegen auf der farbarmen Nordschleife eine starke Bewölkung und leichter Nebel immerzu

Die neue Grafikengine zeigt vor allem auf Pisten wie den Berner Alpen ihr Potenzial.
Die neue Grafikengine zeigt vor allem auf Pisten wie den Berner Alpen ihr Potenzial.
für trübe Aussichten sorgt. Dieses Mal drehe ich in den Abendstunden meine Runden und fahre einem atmosphärischen Sonnenuntergang in Hockenheim entgegen, während die Schatten bei der Fahrt herrlich detailliert über die Instrumente des originalgetreu nachgebildeten Cockpits des BMWs tanzen.

Ohne Zweifel schaltet Turn 10 mit der neuen Grafikengine vor allem durch die Beleuchtungstechnik IBL (Image-based Lighting) im Vergleich zum Vorgänger noch mal einen Gang höher. Zwar wirken die meisten klassischen Pisten wie Silverstone, Laguna Seca oder Catalunya immer noch etwas zu steril, doch sorgt vor allem die gelungene Ausleuchtung zusammen mit den kräftigen Farben für ein homogenes Gesamtbild, auch wenn die Entwickler es mit den Blendeffekten manchmal übertreiben und die Farbpalette nicht jedermanns Geschmack treffen dürfte - mir gefällt‘s. Weniger schön ist dagegen die fehlende Kantenglättung und auch das mitunter plötzliche Auftauchen von Objekten am Straßenrand ist ein kleiner Wermutstropfen in einer ansonsten prächtigen Kulisse. Die etwa 500 lizenzierten Boliden stehen dem in nichts nach: Mit ihren detailverliebten Cockpitansichten und der aufwändigen Modellierung sind die Fahrzeuge von Audi bis Zonda echte Hingucker. Der Verlust von Porsche aufgrund von Lizenzstreitereien mit Electronic Arts ist jedoch ein herber Verlust, den auch die beiden RUF-Modelle als Quasi-Ersatz nicht ausgleichen können. Opel- und Fiat-Fans kommen mitunter ebenfalls etwas zu kurz, doch Turn 10 liefert insgesamt einen abwechslungsreichen und gut ausbalancierten Fuhrpark.

Träume auf vier Rädern

Neben aktuellen Modellen, die z.T. erst durch die beigelegten Download-Codes oder die Installation der zweiten Spieldisk den Weg ins Spiel finden, bietet die Auswahl auch tolle Exoten wie den Wiesmann GT MF5 oder Radical SR8 RX sowie Oldtimer vom Schlag eines Oldmobile Hurst/Olds 442 aus dem Jahr 1969 oder Ford Mustang-Modellen aus den 70ern. Selbst der DeLorean DMC-12 hat es ins Sortiment geschafft, wenn auch ohne Fluxkompensator und Zeitreisen, aber dafür verknüpft mit einem passenden Achievement. Na, wie schnell wird man mit der Kiste wohl fahren müssen, um seine Gamerscore wieder um ein paar Punkte zu erhöhen? Allerdings fällt auf, dass sich wieder viele Rechtslenker unter den europäischen und amerikanischen Modellen befinden. Ich kann es verstehen, wenn ich z.B. in einem Nissan GT-R oder Toyota Supra auf der "falschen" Seite Platz nehmen muss, aber wenn ich in einem Ford Fiesta oder VW Scirocco sitze, dann doch bitte so, wie es sich gehört oder mir zumindest die Wahl lassen, auf welcher Seite ich sitzen will. Schade ist zudem, dass man die Sitzposition im Cockpit wieder nicht den eigenen Wünschen anpassen kann, sondern mit einer Standardansicht Vorlieb nehmen muss. Diese ist nicht unbedingt schlecht, doch bietet Gran Turismo 5 mit seinen drei Variationen mehr Komfort und kommt allen entgegen, die auch aus dem Auto heraus mehr von der Straße sehen wollen.

Zurück in die Zukunft?
Zurück in die Zukunft?
Löblich ist, dass Forza 4 eines der wenigen Rennspiele ist, bei dem die Innen- und Außenspiegel trotz schwankender Framerate brauchbar sind: Zum einen wird der Detailgrad so hoch gehalten, dass man tatsächlich etwas in ihnen erkennt, zum anderen nutzt man für die Außenspiegel eine leichte Zoom-Funktion, um die Verfolger deutlich darzustellen, frei nach dem bekannten Aufdruck "Objekte in ihrem (Rück)spiegel scheinen oft näher als sie sind".

Je nach gewähltem Modell kann es allerdings auch passieren, dass die Außenspiegel nicht sichtbar sind. Hier bietet sich der Blick zurück auf Knopfdruck als Alternative an - eleganter ist jedoch das Head-Tracking via Kinect, das trotz einer leichten Verzögerung überraschend gut funktioniert. Das gilt auch für die Stimm-Navigation, mit deren Hilfe man schnell an sein gewünschtes Ziel gelangt. Nur die Erkennung englischer Begriffe wie "Tuning-Einstellungen" oder "Upgrade" bereitet immer wieder Probleme. Hier sollte man von dem Trick Gebrauch machen, es wie ein Deutscher ohne Englischkenntnisse auszusprechen, auch wenn es sich extrem dämlich anhört. Die Erfolgschancen liegen dadurch trotzdem sehr viel höher, dass Kinect diese Sprachbefehle versteht.

Auf Entdeckungsreise

Die Liebe, die Turn 10 seinen Stars entgegen bringt, wird im neuen Autovista-Modus offensichtlich: Dabei handelt es sich im Prinzip um eine interaktive Entdeckungsreise, bei der man eine Auswahl an besonderen Automobilen ganz genau unter die Lupe nehmen darf. Die 24 Auserwählten wurden extrem aufwändig modelliert - selbst wenn man die virtuelle Kamera wahlweise via Controller oder Kinect-Gesten ganz nah an den glänzenden Lack, die Motoren oder Cockpitinstrumente heran führt, bleiben die hoch aufgelösten Texturen knackscharf. Leider ist die Technologie noch nicht so weit, derart fotorealistische Fahrzeuge auf die virtuellen Straßen zu entlassen, doch zumindest bekommt man hier schon einen Ausblick darauf, wie die Zukunft vielleicht aussehen könnte, auch wenn man sie hier nur bestaunen und (noch) nicht fahren darf. Jeder der Wagen, deren Erkundungserlaubnis man meist erst durch den Gewinn einer Herausforderung starten darf, bieten eine Vielzahl an Stellen, die durch ein Icon markiert werden und interessante Informationen beinhalten, die von einem guten Sprecher und passenden Zwischensequenzen vermittelt werden. Jeremy Clarkson, seines Zeichens Moderator der britischen Kult-Show Top Gear, lässt es sich ebenfalls nicht nehmen, seinen ungefilterten Senf zu den Karossen abzugeben. Dabei hat der Kerl immer wieder den einen oder anderen amüsanten Spruch auf den Lippen, wenn er das jüngste Porsche-Modell in einem kleinen Nebensatz z.B.

Das Auto als Erkundungslevel? Autovista macht es möglich.
Das Auto als Erkundungslevel? Autovista macht es möglich.
hämisch als "ultimativen VW Käfer" bezeichnet. Ich kann nur hoffen, dass Turn 10 in Zukunft weitere Boliden zum Autovista hinzufügt, denn hat man erstmal jeden Millimeter der 24 Hochglanz-Varianten begutachtet, kann man sich den erneuten Besuch sparen.

Die haben doch einen Schaden!

Nach den beeindruckenden Einblicken in Autovista kann man es fast verstehen, wenn weder die Autohersteller noch die Entwickler ihre eleganten Traumwagen nach Unfällen als verbeulte Schrottkisten auf dem Bildschirm sehen wollen. Tatsächlich scheint man sich bei Forza 4 bezüglich der Darstellung von Schäden etwas mehr zurückzuhalten als bei den Vorgängern. Zwar gibt es viele Kratzer und auch Beulen in der Karosserie, doch abfallende Teile wie Motorhauben oder Stoßstangen sowie bis zur Unkenntlichkeit zerstörte Wagen gibt es hier nicht. Auch die Räder bleiben jederzeit mit der Achse verbunden, so dass man insgesamt nicht alles aus dem (optischen) Schadensmodell herausholt, was vielleicht möglich gewesen wäre. Die Auswirkungen auf die Fahrphysik, die sich optional zumindest in der Karriere und bei Onlinerennen aktivieren lassen, wirken ebenfalls inkonsequent: Zwar gehen viele Teile vom Motor über das Getriebe bis hin zur Aufhängung in mehreren Stufen kaputt, doch ist der Grad der Schäden nicht immer nachvollziehbar oder vollkommen realistisch. Trotzdem gibt das Schadensmodell insgesamt immer noch mehr her als im gepatchten Gran Turismo 5 oder anderen Simulationen. Vielleicht widmet man in der nächsten Konsolengeneration dem Thema mehr Aufmerksamkeit und schafft es, das Zustandekommen und die Auswirkungen von Schäden authentischer zu simulieren.

Schrauber im Glückstaumel

Das Herumschrauben an den Boliden zählte schon immer zu einer der vielen Stärken von Forza. Geändert hat sich daran nichts: Wie gehabt passt man Dinge wie den Reifendruck, die Aerodynamik, Getriebeübersetzungen, Fahrwerk, Bremsen und das Differenzial mit zig Unterpunkten und feinen Abstufungen den eigenen Wunschvorstellungen an. Mechaniker können sich hier wahrhaftig austoben und ihre ausgetüftelten Ergebnisse

Die detaillierten Cockpits sind eine Augenweide.
Die detaillierten Cockpits sind eine Augenweide.
selbstverständlich auch zum Download anbieten. Die Unterschiede zwischen einem maßgeschneiderten und einem Standard-Setup können gewaltig sein, wenn es darum geht, die entscheidenden Zehntel schneller unterwegs zu sein als die Konkurrenz. Leider spielen die Einstellungen innerhalb der Welttournee keine Rolle, da man auch ohne die Optimierungen von Sieg zu Sieg fährt. Geht man die Karriere klassisch an und wählt seine Veranstaltungen aus der gewohnt großen Liste an Angeboten, sieht die Sache schon anders aus: Da man hier im Gegensatz zur Welttournee die KI in vier Stufen anpassen darf, bekommt man endlich das gehobene Maß an Herausforderung, das man zuvor vermisst hat. Hier kann sich das Verändern des Setups tatsächlich positiv auf den Rennverlauf auswirken. Hinzu kommt, dass man auch wieder mit den gewohnten Wagen- und Leistungsbeschränkungen konfrontiert wird. Auf der einen Seite finde ich es löblich, dass sich die Welttournee rund um meine Lieblingsfahrzeuge entwickelt. Auf der anderen Seite bin ich aber auch froh, wenn mir auch Marken und Modelle aufgezwungen werden, die nicht zwingend zu meinen Favoriten zählen, denn erst so weißich die Vielfalt in der Autolandschaft erst richtig zu schätzen und kann meinen Horizont erweitern. Wäre die Welttournee halbwegs fordernd, würde sie die klassische Karriere hervorragend ergänzen. Unter diesen Voraussetzungen ziehe ich Letztere aber dem neuen Ansatz vor.

Schnelle Rennen, lahme Optionen

Wer abseits der beiden Karrieren nur mal zwischendurch die eine oder andere Runde drehen will, ist beim Modus "Schnelles Rennen" richtig aufgehoben, obwohl hier nicht nur Positionskämpfe gegen die KI-Piloten, sondern auch Zeitfahren zum Aufstellen neuer Rundenrekorde angeboten werden. Auch zu Splitscreen-Duellen gegen einen zweiten Mitspieler kommt man über diesen kleinen Umweg - leider lässt sich das Feld nur mit zwei weiteren KI-Mitstreitern füllen, doch gibt es als Ausgleich eine reduzierte Cockpitansicht, die sich auch für Solo-Fahrer als Alternative angeboten hätte, da sie mehr von der Strecke zeigt. Zwar werden die Grafikdetails am geteilten Bildschirm deutlich reduziert, doch bekommt man als Ausgleich auch hier eine butterweiche Darstellung. Die "schnellen Rennen" gegen die KI leiden jedoch an den gleichen Problemen wie beim Vorgänger: Es werden zu wenige Optionen geboten, um die Rennen den eigenen Wünschen anzupassen. So wird die Rundenzahl erneut strikt vorgegeben, was die Rennen (abgesehen von der Runde auf der Nordschleife) sehr kurz macht. Das volle Schadensmodell darf ebenfalls nicht aktiviert werden - warum auch immer. Beim Starterfeld muss man sich außerdem dem Zufallsprinzip beugen: Zwar werden die Fahrzeuge der Gegner an die eigene Wagenklasse angepasst, doch wäre es komfortabler, wenn ich mir die Konkurrenz wie bei Project Gotham Racing selbst zusammenstellen könnte. All diese Möglichkeiten bekomme

Das wird eng!
Das wird eng!
ich, wenn ich den Umweg über den Onlinemodus gehe, denn hier kann ich in meiner privaten Lobby auch reine Offline-Rennen anlegen, das volle Schadensmodell aktivieren und mir meine KI-Gegner aussuchen. Dumm nur,dass lediglich Besitzer einer Gold-Mitgliedschaft von Xbox Live diese Alternative nutzen können. Wann baut Turn 10 endlich einen separaten Modus für alle ein, in dem man (Offline-)Veranstaltungen nach eigenen Wünschen anpassen kann? Es wird Zeit...

Doch ohnehin werden Besitzer einer Silbermitgliedschaft so stark gebeutelt wie in kaum einem anderen Spiel. Dass man als nicht zahlendes Mitglied keine Onlinerennen absolvieren darf, versteht sich von selbst. Aber auch bei den meisten Community-Funktionen ein Riegel vorgeschoben wird, ist ein herber Schlag. So dürfen Forza-Spieler mit Silbermitgliedschaft zwar die teils großartigen Designs betrachten - das Herunterladen ist hier allerdings genauso verboten wie bei Tuning-Setups und anderen Inhalten. Konnte man im zweiten Teil noch über die System Link-Option im lokalen Netzwerk Gas gegen andere Spieler antreten, geht es hier wie schon beim Vorgänger nur noch über Xbox Live auf die Mehrspieler-Pisten - und dafür ist die Goldmitgliedschaft zwingend nötig.    

Rivalenkämpfe

Da ist es fast schon eine Überraschung, dass auch Silbermitglieder beim neuen Rivalen-Modus mitmischen dürfen. Dieser ist an EAs Autolog-System aus Need for Speed angelehnt und erlaubt zeitversetzte Rennen gegen zufällig oder bewusst ausgewählte Freunde oder Fremde. Ein internes Nachrichtensystem informiert nicht nur über Neuigkeiten aus der Forza-Welt, sondern schlägt auch Alarm, wenn man von einem neuen Rivalen herausgefordert wird bzw. übertrumpft wurde. Da lässt der Konter selbstverständlich nicht lange auf sich warten. Zwar wirkt EAs Autolog insgesamt ausgereifter, doch treibt auch der Ansatz von Forza 4 schnell und konstant die Motivation nach oben, sich in den spannenden Fern-Duellen durchzusetzen - egal wie viele Versuche es kostet.

Rasen für Ruhm

Allerdings geht nichts über direkte Positionskämpfe auf den Onlinepisten - vornehmlich gegen Freunde. In der freien Wildbahn trifft man nämlich auch hier häufig auf die Spezies Pistensau, die für einen Sieg und den Aufstieg in der Rangliste alles über den Haufen fährt, was ihr in die Quere kommt. Und da ohne ein Strafsystem oft genug der Spieler gewinnt, der sich am unfairsten durchrempelt, sind Online-Rennen gegen fremde Fahrer mit Vorsicht zu genießen - zumindest, wenn es um Standard-Modi geht. Daneben werden eine Reihe weiterer Variationen angeboten, die eher zu einem Arcade-Racer passen. Bei Katz und Maus jagen sich z.B. zwei Teams gegenseitig über die Pisten, während beim Autofußball alles daran gesetzt wird, das runde Leder im gegnerischen Kasten zu versenken. Daneben stehen auch  Ausscheidungsrennen

Über der Nordschleife sorgt leider eine konstante Wolkenschicht für trübe Aussichten. Auch die Streckenführung weicht teilweise vom Original ab.
Über der Nordschleife sorgt leider eine konstante Wolkenschicht für trübe Aussichten. Auch die Streckenführung weicht teilweise vom Original ab.
sowie Markierungsherausforderungen stehen zur Wahl. Es ist auf jeden Fall lobenswert, dass Turn 10 so viele Modi anbietet, die auch die Vorlieben verschiedener Spielergruppen abdecken, obwohl ich selbst mit einem Großteil dieser "Minispiele" nicht viel anfangen kann.

Alles ist möglich

Wenn ich mich schon online ins Cockpit quetsche, gebe ich vornehmlich beim Zeitfahren für Platzierungen auf der Bestenliste Gas oder setzte private Lobbys auf, die ich hier aber als Alternative zum gelungenen Matchmaking (inkl. Abstimmungssystem) sogar wieder öffentlich anbieten könnte. Die vielfältigen Anpassungsmöglichkeiten lassen keine Wünsche offen: Ich habe nicht nur die Macht über Streckenwahl und Rundenanzahl, sondern darf auch Wagenklassen, Modelle, Schadensmodell und Fahrhilfe nach meinen Wünschen vorgeben. Wenn ich es will, kann ich alle Session-Teilnehmer sogar dazu zwingen, in der Cockpitansicht zu fahren - so lobe ich mir das! Steht man in öffentlichen Lobbys auf der Warteliste, darf man das Rennen jetzt außerdem mit der neuen Zuschauerfunktion verfolgen. Und das Wichtigste: Der Netzcode ist klasse! Zwar kommt es mitunter zu teils heftigen Lags, doch die Mehrheit meiner Testfahrten über Xbox Live lief selbst bei zehn oder mehr Teilnehmern erstaunlich solide ab. Genau wie in der Karriere sammelt man auch hier fleißig Erfahrungs- und Affinitätspunkte, die global zusammengerechnet werden - eine Trennung zwischen Online- und Offlinerang gibt es nicht.

In da Club!

Von vielen Fans gewünscht, feiern endlich auch wieder die Autoclubs ihr Comeback, nachdem sie im Vorgänger noch von der Feature-Liste gestrichen wurden. Hier finden sich Gleichgesinnte zu einer Art Clan zusammen und treten in diversen Wettbewerben sogar gegen andere Clubs und deren Fahrer an, wobei die Mitgliedschaft durch ein Kürzel vor dem Spielernamen gekennzeichnet wird. Letzteren kann man sich auch unabhängig von seinem Gamertag vergeben. Schöner Vorteil als Teil eines Autoclubs ist die Tatsache, dass der Fuhrpark brüderlich geteilt wird. Sollte man also für einen Club-Wettbewerb ein bestimmtes Fahrzeug brauchen und einer der Mitglieder hat es bereits in seinem Besitz, kann er es den anderen einfach zur Verfügung stellen - klasse.

Fazit

Forza Motorsport 4 ist ein Monster von einem Rennspiel! Nicht eines von der Sorte, vor dem man schreiend davon läuft und hofft, ihm zu entkommen. Nein, dieses Monster empfängt man mit offenen Armen und will es danach nie wieder hergeben. Ein Grund dafür liegt in der fantastischen Fahrphysik, die vor allem mit den hervorragenden Lenkrädern aus dem Hause Fanatec voll zur Geltung kommt. Neben Gran Turismo 5 findet man auf den Konsolen keinen besseren Racer, der den Motorsport und das Gefühl hinter dem Lenkrad so authentisch abbildet, auch wenn der Anspruch der PC-Simulationen nicht ganz erreicht wird. Klassische Rennwochenenden inklusive Qualifying-Sessions glänzen neben Nachteinsätzen sowie wechselnder Witterung allerdings immer noch mit Abwesenheit. Die neue Welttournee ist aufgrund des zu niedrigen Schwierigkeitsgrades und der kurzen Rennen nur ein schwacher Ersatz - runder und motivierender läuft die klassische Karriere mit freier Veranstaltungswahl, mehr Anpassungsmöglichkeiten und diversen Beschränkungen hinsichtlich des lizenzierten Fuhrparks. Dieser muss zwar ohne Porsche auskommen, bietet dafür aber eine breite Palette an aktuellen Modellen, Oldtimern, Muscle Cars und PS-starken Rennmaschinen anderer Hersteller, die zudem mit fantastischen Motorenklängen begeistern können. Informative Einblicke erlaubt der neue Autovista-Modus, in dem man leider nur eine kleine Auswahl an Flitzern in einem bisher einmaligen Detailgrad erforschen darf - die aufwändige Darstellung der Fahrzeuge ist grandios. Doch auch abseits von Autovista können sich Kulissen und Fahrzeuge dank der neuen Grafikengine mit ihrer stimmungsvollen Beleuchtungs-Technologie sehen lassen. Forza Motorsport sah nie besser aus als hier! Eine Enttäuschung ist jedoch die KI: Zwar wurde die Anzahl auf zwölf Teilnehmer aufgestockt, doch bremsen die Piloten zu früh vor Kurven, gehen nie ans Limit und verhalten sich mit ihren Rempeleien meist wie dumme Rüpel. Von derartigen Problemen bleibt man online verschont - sofern man mit fairen Fahrern beim sauberen Netzcode um Positionen kämpft. Da ein Strafsystem fehlt, wird unfairen Pistenrowdys allerdings Tür und Tor geöffnet. Trotzdem wird vor allem online viel geboten und der neue Rivalen-Modus erweist sich als eine hervorragende Ergänzung zu den bestehenden Angeboten. Nicht zu vergessen die gelungenen Community-Funktionen, zu denen u.a der leistungsfähige Design-Editor, Autoclubs sowie das Teilen von Inhalten gehört. Tatsächlich weiß sogar die Einbindung von Kinect zu gefallen, da Funktionen wie die Stimm-Navigation sowie das Erfassen und die Umsetzung von Kopfbewegungen den Komfort verbessert. Trotz seiner klaren Mängel zählt Forza Motorsport 4 zu den besten Simulationen, die man in dieser Konsolengeneration finden kann.        

Pro

großer Fuhrpark mit lizenzierten Automarken...
kernige Motorenklänge
traumhaftes Fahrverhalten
grafisch ansprechende Kulissen...
atmosphärische Ausleuchtung (dank IBL)
flüssige Darstellung (60 Bilder/Sekunde)
detaillierte Boliden
Cockpitansicht
riesiger Umfang
massig Tuning-Optionen (optisch & Leistung)
Feineinstellungen beim Setup
gelungene Streckenauswahl
volles Schadensmodell
(optionaler) Reifenverschleiß
(optionaler) Benzinverbrauch
optionale Rückspulfunktion
zuschaltbare Fahrhilfen
Feineinstellungen bei Steuerung möglich
leistungsstarker Design-Editor
motivierender Rivalen-Modus
starke Community-Funktionen (Clubs, Setup-Tausch, Auktionen etc.)
gute Auswahl an Online-Spielmodi
Erstellen & Teilen eigener Filme & Replays
sauberer Netzcode
Erstellen öffentlicher Online-Lobbys möglich
Splitscreen-Rennen möglich
informatives Autovista
Echtzeit-Telemetrie zuschaltbar
überzeugendes Headtracking
Kupplung und H-Schaltung (6 Gänge) werden unterstützt
gelungene Force Feedback-Einbindung

Kontra

...aber leider keine Porsche-Modelle mehr
Karriere (Welt-Tournee) viel zu leicht (KI nicht manuell anpassbar)
enttäuschende KI (zu frühe Bremspunkte, Rempel-Ambitionen)
keine verschiedenen / wechselnden Witterungsbedingungen
...die aber oft zu steril wirken
keine Nachtrennen
zu viele Einschränkungen bei "freies Spiel"
kein komplettes Renn-Wochenende (Training, Quali)
keine Ausdauerrennen
Reifen, Schaden & Benzin nicht getrennt regelbar
Boxenstopps spielen keine Rolle & keine animierte Crew
zu viele Rechtslenker bei EU
und US-Modellen
zu schneller Level-Aufstieg und üppige Belohnungen
kein Straf
und Flaggensystem
kein System Link für LAN-Rennen
Schadensmodell nicht ganz realistisch
Reifenverschleiß nicht skalierbar
Benzinverbrauch praktisch irrelevant

Wertung

360

Forza Motorsport 4 ist trotz klarer Mängel bei der Karriere und KI die bis dato beste Rennsimulation dieser Konsolengeneration.

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