Heroes of Ruin27.06.2012, Jens Bischoff
Heroes of Ruin

Im Test:

Wer auf Action-Rollenspiele à la Diablo steht und dieser Vorliebe gern auch mal unterwegs oder in 3D frönen möchte, hat sicher schon ein Auge auf Heroes of Ruin (ab 34,90€ bei kaufen) geworfen. Selbst kooperative Dungeon-Streifzüge mit Freunden oder Fremden sowie Tauschhandel und regelmäßige Bonusherausforderungen sind hier möglich. Doch wie gut und lange hält die Beutehatz im Miniformat bei Laune?

Viele kleine Extras

Bevor die Heroes of Ruin-Dungeons ihre Pforten öffnen, fragen erst mal allerlei Sonderfunktionen um Aktivierungserlaubnis. Wer alles brav abnickt, darf später aber nicht nur mit anderen zusammen spielen oder kommunizieren, sondern kann via StreetPass auch neue Waren oder via SpotPass neue Herausforderungen erhalten. Bei letzteren handelt es sich allerdings nicht um Wettkämpfe unter Spielern oder zusätzliche Quests, sondern lediglich um zeitlich begrenzte Ausschreibungen, für deren Erfüllung man mit speziellen Talern belohnt wird.

Da muss man z. B. eine bestimmte Menge an Gegnern eliminieren, Stufen aufsteigen oder Gold erbeuten, bevor die Frist abgelaufen ist. Je nach Aufwand gibt es sowohl tägliche als auch wöchentliche Ausschreibungen, die entsprechend entlohnt werden. Angst, etwas verpassen zu können, braucht man aber nicht zu haben, die Aufgabenformen sind immer wieder dieselben, die Belohnungen rein monetär. Mit den gesammelten Talern kann man auch lediglich einen gesonderten Händler besuchen, der besondere Waffen und Rüstungen feil bietet, auf die man aber auch gut verzichten kann.

Im Koop-Modus kann man sich mit bis zu drei anderen Spielern zusammentun.
Im Koop-Modus kann man sich mit bis zu drei anderen Spielern zusammentun.
Ähnliches gilt für den zweiten Bonushändler, der ausgemusterte Waren anderer Spieler, denen man unterwegs begegnet, ins Sortiment aufnimmt. Mit etwas Glück und der richtigen Charakterstufe können da zwar ganz nette Überraschungen zu haben sein, aber meistens hat es schon seinen Grund, wenn andere sich von etwas trennen. Aber egal, die Teilnahme ist jeweils freiwillig und zu verlieren hat man nichts.

Kollektive Raubzüge

Wer ausschließlich mit Freunden vor Ort in die Schlacht ziehen will, kann auch auf die anderen Freigaben verzichten. Wer gerade keine Spielwilligen zur Hand hat, freut sich hingegen darüber, auch online auf Mitspielersuche gehen zu können. Wer sein Mikrofon freigibt, kann sich sogar während des Spielens unterhalten - wahlweise per Dauerfunk oder Push-to-Talk. Die Sprachqualität geht dabei völlig in Ordnung, so lange nicht mehrere gleichzeitig losquasseln. Geht einem jemand auf den Keks, kann man ihn aber jederzeit stumm schalten oder als Gastgeber auch rausschmeißen.

Schade nur, dass man in der Lobby lediglich nach Spielfortschritt filtern sowie Party, Quest und Aufenthaltsort einsehen kann. Ein Filtern nach Sprache, Heimatregion oder Verbindungsqualität ist leider nicht möglich. Letztere ist sogar generell nicht einsehbar, so dass man jederzeit ohne Vorwarnung in einer unspielbaren Lag-Hölle landen kann. Dafür sind Spielein- und -ausstiege aber jederzeit ohne Quest- oder Spielabbrüche möglich. Wer weiß, dass seine Leitung nicht die beste ist, kann auch das Teilnehmerlimit von vier auf drei oder zwei Spieler herabsetzen.

Mit registrierten Freunden lassen sich dafür sogar partyübergreifende Bündnisse schließen, um sich durch gemeinsames Spielen eine Reihe zusätzlicher Boni wie Trankverbesserungen, höhere Goldausbeuten oder das häufigere Finden seltener Gegenstände zu verdienen. Darüber hinaus kann man natürlich auch Tauschhandel untereinander betreiben. Was allerdings nicht geht, ist der Austausch von Gegenständen unter eigenen Charakteren. Wer mit seinem Revolverhelden eine erstklassige Barbarenrüstung findet, kann die nur über Dritte an seinen eigenen Barbaren weitergeben - charakterübergreifende Lagermöglichkeiten gibt es nicht.

Alles mein!

Eine fair geregelte Beuteverteilung gibt es leider nicht.
Eine fair geregelte Beuteverteilung gibt es leider nicht.

Auch eine geregelte Beuteverteilung bei Mehrspielerpartien ist nicht möglich. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst, Distanzkämpfer haben entsprechend große Nachteile zu beklagen. Unter Freunden ist faires Teilen zwar meist kein Thema - vor allem, wenn alle unterschiedliche Klassen spielen. Bei Partien mit Fremden kann es aber natürlich immer wieder zu Streitereien kommen, die leicht vermeidbar gewesen wären. Ein weiterer Fauxpas sind die fehlenden Energieanzeigen der Mitspieler. Wenn jemand einen Heilzauber benötigt, muss er schon lautstark darauf hinweisen, denn angezeigt wird stets nur der eigene Gesundheitszustand und Tränkevorrat...

Der Schwierigkeitsgrad ist jedoch sehr moderat, Tränke findet man mehr als man tragen kann, die automatische Speicherfunktion gibt regelmäßig Rückendeckung und jede Charakterklasse kann bequem per Knopfdruck blocken und ausweichen. Auch sonst ist die Steuerung sehr handlich und simpel: Es gibt eine Angriffstaste, die länger gedrückt gehalten auch Abwehr brechende Attacken erlaubt sowie drei frei mit klassenspezifischen Fertigkeiten belegbare Sondertasten. Übers Steuerkreuz werden Heil- und Manatränke

Der Revolverschütze wechselt je nach Zielentfernung automatisch zwischen Fern- und Nahkampfangriffen.
Der Revolverschütze wechselt je nach Zielentfernung automatisch zwischen Fern- und Nahkampfangriffen.
gceschlürft, via Touchscreen Inventar und andere Menüs bedient, über die Schultertasten verteidigt und interagiert.

Leider hat man es jedoch versäumt, eine der Schultertasten zusätzlich zum Umschalten zwischen zwei Skill-Paletten zu verwenden. Denn auf Dauer sind drei einsetzbare Fertigkeiten schon ziemlich wenig - vor allem da insgesamt über ein Dutzend upgrade-fähiger Skills erlernt werden können. Passive Fähigkeiten sind ebenfalls mit von der Partie. Welche Skills man lernt und aufrüstet, sollte man sich aber von Anfang an gut überlegen. Eine vollständige Maximierung ist nämlich genauso wenig möglich wie ein nachträgliches Umverteilen.

Blasses Heldenquartett

Bei der Wahl des passenden Spielcharakters braucht man sich hingegen nicht den Kopf zu zerbrechen. Dank vier verfügbarer Speicherbänke, kann man alle vier Charakterklassen problemlos parallel spielen: Der mit einem schweren Zweihänder ausgestattete Verteidiger ist eine Art Paladin mit solider Abwehr und regenerativen Talenten, während die flinke Alchitektin ihre Gegner mit Speer- und Zauberattacken bearbeitet. Der Revolverheld greift hingegen je nach Zielentfernung zu Klinge oder Colt, während der klauenbewehrte Barbar seine Opfer zu sich heranzieht und mit verheerenden Nahkampfattacken zermalmt.

Warum sie das tun, wird im elektronischen Handbuch sowie in spärlich inszenierten, aber professionell vertonten Dialogsequenzen erzählt. Nur der eigene, via simplem Editor marginal personalisierbare Held bleibt komplett stumm. Die unspektakuläre Fantasy-Story um außer Kraft gesetzte Wächterkreaturen und intrigante Machtstreitereien gewinnt zwar keinen Blumentopf, gibt den bis auf wenige Ausnahmen sehr generischen Such-, Sammel- und Eliminierungsaufgaben aber ausreichend Halt. Auch die automatisch mitzeichnende Kartenfunktion samt individuell auswählbarer Quest-Marker kann sehr

Umgebungsinteraktionen abseits von Fässer zerschlagen und Kisten öffnen sind äußerst selten.
Umgebungsinteraktionen abseits von Fässer zerschlagen und Kisten öffnen sind äußerst selten.
hilfreich sein, selbst wenn sich der aktuelle Ausschnitt weder verschieben noch verkleinern lässt.

Level-Tretmühle

Das Leveldesign soll sich durch zufällige Strukturen immer wieder neu präsentieren. In der Praxis durchläuft man aber immer wieder dieselben Versatzstücke, nur eben in abgewandelter Reihenfolge, während besiegte Gegner extrem schnell respawnen. Auch die Interaktionsmöglichkeiten mit der Spielumgebung beschränken sich in der Regel auf das Öffnen von Schatztruhen und Zerschmettern von Kisten oder Töpfen. Nur ganz selten gilt es auch mal Geheimwände einzureißen, Knöpfe zu drücken oder Hinweise zu deuten. Die deutsche Lokalisierung in Wort und Schrift inklusive passender Reime verdient dabei jedoch Lob, ebenso wie der atmosphärische Soundtrack.

Auch grafisch kann sich Heroes of Ruin sehen lassen - egal, ob in 2D oder 3D. Die Ladezeiten sind allerdings recht zäh, auch wenn sie lediglich bei Gebietswechseln auftreten. Neben der als Dreh- und Angelpunkt dienenden Hauptstadt Nexus mit ihren Händlern, Nebenquestgebern und Schnellreisepunkten gibt es vier unterschiedliche Schauplätze mit je einer Handvoll recht kompakt gehaltener Einsatzorte. Das klingt wenig

Die wenigen Bosskämpfe machen zwar Laune, lassen sich aber nicht wiederholen.
Die wenigen Bosskämpfe machen Laune, lassen sich aber nicht wiederholen.
und ist es auch. Nach gut zehn Stunden hat man nicht nur das viel zu knappe Goldlimit mehrfach verflucht, sondern auch alle Orte bereist und den finalen Showdown erfolgreich hinter sich gebracht.

Eigentlich nicht weiter schlimm, könnte man bereits absolvierte Quests und Bosskämpfe beliebig oft wiederholen, knackige Postgame-Herausforderungen bestreiten oder das ganze Abenteuer wie sonst üblich auf einem höheren Schwierigkeitsgrad inklusive hochwertigerer Beute nochmals bewältigen. Doch nichts davon ist in Heroes of Ruin möglich. Zwar fehlen nach Spielende meist noch ein paar Stufen bis zum Maximallevel des Charakters, aber den zu erreichen ist ungemein mühsam und völlig reizlos, da es keinerlei Spielinhalte gibt, die das erforderten...

Fazit

Heroes of Ruin bietet klassische, schnörkellose Hack'n'Slay-Action für bis zu vier Beutejäger, die sich sowohl lokal als auch online zusammenfinden können. Bei aktiviertem Mikro kann man sogar miteinander quatschen, per StreetPass das Ladensortiment erweitern oder per SpotPass regelmäßig neue Herausforderungen herunterladen. Auch Tauschhandel und Bündnisbildungen sind möglich. Allerdings gibt es weder eine fair geregelte Beuteverteilung, noch eine Tauschfunktion unter eigenen Charakteren. Auch Charaktereditor und Kartenfunktion lassen zu wünschen übrig. Am schlimmsten wiegt allerdings der recht mickrige Spielumfang - vor allem, da es weder wiederholbare Quests oder Bosskämpfe, noch zusätzliche Schwierigkeitsgrade gibt. Nach zehn bis 15 Stunden hat man eigentlich alles gesehen und mangels ernstzunehmender Herausforderungen auch keinen Anreiz, sich noch länger mit den Hosentaschenhelden zu beschäftigen. Schade...

Pro

motivierende Beutehatz
spaßiger Koop-Modus
Tausch-, Chat- & Bündnisfunktionen
vorbildliche Lokalisierung
sichtbare Ausrüstungswechsel
regelmäßige Bonusherausforderungen

Kontra

bescheidener Umfang
keine wiederholbaren Quests & Bosskämpfe
nur ein Schwierigkeitsgrad
keine regulierbare Beuteverteilung
sehr simpler Charaktereditor
kein Item-Tausch unter eignen Charakteren
nicht navigierbare Automap
lange Ladezeiten

Wertung

3DS

Traditioneller Dungeon-Crawler, dem trotz Online-Anbindung viel zu schnell die Puste ausgeht.

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