Shinobi18.11.2011, Paul Kautz
Shinobi

Im Test:

Segas alter Schlitzkumpel Shinobi (ab 34,99€ bei kaufen) ist ein Held der Vergangenheit - wie so viele ruhmreiche Kämpfer hatte er seine größten Tage auf den 16 Bit-Konsolen. Und wie so viele wurde er in furchtbarer Art und Weise in die Neuzeit bugsiert. Der letzte dieser Rettungsversuche ist mittlerweile sieben Jahre her - Zeit für eine Wieder-Wiederbelebung!

Ninjas überall!

Der Titel verrät es schon: Es geht für den Meister-Ninja mal wieder zu den Wurzeln zurück - immerhin ist der 3DS-Ausflug des Vermummten bereits das vierte Spiel, das einfach nur »Shinobi« heißt. Der neue Held ist mit dem alten verwandt, genau genommen ist Jiro Musashi, Oberhaupt des Oboro-Clans, der Vater des klassischen Shinobi Joe Musashi. Der muss sich, Tradition ist Tradition, gegen den garstigen Zeed-Clan zur Wehr setzen - das macht er zuerst im klassischen Japan des Jahres 1256, später wird im Jahr 2056 gefochten. Warum? Nun… er… er hat ein Schwert, das größer ist, als er selbst! Ein Mann, der so eine Waffe trägt, muss seine Zeitsprünge nicht erklären!

Stattdessen sind mir die Entwickler Rechenschaft darüber schuldig, wieso sie das Tutorial derart lieblos gestaltet haben: Statt den ersten Level zu nutzen, um einen sanft mit dem Möglichkeiten des Ninja vertraut zu machen, bekommt man vor Spielstart ein Dutzend Text- und Bildseiten zu sehen, die man sich gefälligst sofort einzuprägen hat. Aber gut, das Wichtigste ist für den Serienfan ohnehin, dass viele Traditionen beibehalten wurden: Der Doppelsprung mit dem Shuriken-Schauer (wobei jetzt »Kunai« genannte Wurfmesser verschleudert werden), zerstörbare Kisten mit Huhnteilen oder Bomben drin, sich öffnende Flugzeuttüren, die einen hinaussaugen können oder auf Wasserfällen treibende Baumstämme, auf denen man herumspringen muss - kennt man, gehört dazu. Auch der schon auf der niedrigsten der vier Stufen harte Schwierigkeitsgrad sollte einem bekannt vorkommen. Dieses Mal hat er gleich mehrere Ursachen: Zum einen begrüßen einen die Gegner oft schon aus dem Off mit einem gut gezielten Wurfmesser - wer da nicht blitzartig blockt, ist schnell aus dem Rennen. Außerdem sind die Sprungeinlagen zum Teil mörderisch schwer, auch muss man beim Bildschirmwechsel sehr oft darauf vorbereitet sein, in einen bodenlosen Abgrund zu fallen - hier muss mit Ninjareflexen die Greifkette gezückt werden, um Sturzschäden zu vermeiden.

Der Punktezählerkiller

Obwohl die Grafik auf 3D setzt, bleibt das Spielprinzip zweidimensional: Man bewegt sich immer nur von links nach rechts oder in der Vertikalen, unabhängig davon, wohin die Grafik gerade scrollt. Eine Ausnahme stellen die »Vehikel-Levels«: In denen tummelt man sich auf dem Rücken eines Pferdes, auf einem Autodach oder einem Surfboard, weicht Hindernissen aus und erledigt von links und rechts ankommende Gegner. Diese Abschnitte wirken leider sehr aufgesetzt und übertrieben lang.

In den 2D-Abschnitten bekommt man es anfangs mit Feindesware wie Ninjas oder Soldaten zu tun - später wird es mit Riesententakelhirnen deutlich abgespaceter. All diese Standard-Widersacher lassen sich mit ein paar Kunai bzw. gut gezielten Schwerthieben schnell aus den Wickelsocken hauen, wobei man oft genug erstmal an sie rankommen muss; die Block-Taste ist in diesem Spiel sehr wichtig! Und natürlich spielt sie auch bei den Bosskämpfen eine Rolle: Egal ob Kill Bill-kompatibler weiblicher Ninja im Schnee, Panzerfahrzeug (das man mit Wurfmessern zerlegt), Kryborg oder Hubschrauber - die Obermotze haben alle schnell durchschaubare Angriffsmuster, die sich ständig wiederholen. Manche können von Spielern mit übermenschlichen Reflexen zusätzlich noch in einem Knöpfchendrück-Reaktionstest weiter geschädigt werden.

Die Bosskämpfe sind größtenteils einfach durchschaubar, aber dennoch sehr anspruchsvoll - genau wie das Spiel an sich.
Die Bosskämpfe sind größtenteils einfach durchschaubar, aber dennoch sehr anspruchsvoll - genau wie das Spiel an sich.
Der Grund für die Bedeutung des Blockens liegt in den cleveren Punktesystem: Zum einen bekommt man jede Menge Zähler für gute Angriffe - eine Schwertkombo bringt z.B. deutlich mehr als pausenloses Schmeißen von Kunai aus der sicheren Distanz. Allerdings bekommt man auch sehr viele Punkte abgezogen, falls man getroffen wird, was spätestens in der Levelendabrechnung lausig aussieht. Erledigt man mehrere Gegner hintereinander, ohne selbst getroffen zu werden, steigt der Multiplikator, geht man dagegen drauf, verliert man alle bisher erlangten Punkte. Gemein, aber sehr motivierend!

Ein schweres Erbe

Neben Schwert und Messer kommt auch die Ninja-Magie nicht zu kurz: »Feuer« z.B. erledigt kleinere Gegner und macht Kunai etwas stärker, während man dank »Wasser« höher springen kann und der Kunai-Vorrat schneller aufgestockt wird. Ninjas mit offenen Augen entdecken in den Levels allerlei Freispielkram (nebst einiger unerwarteter Golden Axe-Begegnungen) wie Achievements, Artworks oder Musik. Außerdem finden sich in der Auszeichnungs-Abteilung des Hauptmenüs auch ein paar Infos zu früheren Spielen der Serie. Begegnet man einem anderen Ninja auf der Straße und tauscht die geheime Bruderschaft-Begrüßung aus (sprich: StreetPass), erhält man zusätzlich noch 13 Herausforderungen - deren Name bitte ernst zu nehmen ist. Erinnert sich noch jemand an die Herausforderungs-Räume in Bionic Commando: Rearmed? Die hier sind locker genauso sackschwer, da man im Outfit des Original-Shinobi unterwegs ist und dieser Tradition entsprechend jeder Treffer tödlich ist.

Technisch ist Shinobi... okaaaay. Nicht schlecht, aber auch echt nicht gut. Die Figuren sind ordentlich animiert, der 3D-Tiefeneffekt ist ansehnlich, aber der Rest nur Durchschnitt: Kantige Charaktere, lasche Effekte, grobe Landschaften. Die 2D-Zwischensequenzen verzichten auf 3D-Tiefe, erzählen die Geschichte aber mit minimalistischen Bildern im Anime-Stil brauchbar weiter. Das Ganze wird von abwechslungsreicher Musik begleitet, die aber ein schweres Erbe hat: Wie könnte irgendein Shinobi-Spiel jemals gegen die göttlichen »Revenge of Shinobi«-Kompositionen von Yuzo Koshiro bestehen?

Fazit

Wem Super Mario 3D Land zu leicht ist, der sollte definitiv einen Ausflug nach Super Shinobi Land wagen - nach einer Stunde Ninjapein sieht man die Welt in einem ganz anderen Licht! Das ist nicht negativ zu verstehen, im Gegenteil: Ich finde es gut, dass Entwickler Griptonite der Serientradition treu bleibt. Allerdings schoss man vielleicht etwas über das Ziel hinaus, wenn schon der erste der vier Schwierigkeitsgrade die meisten Spieler zum Heulen bringen dürfte. Davon abgesehen wartet hier ein Jump-n-Schlitz sehr klassischer Schule, mit vielen mehr oder weniger subtilen Serien-Referenzen und einem motivierenden Punktesystem. Allerdings ist die Präsentation bestenfalls zweckmäßig: Zwar ist der 3D-Effekt wirklich ansehnlich, aber die Grafik im Großen und Ganzen grob und detailarm. Ein klarer Fall für Masochisten und Pad-Ninjas!

Pro

herausforderndes Design
freischaltbare StreetPass-Herausforderungen
solide Präsentation
cleveres Punktesystem

Kontra

liebloses Tutorial
teilweise mörderischer Schwierigkeitsgrad
übertrieben lange Ritte und/oder Fahrten
oftmals nervende Sprungeinlagen

Wertung

3DS

Der neue Shinobi ist eine Herausforderung, an der auch Chuck Norris zu knabbern hätte - ein hartes Jump-n-Schlitz alter Schule!

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