Tenchu Z29.05.2007, Jörg Luibl
Tenchu Z

Vorschau:

Die Wege der Ninja bleiben auch zwanzig Jahre nach dem Klassiker von System 3 theoretisch reizvoll: Man kann sich im Schatten verstecken und schleicht mit einem Arsenal des Todes durch das mittelalterliche Japan. Leider hatte das Team von From Software seit einiger Zeit Probleme, die Faszination in die PS2-Spielpraxis zu übertragen. Ob mit der Premiere auf der Xbox 360 alles besser wird?

Der eigene Ninja

Eine Geburt im feudalen Japan: Man nehme einen Mann oder eine Frau im besten Alter, entscheide sich zwischen knapp zwei Dutzend Gesichtern und wähle zwischen Kimono in Rot oder Vollkörpervermummung in Schwarz. Gleich zu Beginn von Tenchu Z (ab 51,11€ bei kaufen) gibt es eine Premiere: Ihr könnt euren Hauptcharakter den eigenen Wünschen anpassen und sogar die Fähigkeiten in den Bereichen Stärke, Lebenskraft sowie Beweglichkeit verändern. Das sind begrüßenswerte Fortschritte, die individuellere Herangehensweisen ermöglichen.

Ihr wollt lieber schneller sein als stark? Dann zieht dort Punkte ab und verschiebt sie! Am Ende der Charaktererschaffung

Ab durch die Papierwand: Ein Schatten verrät, wo sich die Wache befindet...
steht die Wahl eines Partners, der ebenfalls nach Belieben erstellt werden kann. Zwar beginnt ihr das Spiel als Solokämpfer, aber später bekommt ihr Unterstützung. Im Laufe des Abenteuers könnt ihr euren Helden in seiner Basis weiter entwickeln: Nicht nur Kleidung und Waffen, auch die Fähigkeiten lassen sich dann steigern. Wir sind gespannt, wie sich das auf spätere Missionen auswirkt. Zunächst geht es direkt zur Sache: Infiltriert das Herrenhaus von Händler Echigoya und tötet ihn! Warum? Er ist korrupt und handelt mit Feuerwaffen der Ausländer...

Xbox 360 ausgenutzt?

Die Story bleibt noch undurchsichtig, es gibt gerade mal kurze Missionstexte sowie ansehnliche Zwischensequenzen, die euch auf den Auftrag einstimmen: Der sichtlich beschwipste Echigoya nippt z.B. an seinem Tee und freut sich über seine dunklen Geschäfte. Leider kann die Kulisse trotz einiger stimmungsvoller Hochglanzspiegelungen auf

Lust auf bewegte Bilder?

Download Trailer 4dem Parkett keine Glanzlichter setzen. Schon beim Ziehen von Katana oder Tanto vermisst man die letzte Eleganz, Salti und Rollen wirken zu ruckartig und wenn man um die Herrenhäuser schleicht, wird man von matschigen Texturen, groben Schatten sowie unbeweglichen Büschen begrüßt, die auch auf einer PS2 nur Durchschnitt wären. Und in unserer Fassung wurden manche Schatten auch noch falsch gesetzt; von Clippingfehlern ganz zu schweigen.

Auch der offene Kampf will gelernt sein: Ihr könnt Gegner fixieren, über sie springen und blocken.
Nein, das ist trotz authentischer Architektur, Mode und Frisur nicht die nächste Ninja-Generation, die ich auf einer Xbox 360 erwarte. Die japanische Musik kann immerhin im Zusammenspiel mit all den Bauten und Stoffen für eine pseudohistorische Atmosphäre sorgen. Ein optischer Reiz liegt immerhin in der Choreographie des Kampfes: Wenn man mit einem akrobatischen Salto hinter seinem Opfer landet, um es dann in einem eleganten Manöver zu Fall zu bringen, entsteht ein nicht zu verleugnender Nervenkitzel. Schafft ihr es, euch ungehört und ungesehen an eine Wache heranzupirschen, stehen euch diverse Stealth-Kills zur Verfügung.

Entweder tötet ihr euer Gegenüber sofort, was je nach Winkel, Charakter und Stellung von einer anderen blutigen Animation dargestellt wird, oder ihr nehmt das Opfer zunächst in einen Schwitzkasten und schlagt es bewusstlos. Wer es ganz akrobatisch mag, darf jetzt auch direkt von einem Sims hängend oder aus der Wanddeckung heraus den tödlichen Hieb setzen. Aber muss gerade das finale Töten so trashig inszeniert werden? Die Blutfontänen wirken fast schon lächerlich, zumal ein Ninja mit Lust auf eine lange Karriere möglichst unauffällig töten sollte.

Alles wie gehabt

Aber vor der Karriere steht das Training, das wenig Neues bietet: Ihr könnt gehen und rennen, schleichen und kriechen,

Kooperativer Spaß? Eine Unbekannte bleibt das Online-Spiel für bis zu vier Leute, das wir erst im Test überprüfen.
euch an Wände pressen und mit dem Kletterhaken in die Höhe springen. Die Kamera darf mit dem rechten Stick frei justiert werden, auf Wunsch wird sie auch Richtung Sichtpunkt wieder zentriert. In der Vorschaufassung hinterließ die Steuerung inklusive Gegnerfixierung und freier Perspektivwechsel eine gute Figur, auch wenn das Wechseln und Anwenden von Gegenständen wie Fallen oder Bögen etwas Übung verlangt.

Neu sind Gerüche, die euch verraten: Wabert eine braune Wolke um euch, solltet ihr den Mief schnell im Wasser abwaschen, sonst lockt das Wachen an. Bei der Infiltration von Gebäuden müsst ihr zum einen auf die Lautstärke achten, zum anderen auf die Helligkeit - jeweils repräsentiert durch eine Leiste im Menü. Wer einfach ins Wasser springt, erzeugt mächtig Lärm; wer tölpelhaft durchs Sonnenlicht schlendert, wird entdeckt. Selbst das Ziehen von Katana & Co sorgt für alarmierte Wachen. Das ist schön, denn die brüllen tatsächlich nach Verstärkung, wirken im Ernstfall aber immer noch unkoordiniert bis dämlich in ihren Aktionen: Gerade eben kämpfe ich gegen zwei Wachen, verstecke mich hinter einer Kiste im Sichtfeld (!) und sie lassen nicht nur von mir ab, sondern stellen die Verfolgung komplett ein, als wäre der Kampf vor fünf Sekunden (!) nicht gewesen...

     

Ausblick

Ich mag Ninjas. Ich mag Stealth-Action. Ich habe mich auf ein Tenchu der nächsten Generation gefreut - immerhin könnte From Software die letzten schwachen PS2-Auftritte vergessen machen und eine Premiere mit der Power der Xbox 360 feiern. Aber das, was ich in dieser Vorschaufassung spielen konnte, hat mich technisch enttäuscht: Texturen der matschigen Sorte, falsche Schatten und zu wenig Eleganz in den Animationen - sorry, aber dieses Spiel könnte man so auch auf Sonys alter Kiste präsentieren. Auch die KI hinterließ trotz feiner Zusätze wie dem Brüllen nach Wachen oder der Reaktion auf Gerüche noch einen durchwachsenen Eindruck. Wo bleibt die Konsequenz der Verfolgung? Letztlich blieb einzig und allein der Reiz der Stealth-Kills sowie Charakterentwicklung, die mich trotz der faden Technik einigermaßen befriedigen konnten. Das sind natürlich alles nur Momentaufnahmen der ersten Missionen und immerhin wurde die Steuerung endlich komfortabler gestaltet. Und wer weiß, vielleicht können die Karriere mit Partner sowie der Multiplayermodus für bis zu vier Mann über Systemlink bzw. Xbox Live noch überzeugen. Schon jetzt lässt sich allerdings absehen, dass der wichtige kreative und technische Schnitt, der der altehrwürdigen Reihe endlich zu neuem Glanz verhelfen könnte, nicht stattgefunden hat - schade.

Ersteindruck: befriedigend

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