Professor Layton vs. Phoenix Wright: Ace Attorney19.03.2014, Jan Wöbbeking
Professor Layton vs. Phoenix Wright: Ace Attorney

Im Test:

Endlich hat die Kooperation der japanischen Adventure-Größen ihren Weg in den Westen gefunden. Ab dem 28. März ermitteln Rätsel-Professor Layton und Staranwalt Phoenix Wright gemeinsam auf dem 3DS – und geraten dabei auf die Spur von finsteren Hexen und einer geheimnisvollen mittelalterlichen Stadt. Gelingt die Symbiose?

Aufprall zweier Welten?

Eigentlich wirkt die Verschmelzung gar nicht so ungewöhnlich: Professor Layton und sein treuer Helfer Luke durchwühlen auf ihren Abenteuern schließlich ganze Stadtteile auf der Suche nach rätselhaften Hinweisen und Puzzles. Die Erkenntnisse müssten sich doch prima im Gerichtssaal einbringen lassen, schließlich kehrt auch Phoenix Wright zwischen seinen Gerichtsverhandlungen immer wieder zum Tatort zurück und befragt illustre Zeugen. Tatsächlich ziehen die Entwickler bei Capcom und Level 5 ihre Kooperation auf diese Weise auf: Einige Hinweise und Gegenstände, die der Professor auf seinen Entdeckungstouren findet, werden kurz darauf im Gerichtssaal als Beweise oder Hinweise auf Ungereimtheiten im Kreuzverhör genutzt.

Leider verschmelzen die beiden Stile aber nur ansatzweise. Meist werden die beiden „Spielhälften“ durch eine harte Blende voneinander getrennt. Ich erforsche die Welt ein Stündchen mit Luke und Layton, es folgt eine Schwarzblende mit den Worten „Fortsetzung folgt“ und das Spiel blendet zu Phoenix und seiner Assistentin Maya über. Auch stilistisch bleiben die beiden Hälften sich meistens treu. Bei Layton geht es um ruhiges Erforschen mysteriöser Viertel und Katakomben, während die Stimmung beim Übergang zum Gerichtsspiel schlagartig ändert. Die albernen Dialoge, die spannungsgeladenen Musik-Loops – all das erinnert sofort an die bizarre Welt der Ace-Attorney-Spiele. All zu elegant wirken die abrupten Schnitte natürlich nicht, trotzdem empfand ich die Wechsel als angenehme Abwechslung.

Hex, hex!

Ein geheimnisvoller Besuch...
Das verbindende Element zwischen beiden Seiten der Geschichte ist die geheimnisvolle Sophie de Narrateur, welche offenbar von finsteren Hexen verfolgt wird. Als Luke und der Professor sie treffen, haben sie wenig Zeit, sich mit dem sonderbaren Mädchen zu unterhalten. Schon kurz danach fliegt eine Taube ins Zimmer. Direkt vor den Augen der beiden verwandelt sie sich in eine Hexe, schnappt sich Sophie und fliegt mit ihr am nächtlichen Himmel davon. Der Vorfall wirft natürlich jede Menge Fragen auf, welche kurz danach im Tagebuch zusammengefasst werden.

Wurden die beiden tatsächlich Zeuge eines übernatürlichen Schauspiels? Wo steckt die entführte Sophie? Und warum kannte sie nicht einmal die Millionenmetropole London? Stattdessen behauptete sie, aus einem fantastischen Ort namens Labyrinthia zu stammen. Auch ein dicker Wälzer in ihrem Gepäck wirkt äußerst rätselhaft: In der „Historia Labyrinthia“ steht angeblich die Geschichte der Zukunft geschrieben. Ein Teil davon materialisierte sich sogar leuchtend auf dem Papier, als Luke und Layton es inspizierten. Auch ein Brief darf in der Geschichte natürlich nicht fehlen – in ihm bittet Will Crash die beiden Knobeldetektive um ihre Hilfe, weil Sophie von den Hexen bedroht werde. All diese dramatischen Momente werden wie gehabt in professionell synchronisierten Zeichentricksequenzen erzählt; der Rest der Dialoge erscheint in Textfenstern. Später verteidigt Phoenix Wright Sophie vor einem Londoner Gericht. Nachdem sie vor den Hexen auf ein Schiff geflohen war, soll sie dort auf Diebestour gegangen sein und ein Besatzungsmitglied verletzt haben.

Finstere Zeiten

Um wen handelt es sich beim "Erzähler", der von Labyrinthias Bewohnern bewundert und gefürchtet wird?
Nachdem Luke und Layton in London auf die Hexen in bedrohlich finsteren Gewändern treffen, verlieren sie das Bewusstsein und wachen tatsächlich in der mysteriösen mittelalterlichen Stadt Labyrinthia auf. Das Verhalten der in alte Gewänder gehüllten Passanten wirkt hier noch glaubhafter als das der Bewohner im Steampunk-London aus Professor Layton und die Verlorene Zukunft. Sind die beiden also tatsächlich in einer magischen Welt gelandet? Das Tor, durch welches die beiden kamen, verschwindet zumindest kurz nach ihrer Ankunft und sie sind gefangen in der von einem hohen Wall umschlossenen Stadt.

Der Spielablauf ähnelt hier den Vorgängern. Per Klick auf der Übersichtskarte wechsle ich von einem Schauplatz zum nächsten, um die Umgebung per Stylus nach Hinweisen sowie versteckten Münzen abzusuchen, die Passanten auszufragen und ihre kleinen Rätsel zu lösen. Wie in den Vorgängern gibt es einen bunten Mix aus cleveren Logikrätseln, Rechenaufgaben und anderen Disziplinen zu lösen, doch diesmal liegt der Fokus für meinen Geschmack zu stark auf Schiebepuzzles und Labyrinth-Ausflügen. Oft muss ich einfach nur unterschiedliche geformte Teile verschieben oder alternative Wege entfernen – nicht gerade spannend. Auch die Irrgärten passen zwar zum Namen der Stadt, sind aber nur leidlich unterhaltsam. In einem Wolkenreich mit zwei Stockwerken gelange ich z.B. schon nach wenigen Sekunden durch ein paar Portale ans Ziel. Das rundenweise Schleichen um einige Wachmänner im Museum herum ist immerhin etwas spannender, weil ich ihre Routen voraussehen muss. Bei harten Kopfnüssen helfen wieder die bewährten mehrstufigen Hinweise weiter, welche mit gefundenen Münzen gekauft werden.

Etwas andere Gerichtsverhandlungen

Bereits zu Beginn muss der Spieler Sophie in London verteidigen.
In Labyrinthia herrscht offenbar eine große Angst vorm angeblich bereits niedergeschriebenen Schicksal. Noch mehr fürchten die Bewohner sich vor den Hexen, welche hier ihr Unwesen treiben sollen. Wie in der frühen Neuzeit landen ganz normale Einwohner in tödlichen Hexenprozessen, aus denen es kaum ein Entrinnen gibt. Die erste Gräueltat spielt sich direkt vor den Augen des Star-Detektivs und seiner Assistentin Maya ab, die ebenfalls mit Gedächtnisverlust in der mittelalterlichen Stadt gelandet sind. Ohne lange zu fackeln versenkt der Richter eine um Gnade winselnde Angeklagte in einer Feuergrube. Das ist durch den Metallkäfig zwar nicht explizit dargestellt, sorgt aber trotzdem für mulmige Stimmung.

Auch Sophie taucht hier wieder auf und gerät in die Fänge der Inquisitoren, welche in dieser Welt die Rolle des Staatsanwalts einnehmen. Damit ihr nicht das gleiche Schicksal widerfährt, muss Phoenix sich an seien Fähigkeiten als Verteidiger zurückerinnern und sich auf das gefährliche Rechtssystem der Stadt einlassen. Hier gilt schließlich nicht einmal die Unschuldsvermutung. Stattdessen muss ich den ungeduldigen Richter davon überzeugen, dass Sophie nur zum Opfer eines Überfalls wurde und ihre Angreifer nicht mit Hilfe von Magie verbrannt hat. Auch meine Abenteuer mit Luke und Layton helfen im Gerichtssaal: Nach ein paar Rätseln im Stadtarchiv haben die beiden eine dicke Magie-Enzyklopädie gefunden. Die darin aufgeführten Regeln magischer Steine muss ich kurz danach im Kreuzverhör berücksichtigen.

Magie oder weltliche Gier?

Die Dialoge in den von Capcom beigesteuerten Passagen sind wieder zum Schreien komisch.
Als Sophie z.B. eine Laterne fallen ließ, konnte sich der klobige Magiestab gar nicht in ihrer Hand befinden. Selbst wenn sie ihn durch einen weißen Kristall rechtzeitig unsichtbar gemacht hätte, hätte er ihr aus der Hand gleiten müssen – anders lässt sich der schmale Griff des Eimers schließlich nicht anfassen. Um auf diese Schlussfolgerung zu kommen, schaue ich mir den Tathergang auf dem Bild des Gerichtszeichners an und vergleiche die Bilder mit den Aussagen der Zeugen, um schließlich in der berühmten Pose „Einspruch!“ oder „Moment mal!“ zu rufen. Neuerdings helfen auch hier Laytons Hinweismünzen weiter: Einfach aktivieren und schon werden verdächtige Zeugenaussagen markiert. Auch einige momentan unnütze Beweisstücke werden ausgeblendet.

Neu ist auch das Kreuzverhör mehrerer Zeugen gleichzeitig. Als ich Sophie zu Beginn des Spiels in London verteidige, befrage ich einen Zeugen nach dem anderen, doch in Labyrinthia herrschen eigene Regeln. Hier brabbeln gleich alle Zeugen nacheinander herunter, was ihnen zu der Tatnacht einfällt. Das System hat aber auch einen Vorteil: Wenn ein Zeuge Widersprüche in der Aussage eines anderen erkennt, wird ein entsprechender Hinweis darauf sichtbar. Dann kann ich direkt beim anderen Befragten nachhaken, was mir im Idealfall neue Erkenntnisse liefert.

So albern wie früher?

Bereits in London sorgt ein auf einem Baum gelandetes Auto für Verwirrung.
Insgesamt bringt das etwas andere Rechtssystem mit Magie und Massenverhör ein wenig frischen Wind in die Verhandlungen. Schade ist allerdings, dass die Figuren bei weitem nicht so ausgeflippt wirken wie in der realen Welt. Die temperamentvolle südländische Schiffsköchin aus London z.B. jongliert lässig mit Krebsen und Gemüse und versucht mitten im Londoner Gerichtssaal, einen Aal mit einem großen Hackebeil zu köpfen. Hier wird die Gefühlslage aller Akteure so herrlich albern visualisiert wie in den Vorgängern. Im Vergleich dazu bleiben die mittelalterlichen Figuren wie Hans & Gretchen oder eine Ziegenbäuerin etwas blass. Ab und zu albern aber auch sie ein wenig im Gerichtssaal herum.

Auch Labyrinthias mittelalterliche Viertel wirken ein wenig fade - vor allem im Vergleich zum Steampunk-London oder anderen mystischen Orten aus Laytons älteren Spielen. Ein klarer Pluspunkt ist dagegen der Umfang: Da gleich zwei Teams am Spiel gearbeitet haben, kann man grob geschätzt rund 30 Stunden mit dem Abenteuer verbringen – je nachdem, wie intensiv man sich mit den optionalen Rätseln auseinandersetzt. Ein wenig nervig werden dabei allerdings die aus den Vorgängern bekannten Musik-Loops, welche viel zu häufig wiederholt werden. An anderer Stelle passt die Musikbegleitung aber gut ins Spiel.

Fazit

Obwohl die beiden Konzepte nur leicht miteinander verschmelzen, war die Kooperation von Professor Layton und Phoenix Wright eine gute Idee. Nach einem mit Knobeln und Erforschen verbrachten Stündchen waren die bizarren Gerichtsverhandlungen mit ihrem herrlich albernen Humor eine willkommene Abwechslung. Auch Labyrinthias eigentümliches Rechtssystem bringt frischen Wind ins Konzept. Die Geschichte um die finsteren Hexen macht neugierig, verliert auf Dauer aber an Spannung. Das liegt unter anderem daran, dass mich die mittelalterliche Stadt und ihre Bewohner nicht so sehr fasziniert haben wie die Szenarien älterer Layton-Abenteuer. Die Rätselqualität ist ebenfalls ein wenig gesunken: Viele Aufgaben motivieren nach wie vor, doch der Fokus hat sich zu sehr in Richtung eintöniger Schiebepuzzles und Labyrinth-Abschnitte verschoben. Trotzdem bietet das Spiel unterm Strich ein unterhaltsames, humorvolles und äußerst umfangreiches Gerichts- und Knobel-Abenteuer.

Pro

interessanter Mix von zwei gelungenen Adventure-Konzepten...
Wechsel zwischen Spielmechaniken sorgt für Abwechslung
geheimnisvolle Geschichte um Hexen und eine legendäre Stadt
Labyrinthias "magisches Rechtssystem" bringt frischen Wind in die Verhandlungen
überdreht-grotesker Humor in Gerichtsverhandlungen
viele unterhaltsame Zeichentrick-Sequenzen
gute deutsche Synchronisation
mehrstufiges Hilfe-System lässt sich auch vor Gericht einsetzen
großer Umfang

Kontra

...welcher beide Konzepte aber nur leicht verschmelzen lässt
zu viele fade Schiebe
und Labyrinth-Rätsel
altbekannte Musikschleifen wiederholen sich zu oft
mittelalterliches Labyrinthia und seine Bewohner bleiben im Vergleich zu anderen Layton-Geschichten etwas blass
Rätsel nach wie vor nur manchmal in die Story eingebunden

Wertung

3DS

Obwohl beide Spielwelten nur teilweise verschmelzen, bietet die Zusammenarbeit ein abwechslungsreiches, humorvolles und umfangreiches Knobel-Abenteuer.

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