Im Test:
Riesiges Vergnügen
Nach gut 35 Stunden, in denen ich den Fokus auf die Kampagne gelegt habe, lief der Abspann durch - was nochmals gut eine Stunde in Anspruch nahm! Eine stattliche Dauer, sowohl für das Spiel als auch für die Credits. Und dabei habe ich noch lange nicht alle Aktivitäten abgeschlossen, die sich in der riesigen Spielwelt anbieten. Klar bin ich zum Ausprobieren mit dem Jetski durch die hervorragend aussehenden Wellen gerast. Ich habe Golfplätze ebenso malträtiert wie Tennis-Courts oder hunderte Gegner, die das Zeitliche segnen mussten. Ich bin ins Kino gegangen, habe dort experimentelle Filme angeschaut oder habe mir vor dem Fernseher Kippen angezündet oder Bier getrunken (virtuell selbstverständlich). Ich habe Dartpfeile geworfen, bin auf die Jagd gegangen, Fallschirm gesprungen, habe Rennen mit verschiedenen Fahrzeugen vom ATV bis hin zum Schnellboot bestritten. Und natürlich habe ich noch lange nicht alle Stuntsprung-Positionen und in der Gegend verstreuten Aufsammel-Gimmicks gefunden. Man kann auch nach Abschluss der Geschichte viel Zeit in der fiktiven Stadt Los Santos (quasi Rockstars Vision von Los Angeles) sowie dem ländlichen Blaine County (entspricht mehr oder weniger Orange County) im Norden der Metropole verbringen. Doch will man das?
Das Beste von Rockstar
Denn abseits von "Schöner, Größer, Weiter" schafft es Rockstar Games nur selten, neue Wege zu beschreiten. Im Gegenteil: Bei den Inhalten beschleicht mich immer das Gefühl, dass man sich an allem orientiert hat, was in den letzten Jahren aus irgendeinem Rockstar Studio kam und Erfolg hatte. Die majestätische Weite kennt man aus Red Dead Redemption - was jedoch nicht ändert, dass sie auch hier für viel Atmosphäre und unglaublich stimmungsvolle Landschaftspanoramen sorgt. Die zufällig auftauchenden Missionen kennt man ebenfalls aus dem grandiosen Western-Epos um John Marsten. Nur dass man hier keinen Geldsäckchen, sondern Brieftaschen oder Handtaschen, keinen Pferden, sondern Pferdestärken nachjagt, um den Dieb zur Strecke und das gestohlene Eigentum seinem rechtmäßigen Besitzer zurück zu bringen.
Das ist alles per se nicht schlecht, ganz im Gegenteil: Die Umsetzung und das Einbauen all dieser Elemente wird durch den hohen Rockstar-Standard gekennzeichnet. Doch mit dieser Aura des Bekannten (egal, wie hervorragend es umgesetzt wird) geht einher, dass Überraschungen eher selten sind. Dabei ist es immer dieses Überraschungsmoment gewesen, dass die Grand Theft Autos zumindest seit ihrem Sprung in die dritte Dimension so spielenswert machte. Vice City schaffte es, die Neon-Zeit der 80er und 90er Jahre des letzten Jahrhunderts akkurat nachzuahmen. Bei San Andreas waren es die schiere Größe sowie die spielerischen Möglichkeiten, die den Kampf der Gangs zu einem definierenden Moment der späten PS2- und Xbox-Phase machten. Und Grand Theft Auto 4 samt Add-Ons zeigte die düstere, ausweglose Seite der ostamerikanischen Metropole Liberty City (New York City), in der ein illegaler Immigrant um sein Überleben kämpfte und versuchte, seine Vergangenheit als Soldat abzuschütteln. Und natürlich bewies Niko Bellic, dass Rockstar auch die aktuellen Konsolen voll im Griff hatte und kein Weg an ihnen vorbei führte, wenn es um die Darstellung einer lebendigen Spielwelt geht. Allerdings hatten sowohl GTA 4 als auch Red Dead Redemption bereits Probleme, diese Illusion aufrecht zu erhalten, wenn man hinter die Kulissen und die Statisten schaute. Aber diese Titel liegen bereits drei bzw. fünf Jahre zurück. Aber auch wenn und gerade weil es in der Zwischenzeit niemand geschafft hat (die Assassin's-Creed-Serie eingeschlossen), Rockstars Vormachtstellung in dieser Hinsicht gefährlich zu werden, hatte ich Hoffnung, dass man hier neue Standards setzen könnte.
Gelungene Erzählstruktur mit strikter Regie
Doch das gelingt abseits der schicken Kulisse (die allerdings auch ihre Macken hat) nur selten. Am ehesten noch hinsichtlich der Geschichte, in der man nicht mit nur einem unfreiwilligen Helden unterwegs ist, sondern mit dreien. Da man zudem über einen Großteil der Spielzeit die freie Wahl hat, wen man gerade steuert (eingeleitet von einem filmreifen Raus- und Reinzoomen) und auch jeder zusätzlich zu den gemeinsamen Missionen eigene Erzählstränge verfolgt, war die Herausforderung für die Drehbuchautoren groß.
Dafür jedoch funktioniert das Prinzip der unheiligen Dreifaltigkeit der Protagonisten in Form von Michael, Franklin und Trevor erstaunlich gut. Alle haben ihre eigene, mitunter zweifelhafte Motivation, sich auf die schiefe Bahn zu begeben und einzeln oder miteinander krumme Dinger zu drehen. Allerdings wünsche ich mir bei dem Afro-Amerikaner Franklin, der in Tradition von GTA San Andreas aus dem ewigen Kreislauf der Gang-Kriege ausbrechen möchte, mehr Eingriffsoptionen. Jedes Mal, wenn er mit seinem Kumpel Lamar zusammen kommt, ist abzusehen, dass die Sache nicht gut enden wird. Aber man hat keine Wahl. Man wird als Darsteller gezwungen, die Angelegenheit so durchzustehen, wie sie das strikte Drehbuch vorsieht. Die Regie, die an die rigorose Dikatatur erinnert, die man Ridley Scott oder Stanley Kubrick nachsagt, ist in dieser Hinsicht zu gnadenlos, zu eindimensional. Dabei wäre es sehr leicht gewesen, diesem GTA eine Entscheidungsebene hinzuzufügen, selbst wenn sie nur vorgegaukelt wäre. So zieht man in einer Mission z.B. mit Lamar los, um der aus San Andreas bekannten Grove Street einen Besuch abzustatten. Natürlich ahnt man, dass es in einer bleihaltigen Auseinandersetzung enden wird. Und obwohl Franklin nichts mehr damit zu tun haben möchte und ich diese Einstellung teile und unterstützen möchte, muss ich trotzdem mit ihm in den Bandenkrieg ziehen.
Probleme in der zweiten Ebene
Überhaupt hat man Schwierigkeiten, die Illusion des an der Oberfläche blühenden Lebens aufrecht zu erhalten. Nicht, weil die KI der Zivilisten mitunter zu irrationalen Lenkbewegungen führt. Sondern vielmehr, weil man als Hauptdarsteller dieser Gangster-Oper nichts machen darf, was die Regie nicht vorgesehen hat.
Solche Situation kann man immer wieder erleben, wenn man quasi hinter die Kulissen schaut. Und damit degradiert sich GTA 5 in diesen Situationen vollkommen unnötig zu einem schick anzuschauenden, aber letztlich vorhersehbaren Action-Disneyland für Erwachsene. Denn dass es auch anders geht, zeigt eine Szene aus der Anfangsphase.
Abwechslungsreiches Missionsdesign
Denn hier zieht Rockstar alle Register. Abseits der Standard-Aktivitäten wie Darts, Fallschirmspringen, diverser Renntypen, Golf, Tennis oder Triathlon, die letztlich nicht mehr als nette Minispiele für zwischendurch sind, haben sich die Missionsdesigner ins Zeug gelegt. Wo bei den bisherigen GTAs irgendwann der Punkt erreicht war, an dem man sich auf Schema F verlassen konnte (Mission annehmen/Fahren/Ballern/Fahren/Mission abliefern), kommt hier nur höchst selten Gleichförmigkeit auf.
Beim Schaden an den nicht lizenzierten, aber keinen Zweifel hinsichtlich des Originals aufkommen lassenden Boliden ist dies ebenfalls spürbar. Waren die Karren bislang eher zu schnell schrottreif und explodierten einem unvermutet unter dem Hintern, vertragen sie mittlerweile so viel, dass ein etwaiges Spannungselement in den Gassen oder auf den Straßen und Highways zu kurz kommt. Mit den teils minutiös geplanten Raubüberfällen kommt aber ein neuer Faktor in den GTA- Missionsmix.
Zu gleichförmig
Zumal Rockstar eine große Chance ungenutzt verstreichen lässt, für spielmechanische Abwechslung zu sorgen, obwohl es doch so nahe liegt: Die Hauptfiguren verfügen über Eigenschaften, die sich über "Benutzung" aufrüsten lassen. Wer viel läuft und sprintet, kann seine Ausdauer steigern. Sauberes Lenken eines Fahrzeugs sorgt für einen Anstieg der Fahrwerte usw. Das klingt in der Theorie gut. Doch in der Praxis spielen sich die Figuren sehr ähnlich - trotz einer exklusiven Spezialfähigkeit wie beispielsweise Franklins "Zeitlupen-Fahren", das es in Extremsituationen leichter macht, enge Kurven zu nehmen und so den Verfolgern ein Schnippchen zu schlagen. Aber letztlich kann man auch mit Trevor oder Michael problemlos entkommen. Obwohl Michael die besten Waffennutzungs-Werte (und eine Bullet Time à la Max Payne) hat, spielen sich Trevor und Franklin in Feuergefechten nahezu identisch.
Wie radikal ist zu radikal?
Es wird gevögelt. Es gibt nackte Brüste. Schädel werden schonungslos zertreten. Es wird geflucht: "Fuck this!" "You stupid cunt!" "You're such a dick!" - und das sind noch die harmloseren Äußerungen. Es wird gefoltert, aktiv bis hin zum Waterboarding, das mir situativ gewaltig an die Nieren ging. Weshalb ich gerade in diesen Situationen, die ich vielleicht gerne abgelehnt hätte, die Freiheit der eigenen Entscheidung vermisse. Hier hätte man auch die drei unterschiedlichen Charaktere besser spielen können, wenn man die Wahl gehabt hätte. Jedenfalls ist all das, worüber sich das ach so prüde Amerika in San Andreas noch aufregte, abgestandener kalter Kaffee - spätestens wenn Trevor blank zieht. Doch seien wir mal ehrlich: Gegen das, was im amerikanischen Fernsehen in den letzten Jahren in Serien wie The Sopranos (Michael, seine Familie und sein Psychiater sind deutlich von Tony inspiriert), Breaking Bad, Shameless, Game of Thrones, Deadwood, True Blood, Walking Dead usw. gezeigt wird, ist das, was man hier zu sehen bekommt, ebenfalls abgestandene Koffeinbrühe. Für die Spielewelt begrüße ich diese Entwicklung jedoch. Natürlich wirkt es manchmal dick aufgetragen, gelegentlich unbeholfen und dann wiederum überflüssig. Doch es wurde verdammt noch mal Zeit, dass auch interaktive Unterhaltung diese Themen anpackt, sie schonungslos auf den Bildschirm bringt und damit einen weiteren Schritt dahin unternimmt, endlich gleichberechtigt zu Filmen als Kulturgut fest in der Gesellschaft Wurzeln zu schlagen.
Das TV-Serien-Prinzip
Zwar fehlt der Geschichte um die drei Gangster, die zusammen arbeiten (müssen), gelegentlich die Tiefe und auch auf intelligent verschachtelte Episoden wie in Quentin Tarantinos Pulp Fiction oder Pete Travis' "8 Blickwinkel" wird verzichtet. Dennoch fühlte ich mich irgendwann auch dank der Missionslänge (je etwa zwischen etwa zehn und 40 Minuten) wie in einer TV-Serie. Quasi „Los Santos Stories“.
In diesen erzählerischen Momenten, die mitunter beiläufig passieren, ist GTA 5 ganz stark und lässt hinsichtlich Charakterzeichnung sogar meinen bisherigen Favoriten Red Dead Redemption hinter sich. Allerdings teilen sich Michael, Franklin, Trevor und John Marsten ein Problem: Ihre Kollegen, die sich in einer fiktiven Oscar-Verleihung mit Christoph Waltz um den nächsten Preis als "Bester Nebendarsteller" balgen würden, werden immer wieder unsanft aus dem Spiel befördert. Sie sind da, sorgen für eine angenehme Abwechslung vom Alltag und werden irgendwann vergessen, wobei es löbliche Ausnahmen wie den Papparazi Beverly gibt. Doch da sind andere Titel wie Yakuza 4 oder Sleeping Dogs weiter - auch wenn diese Spiele mit ganz anderen Problemen zu kämpfen hatten.
Die T-Frage
Bei den bisherigen Open-World-Spielen von Rockstar waren nicht nur die Akteure die Hauptdarsteller, sondern auch der Schauplatz. Und natürlich bildet GTA 5 keine Ausnahme. Das deutlich von Los Angeles inspirierte Los Santos ist in dieser Form eine klare Reise-Empfehlung. Die unterschiedlichen Stadtviertel sind zwar letztlich nicht so imposant wie in Liberty City, doch der Gesamteindruck ist trotz technischer Schwächen teilweise überwältigend. Ja: Es gibt Kanten - nicht zu knapp. Ja: Wenn man genau hinsieht, poppt und ploppt es in sichtbaren Bereichen. Und ja: Die Bildrate ist höchst instabil und scheint von 30 bis 20 Bildern pro Sekunde alles anzubieten.
Bei der Mimik kommt man zwar nicht an die Qualität eines Heavy Rain oder L.A. Noire heran, doch die Figuren wirken trotz leichter Defizite in ihrer überzeichneten Welt glaubwürdig und sind ähnlich gelagerten Titeln von Saints Row 3 bis Assassins Creed 3 mindestens eine Nasenlänge voraus.
Beispielloses Hörvergnügen
Muss man zur GTA-Akustik noch Worte verlieren? Seit Jahr und Tag gehört das, was in den fiktiven Städten aus dem Lautsprecher kommt, zur absoluten Oberklasse - so auch hier: Man bekommt gute bis exzellente englische Sprecher (es gibt nur deutsche Untertitel), dazu fast 250 lizenzierte Songs, die auf den gut 20 Radiosendern mit fantastisch zynischer Werbung sowie klasse DJs laufen - doch das ist für GTA eigentlich schon gehobener Standard. Wie auch die Nachrichteneinblendungen, in denen auf die Resultate der erledigten Missionen eingegangen wird. Dementsprechend wurde hier gar nicht versucht, die Qualität aufzustocken (was ohnehin kaum möglich scheint), sondern an der Quantität geschraubt.
Ebenfalls neu: Es gibt auch erstmalig einen eigens für und auf das Spiel abgestimmten Soundtrack, u.a. von Tangerine Dream. Meist sehr zurückhaltend komponiert, wird man mittlerweile nicht mehr nur von bekannten Tracks aus Country, Rock, Pop, RnB, Soul oder Hiphop beschallt, sondern auch von Atmosphäre fördernden Instrumentals verwöhnt. Und während die Schussgeräusche zwar nicht die Wucht von z.B. Battlefield 3 oder CoD Black Ops 2 erreichen, liegen sie qualitativ noch ein ganzes Stück vor den Motoren-Geräuschen, die wieder einmal das schwächste Glied in der Hörkette darstellen. Erst mit höheren Tuning-Stufen tönt ein sattes Triebwerks-Schnurren aus den Lautsprechern, bis dahin gibt es viel zu häufig ein Nähmaschinen-Summen. Das ist ein Manko, das Rockstar erst nach und nach in den Griff zu bekommen scheint, das aber letztlich auch stellvertretend für den verhaltenen Fortschritt steht, den die Serie inhaltlich gemacht hat.
GTA Online
Nach dem ersten Trailer zu Grand Theft Auto Online, dem über Xbox Live bzw. das PlayStation Network spielbaren Multiplayer-Ableger von GTA 5, machte sich bei den Fans in der Redaktion ein breites Grinsen bemerkbar. Die gesamte Spielwelt von Los Santos und Blaine County steht zur Verfügung, um mit oder gegen maximal 16 Spielern um Geld, Ränge und Ehre zu kämpfen.
Vererbender Editor
Bevor man in Los Santos und Blaine County als aufstrebender Kleingangster startet, müssen erst Aussehen und grundlegende Fähigkeiten der Figur festgelegt werden. Interessant ist dabei, dass im ersten Schritt des Editors keine aktiven Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich des Aussehens zur Verfügung stehen. Stattdessen legt man fest, wie die Großeltern des Alter Ego ausgesehen haben, das hier übrigens auch weiblich sein kann. 14 Basis-Einstellungen gibt es für jeden der Ahnen, so dass man grundsätzlich auf über 38000 Varianten kommt. Diese kann man zusätzlich modifizieren, indem man über einen Schieberegler festlegt, welchem Elternteil Mutter und Vater jeweils ähnlicher sehen. Zu guter Letzt kann man nach gleichem Prinzip bestimmen, ob die Ähnlichkeit der Spielfigur letztlich eher zum Vater oder zur Mutter tendiert. Danach kann man den „Lebensstil“ festlegen. Dahinter verbirgt sich eine Einteilung (bis hinunter in den Halbstunden-Bereich), wie man seinen Tag verbringt. Sieben Kategorien stehen zur Auswahl, angefangen vom Schlafen über Sport treiben bis hin zu legalen oder illegalen Aktivitäten. Der Clou: Je nach Präferenz ändern sich nicht nur die sieben Charakterwerte, die auch bei den drei Protagonisten in GTA 5 eingesetzt werden, sondern auch das Aussehen der Figur.
Wer z.B. im Vorfeld vornehmlich legaler Arbeit nachgeht, verbessert seine Werte im Umgang mit Fahrzeugen und sieht aus wie ein Nachwuchsbanker. Beim Fokus auf illegale Jobs wird schließlich die Krawatte durch ein Bandana ersetzt, das schnieke Hemd durch ein T-Shirt und die Kurzhaarfrisur durch Zotteln. Allerdings kann man in eingeschränkter Form noch Einfluss aufs Aussehen nehmen und sich eine andere Frisur, Haarfarbe, Mütze oder Brille aussuchen sowie das Alter festlegen, das zwischen 21 und 40 liegen darf. Trotz all dieser Variationsstufen und Optionen sind die Ergebnisse höchst unterschiedlich und nicht immer zufriedenstellend: Es kann vorkommen, dass man in Los Santos landet und eine Frau aus dem Flieger steigt, die eher Dolph Lundgren ähnelt. Oder dass man mit einem Kerl unterwegs ist, der die uneheliche, hässliche Schwester von Demi Lavato sein könnte.
Verbindungs-Probleme
Angesichts der potenziell hohen Zugriffszahlen (jeder Käufer kann theoretisch gleichzeitig versuchen, online zu gehen) ist es nicht verwunderlich, dass die Server anfänglich an den Rand der Belastbarkeit und teilweise darüber hinaus geführt wurden. Das Ergebnis sind Abbrüche oder endlose Warteschleifen, bevor es mit dem ersten verpflichtenden Online-Rennen losgehen kann, mit dem das kurze Tutorial begonnen wird. Hat man jedoch die ersten Missionen hinter sich gebracht und die weite offene Welt vor sich, gibt es deutlich weniger Probleme. Während ich mit dem einen (neuen) Charakter teilweise gar nicht starten konnte, konnte meine zweite, zum Start von GTA Online erstellte Figur (drei weitere Slots können später freigeschaltet werden), ohne Schwierigkeiten den Weg nach Los Santos und Blaine County finden, in dem man sich übrigens ein paar Monate vor den Offline-Geschehnissen herumtreibt, aber einige der Charaktere wie Lamar und Lester kennen lernt.
Zwar gab es hier auch bei der einen oder anderen Mission Probleme, die Serververbindung herzustellen. Doch nachdem ich in GTA 5 oder GTA Online zurückgeleitet wurde, konnte ich umgehend wieder ohne Wenn und Aber die Verbindung herstellen. Sprich: Wer einmal drin ist und eine Figur jenseits von Stufe 2 hat, kommt auch wieder rein. Es ist die Schlange am Eingang, die den Verkehr im wahrsten Sinne des Wortes aufhält, die aber von Rockstar nach und nach gezähmt wird. Denn während man in Los Santos nur zum Spaß herumfährt, Rennen bewältigt, den Team- oder Solo-Deathmatches frönt bzw. Missionen für die zahlreichen Auftraggeber erledigt, die man teilweise aus GTA 5 kennt, flutscht es technisch. Lags sind nur vereinzelt in Rennen zu spüren, in den Missionen läuft alles sauber. Allerdings wirkt es so, als ob Rockstar den Verkehr für die Online-Ausflüge nach Los Santos generell reduziert hat, um Ressourcen zu schonen.
Missionen, Geld, Ränge
Um die Online-Gangster langfristig an Los Santos zu binden, hat Rockstar ein Rangsystem mit satten 100 Stufen eingebaut. Wie man es z.B. aus den Call of Duty-Titeln kennt, werden mit jeder erreichten Stufe frische Inhalte freigegeben. Dazu gehören Klamotten, Zugriff auf neue Waffen oder deren Modifikationen, Aktivitäten, frische Features wie Immobilienerwerb und natürlich Missionen, die wiederum mehr Erfahrungspunkte bringen sowie Geld in die Kasse spülen. Denn ohne Knete geht hier nix: Munition kostet Geld, schusssichere Westen ebenso, Klamotten gibt es auch nicht umsonst und ein Ableben kann empfindliche finanzielle Einbußen mit sich bringen. Wenn einem von einem anderen Spieler die Karre geklaut und im schlimmsten Fall zu Schrott gefahren wird, besorgt einem die Versicherung zwar ein identisches Modell, doch wird dafür ebenfalls eine kleine Gebühr fällig. Das Tuning bei Los Santos Customs ist auch nicht billig. Und unter dem Strich ist die Vergütung für erledigte Jobs und Rennen eher dürftig und liegt anfangs im Bereich niedriger vierstelliger Beträge. Will man so z.B. das über 60.000 Dollar für eine Garage zusammenklauben, muss man mit beinahe schon an Grind grenzender Geduld für sein Geld arbeiten - oder nutzt das "Pay-to-Shortcut"-System, bei dem man im Store für Echtgeld Spielwährung kauft.
Keine Raubzüge, kein Editor
Auf die Raubzüge, die man offline mit Franklin, Trevor und Michael erleben kann, muss Online vorerst verzichtet werden. Diese werden erst mit einem späteren Update nachgereicht. Das ist schade, denn auch wenn es nur aufgeschoben statt aufgehoben ist, hätten diese deutlich auf Teamplay setzenden Aufgaben das Missionseinerlei aufgewertet, das meist nur aus Hol-und-Bring-Diensten mitsamt bleihaltiger Auseinandersetzungen besteht.
Worauf man derzeit ebenfalls noch warten muss, ist der so genannte „Content Creator“. Mit diesem Editor wird es möglich sein, eigene Rennen oder Deathmatches aufzusetzen. Das klingt viel versprechend und dürfte helfen, die Langlebigkeit von GTA Online zu unterstützen. Doch natürlich wird viel davon abhängen, wie intuitiv die Bedienung gestaltet wird und welche Möglichkeiten es geben wird, die von Spielern erstellten Inhalte zu filtern und zu bewerten.
Meine Stadt, mein Regeln, mein Spaß
Bei den Sessions ist eines aufgefallen: Der Spaß steht und fällt mit dem Verhalten der anderen Spieler. Kommt man in ein Los Santos, in dem die anderen Online-Gangster nicht nur auf Chaos oder Anarchie aus sind, ist der Spaß deutlich höher. Doch gegenwärtig begegnet man noch viel zu oft Chaoten, die nur vorhaben, sich gegenseitig fertig zu machen, die jeweiligen Karren zu klauen oder einfach nur die anderen Spieler zu sabotieren und sie z.B. hinterrücks angreifen, wenn sie aus einem Klamottenladen kommen oder gerade dabei sind, ihr Geld bei einem Automaten einzuzahlen (auf dem Konto ist es sicher). Zwar kann man sich in gewissem Maß schützen und z.B. für 100 Dollar den „Passiv-Modus“ aktivieren, in dem man als Fußgänger vor den Angriffen anderer Spieler geschützt wird. Alternativ kann man ab einer bestimmten Stufe ein Kopfgeld auf einen bestimmten Spieler aussetzen und noch etwas später sogar einen ferngesteuerten Sprengsatz in seinem Auto anbringen, um sich etwas Genugtuung zu verschaffen. Und mittelfristig soll auch eine serverseitige Sortierung stattfinden, bei der „Spielverderber“, zu denen auch Missionsabbrecher gehören, nur noch mit Gleichgesinnten in einer Instanz landen.
Noch angenehmer ist es natürlich, wenn man nur mit Freunden oder Mitgliedern seiner Crew (dem GTA-Gegenstück der MMO-üblichen Gilden) in der freien Welt herumheizt und Spaß hat. Auch diese Option steht beim Start von GTA Online zur Verfügung – wie auch das Solospiel, bei dem allerdings viele der Missionen nicht zur Verfügung stehen. Doch egal ob man einzeln, mit Freunden, seiner Gang oder mit wildfremden (hoffentlich wohlgesinnten und auf gemeinsamen Spaß ausgelegten) Spielern durch GTA Online zieht: Kommt man an den Verbindungsproblemen vorbei, kann man hier ungezwungene Unterhaltung erleben. Wobei einige Mankos der Offline-Kampagne wie das noch sehr freizügige Schadensmodell bei den Fahrzeugen hier positive Auswirkungen zeigt: Ich war des Öfteren froh, dass mir die Karre nicht auseinander gefallen ist und ich trotz starker Schäden den Verfolgern entkommen und so Krankenhauskosten einsparen konnte.
Fazit
Rockstar hat es wieder einmal geschafft: Grand Theft Auto 5 ist ein actionlastiger Themenpark, wie es ihn als Open-World-Spiel bislang noch nicht gab. Die Kulisse führt die Konsolen zwar an ihre Grenzen und zeigt immer wieder Probleme mit Kanten, stabiler Bildrate oder kleinen Bugs, doch wenn es darauf ankommt, passt alles. Das Ergebnis ist eine lebendige Stadt mit teilweise Atem beraubenden Landschaften, deren Geschichtchen die Glitzer- und Glamour-Welt Hollywoods ebenso bitterböse und unterhaltsam karikiert wie den amerikanischen Way of Life. Allerdings sollte man sich hüten, unter die Oberfläche zu schauen. Denn was man dort an Inkonsequenzen sowie fehlender Logik hinsichtlich Figuren-Verhaltens zu sehen bekommt, raubt die Illusion. Als gigantisches Filmset für eine interessante Räuberpistole, die die drei ungleichen Hauptdarsteller zusammenbringt, scheint die auf Scheinwelten spezialisierte Entertainment-Metropole ideal gewählt. Die Inszenierung ist ebenso interessant und abwechslungsreich wie das Missionsdesign der gut 70 Aufgaben, die man abwechselnd oder parallel erfüllen muss, die aber bis auf wenige Ausnahmen erschreckend wenig Entscheidungen zulassen. Letztlich stagniert Rockstar auf extrem hohen Niveau: Alles ist größer, schöner und weiter, wirkt aber auf mich unter dem Strich nur selten wie mehr als ein auf Massentauglichkeit (braucht es wirklich die Option, eine Aufgabe überspringen zu können?) getrimmtes GTA 4.5. Trotz Trevor, der für mich mit seiner psychopathischen Kompromisslosigkeit eine der interessantesten Videospielfiguren der letzten Jahre ist. Trotz des großteils gelungenen Versuches, eine auf sechs Schultern verteilte Story zu erzählen sowie mit Sex und Gewalt zu provozieren und so endlich den längst fälligen Schulterschluss zwischen Videospielen und Filmen bzw. TV-Serien wie The Sopranos oder Breaking Bad zu schaffen – auch wenn es unter dem Strich nicht ganz reicht und zu bemüht wirkt. Aber dieser Schritt war wichtig! Habe ich mich in Los Santos wohl gefühlt? Ja! Ich habe jede verdammte Minute genossen und ausgekostet. Aber Rockstar muss aufpassen, nicht von der eigenen Vergangenheit überholt zu werden. Die Mannen um Sam und Dan Houser haben es nicht geschafft, die offene Welt mit frischen Impulsen auf eine neue Stufe zu heben.
Zusatz 04.10.2013
GTA Online:
Hat man die initialen Verbindungsprobleme sowie den Flaschenhals des Tutorial-Rennens hinter sich gebracht, kann der Spaß losgehen. Los Santos und Blaine County sind online ebenso offen und mit Jobs bzw. Aktivitäten für bis zu 16 Spielern zugepflastert wie offline. Zwar kann das Missionsdesign nicht mit der Abwechslung punkten, die die Kampagne um Michael, Trevor und Franklin kennzeichnet. Doch der unkomplizierte Zugang zu den Rennen, Deathmatches und Aufgaben, die meist aus Hol-und-Bring-Diensten bestehen, sowie die zahlreichen Aktivitäten sorgen dafür, dass man schneller, als einem lieb ist, bei dem "Nur-noch-ein-paar-Minuten"-Phänomen landet, das einen dann doch länger packt als veranschlagt. Großen Anteil daran hat natürlich auch das Rangsystem, das mit den damit verbundenen frischen Inhalten (darunter mehrstufige Jobs) für Langzeit-Motivation sorgt. Schade ist allerdings, dass noch keine Raubzüge möglich sind und der Editor zum Erstellen eigener Inhalte erst nachgeliefert wird. Denn die wenigen Standard-Missionen, in denen man mit kleinen Teams unterwegs und auf die sinnvolle Unterstützung seiner Gangster-Kollegen angewiesen ist, geben einen kleinen spannenden Ausblick auf das Potenzial, welches das erfreulich lagfreie GTA Online zweifellos besitzt. Aber ebenso wie bei der Offline-Kampagne wird es derzeit noch nicht komplett ausgereizt.
Pro
Kontra
Wertung
360
Sowohl on- als auch offline ist GTA 5 ein riesiger Action-Spielplatz mit größtenteils fantastischer Kulisse, der aber weder erzählerisch noch mechanisch das gesamte Potenzial ausschöpft.
PlayStation3
Sowohl on- als auch offline ist GTA 5 ein riesiger Action-Spielplatz mit größtenteils fantastischer Kulisse, der aber weder erzählerisch noch mechanisch das gesamte Potenzial ausschöpft.
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