Im Test:
Schräg und wundervoll
Am besten erlebt man Micky Epic: Die Macht der 2 mit einem Freund, einer Freundin oder der Familie. Dann teilt sich der Bildschirm und ein zweiter Spieler bewegt Oswald durch Wasteland – die Welt vergessener Disneyfiguren und -Schauplätze. Dann gleitet Micky an den Füßen seines propeller-ohrigen Begleiters über Abgründe und während die Maus mit Farbe oder Verdünner kleckst, verteilt sein Partner Elektroschocks oder programmiert mechanische Gegner in freundlich gesonnene Roboter um. Immer haben beide zu tun, lösen kleine Rätsel oder werfen sich gegenseitig auf hohe Plattformen.
Genau wie Micky im Vorgänger kämpft, knobelt und klettert das Duo in einer schrägen Kulisse mit schrulligen Figuren – aus mechanischen Körperteilen gebaute Spiegelbilder bekannter Disney-Helden. Die Schauplätze sehen aus wie aus Holz gefertigte Filmkulissen; oft genug befindet hinter einem Haus tatsächlich nur eine Wand oder ein Abgrund. Viele Gebiete werden zwar in veränderter Form aus dem Vorgänger übernommen. Dennoch ist es ein exotisches Szenario, das durch gefühlvolle Musik und hervorragende Sprecher zum Leben erweckt wird.
Moralapostel oder Max und Moritz?
Der spielerische Kern ist der kreative Einfallsreichtum, mit dem Micky entweder durch Farbe Objekte entstehen lässt oder sie durch Verdünner entfernt. Die Entscheidung liegt
Und leider sind die nicht immer absehbar. Müssen sie auch nicht bis zur letzten Konsequenz! Denn so bestimmt das Tun und Handeln des Augenblicks mein Vorgehen – in Wirklichkeit ist es oft nicht anders. Das Spiel zeigt mir allerdings nicht gut genug, was genau ich im Augenblick eigentlich mache. Schaffe ich durch das Fällen von Bäumen einen Weg zum Ausgang oder gelange ich darüber auf den Vorsprung, den ich erreichen möchte? Oft fehlt diese Verbindung von Aktion und Reaktion. Dann löse ich keine Probleme, sondern probiere einfach alles, was möglich ist. Ich kann mich nicht bewusst für ein Vorgehen entscheiden.
Die Handlungsfreiheit ist dennoch bemerkenswert: Zu fast jedem Ziel führen zwei Wege und beinahe jede Aufgabe kann ich entweder mit Verdünner oder Farbe lösen. Wenn ich
Du nervst!
Warum erlebt man dieses Abenteuer also am besten zu zweit? Am besten ist man mit einem Partner unterwegs, weil Oswald sonst vom Spiel gesteuert wird. Und die Handlungen dieses Oswalds sind häufig nicht nachvollziehbar. Warum springt der Hase nicht auf Mickys Plattform, sagt aber, dass er gleich bei ihm sein wird? Immerhin könnte ein zweiter Spieler denselben Oswald jederzeit dorthin bewegen. Wieso tritt er an manche Schalter nicht heran, wenn er anderswo über die gleichen Schalter mechanische Feinde zu Freunden macht? Als Solist erkenne ich nicht, welche Schalter Oswald bedienen kann und welche nur der Zierde dienen. Im Kampf gegen einen riesigen Sperling-Roboter wollte der
Oswald, bei aller Liebe: Du nervst!
Altersliebe
Mir fehlt diesmal auch das letzte Bisschen erzählerisches Feingefühl. Ging es in Micky Epic noch um Freundschaft, Liebe und die Folgen des Vergessenwerdens, dreht sich Die Macht der 2 fast nur um die Suche nach dem Feind. Die Geschichte ist trotzdem gut! Ihre Figuren sind ausgesprochen liebevoll gezeichnet und gesprochen. Sie nimmt interessante Wendungen und natürlich bestimmen meine Entscheidungen ihren Ausgang. Die emotionale Wärme des Vorgängers erreicht sie aber nicht. Geradezu märchenhaft sind dagegen gesungene Szenen, die mich wie auf einer Wolke in die Vergangenheit reisen lassen. Eigenartig: Ich war nie ein Fan der Musical-Einlagen. Inzwischen empfinde ich die Lieder aber als fantasievolle Bereicherung.
Bitte!
Eine ganz andere Bereicherung sind etliche Gefälligkeiten, um die Micky und Oswald gebeten werden. Jeder Wasteland-Bewohner sucht etwas: Fotos, Statuen, Bekannte, eine funktionierende Sicherung. Schön, dass es so viel zu entdecken gibt. Das meiste davon hat
Den Abschnitten, die an alte Jump&Run-Spiele erinnern, tut das Suchen und Finden hingegen gut. Die kurzen Szenen sind zwar nur Übergänge zwischen den zentralen Schauplätzen, dafür stehen kleine Rätsel im Vordergrund, in denen Micky und Oswald Köpfchen brauchen. Es sind diesmal viel mehr als bewegte Ladepausen: Zum einen erwecken die Kulissen auf lebendige Art und Weise zahlreiche Disney-Klassiker zum Leben, zum anderen ist der spielerische Anspruch deutlich höher als im Vorgänger. Ein eigenständiges Spiel könnten sie nicht füllen – als Pausenunterhaltung sind sie großartig!
Warren Spector und die Kamera
Ich wundere mich übrigens über Warren Spector, wenn der kreative Kopf hinter Micky Epic bei jeder Gelegenheit die verbesserte Kameraführung beschwor: Man könne das gesamte Abenteuer erleben, ohne die vom Spiel gewählte Perspektive zu ändern. Doch das
Es ist nicht schlimm; letztlich stören nur kleine Macken die rechte Sicht. Ich bin sogar überrascht, wie gut das Umsehen und Zielen mit dem Pinsel funktioniert. Auf PS3 und 360 kann ich dabei wählen, ob die Kamera jeder Bewegung des Analogsticks folgt oder ob ich sie erst dann drehe, wenn ich das Fadenkreuz weit genug in eine Richtung ziehe. Auf der Sony-Konsole spiele ich außerdem mit Move, was ausgesprochen gut mit der Idee des Pinselschwungs harmoniert. Weil ich das Steuerkreuz zum Drehen des Blicks mit demselben Daumen bediene wie den Analogstick zum Bewegen, kann ich allerdings nicht gleichzeitig Laufen und mich umschauen. Nur auf Wii darf ich Laufen, Zielen und die Kamera drehen.
Fazit
Schade: Ich hätte lieber ein ausgereiftes Abenteuer erlebt als eine Fortsetzung, die ihren Vorgänger in allen Bereichen übertrumpfen will – es aber in keinem schafft. Denn obwohl ich Die Macht der 2 mit einem menschlichen Begleiter spielen darf, obwohl es mehr zu entdecken gibt und obwohl ich überall verschiedene Wege gehen darf: Jede Neuerung ergänzt das Spiel um kleine Fehler, die sich zu Ärgernissen stapeln. Die zahllosen Sammelaufgaben sind beliebig und aufgesetzt. Und ausgerechnet Mickys Begleiter Oswald, immerhin die größte Neuerung, erweist sich als undurchschaubarer Partner, weil das Zusammenspiel mitunter wie ein Glücksspiel wirkt. Trotzdem lebt auch das zweite Micky Epic von einem sympathischen Helden und dem eigenwilligen Schauplatz mit seinen schrulligen Einwohnern. Obwohl das Spiel mit den Konsequenzen nicht immer durchschaubar ist: Die große Handlungsfreiheit und das aktive Verändern der Kulissen sind wie im Vorgänger seine großen Stärken. Schade, dass es sich nicht auf den Ausbau dieser Stärken konzentriert.
Pro
Kontra
Wertung
360
Der schräge Schauplatz und die Handlungsfreiheit sind noch immer einzigartig - die Fortsetzung verhaspelt sich aber in ärgerlichen Kleinigkeiten.
Wii
Mit Remote und Nunchuk am besten spielbar - inhaltlich aber auch auf Wii nicht so gut wie der Vorgänger.
PlayStation3
Der schräge Schauplatz und die Handlungsfreiheit sind noch immer einzigartig - die Fortsetzung verhaspelt sich aber in ärgerlichen Kleinigkeiten.
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