Im Test:
Urbaner Horror
In Tokio herrscht Ausnahmezustand. Die japanische Metropole steht unter Quarantäne. Das Militär hat alle Zufahrten abgeriegelt. Keiner kommt mehr rein, keiner raus. Von giftigen Gasen ist die Rede. Handfeste Informationen machen sich jedoch rar. Es gibt keinen Strom, kein Telefonnetz, kein Internet, nicht einmal Radio- oder Fernsehempfang. Nur diese komischen Handheld-Computer mit gespenstisch akkuraten Tagesvorhersagen über alle möglichen Katastrophen.
Auch das Protagonistentrio kam durch einen mittlerweile verschwundenen Freund in den Besitz dieser Geräte. Seitdem bekommen sie aber nicht nur täglich neue Hiobsbotschaften, sondern geraten auch in Konflikte mit dämonischen Kreaturen, die mit den Geräten in Verbindung zu stehen scheinen. Als Anführer der Gruppe sieht man sogar wie lange jeder im Sperrgebiet gefangene noch zu leben hat. Ein Damoklesschwert, das ebenso gnadenlos auch über den Köpfen der drei Freunde schwebt.
Soll man sie darüber informieren? Ihnen die richtigen Zahlen sagen? Oder doch lieber lügen? Wie verhält man sich anderen gegenüber? Anderen, deren Zeit fast abgelaufen ist? Entscheidungen, die man zum Teil tatsächlich selbst treffen muss.
Die Zeit drängt
Innerhalb der wenigen, noch verbleibenden Tage gibt es jedenfalls viele Fragen zu beantworten, Krisen zu begegnen und Entscheidungen zu treffen. Auch kämpferische Auseinandersetzungen stehen immer häufiger auf der Tagesordnung. Schließlich tauchen immer mehr dieser dämonischen Handhelds auf, die nicht nur Kriminelle zu Gräueltaten anstiften, sondern auch in der Zivilbevölkerung für blutige Unruhen sorgen und selbst Polizisten zum Machtmissbrauch verleiten.
Gewaltsame Konfliktlösungen finden auf gerasterten Straßen, Plätzen oder Grünanlagen statt, wo man aus isometrischer Perspektive Runde um Runde bis zu vier Teams ziehen und agieren lässt. Jedes Team besteht aus einem menschlichen Anführer und bis zu zwei beschworenen Dämonenbegleitern. Auch die gegnerischen Gruppen bestehen aus bis zu drei Kombattanten. Wer wann an der Reihe ist, hängt von dessen Agilität und vorheriger Aktion ab, die Reichweite von der Beweglichkeit. Beides ist jederzeit einseh- sowie durch spezielle Fähigkeiten beeinflussbar.
Individuelle Vielfalt
Neue Fertigkeiten und Talente können von besiegten Gegnern extrahiert werden, sofern deren Bezwinger vor Kampfbeginn korrekt bestimmt wurden. Der Pool verfügbarer Fähigkeiten nimmt so stetig zu und erlaubt immer facettenreichere und durchschlagskräftigere Kombinationsmöglichkeiten, mit denen es die Schwachpunkte der Gegner konsequent auszunutzen gilt, um sich oft entscheidende Bonusaktionen zu sichern.
Auch das Angebot beschwörbarer Dämonen nimmt regelmäßig zu. Allerdings nicht durch Kampferfolge oder Verhandlungsgeschick, sondern via Auktionen und Fusionen. Da der Platz für Begleiter begrenzt ist, muss man immer wieder abwägen und aussondieren. Wie die menschlichen Gruppenmitglieder gewinnen auch die dämonischen Begleiter durch Kampferfolge an Erfahrung,
Die Möglichkeiten immer wieder sein ganz persönliches Dream-Team zusammenzustellen sind auch hier ungemein facettenreich. Man hat trotz des unerbittlichen Todes-Countdowns im Nacken sogar genug Zeit, um sein Team in freien Kämpfen beliebig zu formen und mit Geldern zu versorgen. Ansonsten muss man sich jedoch genau überlegen, was man wann und wo macht, da jede mit einem Uhrensymbol markierte Handlungsoption das Ende eine halbe Stunde näher rücken lässt - egal, ob gekämpft oder nur geredet wird.
Die Qual der Wahl
Meistens sind mehrere Aktionen gleichzeitig möglich. Manche davon stehen auch eine halbe Stunde später noch zur Verfügung, andere verschwinden wieder. Das führt zu so manchem Dilemma, bei dem man abwägen muss, was oder wer einem wichtiger ist. Entscheidungen können dabei durchaus harte Konsequenzen haben, die sich zum Teil auch auf das Spielende auswirken. Das 3DS-Remake wartet sogar mit einem zusätzlichen Spieltag als Epilog auf.
Böses Erwachen
Auch Touchscreen- und 3D-Funktionen liegen eher brach und finden so gut wie keine Anwendung. Speichern kann man hingegen jederzeit - selbst mitten im Kampf. Und das sollte man nicht nur auf dem höheren der beiden Schwierigkeitsgrade auch regelmäßig tun, da manche Niederlagebedingungen wie das missglückte Beschützen von Zivilisten oder Aufhalten flüchtender Gegner sehr rasch erfüllt sein können.
Der größte Knackpunkt und wertungstechnische Genickbruch ist allerdings der Umstand, dass das Spiel regelmäßig (!) einfriert, wenn man einen neuen Dämonenbegleiter beschwört! Zwar erwacht der 3DS nach fünf Minuten meist wieder aus seinem Bug-Schlaf, aber wer nach einem verheerenden Gegenangriff gleich mehrere gefallene Teammitglieder ersetzen muss, verbringt am Ende mehr Zeit in unfreiwilliger Schockstarre als mit aktiver Kampfteilnahme. Darüber hinaus kann das Spiel auch sporadisch komplett abstürzen und sich mit oder ohne Fehlermeldung ins Home-Menü verabschieden. Gute Nacht Qualitätskontrolle, ade Spielspaß...
Fazit
Eigentlich ist Devil Survivor Overclocked ein gelungenes Remake eines grandiosen, aber hierzulande leider nie erschienenen DS-Rollenspiels. Gut, wegen des kaum genutzten 3D-Effekts werden sich selbst DS-Veteranen kein zweites Mal in die Tokioter Todeszone begeben, aber die höhere Auflösung des 3DS-Displays wurde gut genutzt, die durchgehende englische Vertonung sorgt für einen deutlichen Atmosphäreschub und das zusätzliche Kapitel im taktischen Dämonenkampf fügt einen interessanten Epilog hinzu. Aber auch ohne diese Extras sind Szenario, Storyverlauf und Spieldesign nach wie vor top. Doch warum um alles in der Welt hat man die Umsetzung vor der Veröffentlichung nicht nochmals auf Fehler durchleuchtet? Die Spieleinfrierungen beim Beschwören von Dämonen treten ja schließlich jedes Mal auf und degradieren ein ursprünglich sehr gutes zu einem eindeutig mangelhaften Spielerlebnis - von den eher sporadischen Spielabstürzen in anderen Situationen ganz zu schweigen. Daher, auch wenn's schwer fällt, eine klare Kaufwarnung statt Kaufempfehlung!
Pro
Kontra
Wertung
3DS
Theoretisch grandiose, aber praktisch mit schwerwiegenden Bugs behaftete Dämonentaktik - Finger weg!
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