Kinect Star Wars03.04.2012, Mathias Oertel
Kinect Star Wars

Im Test:

Ich erinnere mich noch gut: 2010 wurde auf einem Event in Los Angeles in einem Clip erstmals etwas aus Kinect Star Wars (ab 39,90€ bei kaufen) gezeigt.  Die Bewegungssteuerung schien als Konzept ideal, um ein Lichtschwert zu führen und Macht-Angriffe zu setzen. Beinahe zwei Jahre später liegt die Disc im Laufwerk und muss beweisen, dass "Der Controller du bist" tatsächlich funktioniert.

Die Macht und Kinect

Ein imaginäres Lichtschwert schwingen, mit einem Machtstoß die Feinde des Imperiums zurückschleudern: Das alles habe ich bereits freudestrahlend und unermüdlich in den Grundschulpausen der späten siebziger Jahre  praktiziert. Etwas später kam dann auch noch die Grammatik von Meister Yoda hinzu, um zusammen mit den Freunden zu Jedi-Rittern aufzusteigen. Dank Kinect darf ich wieder in meine Kindheitsfantasien abtauchen und an der Seite des grünen Jedimeisters mit Macht um mich werfen. Doch die Faszination mag sich bei Kinect Star Wars nur eingeschränkt einstellen.

Dabei macht das Entwicklungs-Konglomerat bestehend aus Microsoft, LucasArts, Terminal Reality (u.a. Nocturne, BloodRayne) sowie Good Science (Kinect Adventures, Kinect Fun Labs) einiges richtig. Sich z.B. nicht nur auf die Kampagne als einziges Zugpferd zu verlassen, war eine weise Entscheidung.

Denn auch wenn man vier bis fünf Stunden beschäftigt ist, um einen Jedi-Padawan bei seinem ersten Training über anstrengende Kämpfe auf dem Wookie-Planeten Kashyyyk bis nach Coruscant zu begleiten, werden hier die größten Probleme offensichtlich.

"Dies ist nicht das Spiel, das ihr sucht"

Das liegt jedoch nicht einmal daran, dass schnell meine Hoffnung zerschlagen wurde, hier endlich den "Core-Titel" zu bekommen, auf den die Xbox 360-Welt schon lange wartet. Denn schaut man unter die Haube, war Familientauglichkeit (und damit wieder einmal der Massenmarkt) offensichtlich wichtiger.

Doch auch in dieser Richtung hat man nicht konsequent genug entwickelt. Das beginnt bereits bei der Story, die oberflächlich bleibt und abseits der bekannten Gesichter (Yoda, Mace Windu, ein junger Obi-Wan Kenobi, für einen Moment dachte ich, ich hätte sogar Chewbacca gesehen) kaum nennenswerte und noch weniger sympathische Figurenergänzungen bereit hält. Die Jedi-Meisterin, die einen über einen Großteil der Reise als Mentor begleitet, hätte man sich auch sparen und durch einen Macht-Wegweiser ersetzen können.

Die Kampagne ist bewegungsintensiv, überzeugt aber nicht immer.
Die Kampagne ist abwechslungsreich sowie bewegungsintensiv, überzeugt aber nicht immer.
Und was bietet die Steuerung? In der Theorie einiges: Zwar kann man nicht frei gehen oder laufen, aber überbrückt mit einem Schritt nach vorne gleich mehrere Meter, während man auf das Ziel zuschießt. Doch mit Machtstoß, Tritten, Nutzen der Macht (um Gegenstände anzuheben), Sprung, Ausweichen sowie Lichtschwert-Schwingen hat man einiges zu tun. Und das sogar zu zweit, wobei der Partner unkompliziert ein- oder aussteigen kann.

"Es gibt kein Versuchen"

Jede Bewegung für sich wird bis auf wenige Ausnahmen gut erkannt und akkurat umgesetzt - sogar das Schwingen der imaginären Waffe in Form einer horizontalen Acht funktioniert, um gegnerische Projektile zu reflektieren! Doch kommen mehrere Bewegungen zusammen, hat der Sensor Schwierigkeiten, Prioritäten zu setzen. Und das führt bei den häufig hektischen Gefechten immer wieder zu Problemen: Ein Machtstoß wird abgeschickt, obgleich er nicht ausgeführt wurde; anstatt den Gegner anzuheben, passiert gar nichts; ein Lichtschwerthieb wird falsch auf den Bildschirm übertragen. Im schlimmsten Fall wird es sogar chaotisch und beliebig - aber das ist glücklicherweise selten.

Leider leisten sich auch die Duelle Aussetzer: Im Vergleich zum wilden Schwingen der "normalen" Kämpfe muss man hier erst die gegnerischen Angriffe mit seinem Lichtschwert blocken, bevor man selber attackieren kann. Vor allem Bewegungen zur Seite werden

Die Minispiel-Abschnitte, in denen man als Rancor seine Zerstörungswut ausleben darf, sind gelungen
Die Minispiel-Abschnitte, in denen man als Rancor seine Zerstörungswut ausleben darf, sind gelungen
aufgrund der oft geringen Reaktionszeit zu spät oder gar nicht erkannt. Hätte man hier genauer und akkurater gearbeitet (was man im zweiten Kinect-Jahr durchaus erwarten darf), hätte die Kampagne deutlich mehr positive Eindrücke hinterlassen.

Immerhin darf man noch Railshooter-Sequenzen hinter sich bringen, bei denen man ein automatisch feuerndes Fadenkreuz über den Bildschirm bewegt und sich als Pilot einiger Vehikel versuchen. Diese Elemente funktionieren durch die Bank gut, kommen aber wie im Falle der Weltraumschlachten zu kurz.

"Es gibt noch eine Hoffnung"

Abseits der Kamagne darf man sich an einer Reihe von Minispielen versuchen. Und die lockern den Kinect-Ausflug in die Star Wars-Welt nicht nur auf, sondern retten sie zu großen Teilen. Vor allem der galaktische Tanzwettbewerb ist ungeachtet des Spieleralters ein großer Spaß. In der Umsetzung quasi eine Light-Version von Dance Central, ist man hier unterwegs, um in der Haut von u.a. Han Solo, Prinzessin Leia (in ihrem Jabba-Sklavenkostüm!) eine flotte Sohle aufs Parkett zu legen. Die 15 Cover-Songs bestehen aus bekannten Hits, die für das Star Wars-Universum angepasst wurden. Leider trifft das auch für die "Flashkarten" zu, auf denen die nächsten Bewegungen angekündigt werden. Schon bei Dance Central war der einem entgegen geworfene Begriff nicht auf Anhieb zu erfassen.

Episode 1 lässt grüßen: Beiom Podracing eifert man Anakin Skywalker nach.
Episode 1 lässt grüßen: Beiom Podracing eifert man Anakin Skywalker nach.
Da man hier mit ebenfalls deutlich kriegdersternesierten Floskeln wie "Use the Force" abgespeist wird, hilft meist nur ausprobieren und hoffen - doch das schadet dem Spaß nur unwesentlich, da die Erkennung der richtigen Position etwas flexibler arbeitet als bei Harmonix Tanz-Spektakel.

Ebenfalls zu gefallen wissen die Abschnitte, in denen man als Rancor u.a. in Mos Eisley und Naboo Gebäude zerstört, die Bevölkerung panisch durch die Gassen jagt und dynamische Aufgaben erfüllt, um das Punktekonto aufzustocken und damit neue Angriffe, Gebiete sowie Boni freizuschalten.

Weniger Unterhaltung bieten die Pod-Rennen, die Star Wars-Fans aus Episode 1 kennen und die seinerzeit Stoff für ein einzelnes Spiel boten. Das Problem hier ist nicht nur, dass die Kulisse zwar schnell, aber vergleichsweise detailarm an einem vorüberzieht. Auch die übersensible Steuerung der Rennmaschinen hat es mir schwer gemacht, Spaß am Wandeln in Anakin Skywalkers Fußstapfen zu haben. Zu guter Letzt kann man noch eine Reihe an Lichtschwert-Duellen ausfechten, wobei man schließlich (natürlich) auch gegen Sith-Lords wie Darth Vader antreten darf. Da das Bewegungsarsenal hier allerdings stark eingeschränkt ist, kommt diesen Duellen der Charakter eines simplen Reaktionstests zu.   

"Ich habe ein schlechtes Gefühl"

In den "Duellen" steht man sogar Darth Vader gegenüber.
In den "Duellen" steht man sogar Darth Vader gegenüber.
Was die Kulisse betrifft, stellt man schnell eine uneinheitliche Linie fest. In der Kampagne z.B. schienen sich die Designer nicht einig zu sein, ob man nun dem Look&Feel der Clone Wars-Serie folgt oder einen realistischeren Weg beschreitet. Das Ergebnis: Von allem ein bisschen was - und das irritiert auf lange Sicht, auch wenn ein Großteil der Animationen passt. In dieser Hinsicht gelungene Ausnahmen sind die Rancor- und Tanzabschnitte, bei denen ein stimmiges Gesamtbild abgeliefert wird.

Das wiederum gilt nur mit Einschränkungen für die Sprachausgabe: Während die Sprecher der Kampagne sich noch auf ein akzeptables Maß retten können, ging mir C-3PO ziemlich schnell auf die Nerven. In der englischen Version immerhin ansatzweise komisch, sind seine deutschen Kommentare unnötig überzogen, schnippisch oder schlichtweg albern. Für mich als Fan der "ersten" Trilogie ist dies eine absolute Fehlinterpretation seines Charakters. Jüngeren Spielern jedoch scheint der flapsigere Droide zu gefallen - naja, es gibt ja auch Leute, die Jar Jar Binks nicht abschießen würden, wenn sie die Gelegenheit dazu hätten.

Fazit

Man muss nicht zwangsläufig ein Star Wars-Fan sein, um mit den Kinect-Lichtschwertern Spaß zu haben - es hilft aber ungemein, um z.B. über kleine Unstimmigkeiten wie die dröge Geschichte hinweg zu sehen. Doch selbst mit der weißblau gefärbten R2-D2-Brille und dem Einsatz des Macht-Mantras "Es gibt hier keine Probleme" stößt Kinect Star Wars irgendwann an die Toleranzgrenze. Das betrifft vor allem die Kontrollmechanik in der etwa vier bis fünf Stunden langen Kampagne. Zwar angenehm intensiv und variantenreich (auch wenn die Railshooter-Weltraumkämpfe zu kurz kommen), werden die Bewegungen nicht immer differenziert genug aufgefangen und abgebildet. Positiv hingegen fallen die übrigen Mini-Spiele auf: Der Tanzwettbewerb mit seinen 15 starwarsierten Songs überzeugt z.B. als gelungene Dance Central-Lightvariante und ist trotz oder gerade wegen aller Albernheit eine "Gute Laune-Garantie". Als Rancor durch die Botanik zu stampfen und alles zu verwüsten macht ebenfalls Spaß. Doch unter dem Strich bleibt man auch hier wieder unter den Möglichkeiten: Obwohl sich die Lizenz eigentlich anbieten würde, um zu beweisen, dass Kinect auch "Core" kann, setzt man auf Massenmarkt-Fuchtelei und Familien-Jedis. Schade - hier wäre noch viel mehr drin gewesen.

Wertung

360

Größtenteils unterhaltsame Minispiele ergänzen eine Kampagne, bei der sich Höhen und Tiefen abwechseln.

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