Ghostbusters: The Video Game21.05.2008, Paul Kautz
Ghostbusters: The Video Game

Vorschau:

Die Marktforschung ist eine prima Erfindung: Dank ihr wissen wir, dass wir freundlich auf die Farbe Blau reagieren, dass 14- bis 49-jährige die Hauptzielgruppe für Fernsehvermarkter sind und dass Computerspieler jedes Jahr zu Weihnachten möglichst viele möglichst gleiche Spiele haben wollen. Was wir bis jetzt nicht wussten ist, dass die Marke Ghostbusters, also der auffällig durchgestrichene Geist, nach Coca Cola die meisterkannte Marke der Welt ist. Irre, nicht? Und was macht man mit derartigem Wissen? Man packt es in ein Spiel!

I ain't afraid of no ghosts!

Die 80er Jahre: Rosa Schweißbänder, Schwarzenegger-kompatible Schulterpolster, Keytars, grausame Synthesizer-Musik, Ghostbusters. 1984 dröhnte erstmals die Frage »Who you gonna call?« (dam-dam-dararam-daaara-daaara) durch die Kinosäle; der unmittelbar darauf folgende Mediensturm, den Dan Aykroyd, Bill Murray, Sigourney Weaver und Harold Ramis verursachten, führte nicht nur zu einem gleichwertig tollen Nachfolger, sondern auch -natürlich- zu Videospielen. Von denen die meisten -natürlich- grober Mist waren. Der letzte Byte-Ausflug der Originaltruppe

18 Jahre nach ihrem letzten Filmeinsatz sind die Ghostbusters wieder unterwegs - mit einem neuen Teammitglied: euch.
fand 1990 statt (2002 gab es ein GBA-Game zu den Extreme Ghostbusters, das mal unter den Teppich der Schweigsamkeit gekehrt wird), was übersetzt soviel wie weitaus mehr parallele Bits in den Konsolen, unendlich mehr MHz in den Prozessoren sowie einen nur geringfügig besseren Musikgeschmack bedeutet - 18 Jahre sind eine lange Zeit.

Wir sitzen im gut klimatisierten Vorführraum auf dem Sierra Spring Break, der breite HD-Fernseher zeigt das wohlbekannte Logo, Chefentwickler und Terminal Reality -Chef Mark Randel gibt erklärende Worte von sich: »Die Story spielt zwei Jahre nach dem letzten Film, ist aber trotzdem eine Art Best-Of der ersten beiden Teile. Der größte Teil der Geschichte entspringt übrigens den Fingern von Dan Aykroyd und Harold Ramis: Wir haben nur eine Liste der Dinge geliefert, die wir gerne drin hätten - alles andere haben die beiden selbst geschrieben«. Na wunderbar: Da die beiden auch schon für die Drehbücher der zwei Filme verantwortlich waren, dürften keine Ausreißer in Sachen Wortwitz und Charakterzeichnung zu erwarten sein. Logischerweise sind alle Geisterjäger nicht nur als realistische 3D-Polygonmodelle im Spiel, sondern auch mit ihren Stimmen vertreten: Dan Aykroyd ist schon komplett drin, alle anderen sind gerade auf dem Weg ins Tonstudio. Alle anderen? Nein, Sigourney Weaver und Rick Moranis glänzen leider durch Abwesenheit.

Grünschnabel mit Nuklearbeschleuniger

Nicht falsch verstehen: Ihr spielt hier mitnichten einen der vier Original-Ghostbusters. Stattdessen schlüpft ihr in den grauen Anzug eines Geisterjäger-Azubis, der anfangs nicht viel mehr als der Wasserträger der Altehrwürdigen ist - er wird zusammengeschissen, er muss die ganze Drecksarbeit machen, er hält die Klappe. Erst nach und nach wird er in der Gruppe erstgenommen und darf mit dem guten alten »nicht-lizenzierten Nuklearbeschleuniger« ein 

Achtung, Golem: Die schwer zu bekämpfenden Giganten können sich aus allen Trümmern bilden.
paar Geister bratzen. Standardmäßig funktioniert das folgendermaßen: Ihr seht den Geist, ihr erwischt ihn mit dem Fangstrahl, ihr kloppt ihn damit ein paar Mal kräftig auf den Boden (auf PS3 und Wii auch per Bewegungserkennung), bis er benommen ist - und dann wird die Falle ausgeklappt und der Grünschleim eingesackt. Einfach, nicht? Leider nur am Anfang, denn später wehren sich die Ektoplasmaviecher, sind nur in der Gruppe oder auch mal überhaupt nicht fangbar - dann hilft nur die völlige Zerstörung. Gut, dass es ein paar neue Waffen gibt: Mit der »Slime Gun« könnt ihr alles mit allem verkleben, was nicht nur für Puzzles genutzt wird, sondern auch einen übermächtig scheinenden Feind mal eben immobil schleimen kann. Und der »Proton Blaster« ist das Pendant zum Raketenwerfer: Ein gigantischer Energieball sorgt für mächtig Rabatz und jede Menge Kleinholz.

Apropos: Ein bemerkenswert großer Teil der Umgebung ist völlig kaputtbar. Wenn ihr euch an den Film-Einsatz der Ghostbusters in dem Hotel erinnert, dann wisst ihr bestimmt noch, wie der Raum nach Slimers Fang aussah - das könnt ihr hier die ganze Zeit machen. Solltet ihr aber nicht: Denn zu viel Chaos bedeutet zu viele Trümmerstücke, und zu viele Trümmerstücke ziehen im schlimmsten Fall einen Golem nach sich. Ein Golem kann sich prinzipiell aus allem bilden; herumliegende Bücher in der Bibliothek, zerstörte Bänke in der Kirche - es muss nur genug Material sein. Ist das vorhanden, erwachen die Müllteile auf einmal zum Leben und vereinen sich wie der T-1000 zu einem gigantischen Kaputte-Sachen-Monster - das mächtig viel einstecken kann!

Mistiger Schleimsack: Grünling Slimer ist natürlich auch dabei, zusammen mit mehr als 40 weiteren Geisterformen.
 Laut Mark Randel soll es mehr als 40 verschiedene Geister im Spiel geben, von denen die meisten neu sind, ein großer Teil aber auch aus den Filmen bekannt sein soll: Slimer, den Schrecken aus der Bücherei, der gigantische Marshmallow Man oder Gozer finden ihren Weg in die Versoftung. Nicht alle schwirren einfach so im teilweise frei begehbaren New York herum, sondern müssen erst entdeckt werden. Dafür klappen die Geisterjäger ihren treuen Blink-Detektor aus, die Perspektive wechselt für diese Forschertouren von der Schulter- in eine Ego-Perspektive. Übrigens soll das Spiel mit so wenig HUD wie möglich auskommen: Die wichtigsten Anzeigen wie Munition oder Lebensenergie tummeln sich in den blinkenden und glitzernden Lichtern des Nuklearbeschleunigers.                

Der größte Marshmallow der Spielewelt

Harhar, Chaos pur: Ihr dürft einen großen Teil der Umgebung fachgerecht zerlegen.
 Die 3D-Engine »Inferno« ist, wie bei Terminal Reality üblich, eine Eigenproduktion, die ihre mehrjährige Entwicklung wert zu sein scheint: New York wirkt sehr detailliert, die Figuren sehen ebenso gut wie die Effekte aus. Besonders viel Wert legen die Entwickler dabei auf zwei Grafikspielereien: Erstens das »Radiosity Lighting«, das für weiche Schatten und realistische Beleuchtung ohne scharfe Kanten sorgt. Und zweitens das »Height Mapping«, eine Weiterentwicklung des populären »Normal Mapping«. Das sorgt hier dafür dass z.B. der steinerne Boden dreidimensional und plastisch wirkt - obwohl er nur eine 2D-Textur ist.

Ein weiterer wichtiger Faktor im Ghostbusters-Universum ist die Physik: Mittlerweile bietet ja jedes Sudoku glaubwürdig purzelnde Kisten, damit kann man keinen Newton mehr unterm Apfelbaum hervorlocken. Terminal Reality geht insofern einen Schritt weiter, als dass der Interaktion der glaubwürdig simulierten 3D-Objekte untereinander große Bedeutung zukommt. Um das zu visualisieren, drückte Mark auf ein paar Knöpfe, woraufhin 5.000 grau glänzende Fässer ins Bild fielen, heftig rumpelten und erst nach einiger Zeit zum Stillstand kamen. Und dann machte er das gleich nochmal. Weil das zwar nett aussah, aber schlussendlich nicht so wirklich irre prickelnd war, drückte er ein paar weitere Knöpfe, woraufhin die Gravitationsverhältnisse im Level auf einmal nach rechts verlagert waren -

Einen mit dem Nuklearbeschleuniger gefangenen Geist müsst ihr erst weichklopfen, bevor ihr ihn fangen könnt - auf PS3 auch per Sixaxis, auf Wii über die Wiimote.
und zack, sausten die Fässermassen unter großem Getose und Pardauz in die Richtung, stapelten sich übereinander und sorgten allgemein für unterhaltsames Chaos. Laut Mark war das nicht nur eine Technik-Demo, derartige Verrücktheiten sollen tatsächlich im Spiel vorkommen. Wie in Prey wird man sich also nicht immer darauf verlassen können, dass oben und unten auch wirklich oben und unten sind...

Die nächste technische Besonderheit war die Personen-Simulation. Damit meine ich jetzt nicht den plapperfreudigen Dan Aykroyd, sondern die Bewohner New Yorks, von denen sich jederzeit mehrere Tausend gleichzeitig auf den Straßen in eurer Nähe tummeln. Die im Normalfall ihrem normalen Skript-Alltag nach- und grau gewandeten Personen mit  nicht-lizenziertem Nuklearbeschleuniger auf dem Rücken aus dem Weg gehen. Gebt ihr allerdings einen unvorsichtigen Schuss ab, sagen wir mal auf den grimmig durch die Straßen stampfenden, 30 Meter hohen Marshmallow-Mann, dann bricht schnell die große Panik aus: Da wird gekreischt, da wird hektisch in alle Richtungen geströmt, da wird gerumpelt, gedrängelt, geschubst - cool!

Die Strahlen kreuzen? Logisch!

Normalerweise seid ihr zu fünft unterwegs: Die vier Ghostbusters und der Jungspund. Nun denkt sich der Spielekenner »Aha - Koop-Modus!« - leider halbfalsch gedacht, denn die Story dürft ihr nur allein erleben. Die Entwickler meinen, dass dadurch zuviel vom Wortwitz der eigentlichen Geisterjäger, auf den man sehr stolz sei,

Bratzt den Marshmallow-Mann! Regelmäßige Bossfights halten die Geisterjäger auf Trab.
verloren ginge. Denn natürlich würden die Koop-Freunde nicht das Original-Team spielen, sondern ebenfalls Ghostbuster-Frischlinge. Und ein Acht-Mann-Geisterjäger-Team wollte man nicht herumschicken. Mit der Begründung müssen wir jetzt wohl einfach leben, aber das ist okay - denn ich schrieb »halbfalsch«. Das bedeutet so viel wie dass es sehr wohl eine kooperative Spielvariante geben wird, in der ihr gemeinschaftlich auf Geisterjagd gehen dürft. Aber nur außerhalb der Story und nur auf speziell designten Mehrspielerkarten.

Zu sehen gab es bislang nur die 360- und PS3-Version, zu den anderen Fassungen wurde nur etwas gesagt: PS2- und Wii-Jäger (die Fassungen werden nicht von Terminal Reality, sondern von den Red Fly Studios entwickelt) müssen natürlich mit grafischen Einbußen leben, allerdings soll das Ganze ohnehin cartooniger als die doch eher auf Realismus (sofern man im Ghostbusters-Szenario davon sprechen kann) setzenden HD-Versionen aussehen. Auch ist eine Integration des Geisterjäger-Mobils »Ecto-1« geplant - wie die allerdings aussehen soll, wurde bislang noch nicht ausgeplaudert.        

Ausblick

Meine erste Frage an die Entwickler war: »Warum Ghostbusters?«. Antwort: »Warum nicht?«. Entwaffnend logisch, aber Alt-Designer Mark Randel (ich habe nur beste Erinnerungen an Terminal Velocity) hat schon recht. Warum eigentlich nicht? Ist der letzte Auftritt halt 18 Jahre her, und? Mit den Filmen verbindet man nur beste Erinnerungen, und die moderne Technik bietet sich an, den Marshmallow Man, Slimer und gut gekreuzte Strahlen ansehnlich auf moderne Fernseher zu hieven. Das bislang gezeigte Material war zwar nicht viel mehr als eine spielbare Technik-Demo, die aber schon sehr viel Spaß versprach: Wenn sich zum ersten Mal ein mächtiger Golem aus herumliegenden Büchern zusammenbaut, wenn man mit der neuen Slime Gun stabile Autos einfach so durch die Gegend schnipst, oder wenn hunderte Menschen panisch kreischend in alle Richtungen strömend an einem vorbeirennen, dann kann man sich den Eindrucks kaum verwehren, dass hier große Unterhaltung im Anmarsch ist. Der Verzicht auf einen echten Koop-Modus ist zwar schmerzlich, aber wenn dieser Malus durch eine umso bessere Einzelspieler-Erfahrung wettgemacht wird, soll's mir auch recht sein. Go, Ghostbusters!

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