Mirror's Edge13.01.2009, Benjamin Schmädig
Mirror's Edge

Im Test:

Faith klettert im Namen von Mirror's Edge (ab 4,99€ bei kaufen) aufs oberste Treppchen unseres "Geschicklichkeitsspiel des Jahres" und DICE steigt als Macher der Jump&Run-Evolution nebenan auf das Podest namens "Entwickler des Jahres". Was macht Faiths "Flug" über die Dächer von Big Brother zu etwas Besonderem? Und lohnt sich der ungewöhnliche Trip auch für Maus-Schubser, die ihre Laufbahn als Jump&Runners längst gegen das Bajonett des Shooter-Helden getauscht haben?

Vertraut ungewohnt

Angenehm vertraut: Faith läuft oder rennt immer der Mausnase nach, per Tastendruck springt und duckt sich die agile Lady wie schon der Duke. Wer Ego-Shooter spielen kann, der beherrscht auch Mirror's Edge!

Und trotzdem ist die Runnerin überraschend anders. Immerhin hat Faith noch weniger für bleihaltige Luftverschmutzung übrig als Umwelt-Engel Al Gore. Wer unbedingt das letztjährige Schießbudenfest simulieren möchte, darf das zwar gerne tun - allerdings nur in spärlich verteilten, kurzen Momenten. Meist seid ihr hingegen besser beraten, wenn ihr vor dem Kugelhagel Reißaus nehmt. Denn weder gegen einen Helikopter noch gegen vier gleichzeitig vorrückende Polizisten, kann die unbewaffnete Faith etwas ausrichten. Ihre einzige Waffe ist die 

Der Unterschied in Bild und Ton: Links seht ihr, wie Faith ihre Welt auf den Konsolen sieht und rechts die Kleinigkeiten, die DICE für den PC hinzugefügt hat.Beweglichkeit: Faith rennt, springt, klettert, hangelt, kriecht, rutscht an, neben und über den Mauern einer kalten Zukunftsmetropole. Die grauen Dächer, glänzenden Abgasrohre, verspiegelten Häuserwände, Fahnenmasten und Maschendrahtzäune des Großstadtdschungel sind Faiths Revier.

Shadow's Edge

Hoch über den Straßen von Big Brother müsst ihr akrobatische Kunststücke aneinander reihen, wenn Faith ihr Ziel erreichen soll - genau wie Mario, nur dass das Springen&Rennen aus der Egoperspektive wesentlich intensiver wirkt als der unbeteiligte Blick durch eine zwei- oder dreidimensionale Kamera. Warum uns die Erzählweise, die künstlerische Gestaltung und die agile Heldin so in ihren Bann gezogen haben? Die Antwort findet ihr unserem Test der 360- und PS3-Versionen. Denn weder am Prinzip noch an der kurzen Spieldauer oder am mitreißenden Soundtrack hat DICE seit den Konsolen-Fassungen etwas geändert. Falls ihr die die grafischen Details auf einen mittleren Wert einstellt, die PhysX-Unterstützung ausgeschaltet lasst und im besten Fall ein 360-Pad in den PC einklinkt, erwartet euch sogar präzise das gleiche Spiel wie auf einer der beiden Konsolen.

Erst wenn ihr auf den Controller verzichtet, könnt ihr euch über die flüssige Steuerung per Tastatur und Maus freuen. Im Gegensatz zum Controller, dessen Tastenbelegung ihr nach wie vor nicht selbst vornehmen dürft, könnt ihr das Keyboard zudem an eure Vorlieben anpassen. Schraubt ihr Texturgröße sowie die allgemeinen Details nach oben und schaltet die Kantenglättung hinzu, sieht Faiths Umgebung außerdem eine ganze Stufe sauberer aus als auf den Konsolen. Vor allem der Wegfall der unsauberen Ränder an Schatten und Objekten erzeugt ein ruhigeres Bild. Allerdings setzt schon dieser geringfügige Anstieg der Qualität einen potenten Rechner voraus. Verzichtet trotzdem nicht auf den V-Sync, denn sobald Mirror's Edge nicht mehr absolut flüssig läuft, bekommt ihr heftiges Tearing zu Gesicht.

Physikwimpel

Richtig gefordert wird euer PC spätestens dann, wenn ihr die PC-exklusiven Physik-Effekte zuschaltet, ohne dass eine PhysX-Karte im Grafikslot steckt. Unter Vista braucht ihr dafür eine High-End-Maschine, falls ihr den Flow des Runners nicht von Diashow-Passagen unterbrechen wollt. Gerade, wenn während der packenden Verfolgungsjagden um euch herum Fensterscheiben zu 

Sie kommt zwar am PC gelegentlich ins Stocken, sonst kann sie aber nichts aufhalten: Die agile Runnerin auf den Dächern von "Big Brother".
Bruch gehen oder andere Partikel durch die Luft gewirbelt werden, bekommt ein mittelprächtiger Dual-Core gehörigen Schluckauf. Unter XP würde derselbe Computer das Geschehen gerade noch flüssig stemmen. Das Streaming hat DICE allerdings auf beiden Betriebssystemen nicht richtig unter Kontrolle. Die "großen" Ladezeiten sind nämlich kürzer, doch wenn mitten im Level neue Inhalte gelesen werden, macht sich für einige Sekunden ein kleines, aber merkliches Dauerstottern bemerkbar. Schade: Auf den Konsolen war Mirror's Edge technisch sauberer.

Im Gegenzug freuen sich PC-Runner über ein Atmosphäre-Plus, denn die PhysX-Elemente beleben jeden Level mit zahlreichen Details. So wehen Fahnen halbwegs realistisch im Wind, auf Baustellen wurden Kistenstapel mit Folie verpackt und in vielen Durchgängen bilden halb-durchsichtige Kunststoffstreifen einen Vorhang. Zum größten Teil sind es diese oder ähnliche lose hängenden Materialien, mit denen sich diese Version von ihren Pendants auf PS3 und 360 unterscheidet. Die meisten dieser Materialien zerfallen unter Beschuss in nachvollziehbare Einzelteile oder werden von Faith zur Seite gedrückt. Fast noch eindrucksvoller sind aber die fast unauffälligen zusätzlichen Staubwolken, Pappkisten sowie Fensterscheiben, die von Wind umher geblasen werden oder unter Beschuss in tausend Einzelteile zerspringen. Solche Kleinigkeiten sorgen nämlich dafür, dass Verfolgungsszenen, in denen euch Polizisten oder Hubschrauber auf den Fersen sind, eine ganze Ecke kinoreifer wirken! Spielerisch ändert sich dadurch aber natürlich nichts.     

Fazit

Ob Gamepad oder Maus, ob mit PhysX oder ohne: Wer am PC auf die Dächer der kühlen Zukunftsmetropole klettert, erlebt dieselbe künstlerische Ruhe und spielerische Erhabenheit, mit der uns Mirror's Edge schon auf PS3 und 360 in seinen Bann zog. Faith reiht auch mit Tastatur und Maus mühelos akrobatische Kunststücke aneinander - die Evolution des Jump&Run findet jetzt am PC statt. Atmosphärisch legt die Umsetzung sogar eine Stufe zu, denn die zusätzlichen Fahnen, Splitter oder Staubwolken machen Faiths stimmungsvolle Welt noch greifbarer. Viele von euch werden allerdings mit der grafischen Qualität des Konsolenvorbilds Vorlieb nehmen müssen, denn das Spiel läuft nur auf schnellen Rechnern durchgehend flüssig. Besonders Vista-Nutzer ohne PhysX-Chip haben das Nachsehen. Das unscheinbare, aber häufige Stottern ist sogar ein systemübergreifender Stolperstein, der dem flüssigen Ablauf gelegentlich im Weg steht. Doch selbst wenn DICE nicht so sauber wie auf den Konsolen gearbeitet hat: Mirror's Edge ist auch am PC ein fordernder und intensiver "Ego-Trip" - ein Jump&Run der Extraklasse!

Pro

beeindruckendes Gefühl von Freiheit und Gefahr
einzigartiger minimalistischer Stil
stimmungsvolle Musik, die sich der Situation anpasst
eindrucksvolle Fernsicht
ungewöhnliche, aber unkomplizierte Steuerung (Maus/Tastatur oder Gamepad)
hörbares Atmen je nach Situation
sehr stimmungsvolle PC-eigene Physik-Effekte
überzeugendes Hör- und Sichtbar-Machen des Alter Egos
Lenken der Aufmerksamkeit durch geschickte Farbgebung
fordernde Time Trials und Speed Runs
(abschaltbare) Ghost der Weltbesten
praktisch keine Schusswechsel

Kontra

sehr kurze Story-Spielzeit
Häuserdächer ähneln sich alle sehr
wenig herausstechende Herausforderungen
einige unscharfe Texturen
Lichtkränze durch Mauern sichtbar
häufiges, spürbares Stottern
hohe Systemanforderungen ohne PhysX-Karte, besonders unter Vista

Wertung

PC

Auch am PC gelingt DICE trotz kleiner technischer Schwächen die Evolution des Jump&Runs.

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