SBK Generations15.06.2012, Michael Krosta
SBK Generations

Im Test:

Stagnation und sogar Rückschritte kennzeichneten den Auftritt der SBK-Reihe im letzten Jahr: Anstatt weiter an der mittelmäßigen Technik zu feilen, herrscht bei Milestone schon seit Jahren ein erschreckender Stillstand, der zuletzt sogar mit inhaltlichen Kürzungen einher ging. Rappeln sich die Italiener endlich auf oder veröffentlichen sie erneut ein altes Spiel mit neuen Lizenzen?

Eine lange Reise

Es gibt viele Spielereihen, die im jährlichen Rhythmus erscheinen – sei es FIFA, die Formel Eins oder eben SBK. Dabei zeichnen sich die neuen Teile vornehmlich durch aktualisierte Lizenzen aus und sind nicht selten ein Hauptgrund für die Anschaffung. Aber wäre es nicht klasse, wenn Fortsetzungen auch noch Fahrer, Pisten und Teams der vergangenen Saison beinhalten würden? Diese Frage stellte man sich auch bei Milestone und hat sie zumindest bei SBK Generations (ab 9,57€ bei kaufen) mit einem klaren „Ja“ beantwortet: Anstatt nur die FIM-Lizenz der Saison 2012 zu nutzen, packt man die Daten der letzten drei Jahre auch noch mit auf die Disk – vorbildlich!

Recycling ohne Ende

Doch das waren auch schon die positiven Merkmale, mit denen die Motorrad-Simulation heraus sticht. SBK Generations ist sicher kein schlechtes Spiel: Drei Fahrphysik-Stufen, massig Einstellungsmöglichkeiten des Bikes in der Box, viele Modi vom Einzelrennen über Meisterschaften bis hin zum Karrieremodus mit selbst erstelltem Fahrer oder diverse Herausforderungen bei Sonnenschein oder nasser Piste – für Fans der Superbikes hat auch der jüngste Teil der Reihe wieder einiges zu bieten.

Für Tricks gibt es in der Karriere Extrapunkte.
Für Tricks gibt es in der Karriere Extrapunkte.
Das Problem ist nur, dass Milestone nicht nur die alten Team und Fahrer aufgewärmt – bis auf die Aktualisierung auf die Daten der aktuellen Saison ist SBK Generations nahezu eine 1:1-Kopie des Vorgängers mit all seinen Stärken und Schwächen. Im Klartext bedeutet das: Die Fahrphysik kann überzeugen und eignet sich sowohl für Anfänger als auch anspruchsvolle Biker. Letztere werden allerdings erneut die gehobenen Anforderungen älterer Teile vermissen, in denen im Umgang mit den Maschinen noch mehr Feingefühl am Controller gefragt war. Die Klangqualität der Motoren bewegt sich ebenfalls auf dem guten Niveau des Vorgängers, während die Soundeffekte bei Kollisionen oder beim Fahren im Regen mit einer furchtbaren Dauerschleife ein Graus sind. Zuschaltbare Optionen wie Reifenverschleiß oder ein Schadenssystem für Motorrad und Biker zählen neben dem großen Starterfeld von 25 Rasern genauso zu den Stärken wie die überwiegend lagfreien Onlinerennen mit bis zu 16 Teilnehmern oder der Ansatz eines funktionierenden Strafsystems.

Chance nicht genutzt

Auf nasser Pisten lassen sich die Maschinen nur mit viel Gefühl kontrollieren.
Auf nasser Pisten lassen sich die Maschinen nur mit viel Gefühl kontrollieren.
Doch auf der anderen Seite verpasst Milestone die Chance, Kritikpunkte aus dem letzten Jahr aufzugreifen und zu verbessern: Die Ladezeiten sind auf den Konsolen immer noch unter aller Kanone, die KI noch genauso stur auf die Ideallinie fixiert und auch die Kollisionsabfrage gibt immer wieder Rätsel auf. Und dann wäre da noch die Grafikengine, die seit Jahren keinen Fortschritt mehr gemacht hat und mich immer wieder glauben lässt, plötzlich wieder in der letzten Konsolengeneration gelandet zu sein. Selbst wenn ich heute MotoGP 07 einlege, muss ich feststellen, dass der Climax-Titel längst nicht so steril wirkt und dabei sogar noch mit 60 Bildern pro Sekunde über die Mattscheibe huscht, während hier trotz der Detailarmut gerademal die Hälfte erreicht wird und die Engine bei Regenwetter sogar manchmal in die Knie geht sowie immer noch Pop-ups produziert. Das alles sind Zeichen für mich, dass Milestone nichts, aber auch gar nichts getan hat, um das Spiel zu verbessern – schon wieder!  Das ist ein Copy & Paste-Produkt, das genauso unverschämt ist wie EAs Handhabung der FIFA-Spiele auf der PSP, wo die Entwickler ebenfalls nur die Trikots tauschen und die Datenbank auf den aktuellen Stand bringen, aber keine Zeit mehr in nötige Optimierungen investieren.

Nicht vollständig - schon wieder!

Die KI bleibt stur auf der Ideallinie und beachtet den Spieler meist gar nicht.
Die KI bleibt stur auf der Ideallinie und beachtet den Spieler meist gar nicht.
Zumindest bleibt Milestone sich treu und weist schon wieder Lücken im Rennkalender auf: Zwar hat man es mittlerweile geschafft, die spanische Piste Motorland Aragón zu integrieren, nachdem sie letztes Jahr gefehlt hat. Auch der Nürburgring, der im Jahr davor trotz Bestandteil des offiziellen Rennkalenders nicht integriert wurde, ist mit dabei. Doch der neue Stadtkurs in Moskau, auf dem die SBK-Bikes in dieser Saison zum ersten Mal an den Start gehen, fehlt natürlich. Klar, es hätte ja zusätzliche Arbeit für die Entwickler bedeutet, den Kurs zu modellieren - und davon hält das Team in Italien mittlerweile schon traditionell offensichtlich gar nichts. Stattdessen wird ein weiteres Mal der Kurs in Valencia aufgewärmt, damit man auf der Verpackung von 17 enthaltenen Tracks sprechen kann. Es ist daher schon unverschämt, das Spiel als „KOMPLETTES SBK-Abenteuer von 2009 bis 2012“ anzupreisen. Und auch, dass die SBK Experience als komplett neuer Modus bezeichnet wird, ist nichts weiter als Flunkerei, verbirgt sich dahinter doch nur eine Ansammlung von Herausforderungen, die man schon aus den letzten Jahren kennt und nahezu identisch übernommen wurden. So gilt es z.B. auch hier, eine bestimmte Geschwindigkeit nicht zu unterschreiten, Rundenzeiten zu knacken oder die Bremse nur für eine begrenzte Zeit nutzen zu dürfen. Ähnliche Aufgaben warten in der Karriere, um die Entwicklung von Upgrades zu ermöglichen.

Kein Splitscreen, kein LAN

Beim Mehrspielermodus zeichnet sich ebenfalls das bekannte Bild ab: Zwar ist der Netzcode stabil und garantiert überwiegend lagfreie Positionskämpfe, doch hat man lediglich die Wahl zwischen dem Austragen einer Meisterschaft (inkl. Qualifikation und individueller Pistenzusammenstellung) oder schnellen Einzelrennen. Splitscreen- oder LAN-Optionen sucht man erneut vergeblich. PC-Spieler benötigen wie gehabt ein Gamespy-Konto und bekommen wie schon bei Mud ein Aktivierungslimit aufgebrummt – nur auf maximal drei PCs lässt sich SBK Generations installieren.

Fazit

So löblich es ist, dass Milestone nicht nur die Daten der aktuellen Saison verwertet, sondern die Superbike-Lizenz von 2009 bis 2012 abbildet: Es ist eine Unverschämtheit, dass die Italiener mit SBK Generations im Prinzip das gleiche Spiel abliefern wie in den Jahren zuvor. Hinsichtlich Fahrphysik, Setup-Möglichkeiten, dem guten Netzcode und anderen Qualitäten des Vorgängers mag man dankbar sein, dass alles beim Alten geblieben ist. Doch die stumpfsinnige KI, fragwürdige Kollisionsfrage, grottige Präsentation und die ewigen Ladezeiten hätte man zusammen mit der angestaubten Grafikengine endlich optimieren müssen. So werde ich das Gefühl nicht los, dass Milestone seit mittlerweile drei Jahren das gleiche Spiel auf den Markt bringt. Wer bisher noch keinen Teil der Reihe besitzt und eine halbwegs anspruchsvolle Motorrad-Sim sucht, sollte zuschlagen, denn hier bekommt er das kompletteste Paket von allen. Und trotzdem fehlt immer mindestens ein (neuer) Kurs der jeweils aktuellen Saison: War es früher der Nürburgring und Aragón, hat man es dieses Mal versäumt, den Stadtkurs von Moskau ins Spiel zu integrieren. Was Milestone hier abzieht, ist nur noch peinlich! Hätte die Reihe nicht die besagten Qualitäten, würde ich sie aufgrund dieser Copy & Paste-Mentalität am liebsten in den tiefsten Wertungskeller verbannen. Und da landet sie im nächsten Jahr auch, falls die Italiener erneut einen dreisten Klon wie diesen abliefern und die Probleme weiterhin ignorieren. Es reicht! 

Pro

Lizenzen von 2009-2012
drei Fahrphysik-Stufen
ordentlicher Umfang
detailliertes Motorrad-Setup (mit optionalen Beratungen)
verschiedene Witterungsbedingungen
(optionaler) Reifenverschleiß
(optionaler) Motorrad- und Fahrerschaden
bis zu 25 Motorräder auf der Strecke
gute Motorenklänge
überwiegend lagfreie Onlinerennen
(rudimentäres) Strafsystem

Kontra

Recycling ohne Ende
lange & häufige Ladezeiten (vor allem auf Konsolen)
störrische Ideallinien-KI
mitunter seltsame Kollisionsabfrage
einige grausame Soundeffekte (Regen, Kollisionen)
detailarme Kulissen
grottige Präsentation
enthält nicht den kompletten Rennkalender
rudimentärer Onlinemodus
keine LAN
und Splitscreen-Option

Wertung

360

SBK Generations bietet zwar viel Umfang, doch bekommt man im Prinzip das gleiche Spiel wie letztes Jahr und das Jahr davor. Langsam reicht es...

PC

Die PC-Version profitiert von kürzeren Ladezeiten, doch bekommt man auch hier quasi das gleiche Spiel wie im letzten Jahr.

PlayStation3

Noch längere und häufigere Ladezeiten als auf der 360 - ansonsten identisch.

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