Im Test:
Da steh‘ ich nun, ich armer Tor...
...und komm‘ mir ganz schön blöde vor. Denn irgendwie hatte ich für einen Moment den Verdacht, das falsche Spiel gestartet zu haben: Sam »Serious« Stone steht in einer realistisch designten Innenstadt, die auch problemlos als Kulisse für Black Hawk Down oder Level 4 in einem beliebigen Militär-Shooter dienen könnte. Wieso laufe ich durch zerschossene Häuserschluchten, wenn mein Herz doch nur eines begehrt: Mit der Minigun und der Kanone für atomar beschleunigte Eisenkugeln hunderte Meter große Minotauren zerlegen! Stattdessen fühlt sich das Ganze wie Call of Modern Battlefield an, Sam führt Funkgespräche mit dem »HQ«, später trabt er sogar durch düstere Levels, in denen die Taschenlampe für spärliche Übersicht sorgt. Serious Sam, was ist mit dir passiert?
In der Tiefe seines Herzens ist der Sonnenbrillenträger ganz der alte geblieben: Noch immer bestimmen Gefechte gegen wahnwitzig viele Gegner das Tagesgeschehen - man betritt ein auffällig großes Areal, von allen Seiten stürmen Feinde schreiend, grunzend und galoppierend heran, die Magazine werden leer geschossen, der Nebel des Todes verzieht sich.
Weg mit diesem Kopf!
Es gibt auch Neuerungen: Man darf jetzt sprinten und sich ducken, wobei Letzteres nicht nur komplett sinnlos ist, sondern auch dem die Werbung prägenden »No Cover. All Man.«-Motto irgendwie entgegen steht.
Die Kampagne ist als Prequel zum ersten Spiel ausgelegt. Man könnte jetzt lang und breit über die Inszenierung via Echtzeit-Zwischensequenzen schwafeln. Man könnte das Ganze aber auch mit »Vollkommen egal!« zusammenfassen und ignorieren - ehrlich, eine Handlung braucht hier wirklich keiner! Viel interessanter ist, dass man, Tradition ist Tradition, die gesamte Kampagne auch vier Mann hoch kooperativ online angehen kann, im Zweifelsfall auch zu zweit im lokalen Splitscreen.
Einst gehörten die Serious Sam zu den technischen Vorreitern, gerade was die schiere Größe der Spielfelder anbelangt. Diese Zeiten sind vorbei: SS3 sieht nicht übel aus, aber auch nicht gut. Die Explosionen sind ansehnlich, die Gegnermassen beeindruckend, die Welt ist auf Größe und Weitläufigkeit ausgerichtet. Außerdem läuft die Engine wieder mal sehr schnell, die Darstellung bleibt auch bei Dutzenden Feinden im Bild flüssig. Auf der anderen Seite mangelt es erheblich an Details, die Umgebungen sind immergleich und langweilig, die Figuren simpel designt, die Texturen eine matschige Schmach, die Fade-Ins auf recht nahe Distanz hässlich - damit lockt man niemanden von Battlefield 3 weg.
Fazit
Im Großen und Ganzen bleibt Sam immer noch Sam: Die Action ist angemessen hohl und wuchtig, die Sprüche sind trocken, die Kamikazebomber schreien energischer als je zuvor. Das Spiel hat nach wie vor seine befriedigenden Momente: Etwa wenn man eine Horde heranschreiender Suizidler mit einem Mal in einer gigantischen Explosion zerfetzt. Oder ein Kloppediklopp-Vieh an sich vorbei springen lässt, um danach mit dem mächtigen Vorschlaghammer nur noch ein paar einsam kullernde Knochen am Boden zurück zu lassen. Und dennoch fühlt es sich fremd an: Realistisch gestaltete Szenarien, dunkle Abschnitte mit der Taschenlampe, übermächtiger Nahkampf - warum nicht gleich noch Schleichlevels und Erfahrungssysteme? Für den Zwischendurch-Krachbumm ist Sam der Dritte noch immer brauchbar, aber das gilt auch für die HD-Remakes der ersten beiden Teile - und die liefern die vermisste geradlinige Cartoon-Action. Wenn man spüren möchte, wie sich eine moderne Wahnwitz-Ballerei anzufühlen hat, führt immer noch kein Weg an (der internationalen Version von) Bulletstorm vorbei. Serious Sam 3 ist ein blasser Abklatsch früherer Großtaten, gegen den sogar der Duke wie eine echte Bombe wirkt. Man verpasst nichts, wenn man das verpasst.
Pro
Kontra
Wertung
360
Der neue Sam ist auch auf der 360 nur noch ein Schatten seiner selbst - ihr verpasst nichts, wenn ihr dieses Spiel verpasst.
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