WWE 2K1406.11.2013, Mathias Oertel
WWE 2K14

Im Test:

Die Spiele rund um den Wrestling-Zirkus der WWE waren eines der Zugpferde im Stall von THQ, konnten aber den Untergang des Publisher nicht aufhalten. Dementsprechend hat es nicht lange gedauert, bis John Cena, Triple H oder der Undertaker ein neues Zuhause bei 2K Sports gefunden haben. Im Test schauen wir, ob sich bei WWE 2K14 (ab 4,63€ bei kaufen) auch abseits des Namens etwas geändert hat.

Fast wie letztes Jahr

Wenn ihr Wrestling-Fan seid, habt ihr letztes Jahr bestimmt mit WWE 13 die virtuellen Ringe des World Wrestling Entertainment unsicher gemacht. Ihr habt gelernt, was es mit der so genannten "Attitude-Ära" auf sich hatte - oder habt euch als älteres Semester (wie ich) wieder in die Jugend oder Kindheit entführen lassen, als Stone Cold, The Rock oder D-Generation X für eine Wachablösung im Sports Entertainment gesorgt haben. Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des größten Spektakels im Wrestling geht man mit WWE 2K14 einen ähnlichen Weg, verlagert aber das Thema: Anstatt sich auf nur eine Ära zu konzentrieren, hat man sich bei Yukes die Großveranstaltung schlechthin geschnappt, um eine Kampagne darum zu stricken: 30 Jahre WrestleMania - der Name ist Programm.

In gut 50 Matches kann man einige der besten, der interessantesten oder der prägendsten Momente über 30 Jahre hinweg erleben. Gegliedert in fünf Bereiche, die von der Hulkamania-Phase mit WrestleMania 1 bis zur modernen Zeit der "Universe-Ära" und WrestleMania 29 reichen, werden alle Evolutionsstufen der WWE durchlaufen. Ich hätte mir zwar noch mehr Matches gewünscht (in WWE 13 gab es noch über 60) oder bei der einen oder anderen Großveranstaltung einen anderen Kampf herausgepickt.

Ein Kick, der eine Karriere beendete: Das Match Shawn Michaels vs. Ric Flair wird mitsamt seiner Emotionalität gut eingefangen.
Ein Kick, der eine Karriere beendete: Das Match Shawn Michaels vs. Ric Flair wird mitsamt seiner Emotionalität gut eingefangen.
Doch da die meisten vermutlich ohnehin nicht wissen, was vor WrestleMania 20 passiert ist, kommt es letztlich nur darauf an, zu zeigen, wo die Faszination der Showkämpfe liegt - und das wird wie letztes Jahr in der Attitude-Ära angemessen präsentiert: Mit Original-Videos wird der Story-Hintergrund des Kampfes erzählt, mitunter werden Original-Interviews mit virtuellen Polygon-Figuren dargestellt und die visuelle Präsentation der Matches wird mit Filtern und entsprechenden Einblendungen an die jeweils echte TV-Übertragung angepasst, so dass z.B. WrestleMania 1 tatsächlich wie eine Übertragung aus einem anderen Jahrtausend aussieht.

Probleme mit der Vergangenheit

Die Match-Kommentare klingen ebenfalls echt und erwecken so den Eindruck, dass man wie letztes Jahr auf die Soundarchive zugegriffen und die Samples passend in den Einmarsch oder Kampfverlauf eingebunden hat. Nur: Sie sind es nicht. Erst mit dem Jahrtausendwechsel wurde das bekannte Team Jerry Lawler/Jim Ross eingesetzt, das auch hier die Auseinandersetzungen erläutert und kommentiert. Für die Phasen oder Matches, in denen andere Sprecher eingesetzt wurden (in der Zeit der "Brand Extension" gab es bei WrestleMania bis zu drei Kommentatoren-Teams), wurden Lawler und Ross beauftragt, Texte einzusprechen, die inhaltlich dem Original entsprechen. Das funktioniert auch weitgehend, nur bleibt die Emotion, die Sprecher wie Vince McMahon oder Bobby Heenan z.B. bei WrestleMania 9 an den Tag legten, bei der Neuaufnahme auf der Strecke. Schade – hier lässt man sehr viel Atmosphäre-Potenzial ungenutzt. Wie auch beim Publikum, das nicht immer so euphorisch auf Ereignisse reagiert, wie es möglich, angebracht und historisch verbürgt wäre.

Geschichte zum Mitspielen: Hulk Hogan kämpft gegen André the Giant.
Geschichte zum Mitspielen: Hulk Hogan kämpft gegen André the Giant.
An einigen Matches hat der Zahn der Zeit genagt bzw. hat die Gegenwart die Vergangenheit stärker überholt als es den historischen Gegebenheiten gut tut. Nehmen wir z.B. das Match von Mick Foley und Edge bei Wrestlemania 22: Als Hardcore-Match ausgeschrieben, hat es seinerzeit zur absoluten Speerspitze dessen gehört, was die WWE damals verkörpert hat: Riskant aussehende Manöver, Blut, Zerstörung, ein fantastisch choreografiertes Ballett des „Guten“ (Mick Foley) gegen den „Bösen“ (Edge). Zwar kann man hier auch noch die unter dem Ring liegenden Gegenstände als Waffen benutzen, es gibt auch weiterhin blutende Gegner und dank geskripteter Szenen, die es in vielen Matches gibt und die man teils per Reaktionstest manipulieren kann (so genannte „WrestleMania Moments“) wird versucht, die Ereignisse von damals nachzustellen. Nur: Im Rahmen der mittlerweile wieder jugendfreundlicheren Politik der WWE, an die auch die Spiele angepasst wurden, ist das virtuelle Ergebnis lange nicht so spektakulär wie das echte Match, in dem u.a. mit Stacheldraht (!) gekämpft wurde. So bleibt die Authentizität etwas auf der Strecke. Wobei man sich andererseits mit wechselnden Outfits und Einmärschen im Laufe der Zeit sowie dem Auftauchen vieler bekannter Wrestling-Ikonen von King Kong Bundy über den Ultimate Warrior, Macho Man Randy Savage oder André the Giant erfolgreich bemüht, die Vergangenheit so gut wie möglich aufzuarbeiten.

Zu viele Nebenkriegsschauplätze?

Das Problem: Konzept und Umsetzung der spielbaren WrestleMania-Historie sind bis auf wenige Ausnahmen nur eine geringfügige Weiterentwicklung der Attitude-Ära des Vorgängers.

Der Undertaker und seine sagenhafte Siegesserie werden nicht nur in der Kampagne, sondern auch mit einem "Streak"-Spielmodus gewürdigt.
Der Undertaker und seine sagenhafte Siegesserie werden nicht nur in der Kampagne, sondern auch mit einem "Streak"-Spielmodus gewürdigt.
Der Unterhaltungswert geht dabei zwar nicht verloren, doch im Wesentlichen gibt es keine Überraschungen - selbst die sekundären Ziele, die für den erfolgreichen Ausgang des Kampfes keine Rolle spielen, aber versuchen, einen so dicht wie möglich an den echten Geschehnissen entlang zu führen, kennt man bereits. Immerhin gibt es mit "Streak" auch einen neuen Modus, mit dem die WrestleMania-Siegesserie des Undertaker gewürdigt wird. Hier kann man zum einen versuchen, in einer Art "Endlos-Arcade-Modus" die Serie zu verteidigen, indem man einen Kämpfer nach dem anderen KO schlägt. Erschwert wird dies dadurch, dass man erlittenen Schaden mitnimmt und dieser nur in bestimmten Abständen wieder aufgefüllt wird - wobei das Anforderungsprofil zu sanft angehoben wird. Und natürlich darf man sich daran versuchen, den Undertaker mit einem Kämpfer seiner Wahl bei WrestleMania zu besiegen - quasi der ultimative WWE-Bosskampf. Das ist eine gewaltige Herausforderung, denn Taker scheint hier mit einem legendären Schwierigkeitsgrad ausgestattet zu sein: Er kontert wie der Teufel und teilt aus, als ob es kein Morgen gibt.

Doch weder der Unterhaltungswert der WrestleMania-Geschichte noch der Streak-Modus können auf Dauer verschleiern, dass das Umfeld hinsichtlich Umfang, Kulisse und Steuerung nur geringe Fortschritte gemacht hat. Ob dies jetzt dem Umstand zuzuschreiben ist, dass Yukes mitten in der Entwicklungsphase mit einem neuen Publisher konfrontiert wurde oder daran liegt, dass man seine Ressourcen schon auf die nächste Konsolengeneration fokussiert, kann ich nicht sagen.

Auch wenn die Attitude-Ära schon Bestandteil eines eigenen Spiels war, muss sie im Rahmen der WrestleMania-Geschichte thematisiert werden.
Auch wenn die Attitude-Ära schon Bestandteil eines eigenen Spiels war, muss sie im Rahmen der WrestleMania-Geschichte thematisiert werden.
Allerdings fand ich es befremdlich, dass man lange suchen muss, wenn man positive Veränderungen oder gar Fortschritte im Umfeld finden möchte.

Und sie bewegt sich doch...

Die Editoren wurden im Wesentlichen 1:1 übernommen, sogar die Sortierung der einzelnen Elemente ist größtenteils identisch. Im dynamischen Endlos-Modus "WWE Welt" gibt es ein paar neue Auswahlmöglichkeiten wie den Rivalitäten-Manager, doch sie verfeinern nur die vorhanden Optionen, ohne das Spielgefühl zu verbessern oder den Modus zu erweitern.  Bei der Steuerung gibt es Verfeinerungen bei den Aufgabegriffen, doch im Wesentlichen kommen hier wieder alle Stärken und Schwächen des Vorgängers zum Einsatz: Die Kämpfe sind trotz aller Dynamik mit den teils kontextsensitiv abgerufenen Move-Veränderungen leicht zu kontrollieren. Beim Konter ist immer noch gutes Timing der Schlüssel zum Erfolg. Und wenn man nicht aufpasst oder seine gelernten Bewegungs-Sets kurzzeitig durcheinander bringt, landet man schneller bei einem den Spielfluss unterbrechenden ungewollten Aufgabegriff als einem lieb ist - so wie man es vom Vorgänger kennt. Leider gibt es immer noch Move-Schleifen, die nicht unterbrochen werden können. Für die Choreografie der Showkämpfe ist dies nützlich, der Spieldynamik schadet es jedoch, da man immer wieder in eine unnötig passive Rolle gedrückt wird, während man drei bis sieben Sekunden darauf wartet, dass man wieder agieren kann. Hier sollte zukünftig ein besserer Kompromiss gefunden werden.

Auch der Ultimate Warrior ist Bestandteil der über 80 Superstars und Diven umfassenden Kämpferriege.
Auch der Ultimate Warrior ist Bestandteil der über 80 Superstars und Diven umfassenden Kämpferriege.
Der Online-Modus funktioniert einen Tick besser als im Vorgänger. Zumindest gab es bei den Internet-Matches, die jetzt auch einen modifikationsfreien, so genannten "Fair Fight" (fairen Kampf) erlauben, sowohl auf 360 als auch PS3 weniger störende Lags, wenngleich sie noch nicht komplett der Vergangenheit angehören. Angesichts des inhaltlichen Fokus verwundert es auch nicht, dass die Kulisse nicht mehr den Fortschritt macht, den ich mir von einem Titel in der Spätphase einer Konsolengeneration wünsche. Vor allem das generische Publikums fällt mehr und mehr ins Hintertreffen - was gerade angesichts der Klasse, die das Basketball-Schlachtschiff von 2K Sports bietet, sehr schade ist. Die Ringseil-Physik wirkt optimiert, Clipping-Probleme wurden im Allgemeinen weiter reduziert, sind aber bei Kämpfen mit oder gegen den schwergewichtigen Yokuzuna allgegenwärtig, bei dem die Arme des Gegners immer wieder in den Fleischmassen verschwinden. Dem gegenüber stehen akkurat nachgebaute Arenen sowie eine ausgefeilte Mimik, die den ganzen Wrestling-Zirkus mit seinen übertriebenen Emotionen akkurat widerspiegelt.

Fazit

Es ist ein undankbares Jahr für die WWE-Serie. Zum einen kam der Publisher-Wechsel, zum anderen stehen die neuen Konsolen bereits vor der Tür, für die Yukes sicherlich schon entwickelt. Dementsprechend bleibt bei WWE 2K14 der Eindruck, dass man einerseits schlichtweg fertig werden musste, andererseits aber ohnehin den Blick auf die Zukunft unter einem neuen Publisher-Dach richtet. Als konsequente Weiterentwicklung der Attitude-Ära des letzten Teils, ist man hier in der Kampagne damit beschäftigt, 30 Jahre WrestleMania-Geschichte in knapp 50 Matches nachzuerleben. Dabei gelingt es trotz nicht authentischer Kommentare gut, den Geist der historischen Wrestling-Welt zu erfassen. Mit den beiden "Streak"-Modi um die sagenhafte Siegesserie des Undertaker kommt ein passabler Arcade-Ansatz hinzu, der aber nicht übertünchen kann, dass man ansonsten wenig getan hat. Immerhin hat man nichts verschlimmbessert, denn die nur geringfüge veränderte Matchauswahl, die minimal modifizierte Steuerung oder die leicht erweiterten Kreationswerkzeuge haben sich bereits im Vorgänger bewährt. Und sie sorgen auch hier für abwechslungsreiche Duelle, die den Wrestling-Zirkus mit all seinen Emotionen und Automatismen abbilden. Unter dem Strich können sie aber nicht mehr so begeistern wie noch vor einem Jahr. Für die nächste Generation hoffe ich daher auf mehr Frische. Ich bin gespannt, was 2K zusammen mit der WWE auf die Beine stellen kann.

Pro

Kampagne mit fast 50 Matches führt durch 30 Jahre Wrestling-Geschichte
Roster mit über 80 Superstars, Diven und Legenden...
technisch ordentliche Einbindung von Original-Kommentaren...
authentische Einmärsche
gute Steuerung mit gelungener Konter-Mechanik
haufenweise Matchtypen inkl. Konfigurierungs-Optionen
umfangreiche Editoren
passabler Online-Modus
Austausch von Community-Inhalten
haufenweise freischaltbares Material

Kontra

"alte" WrestleManias nicht akkurat und mitunter wenig emotional vertont
... nicht alle sind wiederzuerkennen
"neue" Kommentare wiederholen sich zu schnell
technische Macken (Clipping, lange Haare)
"Welt" und Editoren mitunter umständlich zu bedienen
es gibt immer noch nicht unterbrechenbare Moveschleifen
visuell schwache Zuschauerkulisse

Wertung

360

Unterhaltsamer Abstecher durch 30 Jahre Wrestling-Geschichte, der sich mechanisch und technisch jedoch kaum entwickelt hat.

PlayStation3

Die bewährten Mechaniken funktionieren immer noch, der Abstecher durch 30 Jahre Wrestling-Geschichte wird gut inszeniert. Die Fortschritte halten sich jedoch in Grenzen.

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