Need for Speed: Carbon08.11.2006, Michael Krosta
Need for Speed: Carbon

Im Test:

Ihr habt euch im Untergrund einen Namen gemacht, habt euch unzählige Verfolgungsjagden mit Cops geliefert und seid in Rockport auf den ersten Platz der berüchtigten Blacklist gerast. Jetzt, knapp ein Jahr später, verschlägt es euch in Need for Speed: Carbon (ab 21,76€ bei kaufen) auf die Canyon-Strecken rund um Palmont City, wo ihr zusammen mit eurer Crew die Stadt erobern wollt. Schmeißt EA den Ideen-Motor an oder geht die Innovation im Fortsetzungswahn unter?

Most Wanted Underground 3

Eine frei befahrbare Stadt. Eine Karte mit wählbaren Rennveranstaltungen. Tuning-Optionen, mit denen ihr eure Kiste nicht nur in Sachen Leistung, sondern auch optisch aufmotzen könnt. Verfolgungs-Stopper, die Cops und Gegnern während des Rennens das Leben schwer machen. Speed-Breaker, mit denen ihr in Zeitlupe auch die schärfsten Kurven sicher nehmt und im letzten Moment gefährlichen Hindernissen auf der Strecke ausweicht. Kommt euch bekannt vor? Kein Wunder, denn das Gerüst von Carbon ist nahezu mit den beiden Vorgängern Underground 2 und Most Wanted identisch. Wo es zuvor galt, sich in einer Heidenarbeit auf der Blacklist nach oben zu arbeiten, müsst ihr jetzt die einzelnen Viertel der Stadt erobern, was vergleichsweise ein Kinderspiel ist. Wieso? Weil die Gegner in Palmont City längst nicht mehr so verbissen agieren wie in Rockport und hier die anspruchsvolleren Boss-Rennen von knallharten 15 Blacklist-Fahrern auf magere vier Territoriums-

Im Gegensatz zu Most Wanted finden die Rennen in Carbon wieder ausschließlich bei Nacht statt.
Herrscher gesunken sind, die sich zudem viel einfacher abschütteln lassen. Damit scheint Carbon deutlich mehr auf den Massenmarkt und Gelegenheitsspieler getrimmt worden zu sein. Profis werden aufgrund der mangelnden Herausforderung unterfordert.

Spielmodi-Schwund

Während ihr in Most Wanted etliche Stunden auf eurem Weg nach oben verbringen musstet, flimmert in Carbon schon nach knapp sechs Stunden das 30-sekündige Abspann-Filmchen der Karriere über den Bildschirm - das ist zu wenig! Dabei wäre mehr drin gewesen, wenn man sich bei EA nicht dazu entschlossen hätte, viele bekannte Modi der Serie einfach wegzurationalisieren. Zwar kehrt der arg gewöhnungsbedürftige Drift-Modus wieder zurück, doch müsst ihr dafür sowohl auf die Drag-Rennen als auch auf KO-Wettbewerbe verzichten, die nicht nur für mehr Rennveranstaltungen auf der Karte, sondern auch für mehr Abwechslung gesorgt hätten. So liefert ihr euch nur Positionskämpfe in Sprintrennen sowie Rundkursen oder tretet in Checkpunkt-Herausforderungen gegen die Uhr an. Die einzig wirkliche Neuerung sind die gelungenen Canyon-Duelle, in denen ihr Mann gegen Mann antretet. Dabei besteht jede Abfahrt aus zwei Teilen: In der

Ingame-Videos:

Verfolgungsjagd (Xbox 360)ersten Runde seid ihr der Verfolger und versucht dem Vordermann so dicht es geht auf den Fersen zu bleiben. Schafft ihr es sogar, ihn zu überholen und zehn Sekunden lang in Führung zu bleiben, ist das Rennen vorbei und die zweite Runde, in der ihr vorfahren und den Gegner auf Abstand halten müsst, folgt erst gar nicht mehr. Das gleiche gilt, falls einer der Fahrer durch die Leitplanke rast und damit seinen Wagen schrottet.

Hatte ich in den Vorabversionen noch die Befürchtung, dass die Canyon-Rennen mit nur einem Kontrahenten schnell langweilig werden würden, musste ich beim Test feststellen, dass sie tatsächlich einen der Höhepunkte im Spielverlauf darstellen. Es ist einfach unheimlich spannend, sich ohne Nitro- oder Speedbreaker-Unterstützung, aber begleitet von dröhnenden Percussion-Klängen, durch die engen Serpentinen zu schlängeln, während euch der Verfolger die Hölle heiß macht und die vielen kleinen Lichter der Stadt im Hintergrund für ein tolles Ambiente sorgen. Leider gibt es in der Karriere viel zu wenige dieser Duelle, da sie nur bei den vier Bosskämpfen durchgeführt werden. Alternativ könnt ihr euch jedoch auch in schnellen Rennen oder dem Onlinemodus auf dem PC und der Xbox 360 in die Canyon-Rennen stürzen. Außerdem dürft ihr bei den freien Fahrten durch die Stadt Ausschau nach Gegnern halten oder die Cops zu einer Verfolgung provozieren. Nervig sind dagegen die Verteidigungsrennen, in denen euer Territorium angegriffen wird und ihr bereits absolvierte Veranstaltungen noch einmal in Angriff nehmen müsst. Neben der Karriere gibt es zusätzlich die Möglichkeit, eine Serie von Herausforderungen zu bestehen, in denen ihr nicht nur Medaillen, sondern auch neue

Die Cops sind meist harmlos und gehen erst später aggressiv gegen Rowdies wie euch vor.
Tuning-Teile gewinnen könnt. Dabei gilt es, mit einem festgelegten Fahrzeug die Vorgaben zu erfüllen. Neben Standard-Rennen und Zeitfahren müsst ihr dabei z.B. auch eine Mindestanzahl an Polizeiwagen rammen und der Verfolgung entkommen.

Hurra, die Cops sind da!

Allerdings gehen die Gesetzeshüter ähnlich gemächlich ans Werk wie die Rennfahrer-Fraktion. Zwar starten sie die ein oder andere Rempel-Aktion und errichten nach einiger Zeit Straßensperren, doch habt ihr die Cops meist gut im Griff und schaltet sie bequem mit den Verfolgungs-Stoppern aus, indem ihr z.B. eine Häuserfassade einreißt oder durch eine Tankstelle brettert. Erst wenn sie mit schweren Fahrzeugen anrücken und Nagelbänder auslegen, wird es langsam ungemütlich und auch gefährlich. Bei einer Verhaftung greift ihr entweder auf zuvor gewonnene Entlassungs-Gutscheine zurück oder zahlt ein Bußgeld. Habt ihr euch dagegen dem Blickfeld der Gesetzeshüter entzogen, dürft ihr euch wie gewohnt nach den Verstecken umsehen, die auf der Karte markiert werden.

   

                

Muscle Cars, Tuner, Exoten

Die über 50 Fahrzeuge teilen sich im aktuellen Teil in die Klassen Muscle Cars, Tuner und Exoten. So nehmt ihr in schicken Boliden wie dem Shelby GT500 (Muscle), Nissan Skyline GT-R R34 (Tuner) oder Lamborghini Murciélago LP640 (Exotic) Platz. Ihr erkennt sicher das Muster: Während Muscle Cars vornehmlich aus den USA stammen, findet ihr unter den Tuner-Kisten hauptsächlich japanische Fabrikate, während die Exoten meist europäische Hersteller wie Mercedes, Porsche, Renault oder VW umfassen.

Von den drei Fahrzeugklassen steuern sich die Muscle Cars am anspruchsvollsten.
Im Karrieremodus müsst ihr euch zu Beginn auf eine der drei Klassen festlegen, die zugleich euren Startpunkt in Palmont City bestimmt. Selbstverständlich dürft ihr aber im Laufe des Spiels auch Wagen anderer Klassen eurer virtuellen Garage hinzufügen - allerdings ist dies kein Muss. Ich hätte mir gewünscht, gegen bestimmte Bosse nur mit einer bestimmten Wagenklasse antreten zu können. Nutzt eine Crew z.B. ausschließlich Muscle Cars, wäre es eine passende Bedingung gewesen, es ebenfalls mit einem Muscle Car gegen den Anführer aufnehmen zu müssen. Damit hätte man auch den viel zu kurzen Karrieremodus etwas länger gestalten können, da man sich erst den Wagen einer anderen Klasse hätte komplett neu aufbauen müssen. So aber könnt ihr locker über 50 Prozent der Karriere mit eurem ersten Auto überstehen, bevor ihr euch einen Flitzer der nächsten Leistungsstufe zulegen müsst. Jede Klasse, egal ob Tuner, Exoten oder Muscle Cars, beinhaltet Boliden in drei grundsätzlichen Leistungsstufen. Klar, dass ein Audi LeMans (Stufe 3) in der Grundausstattung schon einiges mehr hermacht als ein voll getunter Alpha Romeo (Stufe 1).

Ich brauch Leistung!

Das Tuning läuft bei Carbon genau so simpel ab wie schon in Most Wanted oder Underground 2. Im Prinzip habt ihr es hier noch einfacher: Anstatt einen Tuning-Händler aufsuchen zu müssen, erledigt ihr sämtliche Verbesserungen bequem aus dem Unterschlupf heraus. Für Leistungs-Upgrades stellt ihr Pakete zusammen, die ständig erweitert werden. So gebt ihr dem Motor z.B. mehr Power, sorgt für einen flotten Nitro-Schub oder besorgt euch ein Fahrwerk, mit dem das Auto auf der Straße liegt wie ein Brett. Die Pakete bestehen aus jeweils drei Teilen, mit denen ihr das Upgrade weiter verfeinern könnt. Wollt ihr beim

Die detaillierten Wagenmodelle zählen zusammen mit den fantastischen Spiegelungen zu den optischen Highlights.
Motor z.B. lieber die volle Leistung oder ein besseres Drehmoment? Sollen die frischen Reifen mehr Grip bieten oder zum Driften neigen? Kommt es euch beim Getriebe mehr auf eine gute Beschleunigung oder eine hohe Endgeschwindigkeit an? Ihr habt es in der Hand!

Das Auge fährt mit

Doch nicht nur in die Leistung, auch in die Optik dürfen die Preisgelder investiert werden: Neben Karosserieteilen wie Spoilern, Motorhauben und Schürzen, habt ihr auch die Wahl zwischen schicken Felgen verschiedener Größen, diversen Lackierungen, Scheibenfolien sowie die Option, den Flitzer richtig schön tief zu legen, was jedoch keinerlei Auswirkungen auf das Fahrverhalten hat. Ein bekanntes Feature ist mit den Vinyls ebenfalls wieder mit an Bord, so dass ihr eine Vielzahl (freischaltbarer) Aufkleber, Sticker und Beschriftungen an der Karosserie anbringen könnt - und das gleich in mehreren Schichten. Fangt z.B. mit einem Tribal ein, fügt noch ein Flammen-Layout hinzu und rundet das alles noch mit ein paar schicken Streifen  ab. Dabei verschiebt, skaliert, rotiert und verformt ihr die Motive nach Belieben. Allerdings habe ich oft die Option vermisst, gerade bei Tür- und Seitenverschönerungen die Aufkleber mit einem simplen Knopfdruck auf die gegenüberliegende Seite zu spiegeln. So fummelt ihr euch mit der

Mehr Ingame-Videos

Sprint-Rennen (GameCube, 50Hz)manuellen Verschiebung einen ab, bis es auch wirklich passt. Zwar wird viel geboten, doch kommt man an die Auswahl eines NFS Underground 2 oder Most Wanted dennoch nicht heran, wo ihr z.B. auch Untergrundbeleuchtungen oder alternative Armaturen anschaffen durftet.

Eine wirklich schöne Neuerung hat sich Electronic Arts jedoch mit der Autosculpt-Funktion einfallen lassen: Anstatt es beim Kauf von vorgeformten Teilen zu belassen, dürft ihr mit Autosculpt selbst Hand anlegen und editiert verschiedene Zonen kinderleicht mit einem Schieberegler. Die Öffnung im Kühlergrill soll größer werden? Ihr wollt eure Felgen weiter verzieren? Der Spoiler soll noch stärker über die Seiten hinaus ragen? Die Motorhaube könnte mehr Lufteinlässe vertragen? Dann gestaltet sie euch nach euren Wünschen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Einzige Voraussetzung: Ihr müsst Autosculpt-Zonen im Karrieremodus freischalten und zudem einen Karosseriebauer in eure Crew aufgenommen haben. Häh...? Crew? Welche Crew?

             

Helfer im Straßenkampf

Als weitere Neuerung in der Serie präsentiert EA ein Crew-Feature, mit dem ihr während der Rennen auf Knopfdruck Hilfe anfordert. Es gibt drei verschiedene Arten von Mitgliedern: Blocker, Scouts und Drafter. Während Blocker die Verfolger abdrängen und in Unfälle verwickeln, lassen euch Drafter in ihrem Windschatten fahren, was euch gegenüber den Konkurrenten einen Geschwindigkeitsvorteil bringt. Allerdings stehen euch die Fähigkeiten der Crew nur für eine begrenzte Zeit zur Verfügung und ihr müsst zudem deren Energie durch schnelle Fahrten durch die Straßen aufladen. Einzig die Scouts stehen euch ständig zur Verfügung und zeigen euch versteckte Streckenabschnitte, wenn ihr ihnen folgt. Schade eigentlich, denn war das eigenständige Finden von Abkürzungen in den Vorgängern noch eine Bereicherung für die Motivation, bekommt man in Carbon alles auf dem Präsentierteller geliefert. Überhaupt scheint mir das Feature irgendwie in den Spielablauf hineingequetscht worden zu sein, um zwanghaft etwas Neues bieten zu können. Aber worin besteht die große Herausforderung, einen Knopf auf dem Pad zu drücken, sobald die Energieleiste aufgeladen ist? Wenn man schon ein Team-Feature integrieren muss, hätte ich es besser gefunden, meinem Crew-Mitglied gezielt Befehle geben zu können und mich nicht vor dem Rennen auf eine Fähigkeit festlegen zu müssen. Doch gerade in späteren Rennen werdet ihr die Hilfe eures Kameraden zu schätzen wissen: Zwar ist der Schwierigkeitsgrad generell recht niedrig angesetzt, doch gibt es euch mehr Sicherheit, wenn ihr euch im Windschatten, durch Block-Aktionen oder Verfolgungs-Stopper einen komfortableren Vorsprung

Die Verfolgungs-Stopper setzt ihr nicht nur gegen die Cops, sondern auch gegen die anderen Fahrer ein.
einfahrt. Dennoch hätte man auf das Crew-Feature komplett verzichten können, da es insgesamt keine wirkliche Bereicherung des Spielablaufs darstellt, aber auch nicht wirklich nervt - einzig die ständigen Kommentare der Mitstreiter gehen einem irgendwann auf den Zeiger.

Beschämender Online-Auftritt

Okay, die Karriere ist gemeistert, alle Herausforderungen sind erfolgreich abgeschlossen und die schnellen Rennen allein oder im Splitscreen mit einem weiteren Mitspieler werden irgendwann auch langweilig. Was bleibt noch? Richtig: der Onlinemodus. Allerdings nur auf der Xbox 360 und dem PC, denn die Current-Gen-Konsolen bleiben komplett offline. Dass dies beim GameCube so ist, war schon zu erwarten und auch das Fehlen der Online-Unterstützung auf der PS2 war nach der plötzlichen Streichung in Most Wanted abzusehen. Dass jetzt aber auch der Onlinemodus der Xbox-Fassung gestrichen wird, ist schon eine kleine Überraschung und spricht nicht unbedingt für die Entwickler. Schon mal daran gedacht, dass Xbox-Besitzer mit ihrem Live-Abo auch mit Carbon gerne online durchgestartet wären? Glücklicher können sich da 360- und PC-Besitzer schätzen, die neben Standard-Modi wie Runden-, Sprint-, Radarfallen und Canyonrennen auch an ausgefalleneren Varianten wie dem Verfolgerwechsel teilnehmen können - sowohl in Fun- als auch in Ranking-Matches. Dabei ist ein Spieler als Raser unterwegs, der von den Cops - und damit allen anderen Spielern - gejagt wird. Kann er sich nicht absetzen, wechselt der Raser-Status auf den Cop-Spieler, der ihn am besten verfolgt hat. Am Ende gewinnt derjenige, der die meiste Zeit als Raser unterwegs gewesen

Die spannenden Canyon-Duelle stellen eine der wenigen, aber gleichzeitig interessantesten Neuerungen dar.
ist. Die KO-Verfolgung setzt dagegen nur den letzten Spieler einer Runde in die Polizei-Kutsche, der versuchen muss, die anderen Raser abzudrängeln, so dass in der nächsten Runde ein anderer als Cop auf die Jagd geht. Zwei wirklich herrliche Modi, die viel Spaß bringen, sofern sie stabil laufen.

In der Theorie klingt der Onlinemodus interessant, abwechslungsreich und motivierend. Doch in der Praxis wird man mit der grausigen Realität konfrontiert, die fast schon einem kapitalen Motorschaden gleicht: NFS Carbon laggt! Böse. RICHTIG BÖSE! Selbst mit nur zwei von maximal acht Teilnehmern und flotten Leitungen im Rücken kommt ein halbwegs flüssiger Spielablauf nicht zustande. So wie die Fahrzeuge lächerlich über den Asphalt hoppeln, müsste man fast lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Doch es kommt noch schlimmer: Oft genug, wurde mitten im Rennen einfach die Verbindung zum Server gekappt, was besonders im Rahmen eines gewerteten Spiels mehr als ärgerlich ist. Ein neuer Versuch war erst dann erfolgreich, wenn beide das Spiel komplett neu gestartet haben. Fakt ist: Im jetzigen Zustand ist Carbon auf der Xbox 360 online nahezu unspielbar! Auf Nachfrage bei EA wurde uns mitgeteilt, dass man sich des Problems bewusst sei und man nicht auf einen derartigen Ansturm an Online-Spielern gefasst war. Deshalb will man die Schwierigkeiten, die von den Überlastungen der Server ausgehen, möglichst bald in den Griff bekommen. Zwar konnte ich gestern (8. November 2006) erstmals über eine Stunde am Stück ohne einen Verbindungsabbruch spielen, doch waren die mitunter krassen Lags nach wie vor vorhanden, mit denen der Online-Spielspaß auf der Strecke bleibt! Die PC-Version konnten wir im Onlinemodus leider noch gar nicht antesten, da EA auch hier noch Probleme zu haben scheint, die jedoch bald mit einem Patch behoben werden sollen. Sobald wir mit dem PC online rasen können, werden wir den Bericht mit unseren Erfahrungen aktualisieren.

          

Versionsunterschiede

Da NFS Carbon für so ziemlich jede erdenkliche Plattform erscheint, stellt sich die Frage, inwiefern sich die einzelnen Versionen voneinander unterscheiden. Auf den ersten Blick springen die grafischen Unterschiede ins Auge: Die Xbox 360-Fassung sieht vor allem in HD am besten aus, hat dafür aber vor allem in der hohen Auflösung mit Problemen bezüglich einer konstanten Framerate zu kämpfen. Dafür bekommt ihr hier mit schicken Echtzeit-Spiegelungen auf der Karosserie sowie imposanten Licht-Schweifen bei Nitro-Fahrten plattformübergreifend die schönsten Effekte zu sehen, die selbst der PC

Vor allem die 360- und PC-Versionen glänzen mit ansehnlichen Licht- und Partikeleffekten.
in höchsten Grafikeinstellungen nicht darstellt. Ein Vorteil ist hier jedoch, dass ihr den Spielablauf durch die Grafikeinstellungen an die Potenz eures Rechners anpassen und so einen durchweg flüssigen Spielablauf zurechtkonfigurieren könnt. Außerdem bekommen PC-Spieler ein detaillierteres Schadensmodell geboten, das allerdings lediglich bei den Cop-Fahrzeugen greift. Insgesamt betreffen die Schäden auf allen Plattformen lediglich die Optik - Einfluss auf die Leistung oder das Fahrverhalten eures Wagens haben sie nicht. Leider seht ihr an eurem Boliden nur Kratzer im Lack - Verformungen wie Beulen oder herumfliegende Teile gibt es nicht. Atmosphärisch liegen PC und 360 nicht nur wegen den detaillierteren Kulissen vorne: Gerade die Duelle mit den Bossen, wo ihr deren Reaktionen als Bild im Bild während der Rennen präsentiert bekommt, werden viel besser inszeniert. Das gilt auch für die Zwischensequenzen, in denen ihr auf der 360 und dem PC hervorragend nachgebildete und lebensecht animierten Modelle der realen Schauspieler zu sehen bekommt, während die Kamera bei den anderen Plattformen keinen Blick auf die Fahrer gewährt. Die Kulissen hinterlassen insgesamt einen soliden Eindruck und punkten vor allem auf der Xbox 360 und dem PC mit tollen Licht- und Motion-Blur-Effekten. An Most Wanted reichen sie allerdings nicht heran, da viele Details im nächtlichen Einheitsbrei untergehen. Es macht einfach mehr Spaß, bei Tag durch die Stadt zu cruisen. Ich kann deshalb EA nur raten, im nächsten Ableger sowohl Tag- als auch Nachtrennen zu integrieren, denn beide Varianten haben sicher ihren Reiz. Wenn es aber nur in der Dunkelheit auf die Pisten geht, wird es schnell langweilig.

Need for Blur

Weitere Unterschiede zwischen den Plattformen betreffen den Einsatz von Blur-Filtern: Während auf der 360 und dem PC der bekannte Geschwindigkeits-Effekt fast schon zu stark eingesetzt wird, fahren PS2 und Cube auf Sparflamme. Nur die Xbox-Version, die als einzige Current-Gen-Fassung Echtzeit-Spiegelungen auf der Karosserie bietet, schneidet im Vergleich besser ab und bietet ebenfalls ähnlich schicke Effekte. Enttäuschend präsentiert sich auf PS2 und Cube vor allem der Speedbreaker, der mit fehlenden Verwisch-Effekten gar nichts mehr hermacht. Dafür hat die aktuelle Konsolengeneration einen Vorteil gegenüber der 360: Zwar gibt es auch auf PS2, Cube und Xbox vereinzelte Ruckler, doch geht die Framerate zu keinem Zeitpunkt dermaßen stark in die Knie wie auf der neuen Microsoft-Konsole. Ja, auf der aktuellen Konsolengeneration läuft Carbon insgesamt flüssiger als auf der Next-Gen-Plattform. Allerdings fällt vor allem die PS2-Version mit deutlich gröberen Texturen gegenüber den anderen Fassungen ab und kommt zudem mit leichten PAL-Balken daher. Die gibt's zwar auch auf dem Cube, allerdings treten sie nur im 50Hz-Modus auf. Löblich ist, dass ihr mit 60Hz auch auf eurer 360 an einem normalen 4:3-Fernseher im Vollbild an den Start gehen könnt. Schade dagegen, dass es nicht mal auf der 360 eine

Dank der Speedbreaker-Funktion lassen sich auch scharfe Kurven noch perfekt nehmen.
echte Cockpit-Perspektive gibt, wie es z.B. bei PGR 3 oder TDU der Fall ist. Damit hätte EA nicht nur zu den Wurzeln der Serie zurückgehen können, sondern hätte Carbon auch konkurrenzfähiger gemacht. Wenn ich an einer Next-Gen-Konsole in all den geilen Schlitten Platz nehmen darf, will ich heutzutage eine ordentliche Cockpit-Perspektive haben!

Zu wenige Knöpfe?

Bei der Steuerung hat vor allem der GameCube das Nachsehen. Warum? Weil das Pad der Nintendo-Konsole einfach zu wenige Knöpfe hat, um alle Funktionen zu belegen. Als Folge dessen habt ihr auf dem Würfel nicht die Möglichkeit nach hinten zu sehen, sondern müsst euch auf den Rückspiegel verlassen. Außerdem könnt ihr während der Rennen nicht zwischen den verschiedenen Perspektiven umschalten - stattdessen müsst ihr umständlich über das Pause- und Einstellungsmenü gehen. Auf den anderen Systemen habt ihr keine solchen Probleme, allerdings wäre es schön gewesen, auch auf den Konsolen die Knöpfe individuell belegen zu können, wie es auf dem PC der Fall ist. Leider bekommt ihr nur verschieden vorgefertigte Konfigurationen geboten. Insgesamt funktioniert die Steuerung auf allen Plattformen gut und präzise - lediglich die PS2-Boliden steuern sich deutlich schwammiger. Gewöhnungsbedürftig sind generell die Drift-Rennen, bei denen die Fahrzeuge sehr sensibel reagieren. Ich war am Anfang sehr frustriert, doch wenn man sich die Mühe macht, sich einzuarbeiten, wird man richtig Spaß beim Rutschen durch die Kurven haben. Allerdings kommt der Modus nicht an die Drifts aus Underground 2 heran und bleibt insgesamt der schwächste Spielmodus von Carbon.

          

Vier gegen acht

Während ihr auf den Current-Gen-Systemen nur gegen maximal drei Gegner antretet, rast ihr auf der 360 und dem PC mit insgesamt acht Flitzern über den Asphalt. Daneben findet ihr mit den Massenrennen auf PC und 360 einen exklusiven Modus, in dem ihr mit 20 Boliden an den Start geht. Daneben müsst ihr euch in manchen Veranstaltungen auch mit Gegenverkehr

Ein seltenes Bild: Die Cops haben uns nach einer haarsträubenden Verfolgungsjagd geschnappt!
rumschlagen, der jedoch mit seinen wenigen Wagen kaum ins Gewicht fällt. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit der höheren Anzahl an Fahrzeugen der Rennspaß auf PC und 360 etwas höher liegt als bei der aktuellen Konsolengeneration.

Bitte lächeln

Preisfrage: Wie heißt der Modus, der heutzutage in keinem Rennspiel mehr fehlen darf? Richtig: der Fotomodus. Auch EA hat den Trend erkannt und gibt euch die Möglichkeit, virtuelle Bilder von den Boliden in den nächtlichen Kulissen anzufertigen. Allerdings erinnern die Funktionen an ein uraltes Billigmodell vom Flohmarkt: Während ihr in Gran Turismo und Co mit Filtern, den Blenden, Verschlusszeiten und der Belichtung rumspielen und das Foto mit ansehnlichen Effekten aufwerten dürft, betätigt ihr hier lediglich den Auslöser - das war's! Außerdem gibt es keine Replays, die mit Sicherheit ebenfalls eine gute Quelle für imposante Aufnahmen dargestellt hätten. Schade drum!  

Starke Klangkulisse

Durchweg gelungen ist erneut der Sound, der euch mit satten und kernigen Motorenklängen perfekt ins Renngeschehen versetzt. Auch die deutsche Synchro geht mit überwiegend professionellen Sprechern in Ordnung, nur die Musikbegleitung ist Geschmackssache, doch hängt diese auch von der Wahl eures fahrbaren Untersatzes ab. Während ihr in Muscle Cars von coolen Rockklängen begleitet werdet, lullen euch hinter dem Steuer eines Exoten-Flitzers belanglose Elektronik-Tracks ein.         

Fazit

Ich stehe wieder vor dem gleichen Problem wie schon bei Most Wanted: Wie bewerte ich ein Spiel, das von der Struktur und dem spielerischen Gehalt genau so gut Need for Speed Underground 3 heißen könnte? Illegale Straßenrennen bei Nacht, viele Tuning-Optionen, Verfolgungsjagden mit der Polizei und eine frei befahrbare Stadt - das alles kennen wir schon. Ist das schlecht? Nein, denn wer das bekannte NFS-Gerüst mag, wird auch hier seinen Spaß haben. Dennoch ist Carbon einer der schwächsten Teile der bekannten Serie. Warum? Weil viele bekannte Modi der Vorgänger wie die KO- und Drag-Rennen wegrationalisiert wurden oder an Bedeutung verloren haben (Cop-Verfolgungen), der Umfang viel zu gering ausgefallen ist und die Rennen für geübte Spieler keine wirkliche Herausforderung darstellen. Da helfen auch die wenigen Neuerungen nicht viel: Die Canyon-Rennen sind spannend, werden in der Karriere aber kaum gefahren. Das Crew Feature ist zwar nicht störend, aber auch keine echte Bereicherung. Autosculpt ist ein beeindruckendes Feature, mit dem man sich allerdings nur anfänglich intensiv beschäftigt, bevor man es kaum noch beachtet. Ernüchternd ist zudem der Online-Auftritt: Während auf dem PC erst noch ein Patch nachgereicht werden muss, wird der Online-Spaß auf der Xbox 360 trotz interessanter Modi durch fiese Lags und komplette Spielabbrüche ausgebremst. Einfacher haben es da die Current-Gen-Konsolen, bei denen der Onlinemodus komplett gestrichen wurde, was ich vor allem bei der Xbox nicht nachvollziehen kann. So bleibt unterm Strich ein grundsolides Rennspiel, das jedoch gerade als Teil der Need for Speed-Serie mehr enttäuscht als begeistert.

Dass der Online-Modus nur unzureichend zufrieden stellen kann, ist bedauerlich, aber für mich als Offline-Rennfahrer nur Nebensache. Doch auch hier hat EA einige Chancen verpasst, um das beste Need for Speed aller Zeiten auf die Piste zu stellen. Und das, obwohl man sich sichtlich Mühe gegeben hat, nicht nur ein "Best of NfS" zu präsentieren, sondern mit dem Autosculpting, der Crew und den Canyon-Rennen auch frische Impulse unter die Haube zu packen, die allerdings allesamt unter Kinderkrankheiten leiden. Und trotz Polizei (aus Most Wanted), den Drift-Rennen (aus Underground) und der frei befahrbaren Stadt (seit Underground 2) bleibt ein leicht unbefriedigendes Gefühl zurück. Die Jagd nach Territorien hat mir zwar von Anfang bis Ende Spaß gemacht und wird sehr stylisch präsentiert, ist allerdings viel zu früh vorbei und bedingt durch den nicht balanciert scheinenden Schwierigkeitsgrad letztlich zu einfach für Veteranen. Selbst wenn der direkte Vorgänger Most Wanted mit latenten Rucklern zu leben hatte, muss ich zugeben, dass ich unter dem Strich mehr Spaß mit seinen Tagrennen hatte als jetzt mit den allnächtlichen Abstechern nach Palmont City...

Pro

optisch durchaus ansprechend
spannende Canyon-Rennen
satte Motorengeräusche
interessante Onlinemodi
tolle Licht- und Blur-Effekte
detaillierte Wagenmodelle
professionelle Synchronisierung
beeindruckendes Environment-Mapping (360; PC)
für Anfänger gut geeignet
gutes (Arcade-)Fahrverhalten
präzise Steuerung (außer PS2)
Autosculpt-Feature
Massenrennen (Xbox 360; PC)

Kontra

viel zu geringer Umfang
merkliche Slowdowns (Xbox 360)
heftige Lags und Spielabbrüche im Onlinemodus (Xbox 360)
kaum spielerische Herausforderung
Kürzung von Spielmodi
schwache Cops
gewöhnungsbedürftige Drift-Rennen
weniger Tuningmöglichkeiten
gröbere PS2-Texturen
umständlichere Cube-Steuerung
Fotomodus nur rudimentär
keine Replays
effektarme Präsentation (PS2, Cube)
kein Onlinemodus (Xbox, PS2, Cube)
schwammige Steuerung (PS2)
nervige Verteidigungsrennen

Wertung

360

PlayStation2

XBox

GameCube

PC

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