Im Test:
Abseits der Bedeutung
Unglückliche Übersetzungsversuche, die X-te: Aus dem Untertitel "Off the Rails" wird "Verrückte Achterbahn" - was die Bedeutung des Beinamens ad absurdum führt. Denn wenn Frontier Developments "Abseits der Gleise" verspricht, dann meinen die Entwickler das auch so! Schließlich sind ihre neuen Bauteile, welche die Fahrgäste über Rampen schießen, in die Höhe hieven oder am Kran um eine Kurve bugsieren, der markanteste Neuzugang im Achterbahnbau-Baukasten. Verrückt waren die Konstruktionen
schließlich schon im Vorgänger (4Players-Wertung: 77%) - und daran ändert sich auch nichts! Aber der Reihe nach. Höher, weiter, verdrehter: Willkommen zurück in Thrillville!
Die "Handlung" bleibt: Onkel Mortimer überlässt euch wieder einmal die Verwaltung fünf großer, zunächst spärlich bestückter Themenparks. Macht ihr einen davon zum Publikumsliebling, sucht ihr den nächsten aus - das war's. Für erreichte Zwischenziele gibt's jetzt Pokale, Mortimer meldet sich häufiger als zuvor per Filmschnipsel, und wer nach wenigen Stunden alles gesehen hat, verliert die Lust an Thrillville. Ich darf noch immer keinen Park von Grund auf und ohne vorgegebene Aufgaben erstellen. Auch warum ich mich in den unabhängig von der Karriere wählbaren Minispielen nicht gegen einen Online-Gegner austoben darf, bleibt mir ein Rätsel. Und ich hätte mich gefreut, wenn meine Qualitäten als Geschäftsführer diesmal auf die Probe gestellt würden. Stattdessen reichen Entscheidungen vom Kaliber "Geld knapp? Kredit nehmen!", und schon spielt sich Thrillville praktisch von selbst. Denn der Zaster - und das ist für sich genommen großartig - liegt buchstäblich auf der Straße. Es reicht schon, Auto Scooter zu fahren, eine Unterhaltung zu führen, den Gradius-Klon zu zocken, 1000 Meter zu laufen oder eine Imbissbude zu kaufen: Jede, wirklich jede Aktion spült Bares in die Kasse, und das spornt enorm an! Es rückt die Aspekte, wegen denen Manager zugreifen könnten, allerdings ins Abseits. Hätte man nicht eine Schwierigkeitsstufe anbieten können, in der die Belohnungen kleiner, die Gäste knausriger Ein Ausflug gefällig? Zwei E3-Videos entführen euch ins Freizeitland.
Spielszenenund das Startkapital mickriger ausfallen?
Prügeln mit Chincilla
Doch obwohl die Herausforderung fehlt: Das Herumtollen im eigenen Freizeitland, während Mortimer im witzigen Radioprogramm Interviews gibt, macht unverschämt viel Laune! Es ist schon allein deshalb unterhaltsam, weil die fünf Parks mit ihren jeweils drei Abschnitten sehr unterschiedlich und aufwändiger als ihre Vorläufer gestaltet wurden. Das Thema, das sie wiedergeben, sieht man ihnen noch deutlicher an - auch wenn die mitunter stotternden Kulissen auf 360 und PC hinter den technischen Möglichkeiten zurückbleiben und ein paar Musikstücke mehr der Stimmung gut getan hätten. Als Science Fiction-Fan fühle ich mich aber im "New York von morgen" mit seinen futuristischen Wolkenkratzern einfach pudelwohl. Abgesehen davon hat Frontier zudem mehr Arbeit in seine Fahrgeschäfte gesteckt. Wer in Verrückte Achterbahn eine solche oder eine Kartbahn bauen will, ohne erst selbst zum Designer zu werden, findet schon im mitgelieferten Katalog ausgesprochen abgedrehte Modelle. Außerdem wurde der ohnehin große Pool an Zeit verschlingenden Minispiele aufgestockt; um ein putziges Anime-Jump&Run, das witzige Prügelspiel "Bandito Chincilla", eine Art Cyberspace-Rennen auf Schienen und viele weitere. Bei anderen Neuzugängen handelt es sich um neue Levels des bekannten Zeitvertreibs - der Titel "Luftwaffe II" z.B. ist irreführend. Schade nur, dass die Entwickler keine Experimente mit den Möglichkeiten der Wii-Steuerung wagen, so dass sich die Minispiele bis auf Ausnahmen wie ihre PS2- und 360-Pendants anfühlen. Am PC spürt man hingegen, dass die dort etwas sperrige Steuerung ursprünglich für Gamepads zurechtgeschnitten wurde.
Wer lieber seine Gäste aufmuntert und so die allgemeine Zufriedenheit steigert, freut sich über deutlich mehr Gesprächsthemen als im Vorgänger. Besonders glücklich bin ich über das wesentlich übersichtlichere Menü;
Bandito Chincilla räumt in Mexiko auf! |
Ich glaub', mir wird schlecht!
Abgesehen davon reichen die Aufgaben, welche ihr in jedem Park absolvieren müsst, erneut vom Ausbilden der Entertainer (ein Rhythmusspiel) oder dem Trainieren der Reinigungskräfte (eine Art Ego-Shooter) über das Erforschen und den Kauf bestimmter Attraktionen, das Erhöhen von Fahrpreisen bis hin zum Anstreichen aller Anlagen, weil ein Scherzkeks seiner Vorliebe für graue Farbe zu viel Freiraum ließ. Kommt ihr den Zielen nach, steigen die Besucherzahlen, eure Einnahmen schnellen in die Höhe und ihr dürft bald das nächste Areal betreten. Die Verwaltungsarbeit hält sich so in Grenzen - fällt aber nie komplett weg. Wird euer Grundstück z.B. von Eltern gemieden, solltet ihr eine Marketing-Kampagne im Zielgruppen-gerechten Magazin starten. Und zwar jeden kurzen Spielmonat aufs Neue, da ihr den Vorgang nicht automatisieren dürft.
Zum Glück geht das, worum sich in Thrillville alles dreht, leichter von der Hand: Mit wenigen Knopfdrücken (bzw. Remote-Drehern am Wii) stemmt ihr somit Fahrgeschäfte, allen voran natürlich Achterbahnen, aus dem Boden und verseht sie mit knochenbrecherischen Hindernissen. Spätestens jetzt, mit seinen so genannten "Woah"-Teilen, verabschiedet sich Frontier von einer realitätsnahen Rummelsimulation, denn unter den neuen Elementen sind die Fahrt durch einen Feuerkreis, das Durchbrechen einer Mauer, Übelkeit erregende Loopings und scheinbar herab fallende Schienen noch die harmlosesten Magenverdreher. Falls euch mit diesen eine besonders gelungene Konstruktion gelingt, dürft ihr diese zudem euren Kumpels schicken und ab sofort auch über Xbox Live im Internet bereitstellen - die restlichen Versionen bleiben leider offline. Ran an die Buletten: Wer bringt den meisten Wahnsinn in nur einer Strecke unter?
Fazit
Was an Thrillville so gelungen ist? Dass ich nicht nur im Rekordtempo Achterbahnen oder Buggystrecken entwerfe und den Besuchern so den Magen umdrehe, sondern mich auch nach Lust und Laune in meinem eigenen Spaßparadies austoben darf. Es ist einfach toll, ein Minispiel nach dem anderen zu zocken, Gäste anzuquatschen, sich teuflisch über lange Schlangen an überteuerten Fahrgeschäften zu freuen, neue Baupläne einzusammeln, Personal zu trainieren und ein bisschen am Finanzierungsplan zu schrauben. Leider kann nichts davon länger als die kurze Sitzung zwischen Feierabend und Kinobesuch an den Bildschirm fesseln - dafür fehlt es jedem einzelnen Aspekt an Tiefgang. Frontier hätte auch dran denken müssen, wie man Managernaturen und Spieler mit geschickten Fingern für die Minispiele bei der Stange hält. Ganz abgesehen davon, dass die Wiederaufbereitung der ursprünglich für PS2 entworfenen Kulisse dem PC- und 360-Bild nicht gerecht wird; vom Fehlen irgendwelcher Mehrspieler-Varianten über das Internet ganz zu schweigen! Ja, Thrillville: Verrückte Achterbahn übertrifft dank übersichtlicher Menüs, einem Hauch mehr Möglichkeiten sowie den witzigen "Woah"-Bauteilen seinen Vorgänger. Aber es ist auch immer noch nur das coole Spiel für zwischendurch.
Pro
Kontra
Wertung
360
Auch der Nachfolger macht unheimlich viel Spaß - für eine viel zu kurze Zeit.
PlayStation2
Technisch hat sich seit Thrillville nichts getan, spielerisch nur wenig - deshalb macht es auch zum zweiten Mal noch Laune.
PC
Etwas sperrige Steuerung, dafür die schärfsten Texturen - auch am PC macht das Achterbahn-Bauen Spaß.
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