MX vs. ATV: Untamed14.03.2008, Michael Krosta
MX vs. ATV: Untamed

Im Test:

Neben Sonys ATV Offroad Fury 4 schickt auch THQ mit MX vs. ATV Untamed den neuesten Ableger der hauseigenen Offroad-Serie ins Rennen. Dabei findet der motorisierte Zweikampf zwischen den Zweirädern und Quads erstmals auf der PS3 und Xbox 360 statt. Bekommen wir hier eine herrlich dreckige Schlammschlacht sondergleichen oder doch nur eine ausgetrocknete Spielspaß-Pfütze?

Falsche Welt

Huch, was ist das denn? Ich reibe meine Augen. Aber ich sehe sie immer noch: Flimmerkanten, so weit das Auge reicht. Dazu eine Portion matschiger Texturen sowie elendige Pop-Ups, bei denen vor allem Objekte am Horizont und am Streckenrand plötzlich ins Bild ploppen. Schnurrt da wirklich gerade die PS3-Version von MX vs. ATV Untamed im Laufwerk oder habe ich aus Versehen doch die PS2-Umsetzung eingeschmissen? Nein, hier dreht sich eine Blu-ray Disc - aber das, was mir die Rainbow Studios da auf dem Bildschirm präsentieren, wirkt alles andere als modern. Selbst Sonys Starttitel Motorstorm macht grafisch heute noch deutlich mehr her als die detailarmen Flimmerkulissen von THQs Offroad-Ausflug mit ATVs, MX-Bikes, Trophy Trucks, Buggies und Mini-Motos. Was hat die Entwickler da nur geritten? Okay. Mit der PS3 haben ja einige ihre Probleme. Vielleicht sehen die Fahrten über die staubigen Pisten auf der Xbox 360 ja nach einem Spiel der nächsten Generation aus? Nein, nicht wirklich. Trotzdem macht die Version der Microsoft-Konsole im Vergleich zum PS3-Pendant mal wieder eine merklich bessere Figur. Während ihr auf der PS3 nur ein bisschen Staub aufwirbelt, fliegen auf der 360

Mit Tricks verdient ihr euch schöne Extrasummen.
ganze Matschklumpen durch die Luft. In Sachen Partikeleffekte liegt der weiße Kasten aus Redmond ganz klar vor Sonys FullHD-Konsole und auch die Kantenbildung wurde etwas reduziert. Apropos: Eine Auflösung von 1080p gibt es ironischerweise mal wieder nur auf der 360, während sich die PS3 mit einer maximal 720p begnügen muss. Dabei wirkt das Bild auch noch deutlich verwaschener als die farbkräftigere Präsentation auf der Xbox. Zumindest aber laufen die Rennen auf beiden Konsolen erfreulich flott und ohne Framerate-Einbrüche über die Mattscheibe. Angesichts der bescheidenen Grafik wäre eine schwächelnde Engine aber auch mehr als peinlich gewesen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass ihr hier im Gegensatz zu Sega Rally auch keinerlei deformierbare Oberflächen geboten bekommt, Reifenspuren nach einer Runde wieder verschwinden und durchbrochene Zäune beim nächsten Umlauf wieder fix und fertig repariert da stehen. Nein, was die Rainbow Studios hier auffahren, ist technisch gesehen von gestern. Ach was, von vorgestern! Nicht sehr viel besser hören sich die Vehikel an - vor allem die Buggies erinnern mit ihrem Gebläse mehr an Staubsauger als an Rallyemotoren. So ist der rockige Soundtrack, zu dem u.a. auch Nickelback beisteuert, noch das Beste an der Soundkulisse, sofern man auf Gitarrenklänge steht. Eine schöne Idee ist die Überbrückung der nicht immer kurzen Ladezeiten: Genau wie bei Fifa dürft ihr auch hier schon aktiv in einer kleinen Arena loslegen und erste Stunts sowie Sprünge üben. Genau so sollte es immer sein, denn öde Ladebildschirme sind out!

Volles Offroad-Programm

In Sachen Technik kann MX vs ATV keinen Blumentopf gewinnen, aber wie sieht es inhaltlich aus? Sehr gut! Denn THQ fährt ein ähnlich imposantes Offroad-Programm auf wie die Konkurrenz aus dem Hause Sony. Insgesamt erwarten euch acht Rennserien: National, SuperCross, SuperMoto, OpenCross, Freestyle, Minimoto, Wegpunkt-Rennen und Enduro-Cross. Was nach vielen spannenden Wettbewerben klingt, entpuppt sich in der Praxis allerdings nicht unbedingt abwechslungsreich. Klar, mal hüpft ihr in einer Halle über die Hügel, ein anderes Mal seid ihr unter freiem Himmel unterwegs. Mal zählen Rennsiege, ein anderes Mal die Punkte, die ihr mit dem großen Trick-Repertoire einheimst. Doch wie immer bei MotoCross-Spielen hat man sich an den Pisten schnell satt gesehen - vor allem, wenn man in den Wettbewerben gleich zwei Durchgänge über mehrere Runden absolvieren muss. Das ist vor allem bei den Event Series der Fall, bei denen ihr in den verschiedenen Disziplinen ganze Meisterschaften ausfahrt. Entscheidet ihr euch dagegen für ein Custom Event, habt ihr mehr Möglichkeiten, das Rennen nach euren Wünschen anzupassen, indem ihr Rundenanzahl und Gegnerfahrzeuge manuell festlegt. Das X-Cross Tournament ist dagegen der neue Karrieremodus von MX vs ATV. Hier müsst ihr in verschiedenen Disziplinen antreten, um durch Siege neue Wettbewerbe freizuschalten. Klingt ja ganz schön, aber im Prinzip macht ihr hier nichts

Neben ATVs und MX-Bikes prescht ihr auch mit Trucks durch die Pampa.
anderes als in anderen Modi - mit dem Unterschied, dass hier die Rennserien wild gemischt werden. Auch wenn es an Abwechslung etwas mangelt, hat auch THQ insgesamt ein umfangreiches Event-Paket geschnürt, mit dem ihr eine ganze Weile beschäftigt seid. Die Fahrphysik ist dabei eine Mischung aus Arcade und Simulation mit einem stärkeren Hang zu Ersterem. So habt ihr die Vehikel meist gut im Griff - nur bei den Landung nach hohen Sprüngen ist oft Feingefühl gefragt. Während auf der Xbox 360 der Controller passend zu den Unebenheiten auf den Strecken vibriert, bleibt selbst Sonys neuer DualShock 3 ruhig in eurer Hand. Seltsam, denn sowohl alte Rennspiele wie Motorstorm oder Formel 1 Championship Edition als auch aktuelle Produktionen wie Lost - Das Spiel bieten mittlerweile wieder die Rumble-Funktion. Warum nicht auch MX vs ATV? Dafür dürft ihr auf Wunsch auch via Sixaxis lenken, wobei diese Option nicht ganz so präzise ausfällt wie die gängige Analogstick-Variante. Die meisten Passagen lassen sich problemlos mit Vollgas meistern - vor allem, wenn ihr irgendwann die perfekte Linie für euch gefunden habt. Probleme bereitet nur die KI mit Hang zum Gummiband, die manchmal ziemlich ruppig zur Sache geht und euch abdrängt. Kommt ihr von der Piste ab und rast dann weiter, werdet ihr euch immer wieder über das dämlich Rücksetz-System aufregen, das euch wieder zurückwirft. Was erwarten die Entwickler hier? Dass man nach einem Abflug wieder rum dreht, zur Stelle zurückkehrt und dann wieder normal weiterfahrt? Hier bekommt ihr den gleichen stupiden Mist wie in den Jahren zuvor! Wann wird sich Rainbow endlich ein sinnvolles Strafsystem ausdenken? Vielleicht wäre es sogar besser, es komplett wegzulassen oder es nur bei sehr krassen Abkürzungsversuchen greifen zu lassen. Wir reden hier immerhin von MotoCross - und da kann man schon mal von der Piste abkommen...

 

     

"Ich brauch bessere Federn"

Sollte es euch mal nicht auf die matschigen Pisten ziehen, zieht ihr euch in die Garage zurück, um an eurem Vehikel zu schrauben. Denn das Geld, das ihr mit Siegen und Tricks verdient, soll ja nicht auf einem Konto in Liechtenstein steuerfrei versauern. Nein, da ist es doch sinnvoller, die Kohle ins Tuning zu investieren, auch wenn die Möglichkeiten hier verglichen mit Tuning-Racern wie Need for Speed oder Forza Motorsport etwas mager ausfallen. So beschränken sich hier die neuen Anschaffungen auf Auspuff, Federn und Reifen. Große Auswirkungen spürt ihr nach den Tuningmaßnahmen allerdings nicht. Das gilt auch für die Setup-Einstellungen, in denen ihr das Vehikel z.B. in mehreren Stufen auf Geschwindigkeit oder Beschleunigung sowie hartes oder weiches Fahrwerk abstimmen könnt. Mehr Grund zur Freude haben Raser mit Hang zum optischen Tuning: Es gibt kaum ein Teil von Lenker über Griffe bis hin zum Gestänge, das ihr nicht nach euren Wünschen lackieren könnt. Daneben gibt es auch noch Graphic Kits, mit denen ihr den fahrbaren Untersatz verschönern könnt. Auch das Outfit eures Fahrers steht euch vom Sturzhelm bis hin zu Schutzbrillen und Stiefeln vollkommen frei. Seid ihr nicht fit in Englisch, werdet ihr euch allerdings manchmal fragen, was ihr da überhaupt editiert oder einkauft, denn THQ hat es nicht für nötig gehalten

Auch wenn es auf den Screenshots vielleicht nicht danach aussieht, präsentiert dich die PS3-Fassung technisch deutlich schlechter als das 360-Pendant.
, den Titel zu lokalisieren. Folglich erscheinen alle Menüs und Erklärungen in englischer Sprache und auch das knappe deutsche Handbuch liefert nicht Antworten auf alle Fragen, so dass man sich ohne Englischkenntnisse etwas hilflos vorkommen dürfte.

Online-Durchstarter?

Im Multiplayer, in dem ihr online neben Spaß-Wettbewerben auch gewertete Rennen mit Rangliste austragen könnt, wird wieder ein Unterschied zwischen Xbox 360 und PS3 deutlich: Während ihr über Xbox Live mit bis zu zwölf Fahrern an den Start geht, reicht es beim PlayStation Network nur für maximal acht Teilnehmer - die gleichen Einschränkungen erwarten euch beim Zocken im LAN. Ganze Meisterschaften könnt ihr leider nicht austragen. Stattdessen stehen lediglich schnelle sowie benutzerdefinierte Events zur Auswahl. Daneben erwarten euch vier Minispiele, in denen ihr z.B. Sektorenbestzeiten fahren, einen Spieler mit Ballbesitz abfangen oder beim Graffiti-Wettbewerb verrückte Stunts hinlegen müsst. Eine Partie "ATV-Hockey" könnt ihr dagegen nur im Splitscreen an einer Konsole austragen. Zwar gab es auf unseren Testfahrten immer wieder kleine Lags, doch blieben die Auseinandersetzungen jederzeit gut spielbar. Von nicht nachvollziehbarem Rumhoppeln der Vehikel oder gar Verbindungsabbrüchen im Stil von Need for Speed war nichts zu sehen.    

Fazit

MX vs ATV Untamed ist wieder einer der Kandidaten, bei denen der Funke nicht so richtig überspringen will. Klar, der Umfang kann sich mit all den Serien sehen lassen und die Steuerung geht gut von der Hand, auch wenn das Streckendesign oft zu sehr auf Non-stop-Vollgas ausgelegt ist. Aber wenn ich immer wieder über Pisten rasen muss, die irgendwie alle gleich aussehen, macht sich bei mir irgendwann das große Gähnen breit. Und das kam bei THQs neuestem Offroad-Titel früher als erwartet. Dazu mag auch die unterdurchschnittliche Präsentation beigetragen haben, bei der ich mir vor allem auf der PS3 schon beim ersten Rennen gedacht habe: "Mein Gott, ist in den Rainbow Studios die Zeit stehen geblieben?". Überhaupt kann ich nicht verstehen, warum die PS3 mal wieder mit einer deutlich schlechteren Version abgespeist wird: Niedrigere Auflösung, reduzierte Grafikeffekte, weniger Onlinespieler. Was soll das? Wer über die technischen Mankos und die abwechslungsarmen Kulissen hinwegsehen kann, bekommt hier allerdings mit vielen Vehikeln und Serien ein ähnlich rundes Gesamtpaket wie mit Sonys ATV Offroad Fury. Wem diese Form des Motorsports zusagt, kann deshalb einen Blick riskieren. Mein Fall ist es eher nicht.

Pro

viele Serien
Karrieremodus
gutes Handling
flüssige Darstellung
überwiegend lagfreier Onlinemodus
verschiedene Vehikel
großes Trick-Repertoire
gute Animationen
Tuning- und Setup-Optionen

Kontra

starkes Kantenflimmern (vor allem PS3)
detailarme Kulissen
z.T. miese Soundeffekte
frustrierendes Rücksetz-System
Gummiband-KI
keine deformierbaren Oberflächen
Reifenspuren verschwinden nach einer Runde
Zerstörte Objekte werden wie von Geisterhand repariert
etwas eintöniges Streckendesign
verwaschenere Texturen (PS3)
weniger Onlinespieler (PS3)
weniger Grafikeffekte (PS3)
komplett auf Englisch (keine dt. Untertitel)

Wertung

360

Großer Umfang, aber technisch enttäuschend! Die Offroad-Ausflüge verlieren zudem schnell an Reiz...

PlayStation3

Inhaltlich identisch zur 360-Version, aber technisch eine ganze Klasse schlechter!

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