Michael Phelps - Push The Limit20.10.2011, Mathias Oertel
Michael Phelps - Push The Limit

Im Test:

Auch etwa ein Jahr nach dem Start ist Kinect wenig mehr als eine Begleiterscheinung. Das liegt jedoch nicht nur an der Qualität der bislang veröffentlichten Titel, von denen uns nur wenige begeistern konnten. Zudem war auch der Nachschub eher spärlich vorhanden. Doch mit dem nahenden Weihnachtsgeschäft kommt der Spielezug langsam in Fahrt - und treibt mitunter merkwürdige Blüten wie das Schwimmspiel rund um den amerikanischen Spitzenathleten Michael Phelps.

Startschwierigkeiten

Kinect als Steuerungs-Grundlage für sportliche Disziplinen zu nutzen, ist grundsätzlich eine gute Idee und wurde bei Titeln wie Kinect Sports oder Motion Sports passabel eingesetzt. Dabei war es jedoch von Vorteil, dass es sich um mehr oder minder abwechslungsreiche Sammlungen von Sportarten gehandelt hat. Für Push the Limit (PtL) konzentriert sich das dank "Fantastische Haustiere" bereits Kinect-erfahrene Team von Blitz Games auf eine einzige Sportart, was seine eigenen Gefahren birgt. Denn wo bei den Sammlungen eventuelle Steuerungsdefizite der einen Disziplin mit einer anderen ausgeglichen werden können, ist man hier auf Gedeih und Verderb einer einzigen gelungenen Kontrolle ausgeliefert.

Und bereits beim Startbildschirm, auf dem das Konterfei der amerikanischen Schwimmikone Michael Phelps prangt, beginne ich an den Qualitäten des Spiels zu zweifeln: Man wird wie bei vielen Kinect-Titeln bzw. dem Aufruf des Kinect-Menüs aufgefordert, zu winken. Gesagt, getan. Nur: Nichts passiert. Ich rudere mit den Armen wie ein Wilder und das Spiel weigert sich, jegliche Bewegung anzuerkennen. Selbst eine Repositionierung des Sensors (wieso eigentlich? Bei allen anderen Titeln funktioniert es doch...) konnte keine Abhilfe schaffen.

Doch irgendwann (vermutlich dank einer Mischung aus Geduld, Beharrlichkeit, Starrsinn und Glück) geht es weiter. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich allerdings die Hoffnung aufgegeben, dass zumindest  im Schwimmbecken die Bewegungserkennung funktioniert.

Trockenschwimmer

Aber die Sorge war letztlich unberechtigt, denn hat man die Start-Tortur hinter sich gebracht, gehen sowohl die Navigation durch die übersichtlichen Menüs als auch das Stehend-Schwimmen vergleichsweise locker vonstatten.

Wahlweise in einem schnellen Rennen, Online gegen drei weitere Kinect-Athleten, zu zweit am Splitscreen oder in der Karriere kann man versuchen, die Fußstapfen von Mr. Phelps zu füllen, der nicht nur das Cover und den Startbildschirm ziert, sondern einen auch als Mentor begleitet.

Insgesamt vier Schwimmarten stehen zur Verfügung: Kraulen (Freistil), Rücken-, Delfin- und Brustschwimmen. Doch das ist noch nicht alles. Denn vor einem Rennen muss man über Bewegungen das Publikum anheizen, den Start, das Wendemanöver sowie die finalen Zentimeter beim Zielanschlag achten.

Bewegungs-Taktiker

Darüber hinaus muss man sich als Sporttaktiker beweisen: Es steht einem nur ein limitiertes, aber im Normalfall ausreichendes Ausdauerkontingent zur Verfügung. Schwimmt man schneller, nutzt es sich stärker ab, so dass einem "nach hinten raus" durchaus im einen oder anderen Fall die Kraft fehlen könnte. Zudem hat es noch einen weiteren Vorteil, wenn man quasi "im richtigen" (und natürlich vorgegebenen) Takt seine Arme bewegt, während man die Schwimmbewegungen nachahmt: Die "Endspurt-Leiste" wird aufgefüllt. Und je voller die ist, wenn es an die letzten Meter geht, in denen man ungeachtet der eigentlichen Ausdauer so schnell schwimmen muss, wie es geht, bevor man mit dem Anschlag hoffentlich den Sieg davonträgt, um so höher sind die Erfolgschancen.

Erstaunlicherweise geht das Vorhaben "Schwimmspaß" in Ansätzen auf. Denn zum einen sind die Anforderungen vom Anfeuern der Zuschauer über den "Sprung" vom Startblock bis zum Finish durchaus abwechslungsreich. Zum anderen wird keine Phase überstrapaziert. Und bei den Schwimmbewegungen wird in einem gewissen Rahmen tatsächlich darauf geachtet, dass die richtige Aktion durchgeführt wird. Wer beim Kraulen und besonders dem Endspurt darauf baut, dass z.B. "Hundepaddeln" zum Erfolg führt, hat das Nachsehen.

Zu guter Letzt sieht Push the Limit für einen Kinect-Titel nicht einmal schlecht aus, wenngleich die Kulisse selten das Prädikat "Zweckmäßig" sprengt. Aber die Animationen der Athleten gehen ebenso in Ordnung wie die Wasserdarstellung. Von der unsäglichen Musikuntermalung mit vollkommen generischen Elektro-Beats kann man das leider nicht sagen.

Netter Versuch

Das Anheizen des Publikums ist anfänglich unterhaltsam, bleibt auf Dauer aber uninspiriert.
Das Anheizen des Publikums ist anfänglich unterhaltsam, bleibt auf Dauer aber uninspiriert.
Zwar liefert die Bewegungserkennung passable Ergebnisse ab, jedoch kann PtL nicht verheimlichen, dass Abwechslung letztlich kleingeschrieben wird. Mit Ausnahme der Sprintrennen, bei denen man von Anfang an so schnell mit den Armen wedelt, wie es geht, laufen die Rennen nach Schema F ab: Man heizt das weitgehend unsichtbare und akustisch unspektakuläre Publikum an, indem man irgendwelche Armbewegungen durchführt. Man beugt sich für den Start nach vorne, nimmt nach dem Startschuss eine aufrechte Position ein und beginnt nun das Tockenschwimmen, das nur von der Wende und dem Finish unterbrochen wird.

Nach dem Zieleinlauf gibt es eine kurze Übersicht, der sich in der Karriere ein Bildschirm anschließt, auf dem man ggf. gewonnene Fähigkeitspunkte auf die wenigen Eigenschaften verteilt. Und dann geht es wieder von  vorne los.

Das ist kurzzeitig und mit einem Kontrahenten an der Seite sogar für ein oder zwei Rennen unterhaltsam, so dass der virtuelle Schwimmausflug wenigstens als Partyspiel funktioniert. Doch langfristig hält sich der Unterhaltungswert in Grenzen. Wer hofft, dass man dann wenigstens im Online-Wetteifern mit maximal vier Schwimmern zusätzlichen Spaß haben kann, sieht sich bestätigt, muss aber eine Menge Sitzfleisch mitbringen: Das Warten auf Gegner kann sich verdammt lange hinziehen - auf jeden Fall dauerhafter als die angesichts der nicht mageren Kulisse unproportional langen Ladezeiten...

Fazit

Zumindest mechanisch macht das Spiel zum amerikanischen Meisterschwimmer nicht viel falsch: Die Bewegungserkennung passt, fordert zumindest rudimentär authentische Schwimmbewegungen und lässt sich auch nicht vom Hundepaddeln täuschen. Zudem lockern kleine Reaktionstests u.a. bei Start, Wende und Zielanschlag sowie ein taktisches Haushalten mit der Kondition das Trockenschwimmen auf. Im Umfeld jedoch beginnen die Probleme: Das Anheizen der Zuschauer ist vollkommen uninspiriert, die Musik nervtötend, die Ladezeiten zu lang, der Online-Modus zu mager. Darüber hinaus nutzt sich der Reiz des Neuen schneller ab, als einem lieb sein kann, da solo trotz vier Schwimmstilen ein Rennen letztlich abläuft wie das andere und der Umfang eher gering einzuschätzen ist. Zu zweit am Splitscreen entfacht Push the Limit aber kurzzeitig sportiven Partyspaß.

Pro

passable Bewegungserkennung...
Online-Rennen für vier Spieler...
Durchführungstempo/Renntaktik spielt eine Rolle
zu zweit am Splitscreen spielbar
nette Wasserdarstellung
vier Schwimmstile

Kontra

... im Startbildschirm jedoch ungenügend
... für die man aber höchst selten Mitstreiter findet
nervtötende Musik
staubtrockene Präsentation
wenig inhaltliche Variation
Ladezeiten

Wertung

360

Konzeptionell interessantes Schwimmspiel mit passabler Bewegungserkennung und kurzzeitigem Party-Unterhaltungswert.

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