Im Test:
Alles bleibt anders
Rare hält sich in der neuen Saison an das Konzept des Vorgängers und bietet ebenfalls sechs Disziplinen: Ging es damals noch auf den Fußballplatz, in die Tischtennishalle, den Boxring, ins Bowling-Center, zum Beachvolleyball und zur Leichtathletik, stehen dieses Mal Besuche beim American Football, Baseball, Tennis, Dart, Skifahren und beim Golfen auf dem Programm - eine ebenso abwechslungsreiche wie gelungene Auswahl.
Mit am besten gefällt mir American Football, bei dem man entweder dem Coach die taktischen Entscheidungen überlässt oder selbst zwischen sechs Spielzügen auswählen darf, die sich hinsichtlich des Anspruchs voneinander unterscheiden. Soll es z.B. nur ein kurzer, aber sicherer Pass werden und man legt seinen Schwerpunkt auf die anschließende Laufarbeit? Oder versucht man lieber, das Leder über eine möglichst große Distanz zu werfen? Hier besteht allerdings das Risiko, dass man vorher vom Gegner niedergerissen wird oder der Pass zu ungenau gespielt wird und in den Händen des anderen Teams landet. Während die Verteidigung automatisch abläuft, stehen beim Angriff insgesamt vier Spielzüge zur Verfügung, um den Football entweder mit einem Touchdown oder per Field Goal ans Ende des Feldes zu befördern.
Hat man sich entweder per Cursor oder Sprachbefehl auf eine Taktik festgehelgt, geht man zunächst in die Hocke und startet den Angriff entweder durch einen lauten "Hike"-Ausruf oder indem man die Beine wieder durchstreckt. Danach ist gutes Timing gefragt: Über den Köpfen der anderen Mitspieler erscheinen Icons - färben sie sich grün, ist das der richtige Moment für einen Pass nach rechts, links oder geradeaus, bevor sich die Gegner auf einen stürzen. Landet das Ei erfolgreich bei einem Mannschaftskameraden, muss man sprinten, was das Zeug hält und den Verteidigern nach Möglichkeit durch Seitenschritte ausweichen. Entscheidet man sich beim letzten Spiel für ein Field Goal, kommen ebenfalls die Beine für einen gezielten Schuss zum Einsatz. Gerade diese Kombination aus verschiedenen Bewegungsmustern zeichnen American Football aus, zumal sie auch alle hervorragend funktionieren und man die Partien auch kooperativ angehen kann.
Homerun
Mit Baseball findet sich außerdem eine weitere typisch amerikanische Sportart im Aufgebot. Hier schlüpft man sowohl in die Rolle des Pitchers (Werfer), Batters (Schlägers) als auch in die der Feldspieler, um geschlagene Bälle zu fangen. Selbst als Runner darf man nicht beweisen und von Base zu Base sprinten. Als Pitcher hat
American Football ist ein Highlight in der Auswahl. |
man die Wahl zwischen verschiedenen Variationen, wie man den Ball werfen will. Schön: Der Schwachpunkt des Batters wird angezeigt, so dass man sich darauf einstellen kann. Mag er z.B. keine langsamen Curveballs, sollte man genau diesen mit entsprechenden Armbewegungen ausführen. Geht man beim Wurf dagegen noch einen Schritt vorwärts, verleiht man ihm mehr Wucht. Auch die gewählte Wurfhand kann durchaus eine Rolle spielen. Während man als Pitcher seine Pläne gut in die Tat umsetzen kann, fällt dies in der Rolle des Batters deutlich schwerer. Zwar wird die Lücke in der Verteidigung immer durch ein Icon angezeigt, doch den Ball entsprechend mit dem Schläger zu treffen, scheint mehr Glückssache als Können zu sein. Ich habe ihn jedenfalls in 90 Prozent aller Fälle nach links gespielt - zwischendurch gibt es auch immer wieder einen unerwarteten Homerun. Am einfachsten ist eindeutig der Job als Feldspieler: Hier muss man in der Regel nur die Hand ausstrecken, um den Ball zu fangen, was recht anspruchslos und langweilig ist. Trotzdem ist auch Baseball unterm Strich recht unterhaltsam.
Ruhige Hand
Deutlich weniger Körpereinsatz ist beim Dartwerfen gefragt, denn hier muss man vor allem eine ruhige Hand und Nervenstärke beweisen, wenn man einen Cursor über die Scheibe bewegt und sein Ziel anvisiert, indem man die Wurfhand leicht nach hinten führt. Die eigentliche Kunst liegt dann im anschließenden Wurf, bei dem man die Hand möglichst
Volle Konzentration und eine ruhige Hand sind beim Dart nötig. |
Mehr Feingefühl erfordert Golf - vor allem, wenn man kurz davor ist, den Ball im Loch zu versenken. Während man auf dem Weg zum Ziel mit recht schwungvollen Schlägen nicht viel falsch machen kann, ist später nicht nur die Kraft, sondern auch die richtige Position entscheidend für den Erfolg. Genau wie beim Baseball steht man hier seitlich vor dem Bildschirm und ändert durch leichtes Vor- und Zurückgehen den Schlagwinkel. Eine Auswahl an verschiedenen Schlägern findet sich in der Ausrüstung - gewechselt wird entweder via Sprachsteuerung oder per Hand. In höheren Schwierigkeitsgraden spielt außerdem der Wind eine zunehmend große Rolle, so dass
Gerade im Splitscreen sind die Skiabfahrten eine Mordsgaudi. |
"Skiiii foan"
Unkomplizierter geht es beim Skifahren zu: Durch Neigungen des Körpers fährt man in die entsprechenden Richtungen, um durch die Fähnchentore zu rasen - verpasst oder berührt man sie, wird eine Strafzeit addiert. Geschwindigkeit baut man auf, indem man sich in die Hocke begibt. An grün markierten Steigungen ist außerdem das richtige Timing für einen Sprung gefragt. Insgesamt ist Skifahren neben Dartwerfen die einfachste und unkomplizierteste Disziplin, die vor allem im direkten Splitscreen-Duell viel Spaß macht - gerade auch deshalb, weil die Körpersteuerung hier sehr viel präziser funktioniert als z.B. bei Ubisofts trägem MotionSports.
Last but not least geht es noch auf den Tennis-Court, wo man sich ebenfalls auf Wunsch im Splitscreen die Bälle um die Ohren schlagen darf. Das Ganze funktioniert so, wie man sich es vorstellt: Vorhand, Rückhand, Schmetterbälle, Slice und Top Spin - alles ist mit entsprechenden Armbewegungen möglich, auch wenn die Erfassung nicht immer gelingt und durch die Verzögerung kein echter Spielfluss aufkommen will. Um die Laufarbeit muss man sich nicht kümmern, allerdings kann man auch hier mit einem Schritt nach vorne mehr Power in den Schlag legen. Schade ist, dass man nur gegeneinander antreten kann - hier hat die Beachvolleyball-Disziplin des Vorgängers mehr Spaß gemacht, da man dort auch gemeinsam als Team spielen konnte. Genau das hätte sich eigentlich auch hier angeboten.
Gute Tutorials
Zumindest hat man sich nette Kleinigkeiten einfallen lassen: So kann man z.B. Widerspruch zu Schiedsrichterentscheidungen einlegen, wenn man davon überzeugt ist, dass der eigene Ball noch im Spielfeld und nicht im Aus war. Das geht zwar nicht unendlich oft, ist aber ein unterhaltsames Feature. Beim Baseball kann man dagegen seinen Starspieler einsetzen, wodurch der nächste Homerun quasi vorprogrammiert ist oder sich im Rahmen eines Golfspiels bei seinem Caddy bedanken, wenn er einen neuen Schläger reicht. Auch kann man nach jedem gewonnenen Punkt oder
Anhand von Tutorial-Videos wird jede Disziplin genau erklärt. |
Zwar ist keine der Disziplinen übermäßig kompliziert, doch wird jede von ihnen anhand von anschaulichen Tuturial-Videos erklärt, die sich in den Optionen aber auch deaktivieren lassen. Neben den Hauptdisziplinen warten außerdem noch eine Menge Variationen in Form von Minispielen: So gilt es z.B. bei einer Dart-Variation, Luftballons zerplatzen zu lassen oder bei der Skiabfahrt Hindernissen auszuweichen. Als partytauglich erweist sich außerdem das "schnelle Spiel", bei dem die Teilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt werden und unendlich viele Disziplinen hintereinander spielen können, die alle per Zufall ausgewählt werden. Trifft die Wahl nicht auf Zustimmung, kann man das "Glücksrad" jederzeit erneut drehen und sich so für eine andere Sportart entscheiden. Individuelle Zusammenstellungen, mit denen man eine Auswahl an Disziplinen von Anfang an festlegen könnte, sind jedoch leider nicht möglich.
Für den Fortschritt kommt ein ähnliches Rangsystem zum Einsatz wie beim Vorgänger - mit dem Unterschied, dass man hier Fans sammelt und die Punktevergabe transparenter ausfällt als beim ersten Teil. Hier wird genau aufgeführt, wie sich das Ergebnis zusammensetzt - Asse beim Tennis oder Homeruns beim Baseball sorgen z.B. für einen größeren Punkteregen als ein vergleichsweise einfacher Schmetterball oder ein Field Goal beim Football. Zusätzlich bekommt man zur Freude von Fitness-Fanatikern jetzt auch noch den Kalorienverbrauch für jede Session und Einzel-Events angezeigt. Die lustigen (und taktgenau zur Musik geschnittenen) Videos, in denen das Gehampel vor der Kamera festgehalten wird, lassen sich leider wieder nicht lokal auf der Festplatte speichern, sondern können nur durch einen Upload auf der KinectShare-Webseite festgehalten und mit der Welt geteilt werden. Einen
Auch beim Baseball darf man gegeneinander antreten, beim Football dagegen sogar kooperativ um Punkte kämpfen. |
Xbox: Höre mir zu!
War die Cursor-Navigation im Vorgänger aufgrund der hohen Verzögerung noch gewöhnungsbedürftig, kann man sich das Herumwedeln beim Durchforsten der Menüs oder innerhalb der Disziplinen dank der Sprachsteuerung weitestgehend sparen. Die meisten Befehle werden zügig erkannt und umgesetzt, wobei das Ganze nach dem Prinzip "Sage, was du auf dem Bildschirm siehst" funktioniert. Probleme bereiten wie schon bei Forza Motorsport 4 vornehmlich englische Begriffe wie die Ansage zum "Field Goal", die entweder gar nicht oder nach mehrmaligen Versuchen erkannt werden. Insgesamt funktioniert die Erkennung aber sehr ordentlich ist und eine echte Erleichterung.
Fazit
Kinect Sports: Season Two zeigt zumindest im Bereich der Gestenerkennung den technischen Fortschritt, den Microsoft innerhalb eines Jahres mit Kinect gemacht hat: Abgesehen vom Tennis - für mich ohnehin die schwächste Disziplin im Aufgebot - wird das Spielgeschehen kaum noch von Lags beeinträchtigt. Ganz im Gegenteil, zeigen doch gerade Sportarten wie Dart und Golf, wie feinfühlig das System manche Bewegungen erfassen und umsetzen kann, auch wenn im Fall von Dart dafür eine Extra-Einstellung in den Optionen nötig ist - und genau das kann bei deutlichen Größenunterschieden zwischen Spielern zu einem Problem werden. Schade ist zudem, dass unterm Strich etwas weniger geboten wird als beim Vorgänger, der vor allem dank der Leichtathletik-Wettbewerbe immer noch eine größere und attraktivere Auswahl an Disziplinen auffährt. So schweißtreibend wie bei der Premiere geht es allerdings nicht mehr zur Sache, denn dafür erfordern Golf, Dart und selbst Tennis zu wenig Körpereinsatz. Trotzdem sehe ich Rares zweites Kinect-Sportfest im Vergleich zum Vorgänger einen Hauch vorne, weil das Gesamtpaket mit der soliden Spracherkennung, dem Senden (und Empfangen) von Freundes-Herausforderungen sowie einem transparenten Rangsystem insgesamt runder wirkt.
Pro
Kontra
Wertung
360
Partytauglicher Sportspaß mit abwechslungsreichen Disziplinen, aber leichten Steuerungsschwächen und überschaubarer Auswahl.
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