Dead Island: Riptide25.04.2013, Michael Krosta
Dead Island: Riptide

Im Test:

Kaum haben sich die Überlebenden vor der Zombie-Epidemie im Inselparadies Banoi gerettet, sind ihnen die Untoten mit ihrem unbändigen Hunger nach Frischfleisch schon wieder auf den Fersen: Techland inszeniert mit Dead Island: Riptide (ab 4,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) erneut eine Mischung aus kooperativer Action, Rollenspielansätzen und blutiger Metzelei. Peppt man den Überlebenskampf mit neuen Elementen auf oder werfen die Polen die Recycling-Maschine an?

Los, beißt zu!

Eigentlich hat Dead Island viel, was mir gefallen müsste: Ich mag Zombies. Und ich habe extrem viel Spaß daran, es kooperativ mit der fauligen Meute aufzunehmen. Selbst heute stürze ich mich immer wieder gerne mit ein paar Freunden in eine Partie Left 4 Dead. Wir halten uns gegenseitig den Rücken frei und legen uns mit Huntern, Boomern und anderem untoten Gesocks an. Verdammt, wir haben auf unserer letzten LAN-Session sogar fast eine ganze Nacht damit verbracht, als Team zu überleben.

Ja, es gibt theoretisch viele Gründe, warum Dead Island für mich interessant sein dürfte und ich es mögen könnte. Aber warum hätte ich das jüngste Machwerk von Techland am liebsten schon nach zehn Minuten abgeschaltet und für immer aus meinem Laufwerk verbannt? Wieso hat mich das Umherstreifen auf der Insel so dermaßen angeödet? Warum spielte ich ständig mit dem Gedanken, mich direkt freiwillig als Häppchen für die Zombie-Brut anzubieten anstatt eine weitere Sekunde meiner kostbaren Lebenszeit auf der Insel Palanai zu verschwenden? Und warum zum Teufel musste diese Fortsetzung überhaupt das Licht der Welt erblicken?

Ursachenforschung

Palanai ist die perfekte Idylle - wäre da nicht diese blöde Zombie-Epidemie.
Palanai ist die perfekte Idylle - wäre da nicht diese blöde Zombie-Epidemie.
Zumindest die letzte Frage lässt sich schnell und einfach beantworten: Weil sich der Vorgänger großartig verkauft hat und es offensichtlich ein Verlangen nach mehr Zombie-Action im Stil von Dead Island gibt. Und genau das bekommt man hier. Ja, so ziemlich genau das: Charaktere des Vorgängers lassen sich importieren, doch selbst wer keine Speicherdaten besitzt, muss mit der Truppe des ersten Teils Vorlieb nehmen, die hier um eine (!) neue Figur ergänzt wird. Palanai könnte genauso gut Banoi heißen, denn bis auf das Wettersystem, bei dem die Witterungsbedingungen innerhalb von einer Sekunde von Sonnenschein zu einem Monsunregen umschlagen können, unterscheidet sich der neue Schauplatz kaum von dem des Vorgängers. Das gilt übrigens auch für einen Großteil der Waffen, Modifikationen, Gegenstände und Gegnertypen. Man sieht die gleichen Animationen, lauscht den bereits bekannten Soundeffekte und wird erneut Zeuge, wie Türen und Kisten wie von Geisterhand geöffnet werden. Ganz klar: Techland setzt lieber auf ausgiebiges Recyceling anstatt viel Aufwand in Neuerungen zu investieren. Allerdings wurden die Entwickler von Anfang an nicht müde zu betonen, dass es sich bei Riptide ja nicht um eine vollwertige Fortsetzung handelt. Aber warum wird das Spiel dann zum Vollpreis verkauft? Riptide wirkt auf mich wie ein schnell zusammengeschusterter Klon-DLC, mit dem man bei den Fans mal ordentlich abkassieren will!

Immer schön mit Schwung ausholen!
Immer schön mit Schwung ausholen!
Gut, man kann hier neuerdings mit einem Boot Zombies über den Haufen fahren. Und es gibt ab sofort Abschnitte, in denen man seine Basis vor heran schlurfenden Gegnerwellen verteidigen muss, indem man Zäune aufstellt und Geschütze bemannt. Horde 2.0 aus Gears of War lässt grüßen, obwohl es mir schwer fällt, den tollen Epic-Shooter in einem Atemzug mit diesem Schnarch-Machwerk zu nennen. Aber immerhin: Es ist eine nette Ergänzung zum drögen Plündern und dem stupiden Eindreschen auf das faulige Pack. So kommt wenigstens ein Hauch Dramatik auf, die man ansonsten beim Durchstreifen von Palanai vermisst. Was Riptide fehlt, ist eine Art KI-Regisseur im Stil von Left 4 Dead, der konstant den Gesundheitszustand der Spieler analysiert, ihnen Gegner auf den Hals hetzt, gezielt das Wetter verändert oder geskriptete Ereignisse auslöst, um die Meute aufzuschrecken – und zwar genau so, dass die Gruppe die Bedrohung spürt und es gerade so bis zum nächsten Schutzraum schafft. Hier wirkt dagegen alles beliebig, zufällig, ohne Sinn und Zweck. Da steht ein Zombie rum? Mir doch egal. Wenn ich Lust habe, haue ich ihm eins über die Rübe oder nutze den übermächtigen Tritt, um ihm den Kopf zu zermatschen. Greift er mich an, setze ich mich halt zur Wehr. Und falls mehr von ihnen kommen und ich dabei draufgehe, ist es mir ebenfalls wurscht, weil ich am nächsten Kontrollpunkt eh wiederbelebt werde. Manchmal wird dabei sogar die Energieleiste meiner zuvor bearbeiteten Gegner nicht mehr aufgefüllt und ich beende einfach das, was ich in meinem früheren Leben begonnen habe.

Warum tue ich mir das an?

Seinen Mitstreitern sollte man schnell aus der Patsche helfen.
Seinen Mitstreitern sollte man schnell aus der Patsche helfen.
Es will sich mir einfach nicht erschließen, worin überhaupt die Motivation besteht, sich diesen öden Sammelwahn und die nicht minder langweiligen Kämpfe überhaupt anzutun. Für neue Waffen, die ich mit den richtigen Materialien und Bauplänen an Werkbänken aufmöbeln kann, aber trotzdem nur für dummes 08/15-Metzeln gebraucht werden? Für einen Rangaufstieg und Verbesserungen in den Bereichen Raserei, Kampf und Überleben, die aufgrund mitlevelnder Gegner eigentlich ad absurdum geführt werden? Für neue Quests, die eigentlich immer nur nach dem Schema „Hol mir das“ oder „Rette meinen Bekannten“ ablaufen? Für die Weiterentwicklung der Hintergrundgeschichte, die mich mit ihren flachen Charakteren, den dämlichen Dialogen und einer Inszenierung auf dem Niveau eines schlechten D-Movies kein bisschen juckt? Ich bin selten so gelangweilt durch eine Spielwelt schlafgewandelt wie hier!

Zombies können keine Leitern erklimmen. Deshalb bieten höher gelegene Stellen wertvollen Schutz.
Zombies können keine Leitern erklimmen. Deshalb bieten höher gelegene Areale wertvollen Schutz.
Dabei sieht auf den ersten Blick alles so schön einladend aus, wenn man den grottigen Einstieg an Bord eines Militärschiffes mit seinen Copy & Paste-Kulissen und den zähen Zwischensequenzen endlich hinter sich gebracht hat: Palanai fängt das Karibik-Flair mit sonnigen Stränden, Palmen und gemütlichen Holzhütten sowie dichten Wäldern genauso gut ein wie der Vorgänger. Hier kann die Chrome Engine einmal mehr zeigen, was in ihr steckt. Zumindest auf der Xbox 360. Denn was auf der PS3 geboten wird, grenz schon an eine technische Katastrophe: Die Bildrate geht hier nicht nur öfter, sondern auch massiver in die Knie als auf der Microsoft-Konsole. Hinzu kommt ein scheußliches Tearing und fiese Flimmerkanten. Wenn sich dazu auch noch mehrere Gegner auf dem Bildschirm tummelten, bewegte sich die PS3-Version technisch sogar am Rand der Unspielbarkeit. Ganz anders auf dem PC: Dank höherer Auflösung und Bildrate bekommt man hier in Kombination mit dem optionalen V-Sync, feineren Grafikeffekten und Kantenglättung die schönste und ausgereifteste Version - sofern man ein entsprechend potentes System sein Eigen nennt. Beim ersten Start über Steam kam es bei mir allerdings hin und wieder vor, dass der Maus-Cursor von Windows im Spiel nicht ausgeblendet wurde und sich beim Zielen ebenfalls weiter mitbewegte. Bei Neustarts tauchte das Problem erst dann wieder auf, wenn der Rechner zuvor komplett runtergefahren wurde. 

Gerade unsere Leser dürfte es natürlich brennend interessieren, ob Feuer endlich auf Holz brennt. Nein, das tut es natürlich nicht, warum sollte es auch?! Dafür wird man aber beim Wurf von Molotow-Cocktails in einen Pool amüsiert feststellen, dass Feuer  im Wasser brennt. Ob man das als Fortschritt oder Rückschritt einordnet, bleibt jedem selbst überlassen.

Zombies sind doof

Wenn es die Waffen nicht mehr richten, hilft nur klassische Handarbeit.
Wenn es die Waffen nicht mehr richten oder abgenutzt sind, hilft nur klassische Hand- und Fußarbeit.
Die KI ist nicht immer ganz bei der Sache: Klar, Zombies sind grundsätzlich nicht als Intelligenzbestien bekannt. Aber warum werden manche von ihnen schon bei einer gefühlten Distanz von hundert Metern auf mich aufmerksam und stürmen sofort auf mich zu, während andere meine Präsenz nicht mal bemerken, wenn ich direkt vor ihnen stehe und ihnen in die leeren Augen starre? Immerhin kann ich ihnen jetzt Bomben um ihre verwesten Körper binden und sie so als lebendig-tote Fallen missbrauchen.

Wer seine Erfüllung dagegen im Sammeln sieht, wird es wahrscheinlich freuen, dass sämtliche bereits gekrallte Gegenstände erneut in der offenen Spielwelt auftauchen, sobald man ein zuvor betretenes Basislager wieder verlässt – begleitet von einer gesalzenen Ladezeit. Wie schon beim Vorgänger nimmt man es auch mit der Kollisionsabfrage nicht ganz genau, wo dass man auch hier Gegner beobachten kann, deren Körperteile mit Gebäuden und Pflanzen verschmelzen oder einfach frei in der Luft hängen. Manchmal kann es sogar passieren, dass eine Zombiegruppe von jetzt auf gleich einfach von der Bildfläche verschwindet – ganz großes Kino. Dass manchmal die Sprungangriffe überhaupt nicht funktionieren und die dünnen Beinchen meines mächtigen Quarterback-Charakters in der Luft schweben oder ich aufgrund der hakeligen Steuerung bei Sprüngen sowie Aussetzern beim Erklimmen von Leitern so meine Probleme habe, ist da nur das Tüpfelchen auf dem arg faulig stinkenden I.

Fazit

Huch, was? Och nöööö, warum hast du mich jetzt geweckt? Ich bin gerade so schön weggedöst, weil mir beim x-ten Besorgungsauftrag von Dead Island: Riptide mal wieder vor Langweile die Augen zugefallen sind. Da kommen Zombies? Ach, das ist mir egal. Sollen sie mich ruhig anknabbern und auffressen. Ich sterbe lieber, als mich noch länger auf Palanai mit diesem schrecklich öden Überlebenskampf, dieser elendigen Sammelwut und dem grauenhaften Quest-Design abzuquälen. Klar, die Tropeninsel schaut schick aus, die Basis-Verteidigung ist eine willkommene Neuerung und kooperativ mit Fremden oder Freunden empfinde ich zumindest für den Bruchteil einer Sekunde so etwas wie Spaß an dieser stupiden Metzelei. Und dann wären da noch die brauchbaren Waffenmodifikationen und Verbesserungsoptionen, auch wenn dank des exzessiven Recyclings fast alles davon schon aus dem Vorgänger bekannt ist. Hier wird der Kunde mit einem billigen Copy&Paste-DLC zum Vollpreis über den Tisch gezogen. Aber wer auf „Bewährtes“ steht, inklusive dämlicher Dialoge, einer miesen Inszenierung, KI-Aussetzern und mitlevelnder Gegnern, findet sicher auch hier sein Zombie-Metzel-Paradies. Für mich ist Dead Island: Riptide eine der miesesten und langweiligsten Zombie-Torturen, die ich bisher erlebt habe! 

Pro

ansprechendes Tropen-/Karibik-Ambiente
Koop-Modus für bis zu vier Spieler
zahlreiche Aufrüstungs- und Verbesserungsoptionen
Basis-Verteidigung sorgt für Abwechslung

Kontra

grottiger Einstieg
eintöniges Quest-Design
katastrophale Technik (PS3)
gähnende Langeweile bei Kämpfen und Erkundung
Feuer brennt nicht auf Holz, dafür im Wasser
Gegner leveln automatisch mit
Rollenspielelemente quasi ohne Bedeutung
plötzliche Wetterwechsel
Gegenstände tauchen nach Basisbesuch sofort wieder auf
lange Ladezeiten
flache Charaktere, lahme Story und miese Inszenierung
KI-Aussetzer
mitunter dämliche Dialoge
massives Recycling

Wertung

360

PlayStation3

PC

0
Kommentare

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olli_111

VaniKa hat geschrieben:
Todesglubsch hat geschrieben:Hätte Deep Silver das Spiel nicht ab und an als "vollwertige Fortsetzung" angepriesen, sondern als Add-on. Hätte Deep Silver den Preis des Spiels auf 30€ oder weniger gedrückt.
Nun kostet das Spiel bei Steam 40 €. Vollpreis wäre für mich 50 €. Aber davon abgesehen sollte der Preis bei einer Bewertung eh keine Rolle spielen. Das mag für die Kaufentscheidung relevant sein, hat aber nichts mit der Qualität des Spiels an sich zu tun. Ich finde auch nicht, dass die Rettung in die Subjektivität immer legitim ist, denn es hängt schon sehr davon ab, mit welcher Grundeinstellung man an etwas herangeht. Wenn man schlechte Laune hat, voreingenommen ist oder einfach etwas anderes erwartet hat, dann fällt ein Urteil immer deutlich schlechter aus. Mindestens einen dieser Faktoren unterstelle ich bei diesem Test als vorhanden. Man sucht dann einfach nur das Schlechte und sieht sich immer wieder darin bestätigt, weil die Offenheit für die positiven Aspekte verringert ist. In diesem Fall scheinen die Rahmenbedingungen, die mit dem Spiel selbst nichts zu tun haben (Preis, Abzockvorwurf), die Ursache dafür zu sein.
Ich habs seit gestern zu Hause und schon einige Stunden gezockt. Die Wertung kann ich nicht nachvollziehen (vor allem die Kritik an der PS3-Version bez. der Technik,sieht stark nach reinem PC-Gamer aus), wobei wenn man sich das Profil des Testers ansieht und daraus hervorgeht das dieser
das dieser keine RPGs mag........... :biggrin: Aber egal, sämtliche hier abgegebenen Kommentare so wie das Spiel selbst sind bereits auf dem Index und in ein paar Tagen bis Wochen Luft und Rauch :lol:

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 11 Jahren