Resident Evil 525.07.2008, Paul Kautz
Resident Evil 5

Vorschau:

Es gibt Spiele, ganz spezielle Spiele, die derart wegweisend sind, dass man mit ihnen nicht nur ganze Genres, sondern gleich die Plattform, auf der sie laufen, verbindet. NES? Super Mario Bros. Mega Drive? Sonic The Hedgehog. GameCube? Resident Evil 4! Dieses Spiel hat nicht nur auf der Hardware nicht für möglich gehaltene Dinge möglich gemacht, gleichzeitig war es ein Design-Meisterwerk, das heute noch seinesgleichen sucht. Vielleicht nicht mehr lange. Denn wir haben auf der E3 sehr viel Zeit mit dem Nachfolger verbracht...

Nummer 5 lebt!

Gleich vorweg: Resident Evil 5 (ab 3,89€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) verspricht nicht die Revolution zu werden wie der Vorgänger: Das Spielprinzip folgt der erfolgreichen Formel des vierten Teils lasergenau, eine komplette Umkrempelung steht nicht auf dem Programm. Und das ist auch verdammt gut so, denn Resi 4 war fast perfekt.

Frisches Szenario, bekanntes Spielprinzip: Resident Evil 5 führt Design und Steuerung des Vorgängers konsequent fort.Geneigter Leser, tu dir doch hin und wieder einen Gefallen, komm in den 4Players-Büros vorbei und rufe schallend »Resi 4 ist Gott!« - neben dir wird augenblicklich Jörg Luibl manifestieren und dich für mehrere Stunden in einen aufgeregten Disput darüber verwickeln, wie grandios es auch heute noch ist und wie sehr er gleichwohl Nintendo (für den GameCube) als auch Capcom (für so viele Dinge) für dieses Erlebnis liebt. Wenn du einen Feind auf Lebenszeit haben willst, dann mache ähnliches mit dem Spruch »Resi 4 ist Scheiße!« - keine gute Idee, denn Gevatter Luibl ist nicht nur ein versierter Bogenschütze, sondern hat auch eine Axt in Griffweite.

Zurück zu Nummer 5: Es spielt sich fantastisch! Auf der E3 hatten wir nur zwei Levels zur Verfügung, aber beide waren intensiver als die letzten drei Alone in the Dark-Games. Der eine platzierte uns samt Partnerin (dazu gleich mehr) in eine afrikanische Slum-Siedlung, in der wir uns wilde Häuserkämpfe gegen kreischende Zombie-Massen lieferten, und in dem zum Abschluss das schwarzhäutige Pendant zum Kettensägen-Wahnsinnigen aus Resi 4 auf uns wartete. Level Nummer zwei wurde von einer beängstigend intensiven Echtzeit-Zwischensequenz eingeleitet, in dem ein Polygon-Kollege von einem gigantischen Henker nebst noch gigantischerer Axt enthauptet wurde - direkt danach wurden Chris Redfield und Sheva zum nächsten Ziel erklärt.

Wer zum Henker ist Sheva?

Ganz einfach: Sheva Alomar ist Redfields Partnerin - und zwar eine, die es in sich hat. Kein wehrloses Mündel mehr wie noch Präsidentengöre Ashley im Vorgänger, der man ständig die Gegner vom Hals halten muss. Oh nein. Wer sich mit Sheva anlegt, hat entweder schnell einen Fuß im Gesicht oder ihr Messer im Magen: Ihre eleganten Nahkampf-Attacken (Highlight: Ein Flipkick, der den Angreifer mehrere Meter weit wegschleudert) sind eine große Hilfe für euch, aber aufgepasst - Sheva ist nicht 

Sheva, wie sie leibt und zielt: Eure sehr wehrhafte Partnerin schießt zuerst und spart sich hinterher das Fragen. Sie agiert autonom, hilft euch und steht mit ihrem Inventar zur Verfügung.
unverwundbar! Verliert sie langsam die Kontrolle oder zu viel Lebensenergie, ruft sie euch um Hilfe. Und dann ist der Gentleman gefragt: Ihr könnt ihr nicht nur die Gegner vom Hals ballern oder (per Quick Time Reaction) prügeln, sondern sie auch mit frischer Munition, einer neuen Waffe oder dem einen oder anderen Heilkraut versorgen - beide haben getrennte Inventare, zwischen denen munter hin- und her geschoben werden kann. Allerdings läuft das Spiel währenddessen weiter; mitten in einem Pulk von zehn nach Redfield-Blut gierenden Zombies in den Taschen zu wühlen ist nicht die beste Idee. Umgekehrt geht das natürlich genauso: Kraucht ihr mit einem kargen Rest Lebensenergie herum, heilt Sheva euch automatisch, sofern sie in der Nähe ist und die Möglichkeit dazu hat. Und bei euch akute Munitionsknappheit, könnt ihr gerne bei Sheva um Nachschub kreischen. Generell ist aber Haushalten angesagt: Wer pausenlos in die Luft ballert, braucht sich nicht zu wundern, wenn er kurz darauf einer drei Meter großen Axt mit einem besseren Taschenmesser gegenüber steht...

Praktischerweise ist Sheva eurem Feuer gegenüber immun - »Friendly Fire« wäre wohl innerhalb der Zombie-Armeen auch eklig gewesen. Die Gute hat schon genug Probleme am Hals, auch ohne von Chris Redfield angeschossen zu werden. Mal ganz davon abgesehen, dass sie fantastisch designt ist, und es eine Schande wäre, diese elegant angeordneten Polygone blind über den Haufen zu ballern. Generell agiert die junge Dame autonom, ihr könnt ihr grundsätzlich keine Anweisungen geben - außer, es geht um das Aufsammeln von Munition, Heilmittel oder Gold. All das könnt ihr entweder selbst einsacken  oder Sheva ihre Taschen füllen lassen. An bestimmten Stellen seid  ihr aufeinander angewiesen, denn

Resident Evil 5 sieht unglaublich gut aus: Szenario, Figurendesign, Animation - fantastisch!
es gibt immer wieder spezielle Partner-Aktionen: Im Falle der E3-Demo war das eine breite Häuserschlucht, die Sheva mit unserer Hilfe und einem mächtigen Salto meisterhaft überbrückte - denn unten war eine Tür, die sich von innen nicht öffnen ließ. Diese Räuberleiter war allerdings erst der Anfang, denn Shevas Weg nach unten war mit Zombies gepflastert, bei deren Beseitigung sie Hilfe brauchte. Wie praktisch, dass sich ganz in der Nähe ein Scharfschützengewehr langweilte: Mit dem konnte ich entweder eine Hand voll Gegner einzeln ausschalten oder abwarten, bis sich ein Grüppchen um ein einladend rotes Fass versammelte - KABOOOOM!

Und das Schönste an Sheva: Wenn ihr kein Interesse daran habt, sie von der KI kontrollieren zu lassen, dann lasst das doch einen Freund übernehmen! Lokal oder Online habt ihr die Möglichkeit, kooperativ zu zweit dem Feindesheer an den Kragen zu rücken!              

Das Beste noch besser

Wie bereits erwähnt, folgt das grundsätzliche Spieldesign von Resident Evil 5 dem des Vorgängers: Nach wie vor blickt ihr eurem Protagonisten aus einer flachen, wenig schwenkbaren Perspektive über die mächtige Schulter, noch immer wird mit dem Laserpointer der Waffe recht gemütlich gezielt, noch

 

Zu zweit gegen die Untoten: Ihr dürft kooperativ auf Zombieschnetzel-Mission gehen - lokal oder online!immer ist es nicht möglich, gleichzeitig zu laufen und Gegner ins Visier zu nehmen. Noch immer gibt es Items hauptsächlich aus Holzfässern und -kisten, die mit dem Messer aufgebrochen werden. Und noch immer dreht sich das Ganze um ein fieses Virus, das hier aus harmlosen Bewohnern eines afrikanischen Dorfes nach Menschenfleisch gierende Wahnsinnige macht, denen bizarre Tentakeldinge aus dem Mund wachsen - bzw. anstelle des Kopfes hervor schnellen, wenn man eben diesen mit einem gezielten Schuss von seinem ursprünglichen Platz entfernt hat.

Die völlig albernen Rassismus-Diskussionen, die es zum Thema Resi 5 vor kurzem gab, übergehen wir an dieser Stelle mal geflissentlich, viel interessanter für Technikfreaks ist ohnehin ihre Vielfalt - während der zwei Levels kamen ausschließlich Individuen stöhnend auf uns zugewankt. Was angesichts der direkt davor Zwischensequenz, in der sie wie Carl Lewis sprinteten, natürlich etwas inkonsequent wirkt, aber das Ganze soll ja auch spielbar bleiben. Gegenwärtig wirkten sie zum Teil auch noch verwirrt wie Bewohner von San Francisco in den 60ern  und stolperten in alle möglichen Richtungen, aber bis zum Release fließt noch genug Blut den Zeitfluss hinab.

Du und dein Axtmörder

Chris' und Shevas Bewaffnung bietet bislang keine Überraschungen: Messer, Pistole, Scharfschützengewehr, MG, Schrotflinte - kennt man, poliert man. Auch die druckvollen Einschlag-Reaktionen der Feinde kommen dem Resi 4-Kenner vertraut vor, allerdings soll es jetzt davon noch weitaus mehr Varianten geben. So oder so verschwinden die Standard-Feinde nach dem offiziellen Exitus (der schon mal ein schwungvolles Nachtreten verlangt) in einem bizarren Geblubber - die Bossgegner sind nicht so einfach aus den Latschen zu hauen. Der Kettensägen-Irre ist z.B. nur auf zwei Weisen zu verletzen: Entweder trifft man punktgenau mehrmals in sein Auge, das aus seinem wild gewickelten Turban herausglotzt - oder man wartet mit dem Ballern, bis er neben einem der explodierenden Fässer steht. Geduld ist eine Tugend, allerdings keine leichte, wird man dabei doch von einem Heer aus Standard-Gegnern attackiert. Auch der Mammut-artige Henker, der übrigens die Axt wild schwingt, unabhängig davon, ob er euch, ein Haus oder Scharen seiner eigenen Männer dabei trifft, ist eine krasse Herausforderung:

So nahe sollte man einen Bossgegner besser nie lassen: Die beinharten Giganten stecken eine ganz Menge ein und teilen noch viel stärker aus!
Man kann ihn zwar erledigen, aber das ist sehr schwer. Muss man auch nicht, denn dieser Abschnitt diente nur der Hinhaltung: Man muss lang genug ausharren, bis ein erlösender Hubschrauber eintrifft und für Ordnung aus der Luft sorgt. In jedem Fall trifft speziell für die Bosse zu, dass man sie nicht zu nahe an sich heranlassen sollte: Raspelt die Kettensäge erstmal an Chris' Hals, ist das Game Over unvermeidlich - beim Standard-Widersacher gibt's immer noch die Möglichkeit, sich mit einem mächtigen, schnell eingerüttelten Punch oder Kick zu befreien.

Optisch ist Resident Evil 5 nach dem, was wir bislang zu sehen bekamen, nicht weniger als eine wuchtige Wucht, die an Wuchtigkeit kaum zu überwuchten ist: Hammer! Klar mag man mosern, dass viele Texturen matschig sind oder die Umgebung im Allgemeinen nicht irre interessant ist - aber der Detailgrad derselben, die Realismus-Verliebtheit in der Inszenierung ist ebenso der Wahnsinn wie die Animationen und die Effekte. Die explodierenden Fässer reißen das halbe Bild mit sich in den Feuertod; trifft man einen Gegner, kurz bevor er seinen Molotov-Cocktail schmeißen will, geht er beispiellos in Flammen auf. Es gibt viele 360- und PS3-Spiele, die verdammt gut aussehen - Resident Evil 5 wird nach gegenwärtigem Stand der Präsentation dabei zu den besten gehören!          

Ausblick

Unglaublich. Wahnsinn. Hammer. Umwerfend. Resident Evil 5 macht keinen so krassen Serienschnitt wie der Vorgänger, aber schließt logisch daran an, verfeinert das Spielprinzip und packt das Ganze in eine Hülle, die schlicht überragend ist: Die Kulisse, die Figuren, die Animationen, die Effekte - derartige Perfektion ist verdammt selten und Hochklasse-Spielen vorbehalten. Kenner des Vorgängers legen sofort und ohne Schwierigkeiten los, die Änderungen (wie das Echtzeit-Inventar) verbergen sich im Detail. Nach wie vor erwartet euch kein Shooter; wer versucht, Resi 5 so zu spielen, der ist schneller erledigt, als er »Sheva!« kreischen kann. Die gelenkige Trulla war die größte Überraschung der Präsentation, ihre Selbständigkeit ist einzigartig - allerdings habe ich mich tierisch geärgert, dass der Koop-Modus nicht spielbar war. Wenn der gut funktioniert, dürfte das für ein intensiveres Partner-Erlebnis sorgen als z.B. Army Of Two. Aber auch ohne dieses i-Tüpfelchen bleibt nichts als Vorfreude. Das Überrannt-Gefühl ist ebenso der schiere Irrsinn wie die Präsentation, der erste Eindruck kann nur so lauten: Capcom hat da ein verteufelt heißes Eisen im Feuer - nämlich Resident Evil 4 in geiler!

Ersteindruck: ausgezeichnet

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