EndWar29.05.2008, Jörg Luibl
EndWar

Vorschau:

Ubisoft hat der Spielewelt in Paris den Dritten Weltkrieg erklärt - und dabei steht die Macht des Wortes im Mittelpunkt: In EndWar (ab 8,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) benutzt ihr Sprachbefehle und steuert per Mikrofon modernen Armeen der Amerikaner, Europäer oder Russen. Kann Echtzeit-Strategie per Voice Command funktionieren? Wir haben es ausprobiert. 

 Alle Truppen on Air?

Feldherren sind eigentlich schweigsam. Egal ob in World in Conflict oder Command & Conquer , Medieval: Total War oder Supreme Commander - da wird nicht gequasselt, da wird geklickt. Maus und Gamepad stehen im Mittelpunkt der virtuellen Kriegführung. Nicht die Stimme, sondern die Hand war bisher der beste Helfer des Strategen. Das soll sich dieses Jahr ändern, wenn ihr in EndWar die rechte Schultertaste drückt, Befehle wie diese ins Mikro sprecht und die Taste danach wieder los lasst:

"UNIT1, CAMERA"

Ein kleines Bestätigungsmenü zeigt blitzschnell an, wie die beiden Befehle ausgewählt werden. Und wie von Geisterhand bewegt sich die Kamera auf meine Kampfhubschrauber - cool, jetzt seh ich alles aus der Perspektive dieser Lufteinheit. Auf der Strategiekarte erkenne ich die neuralgischen Punkte A, B und C, die es zu erobern gilt. Also mal ausprobieren, ob die Helis sich dorthin bewegen.

"UNIT1, MOVE TO ALPHA"

Sehr schön - die Rotoren brummen, die Jungs flattern los Richtung A. Die Kamera bleibt schön bei ihnen und zeigt mir die Landschaft rund um Kopenhagen. Die kann im Gegensatz zur bisher sauberen Spracherkennung noch nicht begeistern. Obwohl man einige architektonisch authentische Fixpunkte wie Statuen oder Häfen in den europäischen Hauptstädten erkennt und eine weite Sicht genießt, wirken Häuser und Böden sehr bieder; kein Vergleich zum beeindruckenden H.A.W.X aus selbem Hause. Die Schatten flackern, die Texturen sind schwach. Ich bin gespannt, wie sich die 40 Schlachtfelder zum Release präsentieren.

Aufrüsten in der Truppengarage

Alle Einheiten können über Sprachbefehle gesteuert werden. Alternativ ist natürlich auch eine konventionelle Pad-Kriegsführung möglich.
Aber was ist das? An Punkt Alpha stehen feindliche Transporter mit Flugabwehrgeschützen, sie leuchten als feindliche Ziele rot - Mist! Wie in jedem anderen Echtzeit-Strategiespiel, greifen auch hier Schere-Stein-Papier bei den insg. sieben Truppentypen. Und die Transporter greift man am besten mit Panzern an. Also:

"UNIT2, CAMERA", danach "UNIT2, ATTACK TARGET" und nicht vergessen "UNIT1, RETREAT" - ich will die Helis behalten, denn die Truppen gewinnen im Laufe des Krieges an Erfahrung. Sobald sie eine bestimmte Stufe erreicht haben, kann ich ihre Werte über käufliche Upgrades verbessern: In der Kaserne, einer Art riesige Truppengarage, lassen sich nicht nur zehn Tarnfarben auswählen, sondern Fähigkeiten wie Attack, Mobility, Defense oder Agility in mehreren Stufen gegen Bares freischalten. Es lohnt sich also, seine Truppen nicht zu verheizen!

             

 Jetzt erreichen meine Panzer die Transporter und begeben sich selbständig in den Kampf. Auch hier kann man grafisch nicht unbedingt ein Feuerwerk entfachen, wenn es um Funken und Explosionen geht - World in Conflict war da deutlich beeindruckender. Ihr könnt übrigens keine Verhaltensweisen wie "passiv", "defensiv" oder "aggressiv" einstellen, die KI übernimmt die Duelle eigenständig - auch, wenn sich eine Einheit irgendwo außerhalb eurer Sicht bewegt. Das könnte Feldherren mit Hang zur totalen Kontrolle stören, aber Ubisoft wollte das Mikromanagement innerhalb der Schlacht nicht überstrapazieren.

Dafür sind selbst komplexere Manöver möglich, die für Veteranen sehr wichtig sind:

"UNIT1, UNIT2, BUILD GROUP"

Meine Helis und die Panzer bilden einen Truppenverband, den ich steuern kann. Hat man mehrere Einheiten derart beisammen und gibt einen Marschbefehl, bewegen sich alle nur so schnell wie die langsamste Einheit - sehr schön.

Infanterie, Flugeinheiten und mehr: In Endwar wird das komplette Truppenspektrum angeboten.
"TASK GROUP1 GUARD ALPHA"

Jetzt bewacht die neu gebildete Gruppe diesen Ort. Das ist wichtig, denn in der Kampagne bekommt ihr ähnlich wie in World in Conflict Kommandopunkte für das Halten von strategischen Zielen. Mit diesen könnt ihr Luftschläge oder andere Spezialangriffe anfordern. Jetzt bekomme ich zudem Verstärkung von der Infantrie: Es gibt u.a. Special Forces, Pioniere und Raketenwerfer, die in kleinen Trupps über das Schlachtfeld laufen. Vorsicht: Sie sind sehr verletztlich! Also:

"UNIT3, TAKE COVER"

Sofort suchen sich die Jungs Deckung hinter Mauern oder Fahrzeugen. Das sieht ein wenig aus wie in Full Spectrum Warrior, aber auch hier zeigen sich noch technische Defizite - Soldaten laufen einfach durch Wände oder Hindernisse und wenn sie sich hinlegen, scheinen sie etwas über dem Boden zu schweben. Auch wenn EndWar mit seiner Kulisse nicht so richtig punkten will, zückt es den Joker der totalen Zerstörung. Ihr könnt Truppen in jedes Gebäude zum Verschanzen schicken, aber jedes Gebäude lässt sich auch in null Komma nichts mit Artillerie oder Luftschlägen dem Erdboden gleich machen!

Bewegung und ein gutes Auge für wichtige Punkte ist hier alles. Da sich ständig irgendwo etwas tut, muss man sehr schnell und flexibel reagieren, um die optimalen Truppen an den richtigen Ort zu bringen. Der rasante Spielrhythmus erinnert daher viel mehr an World in Conflict als z.B. das deutlich langsamere Full Spectrum Warrior. 

         

Risiko lässt grüßen

Eine strategische Note soll über die Züge auf der Weltkarte ins Spiel kommen. Obwohl Weltkarte übertrieben ist: Man erkennt lediglich 40 Gebiete vom Osten der USA über den europäischen Kontinent bis in den asiatischen Raum Russlands. Es handelt sich also eher um die nördliche Erdhalbkugel. Da soll der Konflikt zwischen den drei Fraktionen toben, der übrigens à la 24 von kleinen Zwischensequenzen begleitet wird, die sich plötzlich in einem Fenster auftun und z.B. Hausstürmungen oder Nachrichtensendungen zeigen.

Die Möglichkeiten auf dieser Risiko-ähnlichen Karte, die euch in farbigen Hexfeldern zeigt, wer gerade wo regiert, müssen sich noch beweisen - dazu hat die Zeit nicht gereicht. Als Spielziele waren bisher nur zwei Typen zu erkennen: Halte 30

Der Krieg bietet einige visuelle Highlights, zeigt sich im Gros allerdings noch etwas bieder.
Gebiete oder erobere drei Machtzentren. Es gibt wichtige Felder mit See- oder Luftstützpunkten, die euch direkte Vorteile im Kampf verschaffen; es gibt natürlich Hauptstädte und strategisch wichtige Felder, die mehrere Zugänge bieten. Das Ganze soll im Internet in einer Art persistenten Welt mit dutzenden anderen Feldherren spielbar sein, so dass sich täglich die Grenzen verschieben.  

Alles auch klassisch steuerbar

Die drei Fraktionen scheinen auf den ersten Blick sehr ähnlich ausgerüstet zu sein: Alle besitzen konventionelle Waffensysteme sowie strategische Sprengköpfe. Die Russen sind etwas schlagkräftiger, dafür langsamer; die Europäer sollen die schnellsten, aber schwächsten Truppen besitzen sowie auf Störtechnik setzen; die Amerikaner bilden eine Mischung aus beiden.

Und wenn die Stimme mal versagt? Laut Ubisoft soll sich EndWar auch komplett per Gamepad steuern lassen. In der Praxis hat sich eine Mischung aus Sprachbefehlen und unterstützenden Knopfeingaben als überaus intuitiv herausgestellt. Auch wenn es ab und zu Verwirrung gab, ließ sich die eigene Armee so am besten steuern. Wer z.B. auf die festen Punkte A, B, C verzichten will, kann einfach einen Punkt in der Landschaft mit dem Gamepad anvisieren und die Truppe per Befehl genau dorthin schicken. Und wenn man mal alle Einheiten gleichzeitig auswählen will, reicht auch ein Doppelklick auf das Digikreuz.      

UPDATE: Mehrspielermodus

Ubisoft hat nach London eingeladen, wo wir uns nicht nur ein Bild von den Mehrspielermodi machen, sondern auch erstmals mit deutschen Sprachbefehlen die Einheiten über das Schlachtfeld dirigieren konnten. Genau wie beim englischen Vokabular funktioniert die Erkennung auch mit Wörtern aus unserer Muttersprache exzellent, sobald man die Anweisungen verinnerlicht hat. Selbst schnell aneinander gereihte Phrasen werden meist tadellos umgesetzt. Allerdings muss man sich zunächst etwas an den Militärjargon gewöhnen, denn anstatt z.B. einfach die direkte Übersetzung von "move to", (in diesem Fall also "bewegen zu") ins Headset zu brüllen, reagieren eure Truppen erst nach einem "Vorrücken zu" und führen den Befehl anschließend

Die Mehrspielergefechte erlauben Sessions für bis zu vier Spieler. Dabei funktioniert auch die deutsche Spracherkennung exzellent!
aus. Überhaupt hat man als unerfahrener Kommandant in den ersten Minuten öfters einen Knoten in der Zunge, doch könnt ihr zur Not auch in den Mehrspieler-Partien auf die Pad-Steuerung ausweichen bzw. diese mit den Sprachbefehlen kombinieren.

Ewiger Kampf

An Spielmodi steht euch im Prinzip alles zur Verfügung, was man auch aus anderen Genre-Vertretern kennt: Neben dem klassischen "Jeder gegen jeden bis zur letzten Einheit" steht bei der Eroberung mehr das Sichern von Uplink-Stationen im Vordergrund. Auch der Modus "Belagerung" ist mit von der Partie, wobei sich das verteidigende Team hier mit weniger Ressourcen rumschlagen und die Angriffswellen des Kontrahenten abwehren muss, während im Modus "Überfall" vornehmlich Spezialtruppen zum Einsatz kommen. Dabei habt ihr die Wahl, ob ihr lieber Eins-gegen-Eins oder zusammen mit einem Verbündeten in einem Match mit bis zu vier Spielern gegeneinander antretet. Etwas Besonderes hat man sich beim "Theatre of War" einfallen lassen: Hier werden die Ergebnisse aller Online-Partien ähnlich der interaktiven Liga von FIFA täglich ausgewertet und die Fronten entsprechend verschoben. Ihr tragt also quasi zusammen mit Mitstreitern auf dem gesamten Globus den virtuellen Dritten Weltkrieg aus, was eine recht langwierige Geschichte werden dürfte, falls sich alle Teilnehmer recht gleichmäßig auf die drei Parteien USA, Europa und Russland verteilen. Genau wie in der Kampagne dürft ihr euch auch in den Mehrspieler-Duellen auf Beförderungen der Einheiten freuen, die die Runde überlebt haben. Mit einer kleinen Finanzspritze dürft ihr euren Panzern, Hubschraubern, Truppentransportern, Infanteristen & Co außerdem Erweiterungen spendieren und Unterstützungen wie Luftschläge, Tarn-Mechanismen und EMP-Angriffe freischalten.  

 

Ausblick

Anspruchsvolle Strategie per Mikrofon? Inklusive Gruppenbildung, Deckung & Co? Ich war sehr skeptisch, was die Spracherkennung angeht. Aber in der Praxis hat sich schnell gezeigt, wie sauber und solide das System funktioniert. Alle meine Befehle wurden auf Anhieb erkannt und ausgeführt - sehr schön! Allerdings ist das auch das Mindeste, was man von einem Spiel erwarten kann, das Sprachbefehle derart ins Zentrum des Spieldesigns rückt. Und so sehr man sich darüber freut, dass es akustisch flutscht und dass es angenehm viele taktische Befehle von der Hausverschanzung bis zur Punktsicherung gibt, so sehr ernüchtert zum jetzigen Zeitpunkt noch die Kulisse. Die Schlachtfelder, die Animationen, die Explosionen und Texturen können nicht mit einem World in Conflict mithalten. Und wenn man sich die Landschaft eines H.A.W.X. anschaut, dann wirken die Oberflächen hier aus der Kampfhubschraubersicht hoffnungslos veraltet. Darunter leidet auch ein wenig das versprochene Mittendringefühl, das zu Beginn noch dadurch entsteht, dass man sich über die eigene akustische Befehlsgewalt freut - aber daran gewöhnt man sich recht schnell. Wichtiger als die Kulisse ist für mich aber das Zusammenspiel aus Schlachtfeldtaktik und Weltstrategie. Kann EndWar als großes Ganzes mit Spieltiefe begeistern? Macht der Kampf um Regionen inklusive täglicher Grenzverschiebung und persistenter Welt auch online Spaß?

Update vom 10. Oktober 2008:

Nachdem wir in London erstmals unsere Truppen in die Online-Schlacht schicken duften, hinterlassen die Mehrspielergefechte insgesamt einen guten Eindruck, auch wenn die Präsentation hier ähnlich ernüchternd ausfällt wie in der Kampagne. Dafür kann die Spracherkennung auch auf Deutsch überzeugen und sorgt so für ein neues, wenn auch anfangs etwas gewöhnungsbedürftiges Spielgefühl. Erfreulich: Trotz vieler Einheiten auf dem Bildschirm laufen die Kämpfe auch online ohne merkliche Lags oder andere Beeinträchtigungen ab. Deshalb bleibt es beim guten Ersteindruck.


Ersteindruck: gut

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