Im Test:
Der x-te Meuchelmörder
Ganz ehrlich: Langsam habe ich genug von Ryu Hayabusa. Naja, nicht von dem Meisterninja per se, mit dessen älteren Auftritten ich immer noch einige meiner anspruchsvollsten Erlebnisse auf Xbox, Xbox 360 und PS3 verbinde. Doch nach dem ursprünglichen Ninja Gaiden 3 (NG3, März 2012) sowie der darin enthaltenen Enttäuschung (4P-Wertung 50%), der Anfang 2013 erschienenen überarbeiteten sowie erweiterten Wii U-Version "Razor's Edge", die mit einem Wertungssprung zumindest wieder ein paar Frustwogen glätten konnte, steht nun die Umsetzung eben dieser Version auf 360 und PS3 auf dem Programm. Sprich: Innerhalb von etwa einem Jahr wartet jetzt der dritte Text auf mich. Doch ich nehme mir eine ähnliche Freiheit heraus wie Tecmo Koei und passe den Test der Wii U-Version an, der selbstverständlich in Grundzügen auf dem zum Original Ninja Gaiden 3 beruht.
Einer der Unterschiede zum ein Jahr alten Original ist die visuelle Verstümmelung der Gegner. Dieses Merkmal hat bei den ungeschnittenen Vorgängern auf Xbox bzw. Xbox 360 dazu geführt, dass die USK eine Kennzeichnung verweigerte. Vom ersten Teil gibt es eine leicht zensierte Version mit USK-Freigabe. Und die Sigma-Ableger für Sony-Systeme wurden ebenfalls leicht entschärft, damit sie mit dem begehrten Siegel versehen werden konnten. Doch mit der Rückkehr zu "alter" Härte gab es auch die "alte" Konsequenz. Sprich: Razor’s Edge ist nur als Import erhältlich. Doch inhaltlich gewinnt NG3 nicht an Reiz. Man kann Körperteile abtrennen... na und? Bereits in den Ursprungs-Versionen wurden die Arenakämpfe gegen eine gegnerische Übermacht auch ohne diese Option wuchtig inszeniert - zumal die Action ohnehin häufig so schnell an einem vorüberzieht, dass man kaum Gelegenheit hat, die Hektoliter roten Pixelblutes oder die Überreste der Gegner auf sich wirken zu lassen. Von einer emotionalen Wirkung ganz zu schweigen. Leider wird visuelle Gewalt zum Selbstzweck verpulvert, anstatt die erzählerische Komponente zu unterstützen.
Dunkler Held mit scharfer Klinge
Damit hat man in der Theorie ein interessantes Thema. Wie wäre es denn, wenn Ryu an Schlüsselstellen vor die Wahl gestellt würde, ob er weiter mordet oder doch versucht, einen anderen Weg zu finden? Doch wie viele andere Stilmittel ist auch der Fluch nur ein oberflächliches Element - er wird nur genutzt, um für billige Dramatik zu sorgen. So etwa, wenn der Schmerz in seinem Arm in regelmäßigen Abständen so gewaltig wird, dass Ryu nur noch schleichend zum Levelausgang gehen kann. Wohl wissend, dass jeder weitere Feind den Fluch nur verstärkt, muss man weiter metzeln - schwach.
Neu ist besser?
Abseits der frischen Möglichkeit, jetzt abgetrennte Körperteile hinter sich zurückzulassen, gibt es noch weitere inhaltliche Änderungen: So bekommt man im Lauf der Zeit stets neue Waffen wie z.B. mörderisch scharfe Klauen, die an Hände und Füße geschnallt die Gegner zerkleinern.
Zwar zeigen die Verbesserungen und Verfeinerungen in Razor's Edge, dass sich Tecmo die Kritik der Fans zu Herzen genommen hat und versucht, das Spielerlebnis zu verbessern. Doch es gilt weiterhin, dass Team Ninja nach dem Weggang von Itagaki-san weitgehend kopflos durch das Designkonzept eiert und nach wie vor Schwierigkeiten hat, die Essenz der Vorgänger zu erfassen. Anstatt wie früher intensive Gefechte gegen wenige, dafür aber umso gefährlichere Gegner zu inszenieren, kennt man hier meist nur ein Rezept, um Spannung zu entfachen: Welle auf Welle auf Welle an Gegnern - und ein paar nervige Trial & Error-Sequenzen. Und genau wie vor etwa einem Jahr verpasst man es immer noch, rechtzeitig ein Ende zu finden, so dass man weiterhin das Gefühl hat, kein Ninja Gaiden, sondern einen modifizierten Dynasty Warriors-Ableger zu spielen.
Online? Ja!
Immerhin: Hat man die Geschichte bewältigt oder möchte abseits der Kampagne metzeln, kann man sich an den optional kooperativen "Ninja Trials" oder dem Mehrspielermodus für bis zu acht Online-Meuchelmörder versuchen. Hinter Ersterem verbergen sich meist fünf bis zehn Minuten dauernde Arena-Kämpfe mit kleinen Sonderaufgaben, die man auch solo angehen kann, um Erfahrung zu sammeln.
Während man den Herausforderungen einen gewissen Unterhaltungswert und Anforderungsgrad nicht absprechen kann, wirken die Online-Duelle draufgestülpt: Hektisch, unübersichtlich und größtenteils spaßfrei habe ich wie damals nach ein paar Sessions die Segel gestrichen.
Nach wie vor biedere Technik
Dass man sich auf inhaltliche Änderungen konzentriert hat, ist nicht verwerflich. Doch es hätte nicht geschadet, die biedere Kulisse an einigen Stellen anzuhübschen. Bereits bei der Erstveröffentlichung von Ninja Gaiden 3 konnten die Abschnitte maximal Durchschnittswerte erreichen. Und daran hat sich nichts geändert - auch die mitunter zickige Kamera findet sich wieder.
Das Figurendesign geht abgesehen von der immer wieder altbacken wirkenden Mimik in Ordnung. Die Kampfanimationen passen und werden von einigen Effekten (z.B. Unschärfe, "Flirren") unterstützt, so dass die Action geschickt in den Fokus gerückt wird. Allerdings ist sie nie so opulent, dass sie die nicht so aufwändigen Kampfarenen vergessen lassen könnte; immerhin gibt es keine Bildraten-Einbrüche zu beklagen.
Fazit
Die Veränderungen und Verbesserungen die "Razor's Edge" zuerst auf Wii U und jetzt auch auf den Ursprungs-Systemen im Vergleich zum Original erfahren hat, tun Ninja Gaiden 3 weitgehend gut - und zeigen, dass Team Ninja sich die Kritik der Fans zu Herzen genommen hat. Mit dem Karma-System und den daraus resultierenden Charakter-Aufwertungen bekommt man ein bisschen Freiheit sowie die Option, den Ninja an seine Spielweise anzupassen. Auch die schon früh zur Verfügung stehenden Alternativwaffen sowie der modifizierte Schwierigkeitsgrad wissen zu gefallen und werten das Action-Adventure auf. Doch viele Kernprobleme, die auch die Urfassung geplagt haben, sind weiterhin allzu sichtbar wie z.B. bei der hanebüchen konstruierten, oberflächlichen Geschichte, dem Fokus auf nicht enden wollende Gegnerwellen oder den nach wie vor nervenden Trial&Error-Momenten. Am deutlichsten ist dies jedoch weiterhin am Verlust der Ninja Gaiden-Seele festzumachen, die auch in Razor's Edge höchstens als Spurenelement enthalten ist. Mit dem Abschied des Serienschöpfers von Team Ninja wurde die Reihe in eine neue Richtung gedrängt und musste auf dem Weg dorthin zu viele massentaugliche Kompromisse hinnehmen - und davon hat sich auch diese überarbeitete Neuauflage nicht erholt.
Pro
Kontra
Wertung
360
Mehr Inhalte, mehr Gewalt und einige Verbesserungen können nicht verschleiern, dass Ryu Hayabusa nicht an die Klasse alter Zeiten anknüpfen kann.
PlayStation3
Mehr Inhalte, mehr Gewalt und einige Verbesserungen können nicht verschleiern, dass Ryu Hayabusa nicht an die Klasse alter Zeiten anknüpfen kann.
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