Lost Planet: Extreme Condition17.11.2006, Jörg Luibl
Lost Planet: Extreme Condition

Vorschau:

Am 12. Januar lädt Capcom zum heißen Tanz im Tiefschnee. In Lost Planet: Extreme Condition (ab 4,98€ bei kaufen) geht es um brachiale Gefechte im Winter, die euch exklusiv auf der Xbox 360 serviert werden. Wir durften bereits im Mai für eine Vorschau reinschnuppern, konnten aber jetzt eine fortgeschrittene Fassung zur Hälfte durchspielen. Welchen Eindruck hinterlässt das arktische Abenteuer auf der Zielgeraden?

Gipfelsturm

Sturmwind in den Boxen, Schneegestöber am Bildschirm, den Kältetod voraus - willkommen auf Eden 3, einem arktischen Planeten im futuristischen Nirgendwo. Weit oben in den Gipfeln eines Berghangs zeigt die Xbox 360, was sie in Sachen

Kampf am Abhang: Die orangen Teile zeigen die Schwachstellen der Akrids an.
Wetter, Witterung und Wolken drauf hat. Ein Blick über den orangeroten Horizont offenbart dahinjagende Himmelsfetzen, davor gleitet eine riesige Kreatur auf den Luftströmen - sie ist halb Drache, halb Schmetterling und ebenso faszinierend wie die zerklüftete Landschaft.

Man klettert gefährlich schmale Pässe hoch, springt mit letzter Kraft über rutschige Simse und landet immer und überall im Tiefschnee. Man? In der Rolle von Snow Pirate Wayne kämpft ihr hier nicht nur ums warme Überleben, sondern auch um eure Vergangenheit. Es geht um Rache, Verrat und das große Geheimnis eines Planeten, auf dem insektoide Monster (Akrids), menschliche Rebellen (Snow Pirates) und ein auf Thermalenergie fixierter Großkonzern (NEVEC) aneinander geraten.

Schräge Landschaft

Lust auf bewegte Bilder?

Webisode 1 (Trailer, 1:02 Min.)

Webisode 2 (Trailer, 1:18 Min.)Wir konnten zwar das Intro noch nicht sehen, aber die wesentlichen Übergänge zwischen den Missionen, die die Story erzählen, hinterlassen bereits einen sehr guten Eindruck - Stil und Design à la Jun Takuchi, der schon in Onimusha die Feder führte und aktuell Resident Evil 5   produziert. Worum geht's hier? Held Wayne hat dem Tod ins Auge geblickt, knapp überlebt und dabei sein Gedächtnis verloren. Er erinnert sich in Flashbacks jedoch immer wieder an seinen Vater, der von den Akrids ermordet wurde. Zunächst scheinen diese Kreaturen der Erzfeind zu sein, aber die Machenschaften von NEVEC zeichnen bald ein Bild von mysteriösen Verstrickungen, denen ihr in klassischer Schulterperpektive bei hohem Bodycount nachgeht - einen ersten Eindruck vermittelt auch der Story-Trailer: Download, 4:43 Min.

Ausflug im Mech: Ihr kämpft im idyllischen Abendrot gegen fliegende Akrids.
Lost Planet besticht vor allem dank seiner Kulissen. Es sind die Schrägen, die begeistern: die steilen Hänge, die vorspringenden Felsen, die schroffen Winkel. Das Leveldesign lebt von der Ausnutzung aller Dimension und inszeniert die Höhe in all ihren Facetten. Wir konnten erstmals in diese alpine Welt steigen und ein Gefühl für den spannenden Kampf vor Abgründen gewinnen. Denn die Idylle trügt: Ihr bekommt hier Action pur. Es gibt zwar auch Momente der Deckung, ruhige Phasen der sicheren Distanzschüsse, aber kein langsames Schleichen oder eine Sandsacktaktik wie in Gears of War - dafür brachiale Explosionsgewitter, großflächige Kampfschauplätze, viele projektilreiche Feste der Zerstörung: Egal ob Mauern, Straßenschilder, Fahrzeuge oder Kisten - alles löst sich in Partikelwolken auf oder zerbröselt bei Beschuss. Bei der Beurteilung der finalen Fassung wird auch das Verhältnis von Action und Ruhemomenten eine Rolle spielen, denn manchmal ist weniger einfach mehr, wenn man Spannung aufbauen will. Die von uns gespielten Levels zeigten in diesem Punkt jedoch schon eine bessere Balance als die erste Fassung. Manchmal tobt nur der Sturm, alles scheint friedlich und dann gehts los...

Metallmonster im Schnee

Lost Planet-Gameplay:

Trailer 5; 0:19 Min.

Trailer 4; 0:19 Min.

Trailer 3; 3:25 Min.Ihr kämpft in Schwindel erregender Höhe, in unterirdischen Tunnels, in eisigen Schluchten, schwelenden Vulkanen, auf einsamen Brücken oder in großen Fabrikkomplexen. Die Stimmung erreicht zwar auch unterirdisch nie klaustrophobische Höhen oder den düsteren Nervenkitzel eines Gears of War, aber dafür gibt es in Lost Planet mehr Überraschungsmomente aus dem Nichts: Riesige Dächer, die sich beim Sturz eines Monsters in tausend Scherben auflösen; plötzliche Verwehungen im Schnee, aus denen sich Akrids schälen.

Sobald ihr in einen Mech gestiegen seid, erhöht sich eure Feuer- und Sprungkraft um ein Vielfaches.
Und denen geht es nicht nur mit konventionellen Waffen vom MG über den Laser oder Granaten bis hin zu Raketenwerfern an den Kragen, sondern auch in riesigen Mechs. Diese metallenen Ungetüme könnt ihr besteigen, mit Waffensystemen aufrüsten und euch dann in die Luft katapultieren. Die enormen Sprünge der Kampfmaschinen sind das technische Highlight: So könnt ihr entfernte Plattformen erreichen, wie in einem Jump'n Run Gipfel erspringen oder feindlichen Mechs akrobatisch ausweichen. Die butterweichen Animationen beim Sprung und das Abfedern beim Aufprall sehen klasse aus.

Klasse Figurendesign

In Sachen Art & Design ist Lost Planet eine Augenweide - hervorragende Bewegungsabläufe, skurrile Monstertypen und vor allem coole Inszenierungen: Plötzlich schliddern von einem Hang z.B. zwei kreabsartige Kreaturen über den Schnee, drehen sich wie Kreisel auf dem Rücken und stehen dann fauchend vor euch - klasse. Blöd ist der Panzer, der sie gegen Projektile schützt. Schmerzhaft sind die Klauen, mit denen sie zuschlagen. Hoffnung spendet das orange Glühen am Schwanz, das die verwundare Stelle markiert. Man muss in ihren Rücken kommen...

...nach vier Granaten und zwei Magazinen herrscht Ruhe. Die schwindende Lebensenergie lässt einen schnell Thermalstation denken, die Speicher- und Auftankpunkt zugleich ist. Nur davon ist keine in Sicht. Nachladen, umschauen, alles kann für einen Moment still sein. Überall glänzt das weiße Pulver, keine Feinde sind in Sicht, aber der Thermalanzug schlägt Alarm. Wenn man nicht gleich wärmende Energiequellen findet oder einheimische Insekten tötet, die selbige hinterlassen, droht der Tod durch Erfrieren. Was ist das da hinten? Ein schwarzes Loch.

         

Eine Höhle, tausend Augen

Irgendwo ein Summen, es wird lauter, hundertfacher Flügeschlag - verdammt, da sind Akrids im Anflug. Die sehen aus wie

Dune lässt grüßen: Das Monsterdesign reicht von kleinen Krabblern bis hin zu mächtigen Würmern.
mutierte Wespen, können im Schwarm angreifen und zustechen. Also nichts wie rein in die Höhle. Dunkelheit überall, ein klaffender Schlund von zwanzig Metern. Dafür nutzt man den Kletterhaken, der euch sonst auf hohe Plattformen oder Gemäuer zieht. Unten angekommen, beginnt es zu rascheln, dann zu zischen und schließlich bricht die Hölle los: Oben, unten, rechts und links krabbeln dreibeinige Viecher, Dutzende Nester pulsieren wie offene Wunden...

...Waffe durchladen, Feuer frei! In Bewegung bleiben, Magazine leerrotzen, Granaten werfen, Munition sammeln, auf Kisten springen, Thermalenergie sichern und die verdammten Akrids mit Projektilen, Laser & Co vollpumpen. Wer diese Höhle lebend verlassen will, muss seinen Shooterinstinkten folgen, gut zielen, klug einsammeln und starke Nerven zeigen. Manchmal erinnert das Spiel an Metroid Prime : Vor allem, wenn riesige Monstren auftauchen und den Bildschirm mit ihren Tentakeln füllen. Akrids kommen in Wellen, in Schwärmen oder als gigantische Einzelgänger. Wenn sich diese Wesen mit ihren Klauen aufbäumen, muss man ihre wunden Punkte finden und effektiv mit MG oder Laser draufhalten, um überhaupt eine Chance zu haben. Man kann auch erst Körperteile wie Klauen oder Tentakel zerlegen oder umliegende Kanister nutzen, um große Detonationen zu entfachen.

Eine Frage der KI

Ein Fragezeichen bleibt noch hinter der KI. Die Akrids bestechen mit tierischer Wildheit, aber bisher haben die menschlichen Feinde nicht gerade den besten Eindruck im Kampf hinterlassen, wenn man von oben auf sie schießt. Die Snow Pirates sind

Ihr seid auch in Fabrikhallen und Tunneln unterwegs: nahezu alles lässt sich zerstören oder verbrennen.
mitunter nicht gut genug, wenn es um Teamwork oder kooperative Aktionen geht. Man konnte mit einem Scharfschützengewehr zu lange in Ruhe ein Tontaubenschießen veranstalten, ohne dass sich Widerstand formiert - Gears of War ist da wesentlich lebendiger, da springen Feinde aus der Deckung, um euch vom Fleck zu schießen; schon in Far Cry haben sie euch umzingelt.

Capcom ist sich dessen bewusst und verspricht, die KI noch zu verbessern. Allerdings konnten wir noch nicht gegen die intelligenteren Mitglieder des NEVEC-Konzerns antreten. Die tauchen erst ab der sechsten Mission auf und sollen sich wesentlich fordernder verhalten. Wir sind gespannt, wie sich die finale Version in Sachen KI präsentiert. Aber auch so ist Lost Planet kein Zuckerschlecken: Schon auf der leichtesten (!) der vier Stufen gerät man gehörig ins Schwitzen, da die schiere Zahl der Feinde manchmal erdrückend ist oder die Weite der Levels Angriffe von allen Seiten erlaubt - auch von oben oder unten. Daher ist es gut zu wissen, dass die Steuerung butterweich funktioniert und punktgenaues Zielen ermöglicht. Ihr könnt zwar die Feinde nicht automatisch fixieren und durchschalten, aber auch ohne diese Hilfe kann man den Akrids eins auf den Chitinpanzer brennen, ohne die Waffe zu verreißen.

Im Gegensatz zum taktischer orientierten Gears of War habt ihr hier keine Deckungsmanöver an Wänden oder Kisten. Man

Mutierte Mantarochen? In den späteren Levels geht es auch in Vulkanregionen zur Sache.
kann sich zwar langsam heranpirschen, zur Seite rollen und ducken, aber sich nicht an eine Mauer drücken oder aus der sicheren Deckung heraus schießen - das ist schade. Im Nahkampf habt ihr immerhin die Möglichkeit, mit dem Gewehrkolben zuzuschlagen. Und es gibt ein wichtiges Element, das die Bewegung wieder würzt: den Kletterhaken. Gerade das schnelle Hochziehen an Wänden ermöglicht hinterhältige Attacken und kontrollierte Rückzüge aus brisanten Situationen.

Multiplayer-Perspektive

All das spielt natürlich auch im Multiplayer über Xbox Live eine Rolle - und der hat in unseren Probekämpfen bereits richtig Spaß gemacht. Das Katz- und Mausspiel im Schnee, bei dem ihr auch nach Waffen graben könnt, lief technisch sauber und war sehr gut zu steuern. Ihr könnt mit bis zu 16 Kämpfern gegeneinander antreten. Vier Spielmodi stehen zur Verfügung: Entweder kämpft jeder gegen jeden oder in zwei Teams bis zum Tod. Hinzu kommt das Halten und Verteidigen von strategisch wichtigen Punkten sowie ein Modus, indem jemand die Rolle des Flüchtenden übernimmt, der von einer Horde gehagt wird - je länger ihr überlebt und je mehr Daten ihr sichert, desto höher die Punktzahl. Capcom hat schon jetzt einiges Material für Xbox Live angekündigt: Neue Karten, Missionen und Waffen dürften nicht lange nach dem Release auf sich warten lassen.

   

Ausblick

Winter, wo bist du? Ich will in den Tiefschnee! Im Mai wollte der Funke noch nicht so recht überspringen, aber jetzt freue ich mich so richtig auf das arktische Projektilgewitter zwischen Mechs und Monstern. Das Kreaturendesign ist erstklassig, die Bewegungsabläufe werden wunderbar inszeniert, die Kämpfe in den Kampfrobotern sind unheimlich packend und es gibt nicht nur ein Feuerwerk an Rauch und Explosionen, sondern auch herrliche Wind- und Wettereffekte. Lediglich die KI der menschlichen Gegner ließ etwas zu wünschen übrig. Hier verspricht Capcom jedoch Besserung und man darf nicht vergessen, dass wir noch nicht gegen die versierten Soldaten des NEVEC-Konzerns antreten konnten. Die Beurteilung der Story sparen wir uns für den Test auf, aber die Andeutungen machen bereits Appetit und der japanische Filmstil ist wie schon in Onimusha technisch hervorragend - das ist gut. Wichtiger ist jedoch, wie sich Lost Planet anfühlt: sehr gut! Wir konnten zwar nur fünf von elf Missionen erleben, aber die hatten es in sich. Freut euch auf schnörkellose Action, grandiose Kampfszenen und spektakuläre Kulissen. Gerade Gears of War, bald Lost Planet. Gut, dass sich niemand zeitgleich entscheiden muss...

Ersteindruck: sehr gut

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