Die Rückkehr der Armlosigkeit
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"Rayman Origins ist mir eine Herzensangelegenheit - das ist das Spiel, das ich schon seit Jahren machen wollte!" Mehr von Michael Ancel im Video-Interview.
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Rayman Origins ist ein Herzensprojekt von Designlegende Michel Ancel. Der Franzose, der vor einigen Jahren zusammen mit Shigeru Miyamoto und Frederick Raynal von französischen Minister für Kultur und Kommunikation zum Ritter der Künste und Literatur geadelt wurde, möchte zurück zu seinen Wurzeln – und diese sind zweidimensional. Das wiederum ist ein Problem, denn echte 2D-Spiele sind mittlerweile außerhalb des Indie-Bereichs ein echte Seltenheit.
Kein Wunder, wenn man Geräte im Haus stehen hat, die 3D-Wunderwerke wie Crysis 2 oder Killzone 3 darstellen können. Und so sollte Rayman Origins (RO) ursprünglich auch ein Experiment sein, das in weniger risikoreichen Episoden veröffentlicht wird. Das hat sich im Laufe des Designprozesses, der mittlerweile länger als ein Jahr ist, allerdings als höchst unpraktikabel herausgestellt – und so erscheint das Spiel jetzt im Herbst als vollwertiger und vollständiger Titel im Laden. Die Frage ist nur: Liegt das an Ancels Überredungskünsten oder an der Qualität?
Nachdem ich zwei vollständige Levels bei Ubisoft Montpellier spielen konnte, fällt mir die Antwort leicht: Die Qualität, keine Frage. Der Begriff „polished“ fällt sehr oft bei Spielen, aber RO verdient in mehr als alles andere. Die Animationen (wie auch der Rest des Spiels in vollem HD) sind einfach irrwitzig flüssig und wunderschön; es gibt mehr als 150 teilweise höchst alberne Aktionen pro Figur – vom einfachen Laufen und Springen über hektisches Zappeln am Felsrand bis hin zum Veräppeln von Gegnern oder einfach Unsinn machen bei Untätigkeit des Spielers.
Die Levels bestehen aus unzähligen Ebenen, die im Vorder- und Hintergrund unschärfer werden – der Tiefeneffekt ist super. Mal sprintet man über eine wunderbar grüne Sommerwiese mit fluffigem Löwenzahn und fröhlich im Wind wiegenden Blümchen. Man rennt man nur als Silhouette durch einen düsteren Regenabschnitt, der immer wieder mal von krachenden Blitzen erhellt wird. Mal blubbert man durch eine Unterwasserwelt, an deren Boden massenhaft Wasserpflanzen und alte, von Algen überzogene Säulen oder Vasen herumdümpeln. Die Szenarien, es gibt insgesamt zwölf, gehen dynamisch ineinander über: Zwar gibt es natürlich thematisch gleich bleibende Levels, aber immer wieder gibt es auch einen schrittweisen Wechsel. Und manchmal bekommt man etwas serviert, womit man in einem solchen Spiel einfach nicht rechnet - wie einem spontanen Horizontalshooter, in dem Rayman eine Riesen-Rüsselfliege steuert und umgekehrt Globox von einem Mini-Brummer kontrolliert wird und Gegner aus der Luft spuckt. Oder ein Level, der sich vor einem aus Trümmerteilen erst zusammenbaut, während man ihn erkundet.
Die Vorteile von Schadenfreude
Video:
Rayman ist wieder da! Ganz zweidimensional, ganz albern - und hinreißend präsentiert.
RO versteht sich als Prequel zum ersten Abenteuer des Helikopter-Blondschopfes: Hier hirscht ein jugendlicher Rayman zusammen mit seinem bekloppten Blaufreund Globox durch die farbenfrohen Welten, die von einem Überwesen namens „Bubble Dreamer“ erträumt werden – das mal in Form eines gigantischen Baumes, mal als einfacher Stein in Erscheinung tritt. Hat es einen ruhigen Schlaf, ist die Welt in Ordnung. Doch gesellen sich Albträume in den Schlummer, gerät die Harmonie aus den Fugen, was zur Erschaffung von „Mr. Dark“ geführt hat – das schöne Leben wird auf einmal von düsteren Monstern bedroht. Denen man am besten eine ordentliche Backpfeife verpasst oder ihnen gut gezielt auf den Kopf hüpft, denn dadurch verschwinden sie. Oder verwandeln sich in Plattformen bzw. Ballons, über die man, mit etwas Geschick und gutem Timing, versteckte Levelabschnitte erreichen kann.