Im Test:
Ubisoft tanzt
Ubisoft hat das Abzappeln für sich entdeckt: Nach dem Überraschungshit Just Dance für Wii will der französische Publisher die Tanzfläche gar nicht mehr verlassen und bittet nach diversen Fortsetzungen (zuletzt: Just Dance 3) und der eher durchwachsenen Michael Jackson Experience jetzt die Black Eyed Peas mit einem eigenen Spiel auf die Bühne. Egal, wie man zu der Gruppe steht: Man muss anerkennen, dass sich das Quartett bestehend aus Will.i.am, Sängerin Fergie Ferguson, Taboo und Apl.de.ap nicht in eine bestimmte Ecke drängen lässt: Stilistisch wird von Rap und Hip-Hop über Pop und Elektro bis hin zu Dance und sogar einigen ruhigen Stücken eine enorme Bandbreite geboten, die sich auch in den 30 enthaltenen Songs der Experience widerspiegelt. Käufer der Erstauflage bekommen mit "Light up the Night" und "Someday" übrigens per Download-Code zwei weitere Tracks dazu, die die Auswahl an bekannten Chart-Hits wie "Shut up", "I Gotta Feeling", "The Time" und weniger bekannten Songs ergänzen.
Eingeschränkte Choreographien
Im Gegensatz zu Dance Central, bei dem in der Regel je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad unterschiedliche Choreographien pro Song angeboten werden, gibt es hier für jeden Track zunächst nur eine. Erst später wird ein weiterer Schwierigkeitsgrad freigeschaltet. Das ist besonders ärgerlich, wenn die persönlichen Favoriten eventuell extrem anspruchsvolle Bewegungsabfolgen vom Spieler verlangen. Einziger Trost: Genau wie bei Just Dance ist ein Scheitern hier normalerweise nicht möglich - nur die Bewertung am Ende fällt unter Umständen niederschmetternd aus. Einzig bei Spezial-Herausforderungen, die zwischendurch von den vier Band-Mitgliedern eingestreut werden und dem Spieler diverse Aufgaben stellen, kann man verlieren bzw. den Gewinn in Form von besonderen Gegenständen nicht einsacken.
Doch auch abseits dieser Challenges gibt es genug zum Freischalten: Wächst nach guten Vorführungen die Anzahl der Fans, wird nicht nur die Bühne aufgepeppt, sondern man bekommt auch Zugriff auf Objekte wie Tätowierungen, Schmuck und Klamotten, mit denen man seinen Avatar aufwerten kann. Dessen Aussehen und Geschlecht kann man zusätzlich in einem recht rudimentären Editor anpassen, in dem man u.a. aus vorgefertigten Frisuren, Gesichtern und Bartvorlagen wählen kann. Wer gehofft hat, selbst in die Rollen der Black Eyed Peas schlüpfen zu können, wird enttäuscht sein, denn man tanzt mit seinen gebastelten Figuren lediglich zusammen mit ihnen auf der Bühne. Dabei fällt auf, dass sich Entwickler iNiS ("Lips") wirklich Mühe bei der Modellierung gemacht hat: Die digitalen Alter Egos sehen ihren realen Vorbildern nicht nur täuschend ähnlich, sondern bewegen sich auch wie sie, wenn sie über die Bühne wirbeln, die Tanzschritte zeigen oder zum Mikrofon greifen - klasse. Während die Gruppenmitglieder der BEP den Spieler ansehen, während sie ihm die Bewegungen zeigen, steht der Avatar leicht seitlich mit dem Rücken zu ihm. Das hat den Vorteil, dass man nicht noch groß umdenken muss, denn bewegt der Avatar seinen rechten Arm,
Übung macht den (Tanz-)Meister?
Im Gegensatz zur grottigen Michael Jackson Experience hat man es hier zum Glück geschafft, eine halbwegs gescheite Tanzschule zu integrieren: Während man im Modus Dance Party sofort ins kalte Wasser geworfen und mit nicht immer erkenntlichen Tanz-Piktogrammen konfrontiert wird, lernt man in der Karriere - genannt Dancing Deluxe - die Choreographie jedes Songs in drei Schritten mit jeweils mehreren Abfolgen, bis man die Schritte verinnerlicht hat und eine komplette Aufführung absolvieren kann. Schön ist, dass man im Rahmen der Lernphase auf einen Tanzcoach zurückgreifen kann, wenn man seinen rechten Arm eine Zeit lang nach oben hält. Allerdings hatte ich immer wieder Probleme damit, dass die Geste von Kinect nicht erkannt wurde. Doch wenn es dann doch mal funktioniert, wird in eine Zeitlupe umgeschaltet, in der man die jeweiligen Abfolgen in Ruhe einstudieren kann. Eine hilfreiche Fehleranalyse wie bei Dance Central wird aber nicht geboten, so dass der Coach seinem Namen nicht ganz gerecht wird.
Schwache Erkennung
Doch die Aktivierung des Tanz-Trainers ist nur eines von vielen Problemen bei der Erkennung, mit denen sich auch schon Just Dance 3 herumschlagen musste. So reicht es bei manchen Figuren aus, einfach nur wild mit den Armen herum zu wedeln, um schon mit einer "Gut"-Wertung belohnt zu werden. Auf der anderen Seite weigert sich das Programm bei manchen Bewegungsabfolgen, sie als Erfolg zu werten, obwohl man alles richtig gemacht hat. Vor allem die Beinarbeit wird in der Analyse kaum berücksichtigt, doch auch bei Armen und Oberkörper scheint man oft mehr Wert auf die Endposition als die eigentliche Bewegung zu legen. Zumindest wird durch eine farbliche Umrandung an den Gliedmaßen des
Eigene Moves
Wer sich durch die vorgegebenen Choreographien zu sehr eingeschränkt fühlt, kann sich aus dem großen Repertoire an Moves auch eigene Bewegungsabfolgen zusammenstellen und diese sogar mit Freunden über Xbox Live teilen. Wem es zu mühsam ist, sich durch die Auswahl an Tanzschritten zu wühlen, kann seine Wunschfigur auch einfach vortanzen - das Programm sucht dann automatisch das Piktogramm, das dem Gezeigten am nächsten kommt. Doch auch hier zeigt sich wieder die übliche Erkennungsproblematik, die dem Titel zu schaffen macht.
Wer lieber trällern statt hampeln will, kommt ebenfalls auf seine Kosten, denn bis zu zwei Spieler können die maximal zwei Tänzer mit ihrem Gesang unterstützen und ihnen so noch mehr Fans verschaffen, sofern sie halbwegs die Töne treffen. Ein kleiner Wermutstropfen ist die Beschränkung auf zwei Tänzer - immerhin schaffte es man bei Just Dance 3 bereits, dass Kinect vier Spieler gleichzeitig erkennt. Darüber hinaus ist es enttäuschend, dass erneut
Wenig Fan-Material
Ein Spiel wie dieses ist in erster Linie für die Fans gemacht. Deshalb ist es schade, dass Ubisoft abseits der Musik und Choreographien nicht viel an Hintergrundinformationen rund um die Formation bietet. Zwar erfährt man in den Ladebildschirmen Dinge wie die Robotik-Vorlieben von Will.i.am oder etwas über Fergies trockenes Haar, doch wäre eine exklusive Backstage-Reportage oder ein Making-Of mit der Beteiligung der Band am Spiel gehaltvoller gewesen. Auch hätte man es sich durchaus überlegen können, noch ein paar Musikvideos mit auf die DVD zu packen. Hinsichtlich Extras, mit denen man die Experience für Fans hätte deutlich aufwerten können, gibt sich Ubisoft äußerst knauserig. Hier hatte sogar das Michael Jackson-Pendant mit freischaltbaren Clips mehr zu bieten.
Fazit
Was die Songauswahl betrifft, kann man mit dem abwechslungsreichen Repertoire der Band eigentlich nicht viel falsch machen und auch die Choreographien sind durchaus gelungen. Störend sind einzig die festgelegten Schwierigkeitsgrade pro Song - Dance Central geht da einen besseren, wenn auch aufwändigeren Weg, für den Ubisoft scheinbar genauso wenig bereit war wie für das Zusammenstellen von interessantem Bonusmaterial. Der Tanz-Coach ist zwar eine Verbesserung gegenüber dem Michael Jackson-Desaster, kann mangels einer genauen Fehleranalyse aber dem Primus ebenfalls nicht das Wasser reichen. Größtes Manko bleibt jedoch die ungenaue Bewegungserkennung, denn von der Präzision eines Dance Central ist man hier weit entfernt. Ein Plus verbucht Ubisoft mit der Gesangseinbinung und den individuellen Choreographien. Black Eyed Peas Experience ist zwar nur die zweite Wahl auf dem Kinect-Dancefloor, aber für ein Tänzchen zwischendurch immer wieder gut.
Pro
Kontra
Wertung
360
Rest in Peace, Black Eyed Peas! Nach der vorzeitigen Auflösung der Band können Fans hier trotz schwacher Bewegungserkennung noch einmal ordentlich zu ihren größten Hits abzappeln.
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