Im Test:
Tiburon vs. Visual Concepts
Die Madden-Serie ist seit Jahren konkurrenzlos. Damit teilt sie das Schicksal der NBA-2K-Spiele von Visual Concepts. Und doch könnten die Unterschiede zwischen diesen Sportspiel-Schwergewichten nicht größer sein. Während EAs Tiburon-Studio in Florida sich weitgehend auf den zweifellos verdienten Lorbeeren ausruht und in den letzten Jahren selten mehr als nötig macht, um die neue Zahl im Namen zu rechtfertigen, sieht es an der Westküste anders aus. Dort versucht Visual Concepts jedes Jahr, die Basketball-Reihe merklich zu verbessern - und das nicht nur inhaltlich, sondern auch mechanisch. Dass das nicht immer von Erfolg gekrönt ist, liegt in der Natur der Dinge. Doch mir ist es lieber, man riskiert etwas und fällt dabei im Detail auf die Nase (und probiert nächstes Jahr etwas Neues), als dass man zu wenig macht, nur um auf der sicheren Seite zu sein. Diesen Drahtseilakt zwischen bewährter Qualität und gelungenen Neuerungen hat Tiburon zuletzt zum 20-jährigen Jubiläum bewältigt. Danach gab es nur noch verhaltenen bzw. kosmetischen Fortschritt.
Dementsprechend bringt mich Madden 25 wieder in eine Zwickmühle: Wenn ich diese Ausgabe mit der des letzten Jahres vergleiche und mich frage, welche ich lieber spiele, ist es zweifellos die aktuelle. Obwohl die mechanischen Fortschritte wieder einmal größtenteils marginal und eher im Detail als an der Oberfläche zu finden sind. Wie gehabt ist das American-Football-Spektakel ein wahres Umfangsmonster, das sowohl off- als auch online haufenweise Modi und Optionen zur Verfügung stellt. Aber war letztes Jahr auch schon der Fall: Normale Matches, Ultimate-Team-Modus, die "Connected Franchise" - alles schon bekannt. Zwar bekommt man dieses Jahr im letztgenannten Modus nicht nur die Möglichkeit, als Coach oder Spieler, sondern auch als Teambesitzer zu spielen.
Größtenteils Stagnation
Immerhin hat man die zurückliegenden zwölf Monate genutzt, um die letztes Jahr eingeführte Infinity Engine auf den neuesten Stand zu bringen. Ziel war es, die Tacklings physikalisch akkurat zu berechnen und dadurch auf ein ähnlich realistisches Niveau zu bringen, wie es das lizenzfreie Backbreaker von Natural Motion bereits 2010 schaffte. Das Ergebnis war seinerzeit ordentlich, aber verbesserungsfähig, da die Physik mitunter zu Slapstick-Einlagen geführt hat, wenn z.B. zwei Verteidiger übereinander stolpern. Dieses Jahr kracht alles authentischer, überzeugender und brachialer - und Aussetzer gibt es nur ganz selten. Doch zum einen ist man trotz aller Verbesserungen immer noch ein gutes Stück von der Backbreaker-Wucht weg. Zum anderen ist dies jedoch nur ein überfälliger „Kosmetik-Patch“ und kein inhaltlicher Fortschritt – auch wenn die Präsentation stark davon profitiert. Außerdem beschränkt sich die Physik weiterhin nur auf das, was auf dem Bildschirm passiert. Alles am Spielfeldrand, angefangen von Fotografen bis hin zu den gerade nicht eingesetzten Spielern sorgt zwar mit Anwesenheit für Atmosphäre, wird aber hinsichtlich Kollisionen vollkommen ignoriert. Dabei wäre es deutlich authentischer, wenn ein Spieler, bei dem Versuch den Ball zu fangen, ins Aus rennt und dann die Fotografen ausweichen oder eben erwischt werden. Das Durchclippen ist in jedem Fall die hässlichste Lösung.
Verbessert wurde die Mechanik der Laufspiele: Die Kontrolle über den Running Back ist intuitiv, man hat mehr Möglichkeiten zur Verfügung, die heranstürmenden Verteidiger abzuwehren oder ins Leere laufen zu lassen.
Sehr gelungene Präsentation
Ganz im Gegensatz zur visuellen Präsentation: Die ist dieses Jahr noch besser als in der letzten Ausgabe, noch stimmiger, noch imposanter - allerdings auch einen Tick zu werbelastig, wobei Snickers der Hauptwerbepartner zu sein scheint. Zwar wird das Publikum im Detail weiterhin zu klonig dargestellt, doch dessen ungeachtet ist die Atmosphäre in den Arenen beeindruckend.
Vielleicht ist dies jedoch genau der Grund für das Hauptproblem: Man hat sich in erster Linie in den letzten Jahren erfolgreich darauf konzentriert, das Zuschau-Erlebnis weiterzuentwickeln als das spielerische. Ich hoffe, dass bei der im November folgenden Version für PS4 und Xbox One, die wie alle EA-Sportspiele der neuen Generation auf die frische "Ignite-Engine" setzt, dieser Spagat besser bewältigt wird.
Die Crux mit der KI
Zumal es auch in der Version für PS3 und 360 noch genug Kleinigkeiten gibt, die behoben werden müssten. Damit meine ich weniger, dass die angenehm schnelle Spielzug-Auswahl per "GameFlow" immer noch ohne Piktogramme auskommen muss, auf denen man wenigsten einsehen kann, ob es sich um ein Lauf- oder Passspiel handelt. Denn nach ein paar gespielter Viertel bekommt man nicht nur ein Gespür dafür, was die semiautomatische Spielzugauswahl als nächstes vorschlagen wird. Man lernt auch mehr und mehr die Namen, so dass man im Idealfall sofort weiß, auf was im nächsten Versuch der Fokus gelegt wird. Und so sehr ich es begrüße, dass man vor dem Snap haufenweise Optionen hat, um entweder über die so genannten „Audibles“ (kurzfristig angesagte Spielzugänderungen) oder „Hot Routes“ (Detail-Veränderungen der Laufwege) seine Taktik anzupassen, was übrigens auch per Stimmkontrolle auf Kinect sehr intuitiv und zuverlässig vonstatten geht, so sehr habe ich begonnen, die KI-Routinen zu hassen.
Sowohl in der Offensive als auch vermehrt in der Defensive hat man das Gefühl, dass sich die Athleten auf dem Platz in der Summe nicht mehr so clever verhalten wie in den letzten Jahren.
Fazit
Ist Madden NFL 25 das umfangreichste virtuelle American-Football-Spektakel? Zweifellos. Macht das Jubiläum der langjährigen Erfolgsserie mehr Spaß als die letzte Ausgabe? Jein! Denn trotz aller Detailverbesserungen tue ich mich schwer damit, diese Version als das beste American Football aller Zeiten zu empfinden. Denn während die Präsentation über nahezu alle Zweifel erhaben ist und so gut wie nie zuvor das TV-Erlebnis emuliert (inkl. penetranter Produktwerbung), ist der spielerische Fortschritt in Madden 25 kaum spürbar. Wie in den letzten Jahren ist es schade, dass sich das Tiburon-Studio weitgehend risikofrei auf Umfangserweiterungen und Feintuning beschränkt, anstatt sich selbst so zu hinterfragen, wie es die leider nicht vorhandene Konkurrenz erfordern würde. Dank einer verbesserten Physik-Engine krachen die Tackles so eindrucksvoll wie noch nie bei Madden, kommen aber immer noch nicht die Backbreaker-Wucht heran. Die Verbesserungen im Laufspiel nehme ich gerne an, bedaure aber im Gegenzug, dass Madden immer noch nicht akkurat die sich ständig verändernde Dynamik der echten NFL-Matches darstellt und zudem dieses Jahr mit mehr KI-Problemen zu kämpfen hat als zuvor. Natürlich könnte es daran liegen, dass man parallel mit der frischen Ignite-Engine zum Next-Gen-Schlag ausholt. Ich hoffe jedenfalls, dass der Generationen-Wechsel gut über die Bühne geht. In dieser Form verliert der seit einem Vierteljahrhundert leuchtende American-Football-Stern deutlich an Strahlkraft.
Pro
Kontra
Wertung
360
Die Präsentation nähert sich immer mehr dem "echten" TV-Erlebnis an. Spielerisch stagniert Madden im Jubiläumsjahr auf hohem Niveau.
PlayStation3
Die Präsentation nähert sich immer mehr dem "echten" TV-Erlebnis an. Spielerisch stagniert Madden im Jubiläumsjahr auf hohem Niveau.
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