Kingdoms of Amalur: Reckoning07.02.2012, Mathias Oertel
Kingdoms of Amalur: Reckoning

Im Test:

Wie lange ist es her, seit sich Fans von Fantasy-Action-Rollenspielen auf der Suche nach seltenen Beutestücken die Nächte um die Ohren geschlagen haben? Seit Sacred 2? Seit Diablo 2? Die von Big Huge Games (Rise of Nations) erdachten Königreiche von Amalur sollen alte Hack&Slay-Tugenden mit epischen Elementen verbinden.

Etikettenschwindel

Im Vorfeld haben 38 Studios und Electronic Arts viel von Skyrim sowie ähnlich schwergewichtigen Rollenspielen gesprochen und diese als Vergleich bemüht. Sicher: Es liegt nahe - immerhin hat Lead Designer Ken Rolston vor Amalur die Elder Scrolls-Welten von Morrowind und Oblivion zum Leben erweckt. Und die Hardcore-Rollenspieler sind eine stets nach neuen Welten dürstende Zielgruppe, die so etwas gierig aufnimmt. Doch wer glaubt, dass hier eine in jeder Hinsicht lohnenswerte Alternative zu dem letztjährigen Ausnahme-Rollenspiel mit einer markanten Welt, immerhin designt von Comic-Ikone Todd McFarlane und erzählerisch inszeniert von R.A. Salvatore (Demon Stone, Eiswindtal-Trilogie) wartet, kann eigentlich jetzt schon aufhören zu lesen und sich sein Geld vom Händler wieder auszahlen lassen.

Denn das Spiel schafft es in keinem Punkt, diesem epischen Ansatz gerecht zu werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass Amalur inhaltsleer oder seelenlos ist - ganz im Gegenteil: Ich als Hack&Slay-Fan alter Schule freue mich, dass so viele Jahre nach Champions of Norrath oder Baldur's Gate Dark Alliance endlich wieder viel versprechender Nachschub im Laufwerk liegt. Es ist nur bedauerlich, dass irgendjemand im Produktmanagement das amalurische Königreich in die falsche Schublade packte.

Statt zu versuchen, auf der Popularitätswelle von Skyrim, Geralt oder den Seelenspielen von From Software zu reiten, hätte man vielmehr den Vergleich mit den Sacreds oder Dungeon Sieges dieser Welt suchen und sich den unbestimmten Release von Diablo III zu Nutze machen sollen. Das liegt nicht nur aufgrund der zahlreichen Ähnlichkeiten bei den Mechaniken näher, sondern ist auch deutlich schmeichelhafter, wenn es um die Umsetzung geht.

Denn letztlich steht hier nicht die Story oder die geheimnisvolle Welt im Vordergrund, sondern das Kämpfen sowie die ausgeschüttete Beute, die wie für Spiele dieser Art üblich, in "gewöhnlich", "selten", "Teil eines Sets" und "einzigartig" kategorisiert wird. Dabei beginnt alles auch erzählerisch interessant...

Wer bin ich?

World of AmalurCraft? Vor allem in der Anfangsphase ist das Artdesign nicht markant oder eigenständig genug...
World of AmalurCraft? Vor allem in der Anfangsphase ist das Artdesign nicht markant oder eigenständig genug...
Direkt nachdem ich den Editor verlassen habe, wird meine Figur als Leiche entsorgt und landet auf einem Berg verwesender Verstorbener. Man hat beinahe das Gefühl, dass die umfangreiche Erstellung des Alter Ego ad absurdum geführt wird.

Wieso hat man sich durch die Auswahl des Volkes (hat leichten Einfluss auf die Startboni in bestimmten Fähigkeiten außerhalb des Kampfes), der Religion (jeder der fünf Götter hält wie auch Agnostizismus einen Bonus auf Kampffähigkeiten bereit) sowie die vierzehn Schieberegler für das Aussehen gewühlt, nur um von den zwei Gnomen, die mir die letzte Ehre erweisen "Alles Gute! Vielleicht läuft es das nächste Mal besser!" zu hören?

Der Tod ist nur der Anfang

Wie sich herausstellen soll, ist man als vermeintlich gescheitertes Experiment eines gnomischen Wissenschaftlers namens Hugues auf dem Leichenhaufen gelandet. Der Professor hat an dem so genannten Seelenquell geforscht, um eine Formel zu finden, wie man Tote wieder ins Leben zurückbringen kann. Doch bislang waren seine Versuche nicht von Erfolg gekrönt. Dementsprechend sind alle Figuren überrascht, denen man fortan begegnet.

Die effektgeladenen Kämpfe gehen locker von der Hand, sind aber unter dem Strich zu leicht.
Die effektgeladenen Kämpfe gehen locker von der Hand, sind aber unter dem Strich zu leicht.
Wieso ist man gestorben? Wer war man in einem früheren Leben? Diese Fragen bleiben vorerst unbeantwortet, werden aber wie die ewige Diskussion zwischen fremd- und eigenbestimmtem Schicksal kontinuierlich thematisiert und mal mehr, mal weniger intensiv weitergeführt. Wichtig ist zu diesem Zeitpunkt nur eines: Man muss überleben - um jeden Preis. Denn offensichtlich ist man der Schlüssel für das Ende des langjährigen Krieges in Amalur, der zwischen den magischen Fei, den ewig wiederauferstehenden Thuata und dem Rest der Bevölkerung tobt.

Ähnlich wie bei den ersten Dungeon Sieges hängt die Tiefe der Geschichte davon ab, wie weit man selbst gewillt ist, sie z.B. über mitunter umfangreiche Gespräche mit den Amaluriern, durch das Lesen von Büchern oder das Aktivieren der so genannten Lorestones zu erfahren. Dahinter verbergen sich gesprochene und meist mit Musik unterlegte Erzähl-Fragmente, die kleine Ereignisse in der Welt beleuchten. Die Möglichkeit, über eine geheimnisvolle Umgebung Geschichten zu erzählen, die Neugier zu schüren oder beim Spieler ein Kopfkino zu starten, wird allerdings nicht genutzt und bleibt Kalibern wie Dark Souls oder Skyrim vorbehalten. Man bleibt wie bei vielen anderen Mechaniken sehr konventionell und verpasst in diesem Bereich die Chance, eine epische Sogwirkung zu erzeugen.

Charakterliche Freiheit

Wer steckt hinter Kingdoms of Amalur?

38 Studios CEO: Curt Schilling (ehemaliger Baseball-Profi und World Series-Gewinner)

Story, Hintergrund: R.A. Salvatore (Autor, u.a. bekannt durch die Eiswindtal-Trilogie und Demon Stone)

Art-Design: Todd McFarlane (Comic-Ikone, Erfinder von Spawn)

Creative Lead Design: Ken Rolston (Ex-Bethesda-Mitarbeiter, dort Lead Designer für Morrowind und Oblivion)

Musik: Grant Kirkhope (Komponist, Ex-Rare-Mitarbeiter, dort u.a. für die Musik von GoldenEye, Perfect Dark oder Viva Pinata verantwortlich) Der Weg zur Befreiung Amalurs ist im Gegensatz zu den üblichen Vertretern nicht klassengebunden, sondern weitgehend frei: Egal, ob man sich für die Varani (Nordische, ähnlich den Wikingern) als Volk entscheidet, die auf Handeln und Sinnesschärfe einen und auf Schlösserkunde sogar zwei Bonuspunkte bekommen oder ob man sich auf die Ljosalfar (die Amalur-Variante von Dunkelelfen) festlegt, deren Stärken in der Alchemie, Gemmenschleifen (eine Crafting-Disziplin) und Bannen (Knacken von magischen Schlössern) liegen: Man bekommt bei der Weiterentwicklung seiner Figur keine "Klassenfesseln" angelegt.  Bei einem Levelaufstieg bekommt man einen Punkt, den man zur Steigerung  einer der neun Basis-Fähigkeiten verwendet. Zu diesen Talenten gehört z.B. die Alchemie zum Brauen von Tränken, das Handeln, das Schlossknacken oder Wahrnehmung. Vor allem Letzteres kann zu einem modifizierten Spielverlauf führen: Je mehr Punkte man hier investiert, umso mehr Verstecke mit Beute oder gar geheime Räumlichkeiten kann man entdecken.

Zusätzlich erhält man jedes Mal drei Punkte, die man frei auf die drei Kampffähigkeiten Macht, Raffinesse sowie Zauberkraft verteilen kann. In jedem dieser Talentbaume warten im Lauf der Zeit jeweils über 20 teils passive, teils aktive Aktionen, die häufig in mehreren Stufen aufgerüstet werden können.

So kann man in der Raffinesse z.B. das Schleichen steigern, was dazu führt, dass Gegner einen sehr spät entdecken und dann keine Gelegenheit haben, das Attentat zu verhindern - vorausgesetzt, man hat seine Figur mit Dolchen oder Feienklingen ausgerüstet. Denn nur mit diesen Waffentypen sind die Meuchelmorde möglich. Später wird man in umfangreichen Fraktionsquests (eine weitere oberflächliche Anleihe aus den Elder Scrolls-Welten) mit Aufgaben konfrontiert, die u.a. Spezialisierungen wie Schleichen und/oder

Sobald man in die Wüste von Detyre kommt, wird das Design interessanter.
Sobald man in die Wüste von Detyre kommt, wird das Design interessanter.
Diebstahl nötig machen - wohl dem, der in diesen Bereichen die spärlich zur Verfügung stehenden Punkte investiert hat.

Des eigenen Schicksals Schmied

Man möchte einen zaubernden Jäger? Kein Problem. Einen Nahkampf-Giganten, der im Zweifel auch zum Bogen greifen kann? Ebenfalls machbar. Selbst kämpfende Dieb-Zauberer sind möglich. Trotzdem ist eine Spezialisierung später hilfreich: Denn manche Rüstungen, von denen die meisten bestimmte Fähigkeiten wie "Kritischer Treffer", "Elementarzauber" etc. verbessern, lassen sich nur mit einer minimal in die jeweilige Disziplin investierten Punktzahl anlegen. Gleiches gilt natürlich für Waffen.

Um die auf den ersten Blick mit "Boni hier, Verbesserungen da und Modifikationen dort" überschwappende Charakterentwicklung abzurunden, legen in Amalur die so genannten "Schicksalskarten" das fest, was man in anderen Rollenspielen als "Klasse" beschreibt. Wobei auch hier kein Korsett angelegt wird: Zum einen kann man nach einem Stufenaufstieg bei Bedarf eine andere Karte aussuchen. Zum anderen sorgen diese Karten "nur" für weitere, wenngleich signifikante Boni. So kann man seine Figur weitgehend problemlos an die eigenen Spielvorlieben anpassen, die wiederum zu ganz eigenen Kampferfahrungen führen können: Je nach Waffenfavoriten, investierten Punkten sowie Schicksalskarte ändert sich die Herangehensweise in den actiongeladenen Kämpfen.

Hat man keine Möglichkeit, eine starke Rüstung mit ebenbürtigem Schild anzulegen, verzichtet man nicht nur auf die Option, mit dem Schild Angriffe und Konter zu fahren, sondern ist besser bedient, wenn man sich auf die Ausweichrolle konzentriert.

Jäger, Sammler, Auftragssklave

Es ist nicht nur die offene Charakterentwicklung Amalurs oder die Möglichkeit, per Teleport zu allen bereits entdeckten Orten zu reisen, die zu sehr mit Elder Scrolls-Assoziationen spielt, anstatt sich auf ihre Stärken zu besinnen. Doch Rolston kann offensichtlich nicht aus seiner Designhaut, wobei er gar keinen Hehl daraus macht, dass sich gewisse Missionsstrukturen und Grundsätze in der Welt- sowie Dialoggestaltung an seinen Bethesda-Rollenspielen orientieren und er diese offensichtlich im Hack&Slay etablieren möchte.

Nur gegen die Bosse kommt man gelegentlich in Bedrängnis. Die Standard-Gegner sind zu selten eine Herausforderung.
Nur gegen die Bosse kommt man gelegentlich in Bedrängnis. Die Standard-Gegner sind zu selten eine Herausforderung.
So habe ich irgendwann (nach etwa 16 Stunden) festgestellt, dass ich mich eigentlich gar nicht mehr um die Hauptaufgabe gekümmert habe. Natürlich war und bin ich immer noch gespannt, wieso das Schicksal meine Figur ausgewählt hat, um Amalur zu retten.  

Doch die zahllosen Nebenaufgaben haben mich derart eingenommen, dass ich überhaupt nicht mehr das Bedürfnis verspürt habe, dem Dutzende Stunden verschlingende Hauptpfad durch die sechs umfangreichen Gebiete Amalurs zu folgen, in denen immer neue Questreihen zu finden sind, darunter auch zu den verschiedenen Fraktionen wie Söldner, Diebe, Magier etc. Dabei ist die Aufgabenstellung meist sehr gewöhnlich: Häufig geht es (wie bei anderen Action-Rollenspielen oder diversen Vertretern der Online-Zunft) nur um das Suchen und Finden bestimmter Gegenstände oder Gegner.

Spreu oder Weizen?

Doch die kleinen Geschichten und Anekdoten würzen diese mechanisch altbackenen Aufgaben und machen sie interessant. Hier haben wir einen zum Priester konvertierten Ex-Möchtegern-Assassinen, der schon bei seinem Initiierungs-Auftrag Muffe bekam und mich nun bittet, die ihn verfolgenden Mitglieder der "Roten Dolche" auszuschalten.  

Dort wartet eine verzweifelte und für mein Empfinden leicht durchgeknallte Frau, die unbedingt Priesterin werden möchte, was aber von den Herren der Schöpfung abgelehnt wird. Also bittet Sie mich, den Kodex zu stehlen, damit sie ein Schlupfloch finden und nutzen kann, um ihrer Berufung nachzukommen.

Installation empfohlen

Die 7GB, die man auf der 360 für die optionale  Installation investieren muss, sollte man in Kauf nehmen. Anderenfalls können sich die Ladezeiten zu einem Frustfaktor entwickeln. Auf der PS3 ist eine 3,6 GB-Pflichtinstallation nötig. Ebenfalls sehr schön: Die Jägerin, die mich bittet, mit ihr eine Ballade Amalurs nachzuspielen, wobei ich vorher die Requisiten in Form von Hirschköpfen sammeln und an einem Podest anbringen muss. Was sie mir verschwiegen hat: Der Antagonist ist ein riesiger Troll, der offensichtlich die Ballade nicht kennt und sich auch um seinen richtigen Einsatz nicht schert. Und den vor sich hin schlurfenden und jammernden Mann, der mir offenbarte, dass er eigentlich ein Wolf ist, der von einigen Feen zu ihrer persönlichen Belustigung in ein Zweibein verwandelt wurde, werde ich auch nicht so schnell vergessen. Dennoch reichen all diese positiven Erlebnisse nicht, um Amalur bei dem mitunter missglückten Spagat zwischen Epos und Hack&Slay aus der Patsche zu helfen.

World of FableCraft mit unsichtbaren Grenzen

Nach einem Kampf wartet meist üppige Beute - zu schade, dass die Benutzerführung im Inventar misslungen ist.
Nach einem Kampf wartet meist üppige Beute - zu schade, dass die Benutzerführung im Inventar misslungen ist.
Wer steckt hinter dem visuellen Design? Tood McFarlane? DER Todd McFarlane? Der von Spawn? Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass sich 38 Studios und Big Huge Games den Art-Designer von Blizzard, genauer: World of WarCraft ausgeliehen haben, der mitunter einen Blick auf Fable 3 geworfen hat, bevor er die Welt von Amalur entworfen hat.

Dafür, dass ein derart bildgewaltiger Comic-Zeichner mit Hang zu Düsterem dahinter steht, ist das Design zu brav, zu gleichgültig, zu sehr auf den größtmöglichen Konsens getrimmt - oder auch kurz: nicht markant genug. Das erste große Gebiet, in dem man sich herumtreibt, ist hübsch - keine Frage. Die Big Huge Engine bringt Areale mit passabler Sichtweite und viel Bewegung hier und dort auf den Bildschirm - ich habe mich sofort in den bunten Welten wohl gefühlt und mich z.B. daran erfreut, wenn in einer Höhle die Flora auf meine schicksalhafte Anwesenheit reagiert und luminiszent aus dem Boden treibt. Pop-ups und mitunter springenden Schattenwurf kann man dabei allerdings ebenso beobachten wie leichte Bildrateneinbrüche bei großem Gegneraufkommen mit gleichzeitigem Einsatz von Spezial-Angriffen. Die grundsätzlichen Animationen und die Effekte bei den Kämpfen können sich sehen lassen, auch wenn die Mimik zu hölzern wirkt und den Unterschied zu den letzten Offline-Rollenspielen von Bioware sehr deutlich macht.

Austauschbare Fantasy

Und so sehr es mir Spaß macht, durch Sonnen durchflutete Wälder oder Nebel verhangene Flussläufe zu laufen, mich an den in der Welt verteilten Altären mit einer temporären Verbesserung ("Buff") auszustatten und mich an den schönen Lichteffekten zu erfreuen, so sehr ärgere ich mich darüber, dass die Welt Amalurs trotz aller Ansätze nicht eigenständig genug wirkt. Fable 3, Dark Souls und Skyrim, mit ein paar Einschränkungen sogar die Dragon Age-Serie und selbst Dungeon Siege 3 haben etwas Eigenständiges, das zusätzlich dafür gesorgt hat, die Neugier zu entfachen.

Dabei geht man hinsichtlich der Entscheidung "Offene Welt vs. Schlauchlevels" einen interessanten Hybrid-Weg: Man kann ähnlich den Elder Scrolls jederzeit überall und (ohne Nachladen) die gesamte Welt bereisen, wird hier aber irgendwann durch die übermächtigen Gegner aufgehalten. Aber die Reise dorthin führt durch angenehm große Areale, die durch kleine Verbindungsschläuche verbunden werden. Diese werden übrigens gut kaschiert und z.B. als kleine Höhle oder durch eine Hügellandschaft führenden Feldweg getarnt, bei dem man rechts und links etwa zwei bis fünf Meter Platz hat.  

Offene Welt oder Schlauchlevels? Amalur bietet beides und nutzt Schläuche, um großräumige Areale miteinander zu verbinden.
Offene Welt oder Schlauchlevels? Amalur bietet beides und nutzt Schläuche, um großräumige Areale miteinander zu verbinden.
Aber gerade angesichts des interessanten (und vermutlich ressourcenschonenden) Ansatzes bleibt Amalur im ersten Gebiet in dieser Hinsicht einfach zu zahm, zu gewöhnlich. Erst mit dem Fortschritt in den zweiten großen Bereich, die kargen Wüsten von Detyre, die nicht nur von Untoten wimmeln, sowie den anderen Gebieten wird Reckoning eigenständiger - auch, weil das Gegnerdesign wie bei den übergewichtigen Wüstentrollen deutlich stärker skurrile McFarlane-Einflüsse zur Schau stellt. Dennoch sind Skyrim oder Dark Souls als bild- und erzählgewaltige Welt schlichtweg eine Stufe weiter .

Online-Einflüsse?

Liegt es vielleicht daran, dass man bei 38 Studios unter dem Codenamen Copernicus auch einen Online-Abstecher nach Amalur plant und daher einen World of WarCraftschen Wiedererkennungseffekt vor Augen hatte? Wenn dem so ist, ist es zwar logisch, dass man visuell keine zu große Diskrepanz zwischen On- und Offline-Amalur aufkommen lassen wollte. Dennoch wäre man besser beraten gewesen, diesem neuen Fantasy-Universum von Beginn an mehr Eigenständigkeit und kreatives Design zu spendieren.

Wer seine Handwerksfertigkeiten steigert, kann Waffen selbst herstellen oder sie mit Kristallen versehen.
Wer seine Handwerksfertigkeiten steigert, kann Waffen selbst herstellen oder sie mit elementaren Kristallen versehen.
Zumal man auch immer wieder an unsichtbare Grenzen stößt, die die Illusion ins Wanken bringen: So kann man in den Wäldern von Odarath z.B. nur an bestimmten Stellen ins Wasser waten und dort Bäche überqueren. Steht man ein paar Meter weiter rechts oder links am Ufer, das nicht einmal zehn Zentimeter über der Wasseroberfläche endet, rennt man bei Bewegung auf das kühle Nass gegen eine durchsichtige Mauer. Dieses Problem hat seinerzeit auch u.a. Guild Wars geplagt und dort an der Atmosphäre genagt.

Gespräche an der Oberfläche

Wer die Gespräche nicht nur blind wegklickt, um so schnell wie möglich die Quest im Logbuch sowie (optional abschaltbar) auf der Übersichtskarte zu verankern, verpasst die Gelegenheit, nicht nur Infos zu der anstehenden Aufgabe, sondern auch etwas über die Welt zu erfahren, in der man sich herumtreibt. Die aufwändig vertonten Dialoge, bei denen die deutsche Fassung einen gelungenen Eindruck hinterlässt, auch wenn hier Lokalkolorit in Form von Dialekten und Akzenten wie im englischen Original fehlt, ließen mich aber immer wieder gespalten zurück.

Denn tiefere Unterhaltungen, in denen bestimmte Antworten ggf. einen anderen Zweig freigeben, findet man nur selten. Stattdessen wird bei nach dem Questdialog in eine Stichwort-Liste mit Themen geschaltet, zu denen das jeweilige Gegenüber ein bis zwei Sätze sagen kann. Für den Fortgang der Neben- oder der Hauptgeschichte sind diese Themen vollkommen unerheblich. Doch wer sich die Zeit nimmt und den Figuren Gehör schenkt, wird immer wieder Kleinigkeiten über Amalur, die dort beheimateten Völker sowie deren Konflikte, Beziehungen und Probleme erfahren.  So wird die Welt mit ihren eigenen Religionen, Mythologien und Auseinandersetzungen trotz der Gesprächs-Restriktionen greifbar und bekommt immer wieder eine Tiefe, die beinahe an die Bethesda-Rollenspiele heranreicht, an denen Rolston seinerzeit mitarbeitete.

Allerdings bleibt die Welt von Amalur trotz dieser lobenswerten Ansätze insgesamt immer zu stereotyp und oberflächlich. Und das ist ein Problem, das sich durch viele Bereiche dieses Königreiches zieht: Anstatt sich auf die zweifellos vorhandenen Stärken des

Trotz Design-Defiziten kann man immer wieder stimmungsvolle Orte in Amalur entdecken.
Trotz Design-Defiziten kann man immer wieder stimmungsvolle Orte in Amalur entdecken.
Hack&Slay zu stürzen, die man hinsichtlich der Kampf- und Beutemechanik demonstriert und dort dann behutsam die Genregrenzen durch Annäherung an epische Rollenspiele zu verschieben, geht man den umgekehrten Weg. Man nimmt das, was man mit „echten“ Rollenspiele assoziiert und versucht dann dieses Kostüm auf ein Kloppmist-Korsett zu stülpen - ungeachtet ob dies passt oder nicht.

Zugegeben: Die Herangehens- bzw. Sichtweise unterscheidet sich nur in Nuancen. Doch es sind wichtige Nuancen, die letztlich dazu führen, dass diese Action-Rollenspiel-Katze vollkommen unnötig gegen den Strich gebürstet wird anstatt sich darauf zu konzentrieren, was sie am besten kann: Fauchen, einem mit neun Elementarwaffen fuchtelnd ins Gesicht zu springen und mit Beute zuzuschütten, bis man nicht mehr atmen kann.

Dark Alliance: The Amalur Edition

Denn bei den Auseinandersetzungen fühle ich mich positiv an die mittlerweile in Ehren ergrauten Hack&Slay-Klassiker wie Baldur's Gate Dark Alliance erinnert, die man mit  einem Schuss Darksiders und Fable 3 anreichert: Die Gefechte sind arcadig, action- und effektgeladen und erfordern nur beim Einsatz des Schildblocks Timing - insofern man auf Konter setzt, die möglich sind, wenn der Feind bei einem zeitlich gut gesetztem Block zurückgestoßen wird. Als weitere Verteidigungsoption kann man sich aus dem Weg rollen. Ein interessantes Detail: Abhängig vom ausgewählten Schicksal kann sich diese Kampfbewegung ändern und bei einem Zauberer z.B. zu einer kleinen Teleportation führen.

Keine Angst vor großen Tieren: Bei seinen Beutezügen durch Amalur sieht man sich immer wieder stärkeren Feinden gegenüber.
Keine Angst vor großen Tieren: Bei seinen Beutezügen durch Amalur sieht man sich immer wieder stärkeren Feinden gegenüber.
Mit je einem Knopf nutzt man die zwei in freier Kombination ausrüstbaren Waffen, die aus neun Grundtypen gewählt werden. Dolche, Stäbe, Hämmer und Schwerter gehören dabei genauso zum Repertoire wie Langbögen, die im Stakkato Pfeile verschießen können, dann aber ähnlich wie ein moderner Revolver aufgeladen werden müssen. Dies findet allerdings automatisch statt, wobei Aufladedauer und -Kapazität von den investierten Raffinesse-Punkten abhängen. Wie bei der Charakter-Erstellung/-Entwicklung gilt auch hier: Man kann seine Ausrüstung auf seine Spielweise abstimmen - auch was die besonderen Angriffskombos betrifft, die in den einzelnen Disziplinbäumen zu finden sind.

Das ändert jedoch nichts daran, dass die Gefechte auch gegen größere Gruppen an Standardfeinden taktisch zu selten fordern und vor allem in der Anfangsphase, in der man noch keine Sonderfähigkeiten besitzt, die über eine Kombination mit der rechten Schultertaste ausgewählt werden, wie ein zu simpler Vertreter der "Klick & Blöd"-Fraktion anmuten. Auch hier faucht die Katze nicht aggressiv genug, so dass man selbst auf der schwierigsten Stufe zu selten gefordert wird.

Nur die Harten werden unterhalten

Erst später kommen durch geschickten Waffeneinsatz sowie  Kombos und "Auflademöglichkeiten" die nötigen Erweiterungen hinzu, die die Kämpfe abwechslungsreicher gestalten. Das volle Potenzial wird schließlich bei den zahlreichen Bosskämpfen erreicht, in denen man sämtliche bis dahin erlernten Fähigkeiten und ggf. Tränke einsetzen muss,  wenn man nicht am letzten Speicherpunkt einen neuen Anlauf unternehmen möchte. Außerhalb von Kämpfen kann man allerdings jederzeit speichern (es gibt keine Slot-Begrenzung) und im Falle des Vergessens greift die automatische Speicherung.

Als nicht zu unterschätzenden Bonus gibt es für jeden getöteten Feind Schicksalspunkte. Wurden genug davon angesammelt, kann man in den Schicksalsmodus schalten: Der Bildschirm verfärbt sich, die Augen der Hauptfigur beginnen wie bei Krieg aus Darksiders zu leuchten, die Aktionen der Gegner werden verlangsamt und die eigenen Attacken sind ungleich stärker. Alle Feinde, die man in diesem Zeitfenster neutralisiert, werden in eine Art "Trancezustand" versetzt. Schnappt man sich einen davon und setzt den so genannten

Nur mit Dolchen oder Feienklingen kann man aus dem Hinterhalt meucheln.
Nur mit Dolchen oder Feienklingen kann man aus dem Hinterhalt meucheln.
Schicksalsbrecher in Gang: Es wird einer der zahlreichen Finisher gestartet, die es in sich haben und die letztlich dafür verantwortlich sein dürften, dass trotz des Comic-Ansatzes eine Freigabe ab 18 nötig war. Doch viel wichtiger als die aufgespießten oder zerfetzten Gegner ist der erhöhte Zuwachs an Erfahrung: Denn abhängig von dem simplen Reaktionstest kann man für alle Kontrahenten, die man im Schicksalsmodus besiegt, bis zu 100 Prozent Erfahrungszuwachs bekommen.  Daher sollte man das Schicksal wohlüberlegt einsetzen, da es an den richtigen Stellen (zumeist Bosskämpfen) den Aufstieg in höhere Charakterstufen schnell ebnen kann.

Inventarisierter Nachholbedarf

Wenn ich anfangs angedeutet habe, dass das größte Manko Amalurs die Einordnung in eine falsche Schublade sei, nämlich nicht die des "Hack&Slay", sondern als actionreiche Variante eines "klassischen Rollenspiels", ist das nur die halbe Wahrheit.

Denn selbst nach gut 30 Stunden, in denen ich mich wohl oder übel an die Inventarführung gewöhnt habe, stellt sich mir immer wieder die Frage nach dem "Wieso?"

Wieso wurde in ein Spiel, das wie kaum ein Spiel seit Diablo 2 (und mit Einschränkungen auch Sacred 2) derart auf Beute setzt, ein derart vermurkstes Inventar eingebaut? Wieso versucht 38 Studios ausgerechnet hier neue Wege zu gehen, anstatt sich auf Altbewährtes zu verlassen, während in einigen anderen wesentlichen Bereichen von Reckoning mitunter die ohnehin zu selten ausgereizten Hack&Slay-Genregrenzen keinen Deut verschieben werden sollen - selbst wenn dies aus gutem Grund passiert?

In Gesprächen mit NPCs kann man einige interessante Informationen über Amalur bekommen. Die Qualität der Dialoge hat allerdings Luft nach oben.
In Gesprächen mit NPCs kann man einige interessante Informationen über Amalur bekommen. Die Qualität der Dialoge hat allerdings Luft nach oben.
Wieso kann ich zwar Tränke etc. auf das Radialmenü zur Schnellauswahl legen, aber keine Waffen dort einsortieren, damit ich im Kampf ohne Spielfluss-Verlust Alternativen zur Verfügung habe? Wieso wurde sämtlicher Rucksackinhalt in eine elendig lange Liste gepackt, anstatt vielleicht über Reiter die Navigation zu erleichtern? Dass ich bestimmte Bereiche der Liste "einklappen" kann, um schneller zu scrollen, ist löblich. Doch eine gesunde Mischung aus horizontaler (Reiter) und vertikaler (Scrolling) Navigation, hätte Wunder gewirkt.

Denn wie ich bereits angedeutet habe, gibt es auch positive Aspekte: Die Vor-Kategorisierung der aufgesammelten Gegenstände zum Beispiel, die dafür sorgt, dass z.B. alle von mir gesammelten Kopfbedeckungen direkt untereinander zu finden sind. Noch schöner wäre es allerdings gewesen, wenn ich nicht nur die Cursor-Auswahl mit dem aktuell angelegten Gegenstand, sondern auch zwei ungenutzte Teile vergleichen könnte.

Doch sobald ich mit dem Blitzhammer die Feinde plätte, mit dem Feuerschwert die dafür anfälligen Holzwesen in Flammen setze oder mit meinem effektvoll in Szene gesetzten Erdbeben die Gegner in der näheren Umgebung erschüttere und verbrannte Erde hinter mir lasse, fühle ich mich wieder in Amalur wohl und vergesse die Steine, die mir vergeblich auf dem Weg zu guter Unterhaltung in den Weg gelegt werden.

Und ich freue mich über Fallen in Gewölben (ein Element, das im Hack&Slay seit Dungeons & Dragons Heroes zu kurz kommt), denen  ich entweder ausweichen oder sie (entsprechende Fähigkeit vorausgesetzt) entschärfen muss, wenn ich nicht empfindliche Gesundheitsverluste oder gar einen Fluch erleiden will, der nur durch sehr kostspielige Besucher beim örtlichen Heiler aufgelöst werden kann.

Diebstahl lohnt sich?

Die Action-Wurzeln Amalurs sind auch beim generellen NPC-Verhalten spürbar, das in seiner Tiefe nicht so überzeugt wie in Fable 3 und auf die eigene Reputation reagiert, aber dennoch einen verhältnismäßig lebendigen Eindruck hinterlässt. So verhalten sich die Zivilisten innerhalb eines Tag-/Nachtzyklus anders und schlafen auch  mal. Aber sie stören sich z.B. nicht daran, wenn man zu später Stunde in ihr Haus geht und sie weckt.

Immerhin reagieren sie darauf, wenn man in ihrem Beisein versucht, sie um ihr Hab und Gut zu erleichtern, was letztlich dazu führt, dass man sich einer Wache gegenübersieht und

Vorsicht: In diesen dunklen Höhlen können auch Fallen lauern.
Vorsicht: In diesen dunklen Höhlen können auch Fallen lauern.
man nun die Wahl hat, den Ordnungshüter zu bekämpfen, ihn zu bestechen oder ins Gefängnis zu wandern. Dort wiederum kann man versuchen, auszubrechen oder seine Strafe auf Kosten von Erfahrungspunkten abzusitzen.

Und man kann die einmal unrechtmäßig "besorgten" Sachen nicht an die herkömmlichen Händler verkaufen. Diebesgut kann nur bei bestimmten Hehlern in bare Münze umgewandelt werden - eine gut umgesetzte Idee.  

Selbst ist der Held

Wer außerhalb der Dutzenden Stunden Kämpfe und Missionsflut  noch mehr Zeit in Amalur investieren möchte, kann sich auch als Schmied für Waffen und/oder Rüstungen, Alchemist zur Herstellung von Tränken oder als Edelstein-Schleifer probieren, um seine Ausrüstung aufzupeppen und für alles Mögliche gewappnet zu sein. Die Rohstoffe dafür erntet man in der Umgebung, findet sie als Beute bei besiegten Feinden oder kann sie wie im Falle der Schmiedekunst durch Auseinanderbauen der "gewöhnlichen" Waffen und Kleidung erlangen. Wie bei den anderen Talenten (z.B. Bannen oder Handeln) gilt, dass mehr investierte Punkte eine höhere Effektivität bei Ernte und Produktion bedeuten.

Da Talentpunkte jedoch wie eingangs erwähnt, spärlich ausgeschüttet werden, muss man reiflich überlegen, ob man hier Punkte investiert oder sich doch auf Schlösserkunde oder Verstohlenheit konzentriert. Denn so offen die Charakterentwicklung nicht nur hier, sondern auch bei den Kampffähigkeiten ist: Ein Universaltalent ist zwar möglich, aber schon bald nicht mehr effektiv.

Update 10.02.2012: Keyboard-Helden in Aktion

Inhaltlich zeigt sich die PC-Version identisch zu den Konsolen.
Inhaltlich zeigt sich die PC-Version identisch zu den Konsolen.
Mittlerweile haben wir die PC-Version ausführlicher gespielt, die auch bei unterschiedlicher digitaler Distribution wie z.B. über Steam zwingend eine Online-Aktivierung über EAs Origin-Service benötigt. Danach kann man aber auch offline die Königreiche Amalurs erkunden.

Bei den Unterschieden zu den Konsolengibt es nur wenige Überraschungen: Inhaltlich bleibt alles, wie es ist. Die PC-Fassung hat keinerlei exklusive Questreihen, Charaktergestaltungsoptionen oder Ähnliches. Technisch und mechanisch gibt es jedoch ein paar nennenswerte Abweichungen von den Helden auf PS3 und Xbox 360.  Einige davon konnte man erwarten - wie z.B. die höher aufgelöste und mit feineren Partikeleffekten versehene, dadurch unter dem Strich hübschere Kulisse, die sich aber hardwarefreundlich gibt: Minimal wird ein Intel Core 2 Duo mit 2,2 GHz bzw. ein AMD Athlon 64 X2 5000+ mit 2,6 GHz mit verbauter nVidia GeForce 8800 oder ATI Radeon HD3850 sowie 1GB RAM empfohlen.

Hinsichtlich der maroden Benutzerführung, die auf Konsolen vor allem das Inventar betraf, können sich PC-Schatzjäger und -Gegnersammler nicht auf Besserung freuen: Leider ist hier sehr deutlich zu spüren, dass die Konsolenentwicklung im Vordergrund stand und man bei der Portierung auf Rechenknechte keine Lust oder keine Mittel hatte, die Technik zu optimieren.

Zwar kann man im Rucksack mit der Maus schneller das gewünschte Ziel erreichen oder die nicht benötigten Untergruppen „schließen“, aber das war’s auch schon. Von der Sichtung der Beute über den Vergleich mit der aktuell angelegten Ausrüstung bis hin zum  Austausch ist der Umgang mit dem Inventar weiterhin stiefmütterlich.

Besser mit Pad?

Handel und Inventar-Führung wurden leider nicht für Rechner optimiert.
Die Überbleibsel der Konsolen-Entwicklung sind auch bei der Steuerung zu spüren. Zwar kann man sich mit Maus-/Tastatur (Keyboard-Aktionen sind frei konfigurierbar, am Nager kann man nichts einstellen) problemlos durch Amalur bewegen. Auch in den Auseinandersetzungen hat man keinerlei Nachteile zu befürchten: Die Eingaben werden akkurat verarbeitet und mit der Option bis zu zehn Spezialangriffe etc. auf Schnelltasten zu legen, hat man sogar mehr Möglichkeiten zur Verfügung als die Konsolen-Spieler.

Dennoch würde ich anraten, ein Gamepad zu verwenden. Damit hat man z.B. beim Schlösserknacken den Vorteil eines Vibrations-Feedback, wenn man kurz davor ist, den Dietrich abzubrechen - im Gegensatz zum rein visuellen Wackeln des Werkzeugs, wenn man mit Maus und Tastatur unterwegs ist. Man muss schon verdammt gut aufpassen, um noch schnell genug reagieren zu können, bevor der Dietrich das Zeitliche segnet.

Zum anderen wirkt das Zusammenspiel von Kamera und Spielfigur mit Gamepad harmonischer. Mit der konventionellen Steuerung bleibt immer das Gefühl zurück, dass sich bei Drehungen die Figur nach der Kamera ausrichtet und nicht umgekehrt. Doch letztlich sind dies Nuancen, die keinen Einfluss auf die Wertung haben.

Fazit

Machen wir uns nix vor: Lässt man Kingdoms of Amalur als klassisches Rollenspiel gegen Skyrim & Co. in den Ring steigen, dürfte von Reckoning nur noch Staub übrig bleiben. Denn was das Design als auch die Immersion und Spieltiefe der Welt betrifft, können sich die 38 Studios und Big Huge Games nicht mit Bethesda messen. Als beute- und kampforientierte moderne Variante eines Baldur's Gate Dark Alliance ist Amalur jedoch richtig gut - teilweise sogar sehr gut. Es ist im Prinzip genau das, worauf ich seit den Champions of Norrath und Dungeons & Dragons Heroes seit Jahren gewartet habe. Angetrieben von einer simplen Kampfmechanik, die sich erst spät mit Kombos und Variationen vom üblichen Hack&Slay-Knopfgehämmer löst, sowie unterstützt von einer freien Charakterentwicklung kommt man schnell in einen angenehmen Spielfluss, der allerdings unter dem Strich häufiger fordern müsste - bis auf Bosse sind die meisten Kämpfe selbst auf "Hart" zu leicht. Dennoch werden die Jäger unter den Action-Rollenspielern mit vielen Missionen sowie haufenweise Gegnern in der weiten Welt Amalurs bedient, während die Sammler sich über Beute ohne Ende freuen - wobei gerade seltene und Set-Gegenstände etwas zu häufig ausgeschüttet werden. Dass das Inventarsystem derart unübersichtlich ist, ist allerdings sehr ärgerlich. Trotzdem: Amalur verhilft dem zu lange sträflich vernachlässigten klassischen Action-Rollenspiel zu neuem Leben - auch wenn das Weltdesign nicht markant genug und zu austauschbar ist. Hacker & Slayer werden so gut unterhalten wie schon lange nicht mehr.

Update 10.2.2012: Die PC-Version zeigt sich inhaltlich identisch und visuell bei entsprechender Hardware etwas ansehnlicher. Leichte Verbesserungen hinsichtlich der Kampfsteuerung bei Maus- und Tastaturnutzung werden durch die leider auch am Rechner fehlende Inventar-Optimierung egalisiert.

Zum Video-Fazit

Wertung

360

Als Rollenspiel-Epos spielt Amalur nur die zweite Geige, doch als Hack&Slay gibt es derzeit nichts Besseres - auch wenn die Inventar-Führung vermurkst wurde.

PlayStation3

Rollenspieler auf der Suche nach einem neuen Epos werden abwinken, Hack&Slay-Fans finden derzeit nichts Besseres - auch wenn das Inventar ordentlich verbockt wurde.

PC

Visuell leicht besser als auf den Konsolen, wurde das vermurkste Inventar leider nicht für Rechner optimiert. Dennoch ist der Ausflug nach Amalur auch am PC ein unterhaltsames Hack&Slay.

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