Vorschau:
Command & Mittelerde Wars
Schon mehrmals gewährte Microsoft einen kurzen Einblick in das Spiel, mit dem die Age of Empires-Macher ihren Ausstand geben. Denn Halo Wars wird der letzte Titel sein, über dem die Flagge der Ensemble Studios weht. Was übrigens nicht heißt, dass sich Trübsal in den Entwickler-Büros breit macht. Denn offenbar setzen die routinierten Echtzeit-Strategen alles daran, ein grandioses Finale zu inszenieren. Und diese Worte kommen immerhin sehr überzeugend aus dem Mund von Lead Designer Graeme Devine - einem derjenigen, die entlassen werden. Microsoft stehe voll hinter dem Spiel und werde außerdem mit jenem Studio zusammenarbeiten, das aus dem Ensemble hervorgehen wird..
Genug Spielepolitik, wir wollten wissen: Kann Halo Wars eine ähnliche Initialzündung für die Echtzeitstrategie auf Konsole sein, wie sie Halo einst für den Ego-Shooter war? Devine und seine anwesenden Kollegen sind selbstverständlich fest davon überzeugt.
Schließlich wurde Halo Wars ausschließlich für Gamepad-Kommandanten entworfen und soll sich entsprechend gut anfühlen - im Gegensatz zu EAs Mittelerde- und Command & Conquer-Umsetzungen, die stets nur ihre PC-Steuerung umprogrammieren. Im Gegensatz auch zu Ubisofts EndWar, dessen hervorragende Spracherkennung zwar ein neues Spielgefühl vermittelt, dessen taktische Feinheiten allerdings hinter den Erwartungen zurück bleiben. Und nachdem inzwischen drei 4Players-Redakteure Erfahrungen als SciFi-Generäle gesammelt haben (siehe unsere E3- und GC-Eindrücke), zeichnet sich ab, dass Halo Wars auf der einen Seite wohl größere taktische Spielräume öffnet als EndWar, auf der anderen Seite aber auch viel mit der herkömmlichen Action-Strategie von Alarmstufe Rot 3 gemein hat. Und wieder versucht ein Echtzeitstrategiespiel, auch auf Konsole flüssige und fordernde Gefechte zu inszenieren...
Microsofts schneller Vorstoß
Das fängt bei dem übersichtlichen Befehlsmenü an, das sämtliche Optionen des gewählten Ziels im Kreis anordnet. Im Gegensatz zu Alarmstufe Rot 3 dürft ihr zwar nicht von jedem Ort aus auf z.B. alle Bauoptionen zugreifen, dafür bringt euch ein Druck aufs Digikreuz umgehend in eure Basis. Ein weiterer Druck und ihr seid wieder an der Front, ein anderer schaltet zwischen allen auf der Karte verteilten Truppenverbänden durch. Dauerhaft markieren könnt ihr eine sorgfältig zusammengestellte Armee allerdings nicht; über die rechte Schultertaste dürft ihr lediglich zwischen den unterschiedlichen Truppentypen des aktuellen Verbands wechseln. Schade: Ausgeklügelte taktische Operationen fallen demnach wohl flach - in Halo Wars dreht sich alles um schnelle Vorstöße mit kurzfristig zusammengestellten Armeen.
Wir wollten von Devine wissen, ob deshalb vielleicht kleine Scharmützel an der Tagesordnung stehen, in denen überschaubar wenige Truppen in aufreibenden Gefechten sinnvoll agieren müssen - ein weiterentwickeltes Myth wäre mit dieser Steuerung durchsehr denkbar! Aber der Designer versprach riesige Schlachten, zählte sogar die theoretische Möglichkeit von mehreren hundert Einheiten auf. Wie gesagt: schade. Denn schon in der Hitze kleiner Schlachten erlaubt weder das Markieren sämtlicher auf dem Bildschirm sichtbarer Einheiten noch das grobe Auswählen mit einem großen, kreisrunden Pinsel ähnliche Finessen, wie sie immer noch PC-Feldherren vorbehalten bleiben.
Rüde Rempler
Vielleicht hat Ensemble damit aber auch den richtigen Weg eingeschlagen. Wenn Konsolen den Kompromiss der Action-Strategie eingehen müssen: bitte sehr! Denn sobald man lieb gewonnene Gewohnheiten außen vor lässt, erlebt man in Halo Wars vor allem gut aussehende und trotz Einschränkungen taktisch fordernde Gefechte. Das liegt nicht nur an hart umkämpften Positionen, an denen die Infanterie z.B. in Deckung gehen oder in einem befestigten Geschützposten ihre Schlagkraft vervielfachen kann - in jedem Einsatz soll es laut den Entwicklern
solche Positionen geben. Es liegt auch daran, dass alle gewählten Einheiten im gleichen Tempo marschieren sowie am unkomplizierten "X für Angriff" und "Y für Spezialattacken", die sich nach jedem Angriff allerdings erst aufladen müssen. Dabei müsst ihr keinen Truppentyp selektieren, bevor ihr die Y-Taste drückt, denn es attackieren einfach sämtliche Soldaten, die einen solchen Angriff ausführen können. Auf diese Art werfen Infanteristen mit Granaten, Panzer putzen mit einem Schuss ihre nähere Umgebung und Warthogs, die in Halo Wars als Kundschafter dienen, überfahren feindliches Fußvolk. Vor allem entsteht taktische Tiefe aber aus der Entwicklung eurer Basis, dessen festgelegte Baupunkte an Die Schlacht um Mittelerde erinnern. Weil Ensemble laut eigener Aussage besonderen Wert darauf legt, genießen Veteranen ihr in ihrem Hauptquartier nämlich viele der gewohnten Freiheiten, u.a. das Erhöhen des Tech-Levels, das Vergrößern des Ressourcen-Nachschubs oder den Ausbau mächtiger Spezialangriffe, welche den Helden vorbehalten sind. Nach ausreichend Forschung zerstört Captain Cutter so nicht nur einen Feind mit seinem MAC Blast, sondern gleich vier. Ein Prophet der Covenant erhält hingegen einen Plasmastrahl, der in Sekundenschnelle selbst ein Hauptquartier einreißt. Gehören einfach dazu: Warthogs dienen in Halo Wars als Kundschafter.
Und gerade dann, wenn die Gebäude unter Beschuss Stück für Stück auseinander fallen, lässt Halo Wars seine technischen Muskeln spielen: Es macht freilich nicht der brachialen Gewalt eines Gears of War Konkurrenz und es wirkt wegen der Laserwaffen weniger knackig als ein World in Conflict. Aber es gibt neben Halo-typischen Momenten auch weitere visuelle Höhepunkte; u.a., wenn eine der zwei Riesen-Maschinen (für jede Partei eine) beinahe so imposant wie die Supereinheiten in Supreme Commander über das Spielfeld stampft. Dem visuell einfallsreichen, aber technisch mittelmäßigen Command&Conquer ist das Halo-Universum jedenfalls deutlich überlegen.
Die ominöse Vorratskammer
Doch obwohl es beeindruckend aussieht, solltet ihr natürlich aufpassen, dass die Covenant eure Basis nicht in Einzelteile zerlegen - was ihr entweder mit ausreichend stationären Truppen oder durch Verteidigungstürme verhindert. Auch diese dürft ihr nur an vorbestimmten Punkten platzieren, wobei sich die Anlagen auf die Verteidigung gegen Infanterie, Fahrzeuge oder Luftangriffe spezialisieren und ihr diese Zuweisung jederzeit ändern könnt. Und egal ob Geschützturm, Hauptquartier oder Fabriken:
Nachdem der Einstieg auf dem Eisplaneten Harvest beendet ist, erstrahlt das Halo-Universum in den bekannten Farben. |
Eins machte Devine dabei noch einmal klar: Ihr werdet ausschließlich für die UNSC kämpfen. Die Covenant dürft ihr immerhin im Mehrspieler-Scharmützel befehligen, die Flood hingegen an keiner Stelle. Der Lead Designer betonte außerdem, dass man den Master Chief nirgendwo finden werde. "Nicht einmal, wenn man genau hinschaut." Immerhin spielt Halo Wars 20 Jahre vor den Ereignissen des ersten Ego-Shooters - zu einer Zeit, in der es noch mehrere Spartaner gab, der Chief aber noch nicht von sich Reden machte.
Vom Veteranen zum Anfänger
Falls der Plot dabei auch später so erzählt wird wie in den ersten Stunden, erlebt ihr den Feldzug gegen die Covenant in aufwändigen vorberechneten Filmszenen, wobei die Sequenzen das Laden des jeweils nächsten Levels überlagern. Enttäuscht waren nur die Antwort des Lead Designers, als er auf den ungewöhnlich düsteren Ton der Zwischensequenzen angesprochen wurde. Denn die Verzweiflung der seit fünf Jahren kämpfenden Menschen kommt durch die ungewöhnlich graue Farbgebung anfangs sehr intensiv zur Geltung. Devine bemüht sich jedoch umgehend, zu versichern, dass die weiteren Kapitel den kunterbunten Halo-Prinzipien Rechnung tragen werden. Und mit diesen will Ensemble immerhin eine packende Story erzählen.
Der Krieg gewinnt nämlich an Fahrt, als die UNSC den Planeten Harvest zurück erobern will. Die Covenant scheint Harvest jedoch kaum zu interessieren - sie interessieren sich nur für einen alten Tempel, dessen Geheimnis einer ihrer Anführer gerade ausgräbt... Wie gewohnt treten viele Figuren dabei nicht nur in Filmszenen auf; sie begleiten
euch auch auf dem Schlachtfeld. Mit einer Besonderheit: Ihr werdet nicht dazu gezwungen, die Helden mit allen Mitteln zu beschützen, weil die Mission sonst als gescheitert gilt. Stattdessen stehen gefallene Halo-Charaktere irgendwann wieder auf, falls ihr sie nicht vorher schon wiederbelebt. Für gewöhnliche Truppen gilt das selbstverständlich nicht. Dafür gewinnen sämtliche Einheiten an Erfahrung, wenn ihr sie erfolgreich einsetzt. In den folgenden Einsatz dürft ihr die so trainierten Veteranen allerdings nicht mitnehmen. Action satt: Die Ensemble Studios setzen auf schnelle Vorstöße, anstatt den langsamen Aufbau zu fördern.
Exzellente Echtzeitstrategie?
Den wenigen bislang spielbaren Einsätzen nach zu urteilen, erwartet euch in den Missionen dabei die bekannte Abwechslung aus Basisbau und dem Delegieren einer kleinen Angriffsgruppe. Einzige Besonderheit: Ihr dürft jede Mission alleine oder zu zweit angehen! Euer Xbox Live-Partner muss den Einsatz dabei von Anfang bis Ende mitbestreiten und die Aufträge werden nicht an die Mehrspieler-Variante angepasst. Vielmehr teilt ihr euch die komplette Befehlsgewalt - müsst also entweder viel kommunizieren oder die Rollen klar verteilen. Von den Koop-Partien konnten wir uns bisher allerdings noch kein Bild verschaffen.
Das Gleiche gilt für Gefechte, in denen ihr wahlweise als Covenant- oder UNSC-General euer militärisches Geschick unter Beweis stellt. Denn auch in diesen lässt sich noch nicht endgültig sagen, wie sich die Kämpfe auf den Skirmish-Karten anfühlen werden. Während wir auf der Games Convention den Gegner mit einem schnellen Rush überrollen konnten, gelang uns in der neuen Demo immerhin mit nur wenigen Truppen das Abwehren eines frühen massiven Panzerangriffs. Wie die Entwickler die Balance aus Angriff und Verteidigung letztlich abwägen, muss die finale Version zeigen. Immerhin sollen Positionen, an denen zusätzliche Rohstoffe lagern oder die das Truppenlimit erhöhen, besonders in den Mehrspieler-Gefechten zu hart umkämpften Gebieten werden. Eine interessante Idee ist auch die Hilfe eines virtuellen Beraters: Der weist euch nämlich stets darauf hin, welche Taktik ein vom Spiel gesteuerter Skirmish-Gegner momentan verfolgt... Nach den guten bisherigen Eindrücken sind wir deshalb gespannt, ob die Ensemble Studios mit ihrem letzten Werk noch einmal den Ruf bestätigen können, exzellente und hervorragend spielbare Echtzeitstrategie zum Leben zu erwecken.
Ausblick
Es läuft zwar auf actionreiche Kämpfe hinaus, in denen das bloße "Alle auswählen und los!"-Prinzip im Vordergrund steht, doch diese Gefechte inszeniert Halo Wars ausgesprochen souverän. Der Basisbau ist unkompliziert, bietet aber genug Möglichkeiten zur individuellen Entfaltung. Das Befehligen vieler Einheiten wird in großen Schlachten zwar unübersichtlich und die "markiere einfach alles"-Taste schnell zum besten Freund, dafür sehen die Gefechte imposant aus und bieten mit unterschiedlichen Missionszielen, sinnvoll verteilten Deckungen sowie Geschütztürmen taktische Tiefe im Kleinen. Wer mit seinem besten Freund in den spannend inszenierten Krieg gegen die Covenant ziehen will, darf sich über Xbox Live zudem Ressourcen und Befehlsgewalt teilen. Doch egal, ob allein oder zu zweit, ob Kampagne oder schnelles Gefecht: Das Truppenlimit und die maximale technische Ausbaustufe waren stets sehr schnell erreicht. Dass der flotte Konsolenkrieg nicht zu oberflächlich bleibt und auch dauerhaft ans Gamepad fesseln kann, muss deshalb das fertige Spiel beweisen.
Ersteindruck: gut
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