Kunst gegen Kommerz
Die Verkaufszahlen des "Reboots" von Dantes teuflischen Abenteuern der Devil-May-Cry-Serie blieben seinerzeit hinter den Erwartungen zurück. Ursprünglich wurden in den ersten drei Monaten nach Verkaufsstart etwa
zwei Millionen verkaufte Exemplare erwartet. Diese Zahl wurde dann jedoch schnell nach unten korrigiert, wobei es zum Schluss dennoch hieß, dass man mit dem Absatz der ersten drei Monate, der sich in Bereichen um die Million bewegte, zufrieden sei. Dabei konnte dem Spiel eigentlich kein Vorwurf gemacht werden. Die Kulisse war vor allem auf dem PC mitunter großartig. Das Kampfsystem hatte ebenso wie andere Mechaniken einen eleganten Spagat zwischen seinen fernöstlichen Ursprüngen und den westlichen Einflüssen seitens der Enslaved-Macher von Ninja Theory gemeistert. Und der jugendlich-aufmümpfige Held war eine interessante Variante des "saucoolen" Dante, der die Serie vier Teile lang als Hauptdarsteller begleitete.
Die Action fließt in einer 1080p-Auflösung mit 60 Bildern/Sekunde aus den Fingern, bleibt aber bei den Bodentexturen gelegentlich hinter der "alten" PC-Version zurück.
Oder wie ich damals im Fazit des mit 85% samt Gold-Award bewerteten Test schrieb: Ninja Theory hatte große Fußstapfen zu füllen - immerhin hat Devil May Cry das Genre der "stylischen Action" quasi im Alleingang aus der Taufe gehoben. Aber das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der erzählerische Fokus auf den jungen Dante und seine Herkunft wird stilsicher und glaubwürdig inszeniert, bleibt aber größtenteils gewöhnlich. Serienkenner werden dabei einige Anspielungen erhaschen, mit denen deutlich wird, dass man die Geschichte des Dämonenjägers nicht neu erzählen, sondern nur die Facette seiner Jugend hinzufügen möchte. Allerdings bleiben einige Fragen unbeantwortet. Wie schon bei Enslaved lassen die Briten einige Nebenfiguren nach gutem Einstieg erzählerisch im Regen stehen und vernachlässigen sie. Bei der Kampfmechanik gibt man sich dagegen keine Blöße und serviert einen zeitgemäßen Kompromiss aus alter Dynamik sowie neuen Möglichkeiten mit behutsamen Änderungen. Man hat sich gut angeschaut, was innerhalb des Genres seit Teil 4 passiert ist und dementsprechend reagiert. Man bringt einen gewissen Kratos ganz schön ins Schwitzen und selbst meine Lieblingshexe Bayonetta musste dank der flüssigen Kombos, die vom nahtlosen Umschalten zwischen acht Waffen profitieren, um ihre Vormachtstellung bangen, bleibt aber letztlich das Maß aller Dinge. Dazu kommt ein überaus fantasievolles Artdesign. Alles wirkt wie aus einem Guss, so dass ich über die gelegentlich spröden Texturen hinwegsehen kann. Die deutsche Lokalisierung hingegen ist nur in Ausnahmefällen gelungen und meist ein Stimmungskiller - ich empfehle die englische Sprachversion. Glückwunsch an Ninja Theory und Capcom: Der Neustart ist gelungen. Wer weitere Infos benötigt, sei an dieser Stelle auf den
Text von damals verwiesen, der vor allem inhaltlich weiterhin Bestand hat.
Endlich ungefähr auf PC-Niveau - und mehr
Der Vergil-DLC ist natürlich mit von der Partie. Zusätzlich bekommt Dantes Bruder u.a. seine eigenen "Bloody-Palace"-Arenakämpfe.
Natürlich bleiben die wesentlichen Pro- und Kontra-Punkte auch in der "Definitive Edition" weiterhin bestehen, allen voran die zwar gelungene, aber stereotype Erzählung, die kaum Überraschungen offenbart. Dazu die technisch saubere, aber inhaltlich nicht immer überzeugende deutsche Sprachausgabe, wobei man auch weiterhin die englische Sprachspur genießen darf. Doch in den letzten zwei Jahren und trotz
Bayonetta 2 ist das mechanische Konzept nur unwesentlich gealtert, so dass man schnell wieder von den fordernden Sprungabschnitten, den fantasievollen Umgebungen sowie den dynamischen Gefechten mit ihren wichtigen Waffenwechseln in den Bann gezogen wird. Da Capcom zahlreiche Balancing-Anpassungen vorgenommen und vor allem einige zusätzliche Modi bzw. zuschaltbare Modifikationen hinzugefügt hat, werden auch DmC-Veteranen schnell wieder auf ihren Geschmack kommen. Mit dem Turbo-Modus z.B. läuft das Geschehen 20 Prozent schneller als bisher, während der Hardcore-Modus mit seinen veränderten Style-Anforderungen sowie weiteren Modifikationen hinsichtlich der Kontermechanik stark an die ersten Serienableger erinnert. Auch der "Must-Style"-Ansatz, bei dem man erst Schaden anrichtet, wenn man Kombolevel S erreicht hat oder der "Gods-Must-Die"-Schwierigkeitsgrad, der u.a. keine Gegenstands-Benutzung erlaubt, bieten neue Herausforderungen für alle, die auf PS3 oder 360 bereits mit Dante die Hölle aufgeräumt haben. Und selbstverständlich befinden sich auch alle seinerzeit veröffentlichten Download-Inhalte im Paket, wobei mir die Kampagne "Vergil's Downfall" erzählerisch schon damals nicht zusagte. Dafür hat man Vergil jedoch wie seinem Bruder einen eigenen "Bloody Palace" mit 60 Kampf-Abschnitten spendiert - schön!
Mit Balance-Änderungen, neuen Modi usw. wird die Ur-Version zeitgemäß aufbereitet.
Auch die neue manuelle Zielaufschaltung ist eine gute Ergänzung - und gestaltet vor allem die Kämpfe gegen die teleportierenden Hexen mit ihren Schutzschilden angenehmer. Und die Kulisse? Sowohl auf PlayStation 4 als auch auf Xbox One kann man sich auf blitzsaubere 60 Bilder pro Sekunde bei einer 1080p-Auflösung freuen. Und im Vergleich zu den Versionen auf den "alten" Systemen fühlt sich das Geschehen noch geschmeidiger an und vermittelt ein gelungenes Spielgefühl, wenn man die Kombos aus den Fingern fließen lässt. Allerdings hat man damit letztlich nur endlich mit dem PC gleichgezogen, der vor allem hinsichtlich der Auflösung von Bodentexturen in der einen oder anderen Szene weiterhin die Nase vorn hat.