Ridge Racer 624.01.2006, Michael Krosta
Ridge Racer 6

Im Test:

Mit der Ridge Racer-Serie hat Namco nicht nur in der Spielhalle für spektakuläre Drifts und einen sagenhaften Geschwindigkeitsrausch gesorgt, sondern auch auf Konsolen und Handhelds. Nur um Microsoft-Konsolen wurde bisher ein großer Bogen gemacht. Doch mit dem sechsten Teil gibt Namco endlich auch auf der Xbox 360 Gas. Kann die Raserei auf der neuen Plattform überzeugen?

Alte Zeiten

Es war einmal im Jahre 1996. In dieser Zeit war ich dank Doom, DOTT (Day of the Tentacle), Wing Commander & Co ein waschechter

Auch im sechsten Teil sind Drifts das A und O.
PC-Spieler und wollte von Konsolen nichts wissen. Doch eines Tages war ich bei einem Freund zu Besuch – ein echter Konsolen-Freak, der mir schon lange Zeit den Kauf eines SNES schmackhaft machen wollte. Vergebens. Allerdings hatte sich sein Bruder gerade ein neues Spielzeug gekauft, das auf den Namen PlayStation hörte und vorgeführt werden wollte. Womit? Ridge Racer Revolution. Mit dazugehörigem NeGcon-Controller versteht sich. Ich kann behaupten, dass diese Spielerfahrung meine Ansicht über Konsolen grundlegend veränderte. Da lief dieses Rennspiel in einer atemberaubenden, superflüssigen Geschwindigkeit über die Mattscheibe und sah genau so aus wie in der Spielhalle. Wahnsinn! Davon konnte ich mit meinem damaligen 486er nur träumen. Anstatt den PC aufzurüsten wurde fleißig weiter gespart, bis endlich meine eigene PlayStation im Zimmer stand.

Die neue Generation?

Heute, fast zehn Jahre später, sitze ich an der Xbox 360 und schiebe voller Erwartung Ridge Racer 6 (ab 49,99€ bei kaufen) ins Laufwerk. Kommt nach dem eher ernüchternden PS2-Vorgänger endlich die Arcade-Raserei der nächsten Generation? Das Intro stimmt bereits mit tollen Schnitten auf die bevorstehende Asphalt-Action ein, genau wie die spartanischen, aber stylisch gestalteten Menüs. Im Zentrum steht die Welterforschung des Ridge Racer-Universums, in der über 100 Rennen auf euch warten. Ihr startet zunächst recht moderat in der ersten von vier Autoklassen und arbeitet euch Rennen für Rennen nach vorne, um weitere Herausforderungen und Bonuswagen freizuschalten. Dank der eingängigen Steuerung driftet ihr nicht nur galant durch scharfe Kurven, sondern ladet damit gleichzeitig euren Nitro-Boost auf, der erstmals in der PSP-Version der Serie eingeführt wurde. Damit verschafft ihr eurem Flitzer für kurze Zeit einen enormen Geschwindigkeitsschub, mit dem ihr der Konkurrenz auf und davon fahrt. Allerdings ist bei manchen Veranstaltungen die Nitrofüllung begrenzt oder ihr müsst sogar ganz auf das nützliche Hilfsmittel verzichten. Dann gilt es, die Gegner einzig durch Fahrleistungen zu schlagen. Dabei erweist sich nicht selten der gewählte Bolide als Schlüssel zum Sieg. Je nach euren Vorlieben stehen verschiedene Fahrzeuge zur Auswahl, die entweder sehr driftfreudig sind und entsprechend schnell ihre Nitros aufladen oder aber gutmütiger reagieren und in der Spur bleiben, dafür aber seltener von dem Turbo Gebrauch machen können. Wie nicht anders zu erwarten, überzeugen die fiktiven Wagen wie schon in den Vorgängern durch klare Linien und

Einige Rennen finden bei Nacht statt. Leider sehen die Strecken unspektakulär aus.
meist sportliches Aussehen. Der Fuhrpark wäre für manche Konstrukteure sicherlich eine wahre Inspirationsquelle für eigene Designstudien.

Nervensägen-Alarm

So schön die Boliden auch aussehen, passen die schwachbrüstigen Motorgeräusche nicht ganz zu den schnittigen Flitzern: Anstatt röhrende Schalldämpfer und knackige Klänge im hohen Drehzahlbereich zu liefern, summen sie unspektakulär über den Asphalt und erinnern mehr an Fahrgeschäfte auf dem Oktoberfest oder eine Carrera-Bahn als an wahre PS-Monster. Dazu dröhnen meist harte Beats aus den Boxen, wobei nur wenige Stücke an die Klasse älterer Teile heran kommen. Selbstverständlich könnt ihr auch eigene Tracks importieren, was in diesem Fall sicher die beste Lösung ist. Den absoluten Tiefpunkt im Audiobereich markiert jedoch der DJ, der die Rennen mit seinen durchweg nervigen und wiederholungsanfälligen Sprüchen kommentiert. Keine Ahnung, was der Typ vor den Aufnahmen geschluckt hat, aber diese gespielte Begeisterung kann einfach keinen natürlichen Ursprung haben. Glücklicherweise kann man die Nervensäge auf Wunsch stumm schalten.

   

        

On the road again…

Was sollte ein guter Arcade-Racer neben einem ordentlichen Fuhrpark, wahnsinniger Geschwindigkeit und einem guten Fahrgefühl unbedingt bieten? Genau: viele Rennstrecken. Fans der Serie wird es sicher freuen, dass der sechste Teil massig Kurse bietet – zumindest auf den ersten Blick, denn meistens handelt es sich lediglich um verschiedene Ausbaustufen eines Szenarios oder eine umgekehrte Streckenführung. Folglich wiederholen sich Passagen sehr oft und lassen gerade bei der

Der neue Nitro sorgt kurzzeitig für einen enormen Geschwindigkeitsschub.
Welterforschung schnell Langeweile aufkommen. Ihr rast u.a. durch eine idyllische Parklandschaft, beobachtet die blinkenden Neonleuchten in der nächtlichen Rave-City oder liefert euch am Flughafen zwischen den Maschinen auf dem Rollfeld spannende Positionskämpfe. Leider fallen die meisten Szenarien trist aus und sind weit entfernt vom knallig bunten Karibik-Flair, wie man es noch aus RR Revolution kennt. Tatsächlich finden viele Rennen in der Abenddämmerung oder sogar bei Nacht statt, so dass euch die Funken vorausfahrender Wagen beim Aufsetzen besonders markant entgegen springen. Aber das war’s auch schon mit herausragenden Effekten, denn insgesamt ist Ridge Racer 6 grafisch nur Durchschnitt und nicht gerade ein Aushängeschild für die nächste Konsolengeneration. Mal abgesehen von der hohen Auflösung an einem HD-Display wäre der Titel auch ohne weiteres auf der ersten Xbox realisierbar gewesen. Landschaftstexturen und Fahrzeuge sehen kaum besser aus als bei PGR 2 und vor allem die Nachtrennen sind einfach nur öde inszeniert. Wo sind die gleißenden Lichteffekte an Straßenlaternen oder Häuserfassaden? Wo sind die Zuschauer, die euch während der Rennen fieberhaft anfeuern? Die Szenarien wirken allesamt äußerst steril und leblos - bis auf den ein oder anderen Hubschrauber oder ein Flugzeug. Kleine Lastwagen und Fahrzeuge, die im Hintergrund über Brücken tuckern, fallen dagegen praktisch gar nicht auf und gesellen sich zu den Schafen, die genau wie die Menschen auf den Zuschauertribünen mit mickrigen Animationsphasen wie Pappaufsteller am Streckenrand verweilen.

Geht’s noch schneller?

Ridge Racer 6 ist schnell, keine Frage. Und selbst mit vierzehn Konkurrenten bleibt die Rennaction zu jeder Zeit ruckelfrei, wenn ihr sie nicht gerade mit dem vollkommen missratenen 50Hz-Modus betreibt, bei dem selbst das einführende Pac-Man-Bonusspiel nicht reibungslos funktioniert. Allerdings bleibt auch bei 60Hz und unter HD ein Problem: Die Entwickler schaffen es einfach nicht, ein ähnliches Geschwindigkeitsgefühl aufzubauen wie manche Mitbewerber. Hat man bei Namco vielleicht schon mal von einem Blur-Effekt gehört oder sich vielleicht Burnout Revenge näher angesehen? Hat man mal daran gedacht,

Schöner Partikeleffekt: Beim Aufsetzen sprühen Funken.
die vielen Nachtrennen durch ein spektakuläres Lichterspiel aufzuwerten? Anscheinend nicht, denn sonst wüsste man, wie man für einen ordentlichen Geschwindigkeitsrausch sorgt. So bleibt Ridge Racer 6 zwar ein flotter Arcade-Racer, aber er haut einen in Zeiten von Burnout und auch PGR 3 einfach nicht mehr vom Hocker.

Ridge Racer online

Neben Einzelrennen und Zeitfahren habt ihr erstmals in der Serie die Möglichkeit, auch online über Xbox Live gegen andere Fahrer anzutreten. Unverständlicherweise hat es Namco für die später erschienene PAL-Version nicht geschafft, den bereits aus der US-Fassung bekannten Online-Bug zu beheben: Dabei werdet ihr bei einem Rennen mit dermaßen heftigen Lags konfrontiert, dass die Partie unspielbar wird. Solltet ihr mit diesem Problem zu kämpfen haben, müsst ihr das Spiel beenden und euch in die Systemkonfiguration begeben. Dort wählt ihr dann den Menüpunkt "Computer", anschließend "Windows-basierter PC" oder "Windows Media Center" und betätigt dort den Menüpunkt "Verbindung trennen". Jetzt sollten die Rennen online funktionieren, so dass ihr mit maximal 14 Teilnehmern um den Sieg fahren könnt. Alternativ besteht die Möglichkeit, nur um beste Rundenzeiten zu kämpfen und die Ergebnisse hochzuladen.

Achtung: Gefahr für den Spielstand!

Leider haben die Japaner nicht nur bei den Online-Rennen geschlampt, sondern offensichtlich auch das Risiko übersehen, dass euer Spielstand überschrieben wird: Wollt ihr nach einem Online-Rennen bei der Offline-Erkundungstour weiter machen, werdet ihr gefragt, ob der Spielstand neu gespeichert, sprich überschrieben werden soll. Bejaht ihr die Frage, werden sämtliche Erfolge gelöscht und ihr müsst wieder bei Null anfangen. Und jetzt stellt euch mal vor, ihr habt schon mehrere Stunden mit der World Tour verbracht und dann passiert euch das…     

Fazit

Ridge Racer bzw. Ridge Racer Revolution war damals für mich der Kaufgrund für eine PlayStation. Würde ich mir für Ridge Racer 6 eine Xbox 360 kaufen? Nein. Denn dafür ist der Titel einfach zu gewöhnlich, zu durchschnittlich. Das Nitro-Feature ist nett, aber nicht neu. Einige Strecken sehen hervorragend aus, wären aber auch auf der Xbox ohne größere Abstriche möglich gewesen und wirken insgesamt zu leblos. Das Geschwindigkeitsgefühl ist hoch, aber nicht sensationell. Irgendwie hat man ständig das Gefühl, als fehle dem Titel an allen Ecken und Enden dieses gewisse Etwas, das manch anderer Arcade-Racer. Was bleibt, ist die gute Spielbarkeit, dank der ihr mit Leichtigkeit tolle Drift-Manöver ausführt und über die Strecken prescht. Hat man sich aber erst an den Kursen satt gesehen, lässt der Fahrspaß spürbar nach. Es ist schön, dass Ridge Racer auf der 360 endlich online durchstartet – und das sogar mit 14 Teilnehmern. Allerdings stößt hier der nicht behobene Bug sowie die Spielstand-Misere sauer auf und spricht nicht gerade dafür, dass man bei der Umsetzung und Entwicklung viel Sorgfalt hat walten lassen. So traurig es für mich und jeden Fan der Serie auch klingen mag: Insgesamt ist Ridge Racer 6 nur gute Durchschnittsware. Mehr nicht.

Pro

gewohnt gute Spielbarkeit
sportliche, schnittige Boliden
gute Steuerung
umfangreicher Karrieremodus
Online-Rennen mit bis zu 14 Teilnehmern
konstant hohe Framerate
Nitro-Feature
Pac-Man als Bonus-Spiel

Kontra

grafisch nur Durchschnitt
öde Nachtrennen
leblose Szenarien
nicht behobener Online-Bug
Spielstand-Überschreibung (siehe Bericht)
missratene 50Hz-Anpassung
nur 16:9 / keine 4:3 Fullscreen-Unterstützung
Strecken(abschnitte) wiederholen sich sehr schnell
nervtötender Gute-Laune-DJ

Wertung

360

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