Im Test:
Fast wie letztes Jahr
Wenn ihr Wrestling-Fan seid, habt ihr letztes Jahr bestimmt mit WWE 13 die virtuellen Ringe des World Wrestling Entertainment unsicher gemacht. Ihr habt gelernt, was es mit der so genannten "Attitude-Ära" auf sich hatte - oder habt euch als älteres Semester (wie ich) wieder in die Jugend oder Kindheit entführen lassen, als Stone Cold, The Rock oder D-Generation X für eine Wachablösung im Sports Entertainment gesorgt haben. Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des größten Spektakels im Wrestling geht man mit WWE 2K14 einen ähnlichen Weg, verlagert aber das Thema: Anstatt sich auf nur eine Ära zu konzentrieren, hat man sich bei Yukes die Großveranstaltung schlechthin geschnappt, um eine Kampagne darum zu stricken: 30 Jahre WrestleMania - der Name ist Programm.
In gut 50 Matches kann man einige der besten, der interessantesten oder der prägendsten Momente über 30 Jahre hinweg erleben. Gegliedert in fünf Bereiche, die von der Hulkamania-Phase mit WrestleMania 1 bis zur modernen Zeit der "Universe-Ära" und WrestleMania 29 reichen, werden alle Evolutionsstufen der WWE durchlaufen. Ich hätte mir zwar noch mehr Matches gewünscht (in WWE 13 gab es noch über 60) oder bei der einen oder anderen Großveranstaltung einen anderen Kampf herausgepickt.
Probleme mit der Vergangenheit
Die Match-Kommentare klingen ebenfalls echt und erwecken so den Eindruck, dass man wie letztes Jahr auf die Soundarchive zugegriffen und die Samples passend in den Einmarsch oder Kampfverlauf eingebunden hat. Nur: Sie sind es nicht. Erst mit dem Jahrtausendwechsel wurde das bekannte Team Jerry Lawler/Jim Ross eingesetzt, das auch hier die Auseinandersetzungen erläutert und kommentiert. Für die Phasen oder Matches, in denen andere Sprecher eingesetzt wurden (in der Zeit der "Brand Extension" gab es bei WrestleMania bis zu drei Kommentatoren-Teams), wurden Lawler und Ross beauftragt, Texte einzusprechen, die inhaltlich dem Original entsprechen. Das funktioniert auch weitgehend, nur bleibt die Emotion, die Sprecher wie Vince McMahon oder Bobby Heenan z.B. bei WrestleMania 9 an den Tag legten, bei der Neuaufnahme auf der Strecke. Schade – hier lässt man sehr viel Atmosphäre-Potenzial ungenutzt. Wie auch beim Publikum, das nicht immer so euphorisch auf Ereignisse reagiert, wie es möglich, angebracht und historisch verbürgt wäre.
Zu viele Nebenkriegsschauplätze?
Das Problem: Konzept und Umsetzung der spielbaren WrestleMania-Historie sind bis auf wenige Ausnahmen nur eine geringfügige Weiterentwicklung der Attitude-Ära des Vorgängers.
Doch weder der Unterhaltungswert der WrestleMania-Geschichte noch der Streak-Modus können auf Dauer verschleiern, dass das Umfeld hinsichtlich Umfang, Kulisse und Steuerung nur geringe Fortschritte gemacht hat. Ob dies jetzt dem Umstand zuzuschreiben ist, dass Yukes mitten in der Entwicklungsphase mit einem neuen Publisher konfrontiert wurde oder daran liegt, dass man seine Ressourcen schon auf die nächste Konsolengeneration fokussiert, kann ich nicht sagen.
Und sie bewegt sich doch...
Die Editoren wurden im Wesentlichen 1:1 übernommen, sogar die Sortierung der einzelnen Elemente ist größtenteils identisch. Im dynamischen Endlos-Modus "WWE Welt" gibt es ein paar neue Auswahlmöglichkeiten wie den Rivalitäten-Manager, doch sie verfeinern nur die vorhanden Optionen, ohne das Spielgefühl zu verbessern oder den Modus zu erweitern. Bei der Steuerung gibt es Verfeinerungen bei den Aufgabegriffen, doch im Wesentlichen kommen hier wieder alle Stärken und Schwächen des Vorgängers zum Einsatz: Die Kämpfe sind trotz aller Dynamik mit den teils kontextsensitiv abgerufenen Move-Veränderungen leicht zu kontrollieren. Beim Konter ist immer noch gutes Timing der Schlüssel zum Erfolg. Und wenn man nicht aufpasst oder seine gelernten Bewegungs-Sets kurzzeitig durcheinander bringt, landet man schneller bei einem den Spielfluss unterbrechenden ungewollten Aufgabegriff als einem lieb ist - so wie man es vom Vorgänger kennt. Leider gibt es immer noch Move-Schleifen, die nicht unterbrochen werden können. Für die Choreografie der Showkämpfe ist dies nützlich, der Spieldynamik schadet es jedoch, da man immer wieder in eine unnötig passive Rolle gedrückt wird, während man drei bis sieben Sekunden darauf wartet, dass man wieder agieren kann. Hier sollte zukünftig ein besserer Kompromiss gefunden werden.
Fazit
Es ist ein undankbares Jahr für die WWE-Serie. Zum einen kam der Publisher-Wechsel, zum anderen stehen die neuen Konsolen bereits vor der Tür, für die Yukes sicherlich schon entwickelt. Dementsprechend bleibt bei WWE 2K14 der Eindruck, dass man einerseits schlichtweg fertig werden musste, andererseits aber ohnehin den Blick auf die Zukunft unter einem neuen Publisher-Dach richtet. Als konsequente Weiterentwicklung der Attitude-Ära des letzten Teils, ist man hier in der Kampagne damit beschäftigt, 30 Jahre WrestleMania-Geschichte in knapp 50 Matches nachzuerleben. Dabei gelingt es trotz nicht authentischer Kommentare gut, den Geist der historischen Wrestling-Welt zu erfassen. Mit den beiden "Streak"-Modi um die sagenhafte Siegesserie des Undertaker kommt ein passabler Arcade-Ansatz hinzu, der aber nicht übertünchen kann, dass man ansonsten wenig getan hat. Immerhin hat man nichts verschlimmbessert, denn die nur geringfüge veränderte Matchauswahl, die minimal modifizierte Steuerung oder die leicht erweiterten Kreationswerkzeuge haben sich bereits im Vorgänger bewährt. Und sie sorgen auch hier für abwechslungsreiche Duelle, die den Wrestling-Zirkus mit all seinen Emotionen und Automatismen abbilden. Unter dem Strich können sie aber nicht mehr so begeistern wie noch vor einem Jahr. Für die nächste Generation hoffe ich daher auf mehr Frische. Ich bin gespannt, was 2K zusammen mit der WWE auf die Beine stellen kann.
Pro
Kontra
Wertung
360
Unterhaltsamer Abstecher durch 30 Jahre Wrestling-Geschichte, der sich mechanisch und technisch jedoch kaum entwickelt hat.
PlayStation3
Die bewährten Mechaniken funktionieren immer noch, der Abstecher durch 30 Jahre Wrestling-Geschichte wird gut inszeniert. Die Fortschritte halten sich jedoch in Grenzen.
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