Skylanders: Giants24.10.2012, Mathias Oertel
Skylanders: Giants

Im Test:

Vor gut einem Jahr sorgte Activision mit dem Debüt von Skylanders bei mir für Frust und Zorn. Das Konzept mit seinen realen Action-Figuren, die über ein "Portal" ins Spiel eingebunden wurden, war interessant. Doch unnötige Beschränkungen zwangen zum zusätzlichen Figurenkauf: "Mehr-Bezahlen-Um-Spaß-Zu-Haben" in Reinkultur. Macht es die Fortsetzung Skylanders Giants besser?

Wiederholung macht es nicht besser...

Kennt ihr den? "Warum ist der Hals einer Giraffe so lang? Weil der Kopf ganz oben ist!" Nicht witzig? Wartet, noch einer: "Warum ist der Hals einer Giraffe so lang? Weil der Kopf ganz oben ist!" Immer noch nicht witzig? Dann nochmal: "Warum ist der Hals einer Giraffe so lang?"… Ich geb auf. Tja, Wiederholung macht schlechte Witze auch nicht besser. Dementsprechend skeptisch stehe ich Skylanders Giants gegenüber. Immer noch zu tief sitzt die Enttäuschung darüber, dass das interessante Prinzip, eine Verbindung zwischen echten Action-Figuren und ihren spielbaren digitalisierten Ebenbildern zu schaffen, vor einem Jahr mit Skylanders: Spyro's Adventure zu sehr auf die Belohnung monetärer Investition setzte.

Dass das Wagnis für Activision komplett aufgegangen ist und sich das Konzept in der Jahresbilanz sehr positiv niedergeschlagen hat, ist gut für den Softwareriesen, macht es mir aber noch schwerer, daran zu glauben, dass man das Konzept für den Nachfolger verändert. Wobei man ja gar nicht so viel schrauben müsste. Grundsätzlich hat Skylanders ja Spaß gemacht und hatte auch zweifellos gute Ideen. So z.B., dass der Status der einzelnen Charaktere in dem kindgerechten Action-Adventure nicht in einem Spielstand auf der Konsole festgehalten, sondern in der Figur selber abgelegt wurde. Dass diese systemübergreifend genutzt werden konnten und auch auf die Zusatzhardware (das  "Portal") der Wii-Version gesetzt werden durften, selbst wenn man hauptsächlich auf PS3

Nach wie vor stehen Kämpfe sowie die (weitgehend lineare) Erforschung der Welt im Vordergrund.
Nach wie vor stehen Kämpfe sowie die (weitgehend lineare) Erforschung der Welt im Vordergrund.
oder 360 spielte, war ebenfalls löblich. Über den für erfahrene Spieler deutlich zu weit unten angesetzten Anforderungsgrad, die schwache Story und die eher biedere Kulisse konnte man angesichts der jungen Zielgruppe geteilter Meinung sein.

Lern- und kritikfähig?

Für den Nachfolger hält Activision weitgehend am bekannten Konzept fest: Man setzt eine der Figuren auf das Portal, sie materialisiert sich wie magisch in der Spielwelt, wo man sie von nun an steuert, gegen fantasievoll gestaltete Feinde kämpft oder „on-the-fly“ gegen eine andere Figur austauscht. Wie gehabt, sind die Abschnitte meist linear, offenbaren aber auch einige Geheimnisse, die von der nach wie vor festen Kamera geschickt verdeckt werden. Immer noch gibt es Bereiche, in der Charaktere einer bestimmten Klasse (insgesamt gibt es deren acht) verbesserte Angriffswerte haben. Und selbstverständlich gibt es wieder Areale, deren Zugang von einem Tor blockiert wird, dass nur von bestimmten Klassen geöffnet werden kann. Sprich: Um das komplette Spielerlebnis genießen zu können, ist abermals mindestens eine Figur jeder Klasse notwendig. Also alles wie gehabt?

Kulisse und Artdesign sind stimmig, bleiben aber größtenteils bieder.
Kulisse und Artdesign sind stimmig, bleiben aber größtenteils bieder.
In der Theorie ja! Doch in der Praxis gibt es einige kleine, aber wichtige Nuancen, die bei mir dafür gesorgt haben, dass ich mehr Spaß mit den Skylanders hatte. Dazu gehört z.B. die plakative Schwarz-/Weiß-Story um den zurückgekehrten Bösewicht Kaos, der die Skylands unter seine Kontrolle bringen möchte. Zwar immer noch nicht preisverdächtig, wird sie in humorvollen Zwischensequenzen sowie in umfangreicheren Dialogen als noch in Teil 1 erzählt. Die Charaktere sind besser gezeichnet und lassen sich schlicht besser erfassen. Viel wichtiger für mich ist jedoch, dass man sich inhaltlich weiterentwickelt hat. Und dazu zähle ich auch, dass mir nicht alle Nase lang ein Bereich verschlossen bleibt oder ich eine Fähigkeit und damit ein Werbevideo für eine neue Figur sehe. Die Kaufaufforderung und damit die spielerische Einschränkung ist in Giants zwar immer noch vorhanden und fester Bestandteil des Konzepts, aber deutlich zaghafter. Und das, obwohl man mit insgesamt 48 frischen Figuren der zweiten Serie (davon 16 komplett neu) noch mehr anzubieten hat.

Aufwärtskompatibel? Ja! Abwärts? Vielleicht!

Noch besser: Obwohl man immer noch auf Gebietsrestriktionen stößt, die sich nur mit einer bestimmten Klasse aufheben lassen, gibt es mehr universelle Inhalte, so z.B. in Form von Herausforderungen, besonderen Arenakämpfen etc. Das tut nicht nur der Abwechslung gut oder hilft, die Figuren auf die nächste Stufe zu bringen, sondern hält auch

Mit Giants wartet ein komplett neues  umfangreiches Set auf Sammelwütige. Aber Vorsicht: Nicht alle Figuren lassen sich in Spyro's Adventure nutzen.
Mit Giants wartet ein komplett neues umfangreiches Set auf Sammelwütige. Aber Vorsicht: Nicht alle Figuren lassen sich in Spyro's Adventure nutzen.
den Frust über mögliche neue Investitionen in Grenzen. Aber auch innerhalb der "normalen" Story-Inhalte gibt man sich abwechslungsreicher: Es gibt z.B. Railgun-Sequenzen, man muss sich mehrstufigen Bossen stellen, manchmal kommt man nur weiter, wenn man eine Art "Sammelstein"-Spielduell erfolgreich bestreitet usw. Sprich: Selbst wenn man nur das Starterpack nutzt, bekommt man unter dem Strich deutlich mehr Spiel als beim Vorgänger. Was man nicht geändert hat, sind allerdings sowohl die vorgegebene Kameraposition als auch die fehlende Sprungfunktion der Figuren, die ich wiederum spätestens im dritten Abschnitt nicht mehr vermisst habe.

Löblich: Man kann auch die Charaktere aus Serie 1 verwenden, inkl. ihrer Stufe, Fähigkeiten sowie Ausrüstung. In die andere Richtung ist dies allerdings nur eingeschränkt möglich. Wer bislang bestimmte Bereiche in Spyro's Adventure nicht betreten konnte, weil ihm die entsprechende Klasse fehlte und diese mit Figuren der zweiten Serie auffüllen möchte, sei gewarnt: Bislang gibt es keine Möglichkeit, mit den neuen Giants-Figuren die alten Gebiete zu betreten. Einzig die neuen Varianten der bekannten Charaktere lassen sich auch noch im alten Abenteuer einsetzen. Mir ist bewusst, dass ein derartiger Content-Patch vermutlich zu umfangreich wäre, dennoch wäre dies ein klasse Service seitens Activision gewesen. Des Weiteren bin ich nach wie vor der Meinung, dass man besser damit fahren würde, mit neuen Figuren auch neue Abschnitte bereitzustellen - quasi der DLC aus dem Spielzeugladen. Denn wenn ich z.B. bei Borderlands 2 das Xbox Live-Add-On rund um Captain Scarlett für 800 Punkte kaufe, kriege ich haufenweise neue Inhalte. Gebe ich etwa zehn Euro für eine neue Skylanders-Figur aus, bekomme ich die Möglichkeit, mit dieser Figur zu spielen - und im Bestfall Zugriff auf ein paar neue Bereiche in der Spielwelt, die ohnehin vorhanden sind. Hier ist auf jeden Fall noch Optimierungsbedarf, zumal dem Spieler auch abseits des optischen Gegenwerts im Skylanders-Regal etwas geboten würde.

Kulisse ist zweitrangig?

Die vorgegebene Kamera-Perspektive wird genutzt, um einige der zu entdeckenden Geheimnisse zu verschleiern.
Die vorgegebene Kamera-Perspektive wird genutzt, um einige der zu entdeckenden Geheimnisse zu verschleiern.
Die Technik hat bei Skylanders hauptsächlich im Hinblick auf die Portaltechnologie eine Rolle gespielt. Die audiovisuelle Umsetzung war und bleibt bieder: Die Welten, die man erforscht, sind zwar farbenfroh und sauber designt, haben aber mitunter Schwierigkeiten, HD-Remakes einschlägiger Action-Adventure wie z.B. der Ratchet & Clank-Trilogie Paroli zu bieten. Das soll nicht heißen, dass die Skylands unansehnlich sind, doch angesichts der Multi-Plattformpolitik, die bei dieser Serie eine größtmögliche Zielgruppe ansprechen soll, leiden die Versionen für PS3 und 360 wie letztes Jahr am meisten. Die leistungsfähigen Systeme werden nicht einmal bei den Effekten großartig beansprucht. Man tut das Nötigste, um die jungen Spieler zufrieden zu stellen - nicht mehr, nicht weniger. Immerhin wurde die Tearing- und Clipping-Problematik des ersten Teils erfolgreich in Angriff genommen und weitgehend behoben.

Gelungen ist die deutsche Lokalisierung. Zwar sind die englischen Sprecher immer noch einen Tick besser, doch die Synchronisation kann sich hören lassen und dürfte nicht nur in Kinderohren, sondern auch in denen lauschender Erwachsener passabel klingen. Zumindest ist sie kein Störfaktor. Allerdings hätte es nicht geschadet (das betrifft alle Sprachen), den Figuren mehr Sätze beim Eintritt ins Spiel zur Verfügung zu stellen. Da man durchaus häufiger durch die Charaktere schaltet, hat man sich an dem einzigen Sample schnell satt gehört.

Fazit

Im Vergleich zum für meinen Geschmack zu stark auf Gewinnmaximierung angelegten Vorgänger bekommt man bei Skylanders Giants deutlich mehr Spiel für seine Investition. Ja: Es gibt immer noch kaum einen Level, den man ohne zusätzliche Ausgaben für neue Figuren nicht zu 100 Prozent lösen kann - vor allem, wenn man das "alte" Starterpack nicht besitzt und ein Quereinsteiger in die Sammelwelt der Skylanders ist. Dennoch hat man auch mit einem nur eingeschränkten Figurenstab deutlich mehr Möglichkeiten zur Verfügung, um Spaß in der knallbunten Fantasiewelt zu haben. Ich habe nicht mehr das Gefühl, allgegenwärtig auf eine Reklametafel in Form von Leveleinschränkungen zu stoßen, die mich dazu animieren soll, mehr Figuren zu kaufen. Es gibt viel zu entdecken, viele klassenunabhängige Herausforderungen zu bewältigen und die Story hat ebenfalls einen Schritt nach vorn gemacht. Sie ist zwar plakativ wie eh und je und ähnlich überraschend wie eine Milchtüte, wird aber sehr sympathisch sowie im Falle der schicken CG-Sequenzen überaus witzig erzählt. Skylanders Giants versteht es besser, das „Mehr-Spaß-Für-Mehr-Geld“-Prinzip in den Hintergrund zu rücken, so dass die gelungenen, wenngleich hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades stark auf ein jüngeres Publikum zugeschnittenen Inhalte stärker zur Geltung kommen. Ein leicht schaler Beigeschmack bleibt allerdings weiterhin.

Pro

Figuren können plattformübergreifend genutzt werden
Fortschritt wird in der Figur gespeichert
gelungenes, farbenfrohes Artdesign
gute Lokalisierung
viel zu entdecken
interessante Schalter-, Schiebe und Umgebungsrätsel
Figuren des ersten Sets sind kompatibel zu Giants
viele klassenunabhängige Inhalte
kooperativ spielbar

Kontra

neue Figuren nicht komplett mit Teil 1 kompatibel
feste Kameraperspektive
nur selten fordernd
keine Online-Duelle möglich
vollständiges Spielerlebnis erfordert mind. eine Figur je Klasse
technisch bieder

Wertung

360

Das wesentliche 'Pay-for-Fun'-Konzept wurde beibehalten, doch es gibt deutlich mehr, abwechslungsreichere sowie figurenunabhängige Inhalte.

PlayStation3

Das Konzept mit Gebieten, die nur mit dem Kauf neuer Figuren betreten werden können, gilt weiterhin. Das Spiel drumherum wurde jedoch nutzerfreundlicher sowie abwechslungsreicher gestaltet.

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