Doom 3: BFG Edition19.10.2012, Paul Kautz
Doom 3: BFG Edition

Im Test:

2004 war ein gutes Jahr für Shooter-Fans: Half-Life 2 kam raus, Far Cry, Painkiller - und Doom 3. Es hinterließ fraglos seine Spuren in der Ballergeschichte, aber mindestens auch genauso viele fragende Gesichter. "Das schönste spielbare Schwarz aller 3D-Shooter" steht jetzt in der runderneuerten BFG-Edition wieder in den Händlerregalen - triumphierend die Shotgun in die Lüfte reckend oder zerbissen vom Zahn der Zeit?

Die traurige Sage von Herbert Zombie

Hallo. Mein Name ist Herbert. Herbert Zombie. Seit 16 Tagen stehe ich in diesem Schrank herum. Es ist eng, ich habe nichts zu essen, ich kann kaum etwas sehen - und das einzige, was ich zur Ablenkung hier drin habe, ist ein Päckchen Schrothülsen. Schrothülsen! Was soll ich denn bitteschön mit Schrothülsen? Es hätte ein nettes Stück Fleisch, ein hübscher Eimer oder eine Sonnenblume sein können. Aber nö - ich kriege Schrothülsen. Mir ist langweilig! Was mache ich überhaupt hier? "Herbert, deine Aufgabe ist wichtig!" haben sie gesagt. "Du bleibst da drin, bis ein schwer bewaffneter Space Marine vorbei kommt! Direkt nachdem er deinen Schrank passiert hat, öffnen sich dessen Türen automatisch und du darfst ihm in den Rücken fallen. Mach das bitte langsam, stöhne ein wenig dabei. Das ist wichtig! Wenn du ihn erwischst, darfst du ihn gerne kratzen. Wenn er dich zuerst massakriert, dann löse dich in der Gewissheit auf, einen guten Job gemacht zu haben." hieß es. Und jetzt stehe ich hier rum. Wo bleibt nur dieser blöde Space Marine? Laaaaangweilig!

Das ist Herbert Zombie. Er nimmt seine Pflichten sehr ernst.
Das ist Herbert Zombie. Er nimmt seine Pflichten sehr ernst.

Dämonische Dinge auf dem Klo

"Big Fucking Gun". Der Name ist Programm. Wo sie einschlägt, wächst selbst in der Vergangenheit nichts mehr. Das ist dankbarerweise auch in der deutschen Fassung der Doom 3 BFG-Edition nicht anders. Moment mal - "deutsche Fassung"? Aber Bethesda versprach doch… nur keine Sorge, erwachsener Spieler germanischer Herkunft, das Spiel entspricht inhaltlich den internationalen Versionen. Nur in der Sprache nicht: Lediglich auf dem PC gibt es, ein auf Englisch gestelltes Steam vorausgesetzt, die Original-Stimmen zu hören. Alle anderen Fassungen müssen auf Dämon komm raus mit der neuen deutschen Übersetzung leben - alle Texte und Sprecher legen in der hierzulande favorisierten Sprache los. Selbst auf der PS3, auf spätestens deren Blu-rays mangelnder Speicherplatz kaum ein Argument sein dürfte.

Düstere, metallische Gänge, aus dem Nichts erscheinende Gegner - Doom 3 ist ebenso berühmt wie berüchtigt.
Düstere, metallische Gänge, aus dem Nichts erscheinende Gegner - Doom 3 ist ebenso berühmt wie berüchtigt.

Aber gut, leben wir halt damit - es ergibt für mich zwar nicht den geringsten Sinn, aber okay. Immerhin sind die meisten Sprecher Profis, nur einige sollten der Verständlichkeit wegen lieber auf den Leim auf der Zahnbürste verzichten. Was ist die BFG-Edition? Im Großen und Ganzen ein Doom-Rundum-glücklich-Paket. Es enthält das Original, den zweiten Teil "Hell On Earth" und Doom 3 nebst dem frisch deindizierten Add-On "Auferstehung des Bösen". Plus "The Lost Mission", die aus acht ganz neuen Einzelspieler-Levels besteht. Zu den Spielen selbst gibt es nicht viel zu schreiben - unseren Test von Doom 3 findet ihr hier, und zu Doom haben wir im Oldie des Monats genug Worte verloren. Wenden wir uns also lieber dem zu, was die BFG-Edition neu macht. Und falsch.

Was zur Hölle?

Beginnen wir mal mit den alten Spielen: Es gibt nur eine Plattform, auf der Doom 1&2 so laufen, wie sie laufen sollen, und das ist die PS3. Hier ist die Grafik ungefiltert, hier flitzt sie, hier scheppert und kracht und kreischt alles so, wie man es aus dem geschichtsträchtigen Jahr 1993 gewohnt ist. Die Spiele gab es bislang nicht auf der PS3, man heiße sie also bitte herzlich willkommen. Die nächstbeste Fassung ist die 360-Version, allerdings gehen hier schon die Einschränkungen los: Der Weichzeichner lässt sich nicht abschalten, die Musik läuft deutlich hörbar langsamer ab als im Original (und auf der PS3 - ich habe spaßeshalber beide Fassungen parallel laufen lassen). Besonders absurd: Hat man die BFG-Edition auf der 360-Platte installiert, kann man Doom 1&2 nicht mehr aus dem Spielmenü heraus starten! Wie dieser offensichtliche Bug durch die Qualitätskontrolle rutschen konnte, ist mir ein Rätsel - aktuell muss man entweder auf die Installation verzichten (und folgerichtig mit dem Laufwerksgeräusch leben), oder man startet die Arcade-Spiele über das Guide-Menü.

Oh-oh - ein Hell Knight naht. In Momenten wie diesen ist man für eine proppevoll gefüllte Minigun doch sehr dankbar.
Oh-oh - ein Hell Knight naht. In Momenten wie diesen ist man für eine proppevoll gefüllte Minigun doch sehr dankbar.

Den schlechtesten Ausflug in die Vergangenheit haben PC-Käufer gebucht: Hier ist die Grafik unscharf, die Musik tüdelig, es gibt keine Möglichkeit, die Steuerung zu ändern - und der Mehrspielermodus wurde sang- und klanglos rausgeschmissen! Noch schlimmer: Die Grafik läuft deutlich langsamer als früher, statt mit flüssigen 60fps krebst man hier mit fest verankerten 35fps durch die Landschaft, was zu pausenlosem Tearing führt! Was zur Hölle?

Doom, oh Doom!

Na schön. Wenden wir uns eben Doom 3 zu. Spielerisch bleibt in der BFG-Edition alles beim Alten, Herbert Zombie kann davon ein Lied singen. Es gibt ein paar subtile Veränderungen; die Levels sind etwas heller, es gibt mehr Heilpakete und Rüstungsteile, wodurch das Spiel etwas leichter wird als einst. Die deutlichste Änderung im Spieldesign betrifft die Taschenlampe, die jetzt jederzeit benutzbar ist, und nicht mehr ständig gegen die Waffe getauscht werden muss. Das ist toll! Obwohl - so toll nun auch wieder nicht, denn die schlaffe Funzel hat die Lebensdauer einer depressiven Eintagsfliege und geht alle Nase lang aus.

Die einstmals für ausfallende Haare sorgende Taschenlampe ist jetzt dauerhaft einsetzbar. Allerdings hat sie eine extrem kurze Lebensdauer. Generell ist das Spiel etwas heller als einst.
Die einstmals für ausfallende Haare sorgende Taschenlampe ist jetzt dauerhaft einsetzbar. Allerdings hat sie eine extrem kurze Lebensdauer. Generell ist das Spiel etwas heller als einst.

Ansonsten liefert Doom 3 Ballerspaß der oldschooligsten Sorte: Es gibt kein Autoheal, kein Zielen über Kimme und Korn, kein Deckungssystem. Nur ehrlich ratternde MGs, druckvolle Schrotflinten und zischende Feinde. Sowie natürlich mit "Dr. Betruger" einen der trashigsten Widersacher aller Zeiten. Das Spiel legt automatisch Savegames an, allerdings in derart weiten Abständen, dass man besser beraten ist, das selbst zu machen, was jederzeit möglich ist. Auf der PS3 sollte man dafür aber einige Zeit einplanen, deutlich mehr als auf 360 und PC. Generell müssen Sony-Ballerfans etwas geduldiger sein, da hier auch die Ladezeiten deutlich heftiger ausfallen als bei den anderen Fassungen. Was alle Versionen betrifft, jedenfalls solange man sie per Gamepad steuert: Es gibt keine Möglichkeit, Sprinten und Ducken dauerhaft einzurasten. Und da beides auf den Analogsticks liegt, ergeben sich gerade beim Sprinten erhebliche Praktikabilitätsprobleme: Um längere Zeit zu rennen, muss man den linken Analogstick geklickt halten und gleichzeitig steuern. Super Idee!

Die BFG-Edition enthält auch die D3-Erweiterung "Auferstehung des Bösen" sowie acht neue Levels unter dem Namen "The Lost Mission".
Die BFG-Edition enthält auch die D3-Erweiterung "Auferstehung des Bösen" sowie acht neue Levels unter dem Namen "The Lost Mission".

Doom 3 ist acht Jahre alt. Damals war das Spiel einer der Gründe für den Geldbeutel tödlich verletzende Hardware-Upgrades, das anspruchsvolle Schatten-System reizte damalige PCs voll aus. Und genau das sorgt dafür, dass das Spiel selbst heute noch nicht übel aussieht. Okay, die Grobklotz-Figuren mit ihren Hacke-di-Hack-Animationen sind heutzutage eine Lachnummer, die Matsch-Texturen entspringen auch sehr offensichtlich einfacheren Zeiten - aber das Lichtmodell ist auch nach heutigen Maßstäben exzellent. Man kann das Ganze auch mittlerweile in 3D spielen, aber mir war das nach kurzer Zeit zu viel des Guten: Selbst mit viel Gefummel habe keinen vernünftigen 3D-Fokus hinbekommen, im Vorder- oder Hintergrund war immer etwas verschwommen - und das war mir schnell sehr unangenehm. Zusätzlich gibt es einige deutliche Einschränkungen gegenüber dem PC-Original: Am auffälligsten ist die Abwesenheit von dynamischen Schatten - früher hat die Taschenlampe für Objekt- und Figurenschatten gesorgt, beides gibt es nicht mehr. Und ich mag mich irren, aber ich habe das Gefühl, dass es früher blutiger zur Sache ging. In der BFG-Edition lösen sich gut getroffene Feinde sofort in Skelette und Funken auf.

Fazit

Ich habe mich wirklich auf die BFG Edition gefreut. Doom 3 zählt zu meinen ältesten „Wird Zeit, dass ich das mal wieder spiele“-Kandidaten - und grundsätzlich macht es das, was es machen soll, auch ordentlich: Herbert Zombie und seine Kumpels verstecken sich nach wie vor zuverlässig in allen Schränken, das primitive Geballer macht unverändert Spaß, die Soundkulisse ist auch heute noch erstklassig. Und dafür, dass es acht Jahre alt ist, ist es gar nicht schlecht gealtert. Okay, die Figuren sehen grässlich kantig aus, die meisten Texturen sind schwer zu definierender Graumatsch. Und dennoch, die Lichteffekte machen’s einfach. Ich habe Doom 3 irgendwie vermisst - die BFG-Edition gibt mir den simplen Rummsbumms-Spaß, nach dem ich mich insgeheim lange gesehnt habe. Und trotzdem ist das Paket eine große Enttäuschung. Denn die Entwickler haben nicht nur jede Menge kleiner Verschlimmbesserungen angerichtet, sondern auch erstaunlich oft die „Hey, lass uns das mal rausnehmen!“-Karte gespielt: Wo sind die dynamischen Schatten? Wo ist der Koop-Modus der Xbox-Version? Wo ist die englische Sprachausgabe bei den Konsolenversionen? Erzählt mir nichts von Platzproblemen, das Original wurde auf drei lumpigen CDs ausgeliefert! Ist ja schön, dass Bethesda alles durchaus solide eingedeutscht hat - aber ist das gleich Grund genug, die Originalfassung in die Tonne zu treten? Ein extradickes „Buuuuh!“ geht in Richtung der PC-Version: Die vereint alle Nachteile der Konsolenfassungen in sich und ergänzt sie um hausgemachtes Haareraufen: Nur hier laufen die Original-Dooms träger und mit Grafikfehlern, nur hier haben sie keinen Mehrspielermodus. Es gibt einen hässlichen Tearing-Bug in Doom 3, das Spiel unterstützt keine Mods - wodurch es im Vergleich zum Original mit Erweiterungen wie der exzellenten Sikkmod einfach komplett veraltet aussieht. Diese Fassung braucht wirklich kein Doom-Fan! Die Konsolen-Versionen sind empfehlenswerter, aber auch weit von dem entfernt, was aus ihnen hätte werden können. Oder vielmehr hätte werden müssen.

Pro

beeindruckende Lichteffekte
tolle Soundkulisse
guter Umfang
unterhaltsame Gefechte
anspruchsvolle Bossgegner
trashige Handlung
abgefahrenes Monster-Design

Kontra

viele kleine und große Verschlimmbesserungen
Zwang zur deutschen Sprache (360, PS3)
insgesamt deutlich veraltete Grafik
übersimples Spieldesign mit Schrankwand-Monstern
wechselhafte Qualität der deutschen Sprecher
abgespeckte, technisch verschlechterte Original-Dooms (PC)
Doom-Musik läuft hörbar langsamer (360)
teils fummelige Gamepad-Belegung
keine dynamischen Schatten mehr
lange Ladezeiten (PS3)
sehr berechenbar agierende Gegner
unspektakulärer Mehrspieler-Modus

Wertung

360

Der primitive Ballerspaß ist immer noch vorhanden - aber als Gesamtpaket ist die BFG-Edition enttäuschend.

PC

Die schlimmste Fassung von allen: Sieht im Vergleich zum gemoddeten Original alt aus und schränkt die ursprünglichenen Dooms unverständlich ein.

PlayStation3

PS3-Spieler müssen mit deutlich längeren Ladezeiten leben, ansonsten entspricht die Fassung der 360-Version. Die ersten beiden Doom-Teile laufen nur hier optimal.

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