Fallout 319.07.2007, Mathias Oertel
Fallout 3

Vorschau:

Eine postnukleare Welt gefüllt mit taktischen Kämpfen, einer ausgefeilten Charakter-Entwicklung und einer gesunden Portion Humor: Mit diesen Elementen hat sich das Rollenspiel Fallout im Jahr 1997 eine treue Fangemeinde gesichert und Kultstatus erreicht. Im Herbst 2008 soll ein neues Kapitel der Saga aufgeschlagen werden. Wir konnten einen ausgedehnten Blick auf die Welt nach der Bombe werfen, die derzeit bei Bethesda (Oblivion) entsteht.

Der Kult lebt

Wohl kaum einer hätte erwartet, dass das mit rundenbasierten Kämpfen ausgestatte Rollenspiel Fallout im Jahr 1997 so einschlagen würde. Prall gefüllt mit Taktik, Humor, Blut, Schweiß und Radioaktivität gilt Fallout als Urvater moderner Taktik-Rollenspiele. Mit der einem Jahr darauf erscheinenden Fortsetzung Fallout 2, die in den Black Isle Studios (Icewind Dale, Planescape Torment) entstand, wurde der Kult adäquat fortgesetzt. Und er lebt bis heute weiter. Daran konnten weder das vollkommen auf das taktische Element fixierte Fallout Tactics noch die enttäuschende Hack&Slay-Konsolenvariante Fallout:

Die extrem aufgebohrte Oblivion-Engine zeichnet ein atmosphärisch dichtes Bild der Fallout´schen Endzeit-Welt! 
Brotherhood of Steel etwas ändern. Dementsprechend groß war die Freude bei den Fans, als bekannt wurde, dass Bethesda sich die lange Zeit brach liegenden Rechte gesichert hat und an einer echten Fortsetzung arbeitet. 

Postnukleares Oblivion?

Da das Team, das auch für die Elder Scrolls-Serie verantwortlich zeichnet, mit der Oblivion-Engine bereits auf PC, PS3 und Xbox 360 gute Ergebnisse erzielt hat, verwundert es nicht, dass dieser Grafikmotor auch in Fallout 3 (ab 5,05€ bei kaufen) zum Einsatz kommt - allerdings stark aufgemotzt. Nach eigenen Angaben sieht man Oblivion eher als Einstieg in die nächste Generation. Mit Fallout 3 möchte man die Magisterarbeit abliefern.

Den Fans wird es allerdings vollkommen egal sein, welche Engine hier zum Einsatz kommt und in welchen Punkten sie verbessert wurde. Denn sie müssen sich vor allem daran gewöhnen, dass die Iso-Ansicht ein Relikt zu sein scheint, das mittlerweile antiquiert ist. Die neue Welt erstrahlt wie die letzten Teile der Elder Scrolls in bester Ego-Ansicht. Allerdings kann man das Geschehen auch aus einer Schulterkamera heraus erleben und sogar bis in eine Vogelperspektive herauszoomen - diese Kameraeinstellung wird von Bethesda leicht wehmütig als "Old School" bezeichnet.

Doch ganz egal, welche Kamera man favorisiert: Die Welt von Fallout 3 kann sich sehen lassen: Ruinen, improvisierte Städte, frei begehbare Steppen voller Radioaktivität und gefährliche Mutanten lassen einen die Zerstörung nach der Bombe genauso spüren wie die neuen Gefahren, die Einsamkeit und die Verlorenheit, die man angesichts des Exodus fühlt.

Das Kind im Manne

Die bereits jetzt hervorragend ausgearbeitete Kulisse (allerdings konnten wir nur einen kleinen Teil der Welt sehen), ist in der Welt von Fallout aber nur ein Teil dessen, auf das die Fallout-Gemeinde gespannt ist. Wie sieht es mit den Kämpfen aus? Was ist mit der Charakter-Entwicklung? Ist die Welt nach wie vor offen? Welche Fähigkeiten gibt es? Wie nah bleibt man am bekannten Universum? Basierend auf dem, was wir bis jetzt sehen konnten, können wir in allen Punkten Entwarnung geben!

Fangen wir bei der Charakterentwicklung an. Bethesda unterscheidet hier zwischen Fähigkeiten und Eigenschaften. Während ihr Fähigkeiten über den Einsatz von Punkten steigert, die wiederum beim Aufstieg der Figur in eine neue Stufe ausgegeben werden, werden die grundsätzlichen Eigenschaften wie Stärke usw. (quasi das alte S.P.E.C.I.A.L. System) über frühe Entscheidungen festgelegt.

Die Charakterwerte richten sich immer noch nach dem alten "S.P.E.C.I.A.L."-System.
Der Hintergrund: Ihr werdet als Sohn (oder Tochter) eines Arztes bzw. Wissenschaftlers im Bunker 101 geboren. Hier bekommt ihr als Baby von eurem Vater, dessen Aussehen sich je nach den von euch in der Charakter-Erstellung verwendeten Parametern für die visuelle Gestaltung eurer Figur ändert, Aufgaben gestellt. Je nachdem, wie ihr diese Aufgaben löst, werden eure Werte festgelegt. Im Alter von 16 Jahren wiederum findet ein Test statt, der klären soll, welchen Job ihr im Bunker ("Keiner kommt rein - keiner kommt raus") übernehmen könnt, um der Gesellschaft dienlich zu sein. So wird die Grundlage für den Fähigkeitsbaum gebildet, der euch zur Verfügung stehen wird. Ein ähnlich offenes Prinzip hat sich auch schon in Oblivion bewährt, wobei Fallout 3 im Gegensatz zum "Learning by doing" in der Fantasy-Welt bei der Verbesserung von Fähigkeiten den klassischen Weg der Punktverteilung wählt.  

Ihr habt die Wahl

Mit 19 schließlich verschwindet euer Vater aus dem Bunker und ihr macht euch auf den Weg, um sein Geheimnis zu lüften - das Abenteuer kann beginnen. Dabei seid ihr an keinerlei Pfade gebunden, sondern könnt nach eurem Belieben die Welt durchstreifen. Allerdings ist immer Vorsicht geboten: Nicht nur Radioaktivität ist euer Gegner, sondern vor allem mutierte Wesen wie Riesenskorpione, denen ihr mit Schusswaffen den Garaus machen könnt. Wenn ich jetzt sage, dass die Kämpfe in Fallout 3 in Echtzeit ablaufen, werden die Hardcore-Fans der Serie vermutlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.            

Fallout 3 in Echtzeit? Also quasi das bessere Stalker? Das ist nur die halbe Wahrheit. Allerdings war ich anfangs auch etwas skeptisch. Doch das Konzept der Echtzeitkämpfe scheint aufzugehen - vor allem, wenn man in Betracht zieht, dass man jederzeit pausieren kann und damit einen Modus einschaltet, in dem man ganz gezielt bestimmte Körperteile der Gegner unter Beschuss nehmen kann, was wiederum die aus den alten Teilen bekannten Aktionspunkte kostet. So stelle ich mir eine

Bei Bedarf könnt ihr in den "Aktionspunkt-Modus" schalten und gezielt Körperteile attackieren.
gelungene Symbiose aus konventionellen und modernen Spielmechaniken vor. Denn wenn ich feststellen sollte, dass ich in Echtzeit Schwierigkeiten habe, mit den teils haushohen Feinden fertig zu werden, schalte ich in die "Quasi-Runde". Jetzt kann z.B. versuchen einem Sniper z.B. in den Arm zu schießen, um ihn am nächsten Schuss zu hindern. Habe ich noch Aktionspunkte übrig, kann ich diese nutzen, um dem mit einer Axt heranstürmenden Mutanten ins Bein zu ballern. Alle Aktionen festgelegt? Gut, dann wieder zurück in die Echtzeit und in Zeitlupe beobachten, ob ihr Erfolg habt. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Fähigkeiten in diesem Modus genauso stark eure Trefferquote und den angerichteten Schaden beeinflussen wie im Echtzeitkampf.

Doch egal, ob Runde oder Echtzeit: In einem weiteren Punkt bleibt Bethesda dem Fallout-Vermächtnis treu. Vollkommen überzogene Gewaltdarstellung, die immer wieder an die Zeitlupensequenzen aus "300" erinnert und sich auch bei Filmen aus den Federn von Robert Rodriguez oder Quentin Tarantino bedient.

Wichtig ist Bethesda auch das Schlagwort "Sacrifice & Survive" als Spielkonzept, das Opfern und Überleben. Wie bei den Elder Scrolls-Spielen werdet ihr immer wieder vor Entscheidungen gestellt, die nachhaltige Wirkung zeigen. So z.B. in der Stadt Megaton, die ihr eigentlich nur besuchen wollt, um etwas über euren Vater zu erfahren. Doch hier begegnet euch ein Fremder, der seinen eigenen Motiven folgend um einen Gefallen bittet: Die Stadt hat sich um eine nicht explodierte Bombe aus dem Krieg entwickelt. Der Fremde, dem das Drecksloch Megaton zuwider ist, hat einen Zünder für diese Bombe und bittet euch, diesen anzubringen, scharf zu machen und sich dann mit dem Fremden in der Nachbarstadt zu treffen.

Interessant: Das Aussehen eures Spielvaters richtet sich nach den kosmetischen Eigenschaften eurer Figur - in jedem Fall wird er von Liam Neeson gesprochen!
Bringt ihr den Zünder an und reißt so eine ganze Stadt in den Untergang? Oder liefert ihr den Fremden an die örtlichen Behörden aus? Jeder muss für sich entscheiden, wie er die Fallout-Welt mitgestaltet.

Alte Bekannte

Veteranen wird es freuen, dass auch der serientypische Humor seinen Weg in die dreidimensionale Neuauflage gefunden hat. Stoische Roboter, die immer wieder zynische Kommentare von sich geben, bilden eine Facette. Eine andere kommt von den über 20 Songs im Stile der Perfekte-Welt-Schnulzen der 40er Jahre, die ihr über den immer wieder von Störungen gepeinigten Radiosender empfangen könnt.

Ebenfalls mehr als nur eine Reminiszenz ist die Brotherhood of Steel, die uns gezeigt wurde. Die Über-Kämpfer der Fallout-Welt scheinen mittlerweile als kreuzritterische Welthüter im Einsatz zu sein und geben Hoffnung, dass man sich ihnen vielleicht irgendwann im Laufe der Geschichte anschließen kann - insofern man will. Doch da das Spiel noch über ein Jahr auf sich warten lässt, ließ sich Bethesda in dieser Richtung noch keine Infos entlocken.

Was Gegenstände, Waffen etc. betrifft, will man den alten Fallout-Nomenklaturen treu bleiben. Stimpacks bessern eure Gesundheit auf, Rock-It und Fatman bezeichnen derzeit den Raketenwerfer und die tragbare Mini-Atombombe.       

Ausblick

Man kann über den Wechsel von Iso- zu Ego-Perspektive geteilter Meinung sein. Fest steht, dass Bethesda sich der Verantwortung hinsichtlich des Kult-Status´ von Fallout und der damit verbundenen Erwartung bewusst ist. Gleichzeitig ist man bedacht, sowohl die bekannten und lieb gewordenen Elemente mit einer stark modifizierten Oblivion-Engine zu verbinden. Das Ergebnis: Eine gelungene Endzeit-Kulisse sowie ein durchdachtes Kampfsystem, das euch erlaubt, die Echtzeitkämpfe mit Aktionspunkt-basierten Sonderaktionen zu verknüpfen. Humor, Charakter-Entwicklung und die schon jetzt dichte Atmosphäre wecken wehmütige Erinnerungen an die alten Fallout-Spiele. Und damit hat Bethesda die schwerste Hürde schon genommen. Mit mehr als einem Jahr Zeit bis zum geplanten Release scheinen die Weichen für eine erfolgreiche Fortsetzung auf Erfolg gestellt zu sein.

Ersteindruck: sehr gut!

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.