Kane & Lynch: Dead Men20.10.2007, Michael Krosta
Kane & Lynch: Dead Men

Vorschau:

Lange haben die Entwickler von IO kein Wort über den Mehrspielermodus von Kane & Lynch verloren. Warum? Weil sie Angst hatten, dass ihr Konzept von der Konkurrenz kopiert werden könnte, bevor das eigene Action-Duo die Händlerregale stürmt. Alles nur heiße Luft oder begeistern die gemeinsamen Ausflüge in die Verbrecherwelt tatsächlich durch Innovation?

Das schwarze Schaf

Wenn man ein heißes Ding zusammen dreht, ist es wichtig, dass man sich aufeinander verlassen kann und sich gegenseitig vertraut. Was wäre z.B. aus Ocean's Eleven geworden, wenn nicht jeder Teil des Teams perfekt funktioniert hätte? Doch nicht immer wartet ein Happy End, in dem jeder mit seinem Anteil an der Beute zufrieden von dannen zieht. Nein, denn sobald viel Geld im Spiel ist, kommen oft die dunklen Eigenschaften eines Menschen zum Vorschein und auf Neid folgt die Gier. Genau darum dreht es sich im Mehrspielermodus von Kane & Lynch, der auf den Namen Fragile Alliance hört und genau das bietet. Ihr könnt zusammen viel erreichen, Kohle einsacken und gemeinsam im Fluchtwagen auf und davon rasen.

Am Anfang war die Einigkeit: Bis zu acht Verbrecher stürmen gemeinsam Banken und andere Geldbunker. Aber wie lange hält die Allianz?
Andererseits kann es zu jeder Zeit passieren, dass sich irgendjemand aus der Truppe auf einen Egotrip begibt und sich die gesamte Beute selbst unter den Nagel reißen will. Elendige Verräterschweine! Aber mit ihnen muss man rechnen und vielleicht packt einen manchmal sogar selbst die Gier...

"Das ist ein Überfall!"

Gerade am Anfang ist es sinnvoller, gemeinsam vorzugehen. Mit bis zu acht Ganoven stürmt ihr ein Gebäude und nehmt es mit Sicherheitsleuten und schwer bewaffneten Cops auf, die mit einer fordernden KI aufwarten, um euch zur Zusammenarbeit zu bewegen. In den verwinkelten Korridoren und zahlreichen Räumen findet ihr immer wieder markierte Stellen, an denen ihr Geld aufnehmen könnt. Dazu stellt ihr euch an das Dollar-Symbol und wartet, bis das Geld quasi auf euer Konto "überwiesen" wird. Damit ihr eine Vorstellung bekommt, wie viel eure Mitstreiter absahnen, prangt deren aktuelle Ausbeute jederzeit dick und fett über dem Kopf der Spielfiguren. Gerade wenn man selbst deutlich weniger absahnen konnte und der Führende an einem vorbeihuscht, juckt es in den Fingern und die kleine, böse Stimme im Inneren flüstert leise "Los, schieß! Schnapp dir seinen fetten Anteil und mach dich aus dem Staub!". Doch Vorsicht: Ein Vorteil der Reichen besteht darin, dass das Geld nicht nur ihr Konto strahlen lässt, sondern auch als Schutzschild fungiert. Deshalb können sie einige Treffer mehr einstecken, wenn sie angegriffen werden. Doch selbst wer eine stattliche Summe sein Eigen nennt wird sich oft die Frage stellen, ob es nicht vielleicht sinnvoller ist, sich alleine durchzuschlagen. Warum soll man die so fleißig eingesammelte Kohle mit den anderen teilen? Man selbst hat all die Arbeit und am Ende bekommt jeder den gleichen

"Stirb, Verräterschwein!"
Anteil - selbst die Versager. Ist es da nicht angenehmer, das hart verdiente Geld zu behalten und gleich noch die Anteile der anderen mit abzustauben, indem man ihnen in den Rücken fällt?

Auf den Spuren des Judas

Ja, doch dieser hinterhältige Schritt will wohl überlegt sein: Sobald ihr einen Schuss auf ein Teammitglied abgebt, werdet ihr für alle sichtbar zum Verräter gebrandmarkt und euer Head Tag (=Name über dem Kopf) strahlt sogar durch Wände, damit auch jeder weiß, wo ihr euch gerade aufhaltet. So müsst ihr euch nicht nur mit der KI, sondern auch mit euren ehemaligen Mitstreitern auseinandersetzen, denen eine Bonuszahlung winkt, wenn sie den Abtrünnigen eliminieren. Den Ruf des Verräters tragt ihr sogar in die nächste Runde mit euch, indem ihr etwas abseits zum restlichen Team abgestellt werdet und ein schwarzes T-Shirt tragen müsst. So weiß jeder, dass man euch nicht unbedingt trauen und besser ein Auge auf euch werfen sollte. Um etwas weniger Aufmerksamkeit zu erregen, habt ihr jederzeit die Möglichkeit, Geldscheine wieder fallen zu lassen, damit euer Kontostand nicht zu sehr wächst und den Neid der anderen weckt. Außerdem verschwindet euer Head Tag - und damit die Kontoanzeige - sobald ihr kriecht. Vielleicht schafft ihr es ja so, eure Beute unauffällig zum Fluchtwagen zu transportieren oder eine hinterhältige Attacke zu starten...  

           

      

Seitenwechsel

Eine coole Idee haben sich die Entwickler für den Fall ausgedacht, wenn ihr zum ersten Mal in einer Runde das Zeitliche segnet: Egal, ob man durch die Angriffe der KI oder eines Verräters stirbt, findet man sich anschließend als Cop auf der Seite des Gesetzes wieder und versucht seine ehemaligen Weggefährten aufzuhalten. Vor allem dann, wenn man durch die Hand eines Verräters gestorben ist. Als Cop habt ihr die Chance, euch auch nach eurem Tod an dem verantwortlichen Übeltäter zu rächen und sogar eine doppelte Prämie einzusacken. So gerät der bzw. geraten die Verräter noch weiter unter Druck. Außerdem dürft ihr auch als Cop einen Finderlohn für gefundene Geldscheine einstreichen und habt damit die Chance, die Runde sogar zu gewinnen, denn das Ziel lautet auch in der Polizeiuniform so viel Kohle zu machen wie möglich. Solltet

Klasse Idee: Werdet ihr als Verbrecher getötet, kehrt ihr als Cop ins Spiel zurück.
ihr dagegen selbst auf der Seite des Gesetzes versagen, ist die Runde vorbei und ihr könnt den weiteren Fortgang des Überfalls nur noch passiv mit Hilfe eine Action-Cam weiterverfolgen.

Wo muss ich hin?

Die Spielmechanik von Fragile Alliance ist identisch zur Kampagne, so dass man sich diesbezüglich nicht umstellen muss. So nutzt ihr auch hier das bekannte Deckungssystem, übernehmt bei Munitionsmangel die Waffen getöteter Feinde und ballert euch durch. Etwas Probleme bereitet am Anfang die Wegfindung, da ihr eure Beute zwischendurch immer wieder beim Fluchtwagen abliefern solltet. Zwar könnt ihr jederzeit eine Karte aufrufen, doch verheddert ihr euch schnell wieder in den vielen Gängen und Stockwerken der Gebäude. So geht der Spaß erst dann richtig los, sobald mehrere Runden absolviert wurden und man dadurch langsam mit den Karten vertraut ist. Insgesamt erwarten euch vier Überfalls-Szenarien, die vom eigentlichen Prinzip her zwar immer gleich ablaufen, aber zumindest

Umfangreiche Statistiken halten euch über eure Erfolge auf dem Laufenden. Doch Erfolge machen misstrauisch und lenken neidische Blicke auf euch.
individuelle Kulissen und Hintergrundgeschichten bieten, die jedoch in keinem Zusammenhang zum Solo-Einsatz von Kane & Lynch stehen.

Team wider Willen

Wer auch die Kampagne nicht alleine bestreiten will, darf sich auf den Koop-Modus freuen, in dem ein Spieler wie gehabt die Rolle von Kane übernimmt, während euer Kumpel in die Rolle des Psychopathen Lynch schlüpft. Leider steht diese Option ausschließlich offline zur Verfügung, weshalb ihr hier mit einem geteilten Bildschirm Vorlieb nehmen müsst. Und genau da liegt schon das Problem, denn wirklich übersichtlich ist die Ballerei im Splitscreen nicht. Warum wird der Koop-Modus alternativ nicht auch online angeboten? Ganz einfach: Laut den Entwicklern handelt es sich bei Kane & Lynch um Kumpel - und dieses Gefühl lässt sich ihrer Meinung nach am besten auf die beiden Spieler übertragen, wenn sie im Splitscreen direkt nebeneinander sitzen. Darüber kann man streiten: Im Prinzip hassen sich Kane & Lynch bis aufs Blut und von einer echten Freundschaft kann hier mit Sicherheit keine Rede sein. Zudem zeigen Titel wie Gears of War oder Halo 3, dass eine Koop-Kampagne selbst mit nur zwei Mitspielern auch online einen Heidenspaß macht. Von daher ist der Schritt, den Koop-Modus ausschließlich offline anzubieten, nicht so ganz nachvollziehbar.    

Ausblick

Vergesst Deathmatch, Capture the Flag und all die anderen Multiplayer-Modi, die ihr schon seit Jahren kennt! Zwar machen solche Standard-Keilereien immer noch jede Menge Laune, aber neue Ideen sind immer willkommen. Vor allem dann, wenn es sich dabei um ein so gut durchdachtes Konzept handelt wie bei Kane & Lynch - Fragile Alliance. Hier beweisen die Jungs von Io, dass es noch Platz für Innovationen gibt und der Ansatz geht nach dem ersten Anspielen voll auf. Ist das gemeinsame Eindringen ins Gebäude und das Aufsammeln von Geld am Anfang noch nichts Besonderes, werdet ihr schnell merken, wie eure dunkle Seite immer stärker wird: Seid ihr erfolgreich, steigt das Misstrauen gegenüber eurer Kameraden, denn jeder - wirklich JEDER - könnte euch in den Rücken fallen. Bekommt ihr dagegen im Vergleich zu den anderen nichts auf die Reihe, steigt euer Neid auf deren Besitz. Warum sich weiter hoffnungslos abmühen, wenn es doch so einfach wäre, den Abzug zu drücken, wenn der Führende gerade mit dem Rücken zu euch steht? Umgekehrt ist man als erfolgreicher Bankräuber vielleicht nicht gewillt, seine fette Beute mit den anderen zu teilen. Sehr schön ist die Idee, nach dem vorzeitigen Tod als Cop ins Spiel zurückzukehren - sei es, um den Überfall zu vereiteln oder gezielt Rache an einem Verräter zu nehmen. Ja, hier werden die niederen Instinkte geweckt! Und es macht Spaß, böse zu sein! Leider wirkt die KI noch etwas unausgereift: An manchen Stellen ist sie hammerhart, an anderen dagegen dumm wie Brot. Hier müssen die Entwickler noch feilen, um den goldenen Mittelweg zu finden. Im Gegensatz zum genialen Fragile Alliance ist es zudem schade, dass der Koop-Modus bewusst offline gehalten wird und ihr damit zur unübersichtlichen Splitscreen-Ballerei gezwungen werdet. Man kann auch online mit Freunden im Koop Spaß haben, liebes Entwicklerteam! Trotzdem solltet ihr euch bis zum Release mit dem Gedanken anfreunden, dass euer Buddy ganz schnell euer schlimmster Feind werden kann. Den Beweis gibt es dann am 23. November, denn früher oder später erliegt jeder der Gier. Wetten?

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