Vorschau:
Die Rückkehr der Tentakel
Nichts gegen Digital Extremes. Die Jungs und Mädels machen bei den Unreal Tournaments dieser Welt einen prima Job. Aber sobald der Fokus auf den Solisten rückte, war meist Mittelmaß angesagt: Pariah war okay, mehr aber auch nicht, ebenso Dark Sector. Ich war also skeptisch, als ich vernahm, dass einer meiner liebsten Shooter der näheren Vergangenheit von diesem Team weitergeführt werden sollte. Jetzt habe ich drei Stunden mit der beinahe fertigen Fassung hinter mir und sage... ich bin hoffnungsvoll! Es hat sich viel getan, sowohl bei der Entwicklung des Spiels als auch in ihm selbst: Jackie ist nicht mehr der kleine Gangster, ganz im Gegenteil - mithilfe der Darkness stieg er innerhalb kürzester Zeit zum respektierten und gefürchteten Mafiaboss auf. Kaum sicherte er sich die Macht, schaffte er es irgendwie, die Dunkelheit zu verdrängen. Oder er dachte es zumindest. Zwei Jahre lang ging alles gut, aber wie man im optionalen »Was bislang geschah«-Video von einem wunderbar durchgeknallten Typen erzählt bekommt, wird man die düsteren Tentakel nicht mehr los, wenn man sie einmal hat.
Technisch besticht das Spiel mit einem edlen Comic-Look: Die Figuren sind von dicken Stricken umrandet, die Umgebung und Objekte sind schraffiert und wirken teilweise wie gekritzelt - es geht spürbar in Richtung XIII oder Borderlands. Das mag Fans des ersten Teils sauer aufstoßen, die dessen realistischen ernsthaften Ansatz bevorzugen - aber mir ist eine gelungene Comic-Inszenierung immer lieber als möglichst viel Glaubwürdigkeit.
Mein Feind, das Licht
Der Einstieg ist ebenso dramatisch wie lässig: Jackie wird mit allen Ehren in einem piekfeinen Restaurant empfangen, zwei sehr leicht bekleidete Damen kichern sich gerade in seine Hose hinein, als auf einmal die Hölle ausbricht: Eine rivalisierende Mafia-Familie nimmt das Lokal fachmännisch auseinander, Blut und Körperteile überall, auch Jackie japst aus dem letzten Loch - als die Darkness wieder in sein Bewusstsein kriecht. Nur sie kann ihn noch retten.
Aber man kann mit den Tentakeln auch mehr machen als Feinde entgräten: U.a. lassen sich damit Waffen aufpicken, Türen öffnen, die Herzen erledigter Gegner futtern (was Jackie etwas Lebensenergie zurück gibt) oder frei in alle Richtungen schlagen. Außerdem kann man Gegenstände aufheben und sowohl offensiv als auch defensiv einsetzen - eine Autotür gibt kurzzeitig einen prima Schild ab, mit dem Billardqueue lassen sich frei stehende Feinde an die Wand tackern. Wie schon im ersten Teil ist die Dunkelheit nur in ebendieser aktiv - tritt man ins Licht, verschwinden die Tentakel, das Bild wird gleißend hell, ein ekliger Fiepston beherrscht die Boxen. Die meisten Lichter kann man zerschießen, aber spätestens Bossgegner bzw. eine später auftretende Sekte nutzt die Helligkeit als taktische Waffe.
Tante Sarah ist wieder da!
Zwischen den Missionen wird wie im Vorgänger deutlich das Tempo heraus genommen: Man sieht Jackie, wie er in einem gigantischen Ohrensessel in der Dunkelheit sitzt und seine Geschichte erzählt. Auch innerhalb der Aufträge hat man immer wieder Flashbacks, in denen Jackies im ersten Teil ermordete Freundin Jenny auftaucht - und z.B. mal ganz entspannt mit ihm tanzt. Gelegentlich darf man mit befreundeten Figuren auch ein kurzes Schwätzchen führen.
Ausblick
Ich war skeptisch, und bin es noch. Auch nach mehreren Stunden mit The Darkness 2 habe ich immer noch eine Stimme im Kopf, die mir »Pariah! Dark Sector!« ins Bewusstsein flüstert. Und dennoch überwiegt aktuell mein hoffnungsvoller Optimismus, denn was ich bislang spielen konnte, war wirklich gut: Das Tentakel-Geschnetzel ist ebenso brachial wie unterhaltsam, der Comic-Look sehr gelungen, die Geschichte macht Appetit auf mehr - und ich genoss die im ersten Teil so lieb gewonnenen ruhigen Momente auch im zweiten Spiel wieder. Wollen doch mal sehen, wie viel von der motivierenden Häckselei in der deutschen Fassung übrig bleibt. Außerdem hoffe ich, dass sich die sehr konventionellen Ballereien noch fangen werden. Auf der anderen Seite: Digital Extremes...
Ersteindruck: gut
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