Pilotwings Resort18.03.2011, Paul Kautz
Pilotwings Resort

Im Test:

Es ist kein Mario, es ist kein Zelda - aber es ist eine Reihe, die seit dem SNES zu Nintendo gehört: Pilotwings. Zwar hat man das letzte Spiel der Reihe vor 15 Jahren veröffentlicht, aber dennoch ist die Fliegerei wichtig: Denn sie gehörte sowohl beim SNES als auch beim N64 zum Startaufgebot. Und jetzt auch beim 3DS - Höhenflug oder Absturz?

Flieger, grüß' mir die Insel!

Da rotiert es zum dritten Mal ins Bild, das Pilotwings-Logo - zuletzt habe ich das auf dem N64 gesehen. Danach war es sehr lang still um die von Shigeru Miyamoto ins Leben gerufene Marke. Eine von Factor 5 entwickelte, angeblich fertige Wii-Version erblickte nie das

Da hebt er ab, der Mii - und dreht seine Runden über die wohlbekannte Wuhu-Insel.

Tageslicht. Aber nun ist das mobile 3D-Zeitalter angebrochen - eine gute Gelegenheit, den »Frei wie ein Vogel«-Klassiker wiederzubeleben.

Das Ganze spielt auf der Wuhu-Insel, die Besitzern von Wii Fit und Wii Sports Resort ein Begriff sein dürfte. Man schreibt sich (bzw. seinen Mii) im hiesigen Fliegerclub ein und kann dann ein paar Trainingsrunden drehen, bevor der Ernst am Himmel beginnt. Zu Beginn hat man die Wahl unter drei flugfähigen Vehikeln: Einer kleinen Propellermaschine, einem Raketenrucksack sowie einem Gleiter. Im Laufe der Zeit wird der Füllstand im Hangar verdoppelt - dann gesellen sich noch ein Düsenjet, ein Luftfahrrad sowie ein stärkerer Raketenrucksack dazu. Außerdem bekommt man in einer Mission Zugriff auf einen »Flughörnchen-Anzug«, in dem man mit rasender Geschwindigkeit einen Berg hinunter donnert - ein Riesenspaß, der leider nur das eine Mal genutzt wird. Die drei Hauptvehikel unterscheiden sich deutlich in ihrer Handhabung: Das Flugzeug ist gemütlich unterwegs, kann aber kurzzeitig auf hohe Geschwindigkeit beschleunigt werden. Der Raketenrucksack benötigt sehr viel Fingerspitzengefühl (und ein wachsames Auge auf den Benzinvorrat). Und die Flugbahn des Gleiters ist nicht nur von der Kontrolle des Spielers, sondern auch von den (überall verteilten und deutlich sichtbaren) Aufwinden abhängig.

Von wegen Urlaub!

Zwei Spielvarianten warten auf der Insel: Im Missionsmodus muss man 39 Herausforderungen möglichst gut abschließen. Am Anfang beschränkt man sich auf simple Aufgabenstellungen - da muss man durch Ringe fliegen, punktgenau mit dem Jetpack landen oder mit dem Gleiter Fotos von Sehenswürdigkeiten schießen. Spätestens ab der Silber-Klasse, der dritten Stufe von fünf,

Der Raketenrucksack erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl bei der Steuerung - und ein waches Auge auf den Treibstoffvorrat.

werden die Aufgaben deutlich anspruchsvoller: Mitten im Flug muss man Zielscheiben möglichst in der Mitte erwischen, ein Auto verfolgen und die an ihm baumelnden Ballons zerploppen, Lagerfeuer mit gut gezielten Wasserstrahlen löschen oder einem anderen Flugzeug nachsausen und dessen Stunts imitieren. Vor Beginn jeder Mission darf man sich über die Details der Aufgabe informieren, wobei vor allem dem Bewertungssystem Aufmerksamkeit zukommen sollte: Sinkt man mit Schmackes statt wie eine Feder zu Boden, gibt's Punktabzug. Touchiert man die Wand einer Höhle oder einen Baum, gibt's Punktabzug. Lässt man sich zu viel Zeit, gibt's Punktabzug. Verpasst man einen Checkpunkt, gibt's...  nun, ihr wisst Bescheid. Jede Mission wird mit maximal drei Sternen bewertet, wobei die Höchstpunktzahl (eine »perfekte Wertung«) natürlich nur gibt, wenn nicht ein Pünktchen vergeben wurde. Die Jagd nach dieser Perfektion ist auch die Hauptmotivation von Pilotwings Resort (ab 21,72€ bei kaufen), denn das reine Durchspielen aller Missionen dauert nicht mal zwei Stunden. Allerdings gibt es außer der persönlichen Motivation nicht viel Anlass zur Perfektion, denn die erreichten Punktzahlen werden ausschließlich lokal gesichert, einen Online-Vergleich gibt es ebenso wenig wie einen mit anderen Mii-Spielern auf dem gleichen 3DS - das ist sehr schwach!

Hat man keine Lust auf den Missionsdruck, sollte man zum Freiflug-Modus greifen. Anders als der Name suggeriert darf man hier allerdings nicht nach Lust und Laune über Wuhu kreisen, sondern hat auch Aufgaben zu bewältigen: Anfangs hat man gerade mal zwei Minuten Zeit, sich auf die Suche nach Ballons, Stuntringen oder Mii-Statuen zu begeben, dieses Limit wird im Laufe der Zeit angehoben. Ist man mit der Suche erfolgreich, schaltet man nicht nur weitere Tageszeiten für das freie Fliegen, sondern auch so genannte Dioramen frei. Das sind 3D-Modelle der Vehikel sowie besonderer Attraktionen von Wuhu Island, die sich drehen und zoomen lassen. In diesem Modus kann man sehr viel Zeit verbringen, denn die Position der Extras wird nicht auf der (auf dem Touchscreen befindlichen) Karte angezeigt - 

Mit dem Flugzeug muss man meist durch Ringe fliegen - verpasst man einen, kann man die Mission gleich von vorn beginnen, denn dann ist eine perfekte Punktzahl nicht mehr zu schaffen.

die Suche nach dem letzten Ring oder dem vorletzten Ballon kann also trotz der überschaubaren Größe der Insel durchaus dauern. Weitere Spielmodi oder gar eine Multiplayervariante gibt es leider nicht.

Fahrstuhl mit Düsenantrieb

Von einem Launchtitel erwartet man in der Regel nicht, dass er die Power des frischen Systems bereits komplett ausnutzt. Folgerichtig ist Pilotwings Resort beileibe kein hässliches Spiel - nur wahnsinnig hübsch ist es auch nicht. Wuhu Island ist schon wie in Wii Sports Resort sehr simpel aufgebaut; es gibt Wälder, grüne Hügel, kleinere Inseln und Städtchen sowie viel Gebirge und einen wunderbar blauen Himmel. Der 3D-Effekt ist erstaunlich hilfreich, denn gerade bei Landeanflügen mit dem Jetpack kann man sich damit nicht nur auf die Entfernungsanzeige, sondern eben auch auf die Augen verlassen. Allerdings habe ich für mich festgestellt, dass ich den 3D-Effekt am angenehmsten empfunden habe, wenn der Schalter ungefähr auf der Hälfte steht - ist das Bild zu tief, hebt sich der Mii zu stark vom Hintergrund ab. Sonst gibt es auf der Insel nicht viel zu bestaunen: Es gibt keinerlei Wettereffekte und nur drei Tageszeiten (Sonnenschein, Dämmerung, Nacht), außerdem spürt man immer wieder ein leichtes Ruckeln in der Darstellung - und zwar sowohl in 2D als auch in 3D.

Auch akustisch gehört das Spiel nicht zu den Vorzeigeprogrammen auf dem 3DS: Das gilt besonders für die Musik, die zwar entspannen soll, mir aber immer das Gefühl gegeben hat, mich in einem Fahrstuhl oder einer Seifenoper zu befinden. Schaltet man die ab, kann man ohnehin besser den angenehm wehenden Wind und die zwitschernden Vögel genießen.

Fazit

Ich finde es bemerkenswert, dass Nintendo zum Start ihres wichtigen neuen Handhelds weder Mario noch Link oder Samus an die Front schicken, sondern eine Serie, von der man seit 15 Jahren nichts mehr gehört hat. Und in der es weder Prinzessinnen zu retten  gibt oder man Schildkröten auf den Kopf springen muss - stattdessen gleitet man entspannt auf Thermalwinden, zischt mit halsbrecherischer Geschwindigkeit über kleine Wäldchen hinweg und freut sich wie ein Schnitzel, wenn man im zehnten Anlauf endlich die erhofften drei Sterne für die gemeisterte Herausforderung erhält. Pilotwings Resort ist ein merkwürdiges Spiel: Es suggeriert Entspannung, fordert aber gleichzeitig höchste Konzentration am Pad. Es  motiviert aber auch auf unheimliche Art und Weise, einen Stunt wieder und wieder zu versuchen, bis man endlich die perfekte Punktzahl im Sack hat. Denn das ist die wichtigste Existenzberechtigung für das Spiel, das in einem oberflächlichen Anlauf in weniger als zwei Stunden durchflogen werden kann. Lässt man sich auf die Herausforderungen und die vielen Extras im Freiflugmodus ein, bekommt man hier ein umfangreiches Paket in einer zwar nicht umwerfenden, aber dennoch hübschen Hülle. Sehr schade nur, dass Wuha Island ziemlich klein ist, und dass es keine Möglichkeit gibt, Highscores mit anderen Spielern zu vergleichen.

Pro

einfache Steuerung
atmosphärische Soundeffekte
teilweise recht anspruchsvolle Aufgaben
spielerisch hilfreicher 3D-Effekt

Kontra

nur ein Szenario
keine Online-Ranglisten
kein Mehrspielermodus
sehr kurz

Wertung

3DS

Ein guter Einstand für den 3DS: Der entspannte Flug über die Insel bietet nette Aussichten und motivierende Missionen.

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