Im Test: Viele Disziplinen, wenig Neuerungen
Mehr Authentizität
Ich bin ein Fan von klassischem Motorsport: Erst Trainingsläufe und kleine Experimente mit der Abstimmung des Wagens, dann eine spannende Qualifikation im Kampf um die Pole Position und schließlich ein packendes Rennen – das ist meine Welt! Und im Gegensatz zu Grid 2, in dem der Tuningansatz komplett gestrichen und eigentlich nur ein Rennen ans nächste gehängt wurde, bietet Autosport als Ableger der Reihe tatsächlich mehr Tiefe. Ich darf hier tatsächlich komplette Rennwochenenden absolvieren. Und wenn ich will, darf ich auch an Bremskraftverteilung, Differential, Abtrieb, der Übersetzung und am Fahrwerk rumschrauben. Selbst Upgrades darf ich installieren, um z.B. die Motorleistung oder meine Bremsen zu verbessern.
Die Sache hat nur einen kleinen Haken: Der Detailgrad bei Einstellungen schwankt je nach gewählter Renn- und Wagenklasse sehr stark. So darf ich im Rahmen der Karriere z.B. erst bei hochgezüchteten Tourenwagen in kleinen
Abwechslung garantiert
Codemasters teilt die zahlreichen Wettbewerbe in fünf Disziplinen auf, in denen man sich für die Grid-Meisterschafsläufe qualifiziert: Da wären zum einen die Touring-Veranstaltungen mit klassischen Rennen inklusive Training und Qualifying. Dabei besteht jedes Event aus zwei Läufen, wobei im ersten Rennen die Zeit aus der Qualifikation den Startplatz bestimmt und im zweiten die Reihenfolge des Zieleinlaufs umgekehrt wird, sodass der Sieger von ganz hinten startet. Bei Langstreckenrennen sind dagegen Konzentration und ein schonender Umgang mit den Reifen der Schlüssel zum Erfolg, denn dies ist die einzige Disziplin, in denen die Pneus mit jedem zurückgelegten Meter kontinuierlich abbauen und die Bodenhaftung entsprechend nachlässt. Man sollte in den durchgehend nächtlichen Events also Drifts und durchgehende Räder genauso vermeiden wie Abflüge ins Kiesbett. Etwas enttäuschend sind die Bedingungen für den Sieg: Es reicht, um am Ende des Coundowns von acht oder mehr Minuten vorne zu liegen – die laufende Runde muss man nicht mehr zu Ende fahren.
Großes Recycling-Kino
Wer bereits Grid 2 sein Eigen nennt, kann sich diese Probefahrten sparen: Auch wenn Codemasters an der Beleuchtung gefeilt hat und z.B. den Red Bull Ring in Österreich jetzt in einen atmosphärischen Sonnenuntergang einbettet, wurde wie schon bei Dirt Showdown bei der Strecken- und auch Fahrzeugauswahl die Recycling-Maschine angeworfen. Entsprechend darf man als Kenner keine großen Überraschungen oder Fortschritte erwarten. Trotzdem wird immer noch eine klasse Mischung aus realen Pisten wie Mount Panorama, Spa Francorchamps, Indianapolis, Brands Hatch oder dem Circuit of the Americas und Stadtkursen in Dubai & Co geboten. Zumal die hauseigene Ego-Engine einmal mehr ansehnliche Schauplätze sowie aufwändig gestaltete Boliden mit einem schicken Schadensmodell auf den Bildschirm zaubert – zumindest auf dem PC, der mit einer höheren Bildrate und Auflösung die beiden Konsolen klar hinter sich lässt. Denn Autosport scheint Xbox 360 und PS3 trotz reduzierter Details technisch ans Limit zu treiben. Die Microsoft-Konsole nimmt sich manchmal sogar kurz Zeit zum Durchatmen und friert das Geschehen im laufenden Rennen für ein bis zwei Sekunden ein. Allerdings lässt sich nicht nachvollziehen, wann und warum die Störung auftritt: Manchmal konnte ich stundenlang ohne Probleme spielen, ein anderes Mal trat der Schluckauf innerhalb von 30 Minuten mehrfach auf, ließ sich
So schön es auch ist, dass Codemasters auf die Kritik der Fans reagiert und hier die Cockpitansicht zurückbringt: In dieser bescheidenen Form hätten sie es auch bleiben lassen können! Genau wie bei Watch_Dogs hat man einen hässlichen Unschärfe-Filter über die Armaturen und das Lenkrad gelegt – und gleichzeitig sämtliche Instrumente statisch gelassen. Hier bewegt sich keine Tachonadel oder ein Drehzahlmesser, zumal man ohnehin kaum Details erkennen kann. Hier hat ganz offensichtlich die Faulheit gesiegt und qualitativ bewegt man sich fast schon in Regionen der lieblosen Pseudo-Cockpits für Standardwagen in Gran Turismo 5 und 6. Traurig, wenn man bedenkt, dass sich die Briten damals beim ersten Grid noch deutlich mehr Mühe gegeben haben.
Simulation oder Arcade?
Hinsichtlich der Aufmachung wird deutlich, dass sich Codemasters mehr am realen Motorsport orientieren will. Aber gilt das auch für die Fahrphysik? Ein Blick in die Einstellungen nährt zunächst die Hoffnung, dass die Entwickler dem Ableger mehr Anspruch verleihen wollen, denn als Spieler hat man die Wahl, welche der Fahrhilfen man nutzen möchte. Und tatsächlich: Verzichtet man auf Funktionen wie Traktions- und Stabilitätskontrolle, ABS sowie Lenk- und Kurvenunterstützung, wird es im Vergleich zu Grid 2 etwas schwieriger, die Boliden auf der Strecke zu halten. Trotzdem darf man nicht zu viel erwarten – schon gar keine Simulation! Denn dafür reagieren die Fahrzeuge selbst ohne Hilfen noch viel zu gutmütig, bieten eine erstaunliche Bodenhaftung und fühlen sich immer noch viel stärker nach Arcade an als nach einer anspruchsvollen Simulation. Schade, denn so fällt der Unterschied hinter dem Steuer zu Grid 2 deutlich geringer aus als erwartet.
Mit der Brechstange
Aber die KI ist ohnehin kein Glanzlicht – sei es die aufgrund der Leistung des Teamkameraden im Besonderen oder dem allgemeinen Auftreten der Konkurrenten. Denn wie so oft in Rennspielen aus dem Hause Codemasters verhalten sich die anderen Fahrer schon auf der normalen der insgesamt fünf Stufen unter aller Kanone. Da ist die Bezeichnung „Pistenrowdy“ noch untertrieben, wenn vor oder in fast jeder Kurve ein erhöhtes Risiko besteht, gnadenlos von den Deppen abgeschossen zu werden. In diesen Momenten lerne ich wieder die optionale Rückspulfunktion zu schätzen, mit der man sich viel Frust ersparen kann, zumal man sie auf Wunsch sogar auf Kosten von XP-Einbußen unbegrenzt anwenden kann. Besser wäre es natürlich, wenn Codemasters es endlich lernen würde, die Aggressivität der Herrschaften zu zügeln. Klar kann es bei Positionskämpfen mal zu Berührungen kommen, aber diese stupiden Rempelorgien haben mit tatsächlichem Rennsport nicht viel gemeinsam.
Hinzu kommt, dass die Balance zwischen den Rennteams nicht gerade ausgewogen ist. Vor jeder Saison hat man die Wahl zwischen verschiedenen Angeboten – jedes von ihnen mit bestimmten Zielen, Fahrzeugen und Sponsoren-Aufgaben. Problem: Das Team „Ravenwest“ ist der Konkurrenz in der Regel deutlich überlegen – nicht nur, weil sich
Gute Online-Performance
Abseits der Karriere darf man auch eigene Cups austragen – entweder in Form von Einzelrennen oder Serien. Im Partymodus kann man zudem einen Hauch Destruction Derby schnuppern, wenn man versucht, seine Konkurrenten durch Rammattacken auszuschalten. Eine echte Crash-Arena als Alternative zur Piste im 8-Layout wird aber leider nicht geboten.
Auch in Online-Events und Splitscreen-Rennen stehen die individuellen Veranstaltungen als Alternative zu vorgefertigten Playlists zur Verfügung, in denen man dank zahlreicher Einstellungen die Sitzung auf seine Wünsche zuschneiden kann. So lassen sich z.B. Fahrhilfen einschränken, Kollisionen deaktivieren oder man kann das Nutzen eines manuellen Getriebes oder der Cockpitperspektive erzwingen. Zudem darf man bis zu fünf Events pro Veranstaltung hintereinander reihen und das Feld für bis zu zwölf Teilnehmer mit KI-Piloten auffüllen. In unseren Testrunden hinterließ die Online-Qualität mit wenigen Lags und einer gelungenen Spielervermittlung einen guten Eindruck. Optional werden offene Lobbys nach einer gezielten Suche angezeigt. Schade nur, dass keine Zuschauerfunktion geboten wird, wenn man auf das Ende einer laufenden Partie wartet – diese steht seltsamerweise nur aktiven Rasern zur Verfügung, nachdem sie die Ziellinie überquert haben. Leider wird in der Lobby nicht einmal eine Karte geboten, auf der man das Geschehen in Echtzeit verfolgen können – schwach! Auch die Tatsache, dass sich die sehenswerten Wiederholungen nur auf Youtube hochladen und nicht lokal speichern lassen, ist nicht unbedingt die beste Entscheidung.
Schön dagegen, dass man sogar am PC am geteilten Bildschirm gegeneinander fahren kann – und es dort sogar am meisten Spaß macht. Denn auf PS3 und 360 sind die Splitscreen-Duelle aufgrund der grenzwertigen Bildrate und spürbar trägeren Steuerung kein besonders großen Vergnügen mehr.
Fazit
Auf der einen Seite bietet Grid Autosport viele Elemente, die Fans im zweiten Teil vermisst haben: Die Setup-Funktionen feiern genauso ihr Comeback wie die Cockpitansicht – auch wenn Letztere furchtbar umgesetzt wurde. Zudem orientiert man sich hinsichtlich der Aufmachung stärker am realen Motorsport. Doch auf der anderen Seite wird man bei der Fahrphysik dem stärkeren Fokus auf Authentizität nicht gerecht: Zwar geht es etwas anspruchsvoller zur Sache als in Grid 2, doch verharrt man weiter in Arcade-Gefilden und hat nicht den Mut, alternative Wege zu beschreiten. Wie so oft bei Codemasters ist auch die KI mit ihrem rücksichtslosen Gerempel eine Zumutung – ohne die Rückspulfunktion wäre der Frust vermutlich kaum zu ertragen. Davon abgesehen überzeugt Autosport mit einer gelungenen Auswahl an Disziplinen, die mit ihren verschiedenen Ausrichtungen und Schwerpunkten genauso für Abwechslung sorgen wie die gute Mischung aus realen Rennpisten und Stadtkursen. Diese sehen vor allem am PC klasse aus, während sich die grafisch deutlich abgespeckten Versionen für 360 und PS3 technisch am Limit befinden. Sauer stößt mir das ungenierte Recycling auf, das Codemasters schon bei Dirt Showdown betrieben hat. Deshalb würde ich es mir als Besitzer von Grid 2 zwei Mal überlegen, ob ich mir diesen Ableger ins Regal stellen würde.
Pro
Kontra
Wertung
360
Technisch ist die 360-Fassung deutlich unter der PC-Version angesiedelt und leidet unter vereinzelten Störungen bei der Darstellung.
PC
Grid Autosport bettet die Reihe nur in ein anderes Umfeld, setzt inhaltlich aber trotzdem zu sehr auf simples Recycling von Grid 2.
PlayStation3
Auf der PS3 wirken die Texturen noch ein Stück grober und die Bildrate bewegt sich oft am Limit.
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