Bladestorm: Der Hundertjährige Krieg29.11.2007, Jens Bischoff
Bladestorm: Der Hundertjährige Krieg

Im Test:

Hack'n Slay-Fans verbinden mit dem Namen Omega Force in erster Linie Koeis langjährige Dynasty- und Samurai Warriors-Serien. Mit Bladestorm kehren die Entwickler den fernöstlichen Schlachtfeldern jedoch den Rücken zu und fallen in Europa ein. Ritter statt Samurais, Lanzen statt Katanas, taktische Truppenführung statt Sologemetzel. Ein Gesinnungswechsel zum Wohle des schon lange bröckelnden Spielspaßes?

Zwischen den Fronten

Wir befinden uns im 14. Jahrhundert. England und Frankreich führen aufgrund von Thronfolgequerelen einen zehrenden Krieg, später bekannt als der Hundertjährige Krieg. Es ist ein Konflikt, an dem nicht nur englische und französische Soldaten, 

Renderprunk: Das Intro macht wie bei fast allen Koei-Gemetzeln einen hervorragenden Eindruck.
sondern auch unparteiische Söldner teilnehmen, die schon für ein paar Goldstücke mehr die Fronten wechseln - und ihr seid einer davon. Zu Beginn dürft ihr sogar euer persönliches Erscheinungsbild festlegen, wobei die Möglichkeiten eher eingeschränkt sind: Ihr bestimmt euer bevorzugtes Geschlecht, wählt ein vorgefertigtes Konterfei, entscheidet euch für eine passende Stimme, gebt eurem Helden einen Namen - fertig.

Anschließend befindet ihr euch in einer Söldnerkneipe, die über das gesamte Spiel als Dreh- und Angelpunkt fungieren wieder, wo ihr euren ersten Auftrag an Land zieht. Später könnt ihr hier auch Handel treiben, Ausrüstung und Fähigkeiten anpassen, Unterstützungstruppen anheuern, euch mit anderen Gästen unterhalten oder im Kriegstagebuch stöbern. Euren Spielstand speichern könnt ihr hier ebenfalls und zwar nur hier, denn trotz meist mehrtägiger Kampfeinsätze bietet Bladestorm keinerlei Zwischenspeicherfunktion.

Die Qual der Wahl

Je nach Kriegsverlauf, der im Großen und Ganzen völlig linear abläuft, werden euch in der Kneipe verschiedene Kampfteilnahmen in momentan umkämpften Provinzen angeboten. Ob ihr dabei auf der Seite Frankreichs oder Englands in die Schlacht zieht, bleibt euch meist frei überlassen. Ihr könnt nach Sympathie, Soldhöhe oder Schwierigkeit entscheiden - eine generelle Schwierigkeitsgradswahl gibt es jedoch nicht. Lediglich bei obligatorischen Story-Feldzügen seid ihr gelegentlich dazu gezwungen eine bestimmte Seite zu unterstützen. Die Story rückt angesichts der zahlreichen zu absolvierenden Standardgeplänkel jedoch stark in den Hintergrund und bleibt trotz einiger markanter historischer Feldherren 

Willkommen auf dem Schlachtfeld: Das eigentliche Spielgeschehen bietet ebenfalls imposante Szenen.
vergleichsweise blass und nebensächlich. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass ihr quasi keine wirkliche Einflussnahme auf den Kriegsverlauf, sondern stets nur einzelne Schlachten habt und euch nicht dauerhaft einer der beiden Kriegsparteien anschließen könnt.

Aber egal, ihr seid schließlich kein Oberbefehlshaber, sondern lediglich ein immer gefragter werdender Söldnerführer. Eigene Truppen könnt ihr dabei nicht um euch scharen, so dass ihr stets auf vorgegebene Streitkräfte zurückgreifen müsst. Ihr dürft lediglich eine Hand voll Unterstützungstruppen anheuern, die ihr im Bedarfsfall herbeirufen und kommandieren könnt. Diese sind aber nicht beliebig oft einsetzbar und müssen zudem aus eigener Tasche bezahlt werden. Welche Truppen ihr generell befehligen könnt, wird bei Bladestorm durch den Besitz von Truppenbüchern festgelegt, die ihr in Schlachten erbeuten und beim Händler mit zusätzlichen Buchseiten, die bestimmte Kombinationen oder Spezialisierungen erlauben, ergänzen könnt.       

In diesen Schmökern wird auch die Kampferfahrung der entsprechenden Truppengattung festgehalten, mit der ihr die Fähigkeiten der jeweiligen Einheit individuell verbessern und erweitern könnt. Zudem dürft ihr die Effektivität eurer Streitkräfte mit dem Ausrüsten neuer Waffen und Schilde verbessern, was allerdings nur beim örtlichen Händler möglich ist. Wer irgendwann doch wieder eine alte Waffe mit spezifischen Vorteilen ausrüsten will, die sich noch immer im Inventar befindet, muss diese sogar nochmals kaufen und ausrüsten lassen, da Waffenwechsel ohne Kauf nicht möglich sind - e

Kavallerie marsch! - Mit berittenen Truppen metzelt ihr feindliche Infanterien einfach nieder.
ine wirklich dämliche Idee... Eure eigene Ausrüstung könnt ihr hingegen jederzeit wechseln, ohne sie euch neu anschaffen zu müssen. Löblich hierbei: Neue Handschuhe, Stiefel, Panzer oder Helme verändern nicht nur eure Kampfattribute, sondern auch euer Aussehen.

Alles hört auf mein Kommando!

Wer will, kann sogar in bester Rambo-Manier solo in die Schlacht ziehen und sich durch die feindlichen Reihen schlitzen. Besonders effektiv ist das aber nicht und zudem sehr gefährlich, da schon wenige Gegentreffer den Tod und damit den Rückzug aus der Schlacht bedeuten können. Da verbündete Truppen stets selbstständig den Marschbefehlen der französischen oder englischen Feldherren gehorchen, solltet ihr daher immer in deren Nähe operieren, denn die meisten Truppen lassen sich per einfachem Knopfdruck übernehmen und kommandieren. Strategische Hinterhalte, Zangenangriffe oder ähnliches sind dabei allerdings tabu, da stets nur die aktuell angeführte Einheit auf euer Kommando hört. Unmöglich sind solche Aktionen jedoch nicht. Ihr müsst einfach nur stets ein Auge auf die unbeeinflussbaren Truppenbewegungen der anderen haben, um besondere Angriffe entsprechend zu timen. Zudem könnt ihr vorher ausgerüstete Aktionsfahnen hissen, um Kampfhandlungen vorübergehend zu beeinflussen, in dem ihr z. B. den Gegner verlangsamt, ihn verwirrt oder dessen Moral senkt. Sich eine Einheit zu schnappen und mit dieser im Alleingang alles platt zu machen kann ebenfalls funktionieren, aber auch schnell im Tod enden.

Um besonders effektiv zu wüten, solltet ihr daher stets die farbigen Symbole über den Köpfen gegnerischer Truppenführer beachten. Leuchten diese grün, sind sie eurer aktuell angeführten Truppengattung unterlegen, leuchten sie rot, ist genau das Gegenteil der Fall.  So sind Lanzenträger z. B. ungemein effektiv, um Kavallerien aufzuhalten, während sie von schnellen Nahkämpfern hoffnungslos aufgerieben werden. Daher ist es besonders wichtig, die euch folgende Einheit in Nachteilssituationen rasch gegen eine effektivere auszutauschen,

Moral am Siedepunkt: Im Bladestorm-Zustand sind eure Aktionen noch schneller und verheerender.
was nebenbei auch die Moral hebt und euch mit der Zeit in den Bladestorm-Zustand versetzt, der euch vorübergehend noch schneller und effektiver agieren lässt. Wollt ihr die Truppe wechseln, muss sich diese allerdings in unmittelbarer Nähe befinden oder als angeheuerter Unterstützungstrupp, von denen ihr pro Schlacht maximal drei rekrutieren könnt, herbeirufbar sein.

Das taktisch kluge Wechseln der Truppen und kooperieren mit verbündeten Einheiten ist, neben dem Erobern feindlicher Stützpunkte, wie man es auch aus Dynasty Warriors & Co kennt, das A und O bei den ansonsten eher wenig strategischen Bladestorm-Schlachten. Zwar ist es auch wichtig, eine geeignete Ausgangsposition für die jeweilige Schlacht zu bestimmen und sich die Zeit gut einzuteilen, da bei einsetzender Dämmerung die Kampfhandlungen unterbrochen und vertagt werden. Aber die beste Marschplanung ist sinnlos, wenn ihr die falschen Truppen im Schlepptau habt oder fernab jeglicher Nachschubmöglichkeiten agiert, denn die Schlachtfelder sind wirklich riesig.

Ungewöhnliche Kriegsführung

Gekämpft wird übrigens nicht in Koei-typischer Button-Mashing- und Kombomanier, sondern einfach durch gedrückt halten des R1- (PS3) bzw. RB-Schalters (360). So lange ihr die entsprechende Taste gedrückt haltet, kämpfen euer Held und seine Gefolgsleute automatisch, wobei ihr euren Helden währenddessen trotzdem bewegen und taktisch klug positionieren könnt - z. B. fluchtbereit hinter den eigenen Truppen oder Kampf beschleunigend in direkter Nähe zum gegnerischen Offizier. Das wirkt vergleichsweise passiv und ungewohnt, geht mit der Zeit aber in Fleisch und Blut über. Schade nur, dass man keine verschiedenen Formationen festlegen kann.   

Das Salz in der Suppe sind allerdings truppenspezifische Spezialaktionen, die ihr durch Drücken anderer Tasten initiiert. Diese werden in der Regel direkt ausgeführt und brauchen dann eine gewisse Zeit, bis sie wieder einsetzbar sind.

Wichtige Farben: Grün leuchtende Gegner bedeuten leichtes Spiel, bei rot solltet ihr vorsichtig sein.
Dazu zählen z. B. betäubende Hiebe, niederschmetternde Sturmangriffe, gezielte Bogenschüsse, vorübergehende Steigerungen des Kampfgeistes oder der Verteidigungsfähigkeit und Schildblockaden. Besonders bei berittenen Truppen ist das Timing der Spezialangriffe von großer Bedeutung, während bei Bogenschützen eher die Distanz zum Ziel und bei Speerträgern die Ausrichtung zum Gegner ausschlaggebend sind.

Die Ziele eurer Einsätze sind in der Regel das Einnehmen und eventuelle Halten gegnerischer oder das Verteidigen eigener Stützpunkte. Manche Aufträge sind gelegentlich auch mit riskanten, aber lukrativen Nebenaufträgen gekoppelt, bei denen man auch mal Geleitschutz leisten oder Botendienste erbringen muss. Zudem kann man während der Schlachten verschiedene Kleinode erbeuten, Herausforderungen bestreiten und Persönlichkeiten treffen. Trotzdem werden die teils prächtig inszenierten Massenschlachten mit der Zeit etwas eintönig, da sie in der Regel immer nach dem gleichen Schema ablaufen. Durch Rollenspielelemente wie das Sammeln von Kampferfahrung, neuer Ausrüstung, Truppenbüchern und Fertigkeiten wird die Motivation aber dennoch weitestgehend aufrecht erhalten. Später dürft ihr sogar Kamel- und Elefanten-Trupps befehligen.

Festschmaus für die Sinne

Gut gelungen ist auch die Lokalisierung, die sich mit solider deutscher Übersetzung und Synchro deutlich von den sonst eher trashigen Warriors -Vertonungen abhebt. Dabei wurde sogar Wert auf altertümlichen Wortlaut und nationale Akzente gelegt - wobei die Franzosen hier deutlich besser bedacht wurden als die Engländer... Schade ist nur, dass nicht alle Dialoge vertont wurden und sich die Sprachsamples während der Kämpfe sehr schnell wiederholen und abnutzen. Die übrige Soundkulisse setzt sich aus treibendem Surround-Gebrüll, -Geklirre und -Gestampfe zusammen und wird von pompösen Orchesterklängen begleitet. Manche Sound-FX klingen allerdings etwas unpassend. Wenn man z. B. hinterlassene Beutestücke aufnimmt, kommt man sich fast wie in einem Super Mario -Spiel vor, was der mittelalterlichen Atmosphäre natürlich einen unfreiwilligen Dämpfer versetzt. Im Großen und Ganzen präsentiert sich der Klangteppich aber sehr homogen und stimmungsvoll.

Grafisch stellt Bladestorm im Gegensatz zu den letzten Warriors -Spielen der Entwickler sogar eine kleine Revolution dar. Endlich hat man sich von der aufgemotzten PS2-Engine verabschiedet und prachtvolle, nahezu nebelfreie HD-Kulissen geschaffen, bei denen die Gegner nicht erst wenige Meter vor einem ins Bild ploppen.

Nehmt ihr einen gegnerischen Stützpunkt ein, kassiert ihr Gold und andere Wertsachen.
Die Weitsicht ist hervorragend, am Detailgrad der in Hundertscharen auftretenden Charaktere gibt es nichts zu bemängeln und auch die Landschaften haben deutlich an Details zugelegt. Es springen sogar Hirsche und Hasen durch die Wälder, die Rüstungen glänzen im dynamisch wandernden Sonnenschein und Niederschläge wie Regen oder Schnee sehen nicht länger wie ungewollte Grafikfehler aus.

An den Animationen hätte man zwar noch etwas feilen können, aber auch hier ist im Gegensatz zu den steif zuckelnden Warriors -Verbänden eine deutliche Steigerung zu erkennen. Ärgerlich sind hingegen die teils massiven Slowdowns, mit denen diese Pracht erkauft wurde. Treffen größere Verbände aufeinander, laufen die Kampfhandlungen quasi wie in Zeitlupe ab. Wer kein HDTV versitzt, braucht zudem eine Lupe, um die mitunter winzigen Texteinblendungen entziffern zu können, während ohne 16:9-Röhre auch noch dicke Letterboxbalken hinzu kommen. 50Hz-Geräte werden sogar komplett verweigert (360). Die PS3-Fassung trumpft dagegen mit einer deutlich Ladezeiten verkürzenden Teilinstallation auf Festplatte auf. Ansonsten gibt es keine nennenswerten Unterschiede.    

Fazit

Der Einstieg gestaltet sich zwar etwas zäh und gewöhnungsbedürftig, aber es tut trotzdem gut, mal keinen fernöstlichen Kloppmist vom Fließband, sondern mittelalterliche Feldzüge mit neuen Ansätzen von den Dynasty Warriors -Machern zu spielen. Das strategische Gerüst ist zwar nicht sonderlich komplex und ungewohnt passiv, geht aber nach einer Weile locker von der Hand und belohnt mit monumentalem Schlachten vor ansprechenden Kulissen - auch, wenn jene teils mit massiven Slowdowns erkauft wurden. Die Motivation, seine Truppen zu erweitern und individuell zu verbessern, trübt das aber kaum. Auf Dauer gestaltet sich die limitierte Truppenführung allerdings etwas eintönig, die eher beiläufig erzählte Geschichte des Krieges bleibt ungemein blass und der Spielkomfort lässt teils deutlich zu wünschen übrig. Warum kann ich z. B. die Ausstattung meiner Truppen nur beim örtlichen Händler wechseln? Warum gibt es bei den meist mehrtägigen Konflikten keine Zwischenspeicherfunktion? Besitzer herkömmlicher Fernsehgeräte dürften sich zudem über die nicht optimierte Textgröße ärgern, für deren Entzifferung man ohne HD fast eine Lupe braucht. Wer kein 16:9-Gerät besitzt, muss zudem mit dicken Balken leben. 60Hz sind hingegen nur auf der Xbox 360 Pflicht, während PS3-Besitzer die Option auf eine spürbar Ladezeiten verkürzende Festplatteninstallation haben. Ansonsten gibt es keine nennenswerten Systemunterschiede. Wer auf schlichte Echtzeitstrategie mit hohem Action-Anteil steht oder eine Alternative zur Kingdom under Fire  bzw. Kessen -Reihe sucht, könnte mit Bladestorm durchaus glücklich werden.

Pro

riesige Schlachtfelder
monumentale Massenschlachten
motivierende Rollenspielelemente
breites Waffen-, Truppen & Rüstungsarsenal
Wahl zwischen verschiednen Anfangsstellungen
meist freie Wahl der unterstützenden Kriegspartei

Kontra

zäher Einstieg
massive Slowdowns
recht eintöniger Spielverlauf
umständliche Waffenwechsel
stark limitierte Truppenführung
unprägnanter, linearer Storyverlauf

Wertung

360

Taktische Truppenführung im Kingdom under Fire-Stil mit obligatorischem 60Hz-Modus.

PlayStation3

Taktische Truppenführung im KuF-Stil mit Ladezeiten verkürzender HD-Installation.

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