Conan24.10.2007, Mathias Oertel
Conan

Im Test:

Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis sich irgendein Entwickler daran macht, das Erfolgsprinzip von Sonys God of War-Serie zu emulieren. Dass es dennoch bis jetzt gedauert hat, ist verwunderlich - immerhin hat Kratos schon einige Monate auf dem Buckel... Kann der Literatur-Barbar Conan (ab 34,99€ bei kaufen) aus dem Schatten des griechischen Kult-Kriegers treten? Und welche Auswirkungen haben die Änderungen für den deutschen Markt auf die Motivation?

Barbarischer Held

Nicht zuletzt durch den Film aus dem Jahre 1982, der den Grundstein des Welterfolges eines österreichischen Bodybuilders legte, ist die Figur des Barbaren "Conan" (erfunden vom Amerikaner Robert E. Howard) nicht mehr aus der Popkultur wegzudenken. Der wortkarge Held aus Cimmeria ist seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts ein fester Grundpfeiler der Fantasy-Literatur und in Comics ebenso zu finden wie im Fernsehen.

Nicht nur dieser Kampf gegen den Polyp erinnert an die Abenteuer von Kriegsgott Kratos...
Und von Zeit zu Zeit stattet der Schwertschwinger auch den Videospielen einen kleinen Besuch ab - das letzte Mal vor gut drei Jahren, als TDK Mediactive den King of Kings mit mäßigem Ergebnis auf ein Abenteuer schickte.

Mittlerweile stehen die Chancen auf Erfolg für Conan besser. Denn in den letzten zwei Jahren hat ein griechischer Kämpfer namens Kratos auf der PS2 mit den God of War-Titeln (GOW) ein ebenso einfaches wie motivierendes Spielprinzip etabliert: Brachiale Kämpfe, gepaart mit fordernden Sprungeinlagen, geschickt eingestreuten auflockernden Rätseln und einer der Netzhaut schmeichelnden Kulisse.

Gut geklaut?

"Das können wir auch!", dachten sich die Entwickler von Paradox und machten sich daran, ihre Vision der griechischen Kriegsgott-Vernichtung verkleidet in ein Conan-Kostüm zu realisieren.

Denn machen wir uns nichts vor: Im Wesentlichen hakt Conan einen Punkt nach dem anderen auf der "Inspirations"-Liste ab. Eingängige Steuerung. Check! Zahlreiche Kombos. Check! Gegner ohne Ende. Check! Stimmige, aber letztlich unwesentliche Story. Check! Sprungeinlagen. Check! Naja, nicht ganz. Es gibt deutlich weniger als in den GOWs, was durchaus positiv zu bewerten ist, da die Kollisionsabfrage bei Conan eher zweifelhaft reagiert...

Doch zurück zur Liste. Rätsel. Check! Verschiedenfarbige Symbole, die aufgesogen werden und für einen Wiederanstieg der Lebensenergie, dem Aufladen von magischer Kraft sowie als Aufrüstfunktion genutzt werden. Check! Quicktime-Reactions. Check!

Alles da, was man braucht, um glücklich zu werden und auch auf den gegenwärtigen Konsolen so etwas wie GOW-Feeling zu erleben. Oder etwa doch nicht?

Die Schwertkämpfe sind variantenreich, schön inszeniert und maßlos geschnittten...
Im Prinzip ja. Abgesehen von den bereits angesprochenen Sprungeinlagen lässt sich der Cimmerier gut kontrollieren und fackelt abhängig von den bereits freigespielten Fähigkeiten ein wahres Kombofeuerwerk ab. Dabei stehen ihm drei Waffentypen zur Verfügung: Einhänder mit Schild (hervorragend zur Abwehr von Feinden geeignet), zwei Einhand-Waffen (gut gegen schnelle ungeschützte Gegner) und die Block brechenden Zweihand-Gerätschaften wie übergroße Schwerter oder Hellebarden, die vor allem gegen wuchtige Feinde ihre Vorteile haben.

Zusätzlich lassen sich auch noch bestimmte Gegenstände in der Umgebung manipulieren, so dass ihr z.B. herumstehende mannshohe Amphoren aufnehmen und auf eure Feinde werfen könnt - was natürlich deutlich effektiver ist, wenn diese Behälter mit einer brennbaren Flüssigkeit gefüllt sind und ihr die Feinde daraufhin zum Barbecue einladet.

Doch auch die Gegner schlafen nicht. Egal, ob wilde Tiere wie Löwen, andere Barbarenstämme, ausgewachsene Dämonen und natürlich die teils den Bildschirm ausfüllenden Bosse: Ihr werdet nur selten Ruhe haben, euch an den guten Kampfanimationen zu erfreuen, da schon der nächste Ansturm auf euch einprasselt.

In diesem Geben und Nehmen habt ihr allerdings mit dem aktiven Block einen Vorteil auf eurer Seite. Haltet ihr die Abwehrtaste gedrückt, habt ihr eine Powerabwehr zur Verfügung, die ähnlich wie in Ninja Gaiden gegen alles schützt - außer Blockbrecher.

       

Wenn ihr allerdings über gute Reaktionen verfügt und den richtigen Moment abpasst, könnt ihr durch gezielten Knopfdruck nicht nur den Angreifer blocken, sondern umgehend einen verheerenden Konter starten, der nur ein Ergebnis kennt: Das Ende des Gegners. Zusätzlich habt ihr nach und nach Zugriff auf verschiedene Angriffszauber, die das Kampfgeschehen zusätzlich auflockern und auch visuell einiges hermachen.

Der dämonische Elefantenkönig gehört zu den ansehnlichen Bossen der Conan-Welt. (360)
"Rare" vs. "Well done"

So weit klingt doch alles gar nicht schlecht, möchte man meinen. Und damit liegt man eigentlich auch richtig. Wenn, ja wenn Conan in der deutschen Fassung nicht so entseelt worden wäre. Versteht mich nicht falsch: Ich brauche keine Gewaltdarstellung um jeden Preis. Doch was hier dem Cimmerier widerfährt, dürfte Robert Howard im Grabe rotieren lassen. Um einer Einstufung jenseits des roten USK-Siegels zu entgehen, hat man die Schere angesetzt. Und zwar nicht zu knapp. Wie schlimm Conan der Zensur zum Opfer fiel, konnten wir mit Schrecken allerdings erst dann feststellen, als unsere UK-Version dank des britischen Postler-Streiks mit einiger Verspätung eintrudelte. Das Vergleichsergebnis: Ausnahmslos alles, was man im Steakhaus mit der Order "Rare" assoziiert, wurde entfernt. Dass man hierzulande abgetrennte Gliedmaßen etc. ungern auf Bildschirmen sieht, ist noch im Rahmen des Erträglichen und dass dieses Feature aus Sicherheitsgründen entfernt wurde kann ich nachvollziehen.

Aber dass nicht einmal der kleinste Blutstropfen zu Boden fällt und selbst das Rot entfernt wurde, das hinter dem Kombozähler liegt, halte ich für stark übertrieben. Mit etwas Feingefühl (und evtl. weniger Zeitdruck) hätte eine Fassung auf die Beine gestellt werden können, die einem "Medium-Well" entspricht. Immerhin haben die GOWs mit ihrer USK 18-Einstufung auf der PS2 auch einen Kompromiss erzielen können. Doch bei Conan war sogar dieses Rot scheinbar zu viel des Guten: Auf der deutschen Packung prangt der blaue 16er-Sticker!

An sich ist Conan eine interessante God of War-Variante. Doch die deutsche Variante ist extrem geschnitten und leidet...
Und die Moral von der Geschichte? Die übervorsichtige Schnitthaltung sorgt dafür, dass Conan NG (steht nicht für Next Gen, sondern für No Gore) sich anfühlt wie ein "Well-Done"-Steak, das zu lang auf dem Grill lag: Auf den ersten Bissen ganz schmackhaft, doch in der Mitte zu zäh. Oder stellt euch Kratos vor, wie er den Zyklopen besiegt und er ihm, anstatt ihn seines Augenlichtes zu berauben, einfach eine Augenbraue auszupft... Wollen wir das sehen?

Technisch in Ordnung

Die Schnittpolitik ist aus technischer Sicht doppelt bedauerlich, denn im Kern bietet Conan auch durchaus schmackhafte Kost. Die Akustik krankt zwar unter einem Bug, bei dem die orchestrale, dynamische Musikuntermalung nur in Fragmenten oder mit deutlichen Verzögerungen wiedergegeben wird, doch Sprachausgabe und Kampfgeräusche passen wie die Faust aufs Auge.

Die Kulissen bleiben zwar etwas im Durchschnittsmorast dessen stecken, was derzeit auf PS3 und 360 möglich ist, aber unter dem Strich ist die Fantasy-Welt von Conan durchaus ansehnlich - auch wenn unsichtbare Grenzen und unschöne Schwenks der vollkommen automatischen Kamera das Sehvergnügen etwas stören.

Animationen und Figurendesign wirken auf den ersten Blick ebenfalls sehr rund und stimmig. Beim zweiten Hinsehen fallen jedoch die ewig gleich aussehenden Gegnertypen auf. Rundherum gelungen hingegen sind die Bosse, von denen mir der tote Elefantenkönig am besten gefällt - hier zieht Paradox alle Register.

Was Effekte betrifft, kocht die deutsche Fassung mit Ausnahme einiger Partikel-Spielereien auf Sparflamme. Dies ist wiederum eine weitere Spätfolge der Schnitte, da die UK-Version vorrangig auf Kampfeffekte optimiert wurde, die hierzulande fehlen.  

Fazit

Selbst in der ungeschnitten Versionen schafft es der cimmerische Krieger nicht, aus dem Schatten des griechischen Kriegsgottes zu treten. Dennoch würden wir für diese Fassung - und selbst für eine gemäßigte Variante - locker eine Wertung im "Gut"-Bereich ansiedeln. Doch mit den Schnitten, die Conan hierzulande über sich ergehen lassen musste, geht bei gleichbleibender Spielmechanik des aus God of War bekannten Prinzips die Atmosphäre komplett den Bach runter. Aus Conan, dem Barbaren wird so Conan, der Hausmann. Dass THQ ihm nicht noch eine karierte Schürze und einen Mop mit Wischeimer in die Hand gibt, ist auch alles... Ach ja, gibt ja nichts, was er aufwaschen müsste. Es muss nicht Gewalt um jeden Zweck sein. Doch wenn wie hier ein wesentliches Element dessen ausradiert wird, was die Barbaren-Welten im Allgemeinen und die Fantasy-Welt von Conan im Besonderen ausmacht, verliert das Spiel weitaus mehr als nur ein paar rote Pixel. Das gute Waffen- und Kombosystem, die kurzweiligen Gefechte sowie die unter dem Strich ansehnliche Kulisse hätten deutlich mehr Sensibilität beim Schnitt verdient.  

Pro

gut inszenierte Schwertkampf-Action
zahlreiche Kombos
aktives Kontersystem
fallen gelassene Waffen können aufgenommen werden

Kontra

stark schwankender Schwierigkeitsgrad
deutsche Fassung extrem geschnitten
Probleme mit der Kollisionsabfrage
erzählerisch schwach
Soundbugs

Wertung

360

Spielerisch durchaus interessanter God of War-Klon, der hierzulande übermäßig stark und damit spielbeeinflussend geschnitten wurde...

PlayStation3

God of War für die PS3? Spielerisch beinahe, doch unter den exorbitanten Schnitten leidet der Spielspaß...

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