Im Test: Polizei-Action auf CSI-Niveau
Willkommen im Drogenkrieg
Miami wird von einer neuen Designerdroge überflutet und auf den Straßen der Ostküsten-Metropole herrscht Krieg. Der junge Polizist Nicholas Mendoza gerät nach einem misslungenen Zugriff zwischen die Fronten der Gangs, deren Kämpfe von einem Verräter in den Reihen der Polizei angeheizt werden. Räumt man anfangs noch ordentlich auf den Straßen von Miami auf, wird nach dem Sammeln von Beweisen gegen den korrupten
Visceral ist darum bemüht, in der Kampagne von Battlefield: Hardline eine coole Cop-Serie zu inszenieren, die sich irgendwo zwischen Hawaii Five-O und Miami Vice einordnen möchte. Dafür wurden namhafte Autoren und Schauspieler wie Nicholas Rodriguez (CSI: NY, Arrow) oder Alexandra Daddario (True Detective) verpflichtet, die den Drogendealern oder korrupten Bullen Gesicht und Charakter verleihen sollen. Was in den ersten paar Episoden auch fast gelingt, wird allerdings im Laufe der knapp acht Stunden Spielzeit zu einem abstrusen Wirrwarr aus Verrat und Gegenverrat, dem man nur schwer folgen kann.
Stehenbleiben, Sie sind verhaftet!
Dabei ist der Einstieg durchaus gelungen: Nach dem schief gegangenen Einsatz samt Verfolgungsjagd macht man sich mit seiner neuen Partnerin Khai Minh Dao auf die Suche nach den Hintermännern der neuen Droge. Hier nimmt sich Hardline zunächst viel Zeit, um Miamis heruntergekommene Slums, das harte Vorgehen der Polizei
Auch die Spielmechanik ist zunächst erfrischend anders: Statt die bösen Buben einfach reihenweise umzupusten kann man sich an die Verbrecher heranschleichen, seine Marke zücken und die überrumpelten Drogendealer festnehmen. Zudem gibt es gesuchte Gangster, die bereits einen ausstehenden Haftbefehl haben. Diese können über den Scanner lokalisiert werden und bringen bei Verhaftung ordentlich Bonuspunkte ein.
Mit dem nicht-tödlichen Überwältigen der Verdächtigen sammelt man „Experten“-Punkte, die neue Waffen und Gadgets in der Kampagne freischalten. Das ist dank großer Einblendungen ähnlich überflüssig wie beim Vorgänger und wirkt merkwürdig deplatziert. Außerdem stehen überall Waffenkisten herum, an denen ich mich auch im größten Feuergefecht gemütlich neu ausrüsten kann. Das war schon in Battlefield 4 dämlich - und ist es nach wie vor.
Eine Schleichmechanik zum Vergessen
Apropros dämlich: Während die Festnahme-Mechanik in der ersten Spielhälfte durchaus Sinn ergibt und Uniform und Marke für Straßendealer vielleicht wirklich genug Eindruck machen, um sich zu ergeben, wird das Überrumpeln von Bösewichten spätestens nach dem Verrat an Mendoza ad absurdum geführt. Dann nämlich funktioniert es auch ohne Uniform und Marke. Selbst im Hauptquartier des Bösewichtes kann man so gemütlich einen bis an die Zähne bewaffneten Verbrecher nach dem anderen überwältigen und "festnehmen" - obwohl man ja gar keine Kollegen mehr hat, die die gefesselten Bösewichte nach dem Einsatz abtransportieren könnten. Klingt unlogisch? Ist es auch!
Zudem ist die grundlegende Mechanik der Schleichsequenzen in Hardline bestenfalls mittelmäßig. Zwar ist es
Charakterschwäche an langweiligen Schauplätzen
So ordentlich Hardline beginnt, so schnell verpufft die scheinbare Stärke der Charaktere: Trotz gut inszenierter Zwischensequenzen und vieler Gespräche bleiben alle Protagonisten bis zur völlig bescheuerten Auflösung flach und uninteressant. Zudem ist unklar, warum man später mit einem Drogenbaron
Zugegeben: von der absurden Blödheit der Kampagne von Battlefield 4 ist man hier noch weit entfernt, die Qualität der Erzählung nimmt aber spätestens in den letzten vier der zehn Kapitel deutlich ab. Dramaturgischer Tiefpunkt ist dabei für mich Kapitel acht, das schon im letzten Jahr auf der Gamescom gezeigt wurde und im Anschluss scheinbar irgendwie in die Abfolge der Episoden eingesetzt wurde. Anders ist nicht zu erklären, dass ich erneut Schleich-Tutorials erhalte und längst bekannte Mechaniken spielerisch „neu“ eingeführt werden.
Die Schauplätze können zudem bei weitem nicht mit der Opulenz der "anderen" Battlefields mithalten. Große Schlachtfelder machen einfach mehr her als Hinterhöfe, Büros oder Lagerhallen, in denen sich Drogendeals abspielen. Gerade aus den angenehm weitläufigen Everglades und der sengenden Wüste Kaliforniens hätte man aber erheblich mehr machen können, zumal es an dramatischen Zerstörungsorgien fehlt. Ja, es geht einiges an Pappwänden, Holz und Glas kaputt, aber an spektakulär versinkende Flugzeugträger oder einstürzende Wolkenkratzer kommt man in dieser Form einfach nicht heran.
Freies Vorgehen? Fast!
Immerhin hat man in den meist recht weitläufigen Arealen aber oftmals mehrere Routen, über die man in Gebäude eindringen oder Gagnster-Lager ausheben kann. Zwar bleibt Hardline jederzeit strikt linear, bietet so aber immerhin die eine oder andere Entscheidung für oder gegen einen Frontalangriff. Beim Umgehen von Feinden helfen auch Gadgets wie die Seilrutsche oder der Kletterhaken, die man allerdings oftmals nur an festgelegten Punkten benutzen kann. Warum dafür aber völlig auf Granaten, Molotowcocktails etc. verzichtet worde, bleibt aber ein Geheimnis der Entwickler - zumal viele Feinde selbige einsetzen.
Ordentliche Kulisse, missratener Sound
Die Kulisse ist trotz der eher langweiligen Schauplätze stimmig, auch wenn Visceral die Frostbite-Engine nicht so virtuos in Szene setzen kann wie die Kollegen von Dice. Vor allem die tollen Gesichter mit ihrer lebendigen Mimik können aber durchweg überzeugen, auch wenn man auf der Xbox One mit einer etwas
Dennoch überzeugt auch die Kulisse nicht gänzlich: So verschwinden z.B. zerstörte Fahrzeuge, ohne Wrackteile zu hinterlassen. Zudem gibt es in den Everglades nur eine einzige, mittelprächtige Animation der ins Wasser flüchtenden Alligatoren, die leider viel zu oft benutzt wird und daher schnell nervt.
Ebenfalls mittelmäßig ist die Soundabmischung: Viele Dialoge sind in der deutschen Fassung viel zu leise und gehen im Lärm von Verfolgungsjagden oder Schießereien unter, nur um im nächsten Moment unangenehm laut aus den Boxen zu bollern. So gehen viele Sprachfetzen im allgemeinen Soundmischmasch unter. Das ist ärgerlich, denn gerade das Smalltalk-Geplänkel zwischen den Hauptcharakteren lockert einige Szenen angenehm auf.
Neue Modi, neues Glück?
Auch im Mehrspieler-Modus setzt man auf das Cop-gegen-Gangster-Szenario und führt mit Blood Money, Überfall und Hotwire gleich drei neue Spielmodi ein, die u.a. Rush ersetzen, das seit Bad Company fester Bestandteil der Serie war.
Das äußerst unterhaltsame Hotwire ist eine mobile Variante der klassischen Eroberung: Beide Fraktionen müssen Autos klauen und durch das Erreichen einer bestimmten Geschwindigkeit übernehmen. Dann heizt man mit den Karren über die Karte und versucht so lange wie möglich am Steuer zu bleiben. Bleibt man stehen oder wird das Fahrzeug zerstört, verliert man die Kontrolle, sodass sich Hotwire wie eine Battlefield-Variante von Speed spielt – nur ohne Bombe im Kofferaum.
Unpassendes Szenario und übermächtige Helikopter
Abgesehen von Hotwire sind die neuen Modi zu chaotisch und einfallslos. Überfall ist eine einfache Variation von Rush und auch die stupiden Ballereien von Blood Money können nicht überzeugen. Zudem treten in allen drei Spielmodi nur 32 Spieler gegeneinander an, was zwar angesichts der ohnehin meist engen Karten nicht zu Leerlauf führt, insgesamt aber ernüchtert.
Selbst die taktischen VIP- und Geiselrettungen in Fadenkreuz und Rettung sind Aufbereitungen bereits bekannter Spielmodi wie Squad-Rush oder Defuse aus Battlefield 4 und Bad Company 2. Dazu kommt, dass das Szenario für die großen 64-Spieler-Gefechte in Eroberung überhaupt nicht geeignet ist. Stellungskämpfe
Statt die Panzerbrecher wie zuvor dem Mechaniker zum Start in die Hand zu drücken, wurden Raketenwerfer, Stinger und Co. hier nämlich sporadisch auf den Karten verteilt und müssen während der Gefechte aufgesammelt werden, um z.B. Helis und gepanzerte Transporter effizient zu bekämpfen – ein sinnvoller Kompromiss, auch wenn man sich gerade im Kampf gegen die übermächtigen Hubschrauber häufiger schwere Waffen wünscht. Gerade bei Hotwire verbreiten die Vögel nämlich Angst und Schrecken – erst recht, wenn sie dank der Täuschkörper-Erweiterung nicht mehr so ohne Weiteres mit einer Stinger vom Himmel zu holen sind.
Durchschnittliches Kartenmaterial
Auch die neun Karten können nicht völlig überzeugen. Einige der Schlachtfelder wie Springflut und Downtown erinnern allerdings frappierend an Karten der Vorgänger. Sogar die „Levolution“-Ereignisse sind ähnlich, auch wenn sie z.B. im Fall des Sturms auf Brandung bei Weitem nicht an das Unwetter von Paracel Storm heranreichen. Insgesamt verhält es sich aber wie in der Kampagne – Hinterhöfe, Villen und Slums sind einfach nicht so interessant wie die weitläufigen und abwechslungsreichen Schlachtfelder aus Battlefield 4. Selbst auf dem PC ist die Kulisse spürbar weniger opulent, im Fall der Everglades-Karte sogar kaum mehr als ein hässliches, braunes Mischmasch.
Knarre gegen Geld
Cool ist hingegen, dass Operator, Mechaniker, Enforcer und Profi ihre Waffen nicht mehr durch endlosen Grind, sondern mit Spielwährung freischalten können. So müssen nicht hunderte Kills mit einem ungeliebten Schießeisen gesammelt werden, sondern selbst die Erfolge mit anderen Klassen können genutzt werden, um z.B. ein neues Sturmgewehr für den „Operator“ freizuschalten. Einzig Aufsätze, Visiere und Griffe müssen wie zuvor mit Abschüssen freigeschaltet werden.
Ebenfalls gelungen: Viele der Knarren sind fraktionsgebunden, können also nur von Cops oder Gangstern
Apropros Gadgets: Natürlich stehen neben Sprengsatz, Granatwerfer, Defibrillator und Co. auch die Seilrutschen und Kletterhaken aus der Kampagne zur Verfügung. Aufgrund der wenig taktischen Gefechte kommen diese in den meisten Spielmodi aber so gut wie nie zum Einsatz, zumal sie den Platz für praktischeres Gerät belegen.
Booster und Battlepacks
Die über Battlepacks freigeschalteten Booster können jetzt gezielt genutzt werden, um z.B. über Teamaktionen, Abschüsse oder Einsatzziele besonders viele Punkte zu verdienen. Ärgerlich ist dabei aber, dass man die Booster nach wie vor ausschließlich zufällig erhält und so seinen Spielstil nicht zielgerichtet unterstützen kann. Wieso kann ich mir nicht einfach pro Booster aussuchen, für welche Aktion er genutzt werden soll?
Stattdessen bin ich auf die schon im Vorgänger nervigen Battlepacks angewiesen, die auch gegen Ingame-Währung gekauft werden können. Immerhin: Überflüssige Boosts können gegen Spiel-Dollar verkauft werden, sodass man anders als im Vorgänger nicht länger sinnlos Booster hortet, sondern diese wenigstens wiederverwerten kann.
Der Hacker-Kommandant
Fazit
Die Kampagne von Battlefield Hardline ist keine Katastrophe - allerdings auch kein besonders großer Wurf. Das Konzept einer coolen Cop-gegen-Gangster-Fernsehserie geht aufgrund der teils grenzwertigen Handlung nur bedingt auf und bietet trotz ordentlicher Besetzung weder tiefe Charaktere noch besonders gehaltvolle Dialoge. Zwar nimmt sich Visceral insgesamt odentlich Zeit für die Geschichte. Diese besteht aber weitestgehend aus mittelprächtigem Verrat-und-Gegenverrat-Wirrwarr an mäßig interessanten Schauplätzen. Die durchschnittliche Schleichmechanik und das etwas absurde Überrumpeln von Verbrechern zeigen zudem zwar ordentliche Ansätze, werden aber insgesamt einfach nicht konsequent genug umgesetzt. Dank vieler Smalltalk-Fetzen sowie einiger angenehm ruhiger Abschnitte macht man hier zwar deutlich mehr richtig als Dice in Battlefield 4, ein Glanzpunkt ist dieser Drogenkrieg aber bei weitem nicht. Auch der Multiplayer ist diesmal nicht der erhoffte Rettungsanker: Die chaotischen Gefechte in den neuen Modi Blood Money und Überfall sind zu unübersichtlich, während viele der Karten einfallslos und unspektakulär wirken. Zwar ist Hotwire mit seinen mobilen Eroberungspunkten sehr unterhaltsam und die neue Freischaltmechanik verhindert nervigen Grind mit ungeliebten Knarren, die vergleichsweise schwache Kulisse und das unpassende Szenario machen die großen Schlachten aber so unattraktiv wie selten zuvor in der Seriengeschichte. Dazu kommt, dass die Umsetzung für PS3 und 360 technisch Welten hinter PS4 und Xbox One zurückbleibt und EA mit möglichst geringem Aufwand wohl gerne ein paar Bonusverkäufe mitnehmen möchte. Insgesamt ist Battlefield Hardline ein unheimlich durchschnittlicher Shooter – und der bis dato schwächste Vollpreis-Ableger der Serie.
Pro
Kontra
Wertung
360
Die Umsetzung für Microsofts alte Dame ist lustlos und technisch indiskutabel.
PlayStation3
Die Umsetzung für Sonys alte Dame ist lustlos und technisch indiskutabel.
XboxOne
Mäßige Kampagne und ein durchschnittlicher Multiplayer - Battlefield Hardline ist der mit Abstand schwächste Serienteil.
PlayStation4
Mäßige Kampagne und ein durchschnittlicher Multiplayer - Battlefield Hardline ist der mit Abstand schwächste Serienteil.
PC
Mäßige Kampagne und ein durchschnittlicher Multiplayer - Battlefield Hardline ist der mit Abstand schwächste Serienteil.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.