F1 201125.11.2011, Michael Krosta
F1 2011

Im Test:

Auf PS3, 360 und PC durfte man bereits im September die Reifen qualmen lassen. Jetzt - noch rechtzeitig zum großen Saison-Finale in Brasilien - macht die Formel 1 auch auf dem 3DS Station. Liefern sich Vettel, Schumi & Co auch im Handheld-Format spannende Positionskämpfe oder sollten sie lieber in der Box bleiben? 

Alles drin, alles dran

Genau wie bei den "großen" Versionen wird auch hier die FIA-Lizenz ordentlich ausgenutzt: Alle Fahrer, Teams und Strecken der aktuellen Saison wurden auf das Modul gepackt, so dass auch hier die zwölf Rennställe auf den 19 Kursen um die WM-Krone kämpfen. Selbst die Setup-Einstellungen wurden ins Miniformat übertragen - es darf also fleißig am Getriebe, dem

Ferrari war in dieser Saison meist weit von der Spitze entfernt.
Ferrari war in dieser Saison meist weit von der Spitze entfernt.
Fahrwerk und der Aerodynamik geschraubt werden. Einen Mechaniker mit Schnell-Optionen findet man hier zwar nicht, doch darf man auf ein einfaches Tuning zurückgreifen, bei dem an detaillierten Einstellungen gespart wird. Trotzdem wäre die Auswahl an vorgefertigten Einstellungen komfortabler gewesen.

Rückschritte

Generell frage ich mich, warum man einige sinnvolle Elemente nicht von den anderen Plattformen übernommen hat. Das kurze Rennwochenende mit nur einer Qualifikations-Session gibt es hier genauso wenig als Alternative wie das taktische Benzinmanagement oder die optionale Rückspulfunktion, die nach Fahrfehlern neue Versuche erlaubt. Auch Siegerehrungen oder Parc fermé-Szenen fallen flach. Zudem vermisst man die Möglichkeit, auf Knopfdruck nach hinten zu schauen - gerade, weil in den Außenspiegeln nichts dargestellt wird. Dabei hätte man Funktionen wie diese ohne Probleme auf das Digitalkreuz legen können. Immerhin darf man selbst im Handheld-Format in der Cockpitansicht Gas geben, auch wenn die Details insgesamt zu wünschen übrig lassen und sowohl Strecken als auch Boliden nur mäßig texturiert wurden.

Kampf der Schichten

Vor allem bei den F1-Flitzern werden die technischen Defizite deutlich, denn hier ploppen ständig die verschiedenen Texturschichten auf oder verschwinden wieder, so dass man nach einem gewissen Abstand nur noch grob die Hinterräder und eine Pixelmasse als Fahrzeug erkennen kann. Während man diese Einbußen noch halbwegs verschmerzen kann, kann man hinsichtlich der schwankenden Bildrate kein Auge mehr zudrücken: Vor allem mit aktiviertem 3D-Modus wird die Darstellung immer wieder von Slowdowns und Rucklern geplagt, die das an sich gute Geschwindigkeitsgefühl sofort zerstören.

Komplettes Starterfeld

Alle Teams & Fahrer gehen auch auf dem 3DS an den Start.
Alle Teams & Fahrer gehen auch auf dem 3DS an den Start.

Immerhin muss man den Entwicklern zugute halten, dass sie es selbst auf dem 3DS schaffen, mit 24 Piloten das komplette Starterfeld ins Rennen zu schicken, auch wenn sie der Hardware damit offensichtlich etwas zu viel abverlangen. Es sind nicht nur die Performance- und Technik-Einbußen, mit denen man hier leben muss. Auch für die KI scheint man nicht mehr sonderlich viele Ressourcen übrig gehabt zu haben, denn was die anderen Fahrer hier an Manövern bieten, ist unter aller Kanone: Das geht schon damit los, dass sie die Fahrbahn in spontaner und plötzlicher Zickzack-Manier kreuzen. In der Realität würde man für ein solches Verhalten regelmäßig bestraft, doch hier ist es die Normalität. Darüber hinaus scheinen sie mich als Fahrer überhaupt nicht wahrzunehmen - entsprechend kracht es häufig, wenn mir die KI-Dumpfbacken in die Seitenkästen oder ins Heck rasen oder mich durch abruptes Abbremsen in einen Auffahrunfall verwickeln. Den Nachteil hat fast immer der Spieler, der sich entweder zurück in die Box zur Reparatur schleppen muss oder vom inkonsequenten Strafsystem zu einer Zeitstrafe verdonnert wird.

Futuristische KI-Fähigkeiten

Aber das ist noch gar nichts gegen das, was die KI sonst noch so drauf hat. Kommt sie z.B. von der Strecke ab - was ganz schön oft passiert - verschwindet sie wie von Zauberhand aus dem Kiesbett und wird plötzlich wieder auf die Strecke zurück gebeamt. Das nennt man dann wohl Fortschritt durch Technik. Manchmal scheint dieser Trick allerdings nicht ganz zu funktionieren, denn am Nürburgring konnte ich im Rahmen des Qualifying beobachten, wie Lewis Hamilton seinen McLaren Mercedes einfach am Streckenrand parkte - und das über alle drei Sessions hinweg - und auf dem Zeitenmonitor trotzdem mit Rundenzeiten gelistet wurde. Einen Vorteil hat der 3DS, den ich mir auch an 360 & Co gewünscht hätte: Anstatt in der Box nur auf den Zeitenmonitor zu starren, kann man hier die Fahrer optional live auf ihren Turns in TV-Manier beobachten. Doch erst, wenn man zusammen mit ihnen auf der Strecke ist, wird man feststellen, dass die KI vor allem die Rolle eines nervigen Verkehrshindernisses übernimmt, da sie dank ihres Schneckentempos meist nur im Weg steht. Das gilt übrigens nicht nur für die Trainings- und Qualifikationsläufe, denn auch im Rennen fährt ein Großteil des Feldes offensichtlich mit angezogener Handbremse, während die ersten drei Fahrer in einem ordentlichen Tempo unterwegs sind, auch wenn sich selbst dort leichte Gummiband-Tendenzen bemerkbar machen.

Die Kämpfe gegen die Rempel-KI sind eine Zumutung.
Die Kämpfe gegen die Rempel-KI sind eine Zumutung.
So war ich z.B. oft wieder ganz plötzlich und pünktlich vor der DRS-Zone am Führenden dran, frei nach dem Motto "Jetzt lassen wir den Spieler mal rankommen, damit er den offenen Flügel auch mal im Rennen benutzen darf". Es ist einfach nur ein Armutszeugnis, was Codemasters zumindest im Bereich der KI mit F1 2011 (ab 2,73€ bei kaufen) auf dem 3DS veranstaltet.

Immerhin kann man das Strafsystem in den Optionen abmildern oder ganz deaktivieren. Der Reifenverschleiß und das Schadensmodell lassen sich ebenfalls auf diese Weise regeln, auch wenn man bei Letzterem die Auswirkungen ohnehin kaum spürt. Das Wettersystem wirkt etwas unausgereift, da die Boliden auch auf nassen Oberflächen noch ein ähnliches Grip-Niveau aufweisen wie auf trockenen Pisten. Doch das ist wohl einer der Kompromisse, den man aufgrund der fehlenden Analogtasten des Handhelds eingehen musste. Und zur Not gibt es ja auch immer noch Fahrhilfen von ABS über die Traktionskontrolle bis hin zu aktiven Lenk- und Bremshilfen sowie einer eingeblendeten Ideallinie. Wer es sich zutraut, kann auch das Automatikgetriebe ausschalten und manuell schalten. Außerdem darf man den Ausfall mechanischer Komponenten bewusst zulassen - hier übertrifft die 3DS-Version sogar die großen Fassungen, wo eine solche Option nicht angeboten wird. Das gilt auch für den neuen Challenge-Modus, in dem man sich kleinen Herausforderungen stellt, in denen man z.B. eine bestimmte Anzahl an Fahrzeugen innerhalb einer Runde überholen oder beweglichen Hindernissen ausweichen muss. Daneben wird das übliche Programm bestehend aus schnellen Rennen, Zeitfahren, Grand Prix-Wochenenden und der Meisterschaft aufgefahren. Die Karriere, in der man sich als Neuling zunächst in einem schwachen Team beweisen muss, fällt aufgrund automatischer Upgrade-Entwicklung sowie dem fehlenden Fokus auf das teaminterne Duell und Interviews hier sehr viel dröger aus.

Unhandliche Steuerung      

Warum man hier die DRS-Aktivierung so unhandlich umgesetzt hat, kann ich allerdings nicht nachvollziehen: Auf den Konsolen und dem PC öffnete man den Flügel mit einem Knopfdruck. Ein Druck auf die Bremse genügte, um in wieder zu schließen. Anders am 3DS: Genau wie beim KERS muss man hier die ganze Zeit einen Knopf gedrückt halten, wenn man mit DRS den Geschwindigkeitsvorteil nutzen will. Liegen Gas und Bremse auf den benachbarten Tasten, muss man hier ständig umgreifen, doch selbst wenn man alternativ die Schultertasten für die beiden Pedale nutzt, ist die Flügelkontrolle unnötig umständlich. Will man gar DRS und KERS miteinander kombinieren, kann man sich vorstellen, wie man dafür die Finger verknoten muss. Halbwegs überzeugen kann dagegen die Klangkulisse - zumindest, was das Röhren der Motoren angeht. Der Boxenfunk meint es oft gut und informiert regelmäßig über Abstände,

Selbst mit schwächeren Wagen kann man vorne mitfahren.
Selbst mit schwächeren Wagen kann man vorne mitfahren.
liegt dabei aber meist völlig daneben. Wenn ich schon wieder am Heck des Vordermanns klebe und mein Mechaniker mir etwas davon erzählt, dass er mir pro Runde mehrere Sekunden davon fährt, kann ich nur noch mit dem Kopf schütteln.    

Gähnende Server-Leere

Wer sich die Kämpfe gegen die grottige KI ersparen und lieber gegen Freunde (oder Fremde) antreten möchte, bekommt hier mehrere Möglichkeiten geboten: Entweder trifft man sich mit maximal vier Rasern zu einem Adhoc-Rennen oder gibt über das Internet Gas. Nicht zu vergessen die StreetPass-Funktion, mit deren Hilfe man Bestzeiten mit anderen 3DS-Rasern austauscht. Zur Auswahl stehen Einzelrennen, Zeitfahren und Konstrukteurs-Duelle, wobei man bei Letzteren im Team agiert und Punkte für seinen favorisierten Hersteller sammelt. Eine komplette Weltmeisterschaft lässt sich leider weder individuell zusammenstellen noch gemeinsam austragen. Doch das spielt eh kaum eine Rolle, da auf den Servern eine gähnende Leere herrscht: Wir haben im Testzeitraum trotz mehrmaliger Versuche keinen einzigen Mitspieler in den Weiten von Nintendos WiFi-Service gefunden und können entsprechend keine Angaben zum Netzcode machen. Doch selbst wenn die Online-Rennen ohne Lags und Abstürze ablaufen sollten, würde es nichts daran ändern, dass Codemasters mit F1 2011 die Premiere auf dem 3DS gehörig vermasselt hat.

Fazit

So viel Codemasters mit F1 2011 auf dem PC und den Konsolen richtig gemacht hat, so fatal fällt die Premiere auf Nintendos 3DS aus, mit der man sogar die dürftigen Wii- und PSP-Auftritte von F1 2009 unterbietet. Diese KI ist mit ihren Rempeleien, Fehlern und der unglaublichen Teleport-Mechanik eine einzige Katastrophe, die nichts mehr mit der realen Formel Eins zu tun hat und selbst unter Arcade-Maßstäben eine Zumutung wäre! Hinzu kommt die unausgereifte Technik, die vor allem im 3D-Betrieb durch starke Einbrüche in der Bildrate und ploppenden Texturschichten schlapp macht. Die zusätzlichen Herausforderungen hätte man sich zwar auch auf den anderen Plattformen gewünscht, aber sie können die kastrierte Karriere mit fehlenden Features wie dem Benzin-Management, Interviews, verkürzten Rennwochenenden und Rückspulfunktion nicht kompensieren. Zusammen mit der unsinnigen DRS-Mechanik, dem inkonsequenten Straf- und Schadenssystem sowie keiner Möglichkeit, das Verfolgerfeld im Auge zu behalten, bleibt 3DS-Besitzern eigentlich nur eine Wahl: Ignorieren, weitergehen, Geld sparen.

Pro

FIA-Lizenz (Strecken, Teams, Fahrer)
Cockpitansicht
Onlinemodus
Setup-Möglichkeiten...
(optionales) Schadensmodell...
(optionaler) Reifenverschleiß
Wettersystem
gute Klangkulisse

Kontra

grottige Rempel-KI
Bildraten-Einbrüche
inkonsequentes Strafsystem
...aber kein Schnell-Tuning mehr
...ohne große Auswirkungen
keine Siegerehrungen / Parc fermé-Szenen
ständiges Aufploppen von Texturschichten
keine verkürzten Rennwochenenden möglich
Gummiband-Ansätze erkennbar
unhandliche Steuerung (DRS)
keine Rückspulfunktion mehr
kein Blick zurück möglich
kein taktisches Benzin-Management
keine Interviews
unnützer Boxenfunk
"Beamen" der KI sowie krasse Aussetzer

Wertung

3DS

Grottige KI, schwächelnde Technik, kastrierte Funktionen: Auf dem 3DS ist F1 2011 eine Zumutung.

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