Castlevania: Lords of Shadow - Mirror of Fate06.03.2013, Mathias Oertel
Castlevania: Lords of Shadow - Mirror of Fate

Im Test:

Es passiert selten, dass der Name eines Spiels ein Genre definiert. Doch Konamis Castlevania ist dies zusammen mit den Ur-Metroids von Nintendo gelungen: Die so genannten "MetroidVania"- bzw. "CastleRoid"-Spiele kennzeichnen die motivierende Mischung aus Kampf und Erforschung der Umgebung, wobei man immer wieder auf Gebiete stößt, die man erst mit neuen Fähigkeiten öffnen oder betreten kann. Mit Castlevania Lords of Shadow Mirror of Fate soll die Tradition wieder aufleben.

Es geht endlich los

Ich hatte die Hoffnung beinahe schon aufgegeben. Nachdem das Spiel gut vier Stunden unterhaltsam, aber bar jeglicher Herausforderung vor sich hinplätscherte, wurden sowohl die Spannungs- als auch die Anforderungszügel angezogen. Gerade noch rechtzeitig! Denn ich war kurz davor zu sagen, dass die Entwickler von Mercury Steam (auch verantwortlich für das Original Castlevania Lords of Shadow sowie dessen Fortsetzung) die 3DS-Premiere der Serie lediglich nutzen, um ihre eindrucksvolle Mobilengine zu präsentieren als die seit 2008 wartenden Fans mit einem guten Abenteuer zu unterhalten.

Dabei klingt alles viel versprechend: Es soll eine Mischung aus klassischen seitwärts scrollenden 2D-Mechaniken sowie einem modernen Kampfsystem inspiriert von der Dynamik des stationären Lords of Shadow sein. Im Prolog ist man noch als Gabriel Belmont unterwegs, läuft von rechts nach links (oder umgekehrt) durch die stimmungsvollen Kulissen, die immer wieder mit gelungenen 3D- sowie guten Tiefen-Effekten punkten und schwingt seine mörderische Peitsche gegen allerlei Ungetier. Danach wechselt man jedoch die Rolle und schlüpft u.a. in die Haut seiner Nachfahren Trevor und Simon, die aus welchem Grund auch immer mit einem schottischen Dialekt sprechen, der für mich nicht zu den Figuren passt. Noch bedenklicher und vor allem relevanter ist allerdings, dass sich die Protagonisten bis auf die wenigen Spezialfähigkeiten alle sehr ähnlich spielen.

Erzählerisch gut, aber schwach inszeniert

Die dynamischen Kämpfe mit ihrem Block-/Kontersystem sind das Prunkstück von Mirror of Fate.
Die dynamischen Kämpfe mit ihrem Block-/Kontersystem sind das Prunkstück von Mirror of Fate.
Das allein wäre nicht so schlimm. Aber ich habe darüber hinaus Probleme, mit der Geschichte warm zu werden. Nicht nur, weil Simon oder sein Vater lange nicht die charismatische oder gar geheimnisvolle Ausstrahlung ihrer Vorgänger haben. Und auch nicht nur, weil Mirror of Fate all denjenigen, die Lords of Shadow auf Konsolen (noch) nicht durchgespielt haben, das Ende und damit einen großen Twist spoilert. Sondern vielmehr, weil ich mich hier partout nicht an den Erzählstil gewöhnen kann. Dabei ist die grundsätzliche Idee ansprechend: In Form von animierten sowie gut (aber Englisch) vertonten Comic-Sequenzen, bei denen ebenfalls nette 3D-Effekte eingesetzt werden, wird die Geschichte vorangetrieben. Einzig die Motivation, mir alles anzuhören, wird nicht aufgebaut. Denn der Stil ist inkonsequent. Was in der Theorie gut klingt, nämlich durch überraschend inne gehaltene Animationen den Eindruck von "Comic-Frames" zu erzeugen, wirkt auf mich in der halbfertig, verspielt dadurch viel Atmosphäre und damit Aufmerksamkeit meinerseits. Warum hat man diese Szenen nicht komplett animiert oder konsequent als vertonte Standbilder präsentiert?

Da kann auch der überraschende Auftritt eines alten Bekannten nicht mehr viel retten, den man im zweiten Akt spielt, der jedoch in den letzten 16 Jahren viele seiner Fähigkeiten eingebüßt hat. Obwohl zumindest der Kniff funktioniert, Ereignisse zu spielen, die parallel zu denen ablaufen, die man zuvor mit Simon erlebt hat. Und mit ihm kommt nicht nur in der Erinnerung das alte Castlevania-Gefühl auf: Die Kämpfe werden nach etwa vier Stunden härter, die Bosse anspruchsvoller und endlich gibt es Rätsel.

Mehr God of War als Castlevania

Die Sprung- bzw. Kletterpassagen hingegen sind nur selten fordernd.
Die Sprung- bzw. Kletterpassagen hingegen sind nur selten fordernd.
Doch bis dahin und leider auch mit wenigen Ausnahmen einen Großteil der Zeit danach bis zum Ende des etwa zehn bis zwölf Stunden langen Abenteuers, bleibt Mirror of Fate ein gewöhnliches Action-Adventure, das sich zu selten wie ein Castlevania anfühlt. Allerdings zählt Mirror of Fate dank sehr guten Gegnerdesigns, ausgefeilter Levelstrukturen sowie der visuell clever eingesetzten dritten Dimension derzeit zu den ansehnlichsten Titeln auf dem 3DS. Wenn man im zweiten und dritten Akt nach einem harten Bosskampf auf einem Vieh wie Gandalf auf Balrog reitend durch einen engen, sich schnell verbreiterenden Schacht nach unten stürzt und den 3D-Regler bis zum oberen Anschlag gestellt hat, kommt man gar nicht umhin, als die Engine von Mercury Steam in den höchsten Tönen zu loben.

In anderen Aspekten jedoch haben die Spanier den Bezug zur Serie verloren. Was auf den stationären HD-Systemen noch frisch für eine Reihe war, die in der spielerischen dritten Dimension seit N64-Zeiten Probleme hatte, verfehlt als 2D-Spektakel seine Wirkung. Zu groß, zu übermächtig ist die Qualität der letzten Mobil-Castlevanias, zu vielfältig ihre Ansätze, die in den letzten Jahren mobil immer eines verkörperten: "MetroidVania in Reinkultur". Und dieses Gefühl stellt sich hier nur selten ein. Zudem war ihnen bei der

Das Konzept der Veknüpfung klassischer Tugenden mit moderner Kampfdynamik geht nur eingeschränkt auf.
Das Konzept der Veknüpfung klassischer Tugenden mit moderner Kampfdynamik geht nur eingeschränkt auf.
Umsetzung auf den 3DS eine technische Glanzleistung lieber als ein sinnvoller Einsatz der zur Verfügung stehenden Kontroll-Optionen. Bis auf eine vernachlässigbareAusnahme wird der Touchscreen nur als alternative Umschaltmöglichkeit für die Sonderfähigkeiten bzw. Extrawaffen genutzt. Schade, denn dass der gelungene Einsatz des Berührungsschirms ein Spielerlebnis aufwerten kann, haben die DS-Castlevanias kontinuierlich unter Beweis gestellt.

Elemente vs. Summe

Dabei ist jedes Element für sich durchaus in der Lage, das schwere Erbe anzutreten: Die Kämpfe z.B. sind weitaus dynamischer und dank des guten Block/Konter- sowie Ausweichsystems noch taktischer als in älteren Castlevanias. Dementsprechend sind die Bosse natürlich auch fordernd, wobei sie jedoch stets fair bleiben und man mit Kenntnis ihrer Angriffsschemata sowie guten Reaktionen immer eine Chance hat. Begünstigt wird man noch durch das automatische Speichersystem, das mitunter zwischen den Bosskampf-Phasen einen Kontrollpunkt anlegt, von dem aus man einfach weiter kämpft. Die Zeiten, in denen Spannung bei einem 2D-Castlevania dadurch aufkam, dass man sich mit nur wenig Energie zum nächsten Speicherpunkt kämpfen bzw. vortasten musste, stets wissend, dass man mit nur zwei oder drei weiteren Treffen das Zeitliche segnet, sind vorbei. Hier wird der Fokus auf einzelne Kämpfe gelegt – die übergeordnete Anspannung fehlt leider. Zumal man in manchen Momenten sogar einen Glitch ausnutzen kann: Monster verlassen nur selten den ihnen zugedachten Raum. Sprich: Man kann in Situationen, in denen nicht durch magische Türen auf "Arenakampf" umgeschaltet wird, durch Durchgänge entkommen und so den Angriffen der Feinde entgehen.

Die moderne Variante der "besessenen Rüstung" ist ein harter Gegner.
Die moderne Variante der "besessenen Rüstung" ist ein harter Gegner.
Und wenn man ganz viel Glück hat, bleiben sie in der Nähe des Ausgangs stehen, so dass man sie seinerseits mit der Peitsche oder Spezialangriffen attackieren kann.

Und nach wie vor gibt es auch Erforschung - beinahe so, wie man sie kennt: Es gibt immer noch Abschnitte, die erst zugänglich sind, wenn man bestimmte Fähigkeiten gemeistert hat. Einzig die Motivation innerhalb der meist linearen und letztlich vergleichsweise kleinen Abschnitte auch das kleinste der zahlreichen Geheimnisse zu entdecken, mag sich bei mir nicht einstellen. Natürlich freue ich mich, wenn ich eine Kiste finde, nach deren Öffnung entweder die Gesundheitsleiste oder der maximale Manavorrat steigt. Doch dank des letztlich sehr moderaten Schwierigkeitsgrades sowie der automatischen Speicherung lassen sich auch ohne Maximalsteigerung alle Kämpfe bestreiten - wenngleich mitunter etwas langwieriger, als wenn man alles aufgesammelt hätte. Zudem hat man kein Gefühl dafür, wie groß die Welt ist, durch die man sich kämpft und hüpft. Wenn man bei Symphony of the Night gegen Ende die Karte öffnet, weiß man, was man erlebt hat. Hier hingegen gibt es eine kleine Übersicht mit "Gebieten", die man anwählen kann und die daraufhin den bereits erforschten Anteil dieses Areals offenbaren. Der übergeordnete Zusammenhang und damit auch das Bewusstsein, etwas erreicht zu haben, sind nur in Ansätzen vorhanden.

Fazit

Auf dem 3DS ist der Neustart der Serie weitaus weniger gelungen als vor wenigen  Jahren auf den HD-Konsolen - zumal ich mit der Inszenierung nicht warm werde. Wobei der Absturz, der sich nach den ersten vier Stunden angedeutet hatte, durch die gut inszenierte Action im Stile des "großen" Lords of Shadow noch spürbar aufgefangen wird. Doch die Rückbesinnung auf alte Tugenden geht für meinen Geschmack etwas zu weit - zurück in die Ära vor Symphony of  the Night, als die zweidimensionalen Castlevanias nur wenige Rätsel und noch weniger Rollenspielelemente hatten. Der Fokus auf Kämpfe erinnert in dieser Form aber eher an ein zweidimensionales God of War als an einen modernen Vertreter einer Reihe, die Synonym für ein komplettes Subgenre des zweidimensionalen Action-Adventures geworden ist. Während die Technik mit detaillierten Texturen, ausgefeiltem Gegner- sowie Leveldesign sowie visuell interessantem Einsatz der 3D-Technologie durch die Bank überzeugt, bleiben die Mechaniken abseits der Kämpfe häufig zu oberflächlich und schaffen es daher nur selten, das anspruchsvolle Castlevania-Gefühl zu vermitteln, das man mit den mobilen Vorgängern assoziiert.

Pro

gelungener Einsatz von 3D-Effekten
Mix klassischer Elementen und moderner Kampfdynamik...
gute Rätsel...
beeindruckende Kulisse
fantasievolles Gegnerdesign
eingängige Steuerung
mehrere spielbare Figuren...
viel zu entdecken
klasse Bosskämpfe
stimmungsvolle Musik
Karte kann mit eigenen Markierungen versehen werden

Kontra

lieblose Zwischensequenzen
... bei dem allerdings zu oft die Castlevania-Seele fehlt
... aber zu wenige vorhanden
vermittelt kein Gefühl für die Größe der Welt
Schwierigkeitsgrad kommt spät in Fahrt
keine Rollenspiel-Elemente mehr
... die sich aber alle ähnlich spielen
spoilert Ende des Konsolen-Lords of Shadow
Touchscreen wird nur rudimentär genutzt

Wertung

3DS

Die dynamischen Kämpfe sind gelungen, die Kulisse mitsamt schicker 3D-Effekte ist absolut sehenswert. Doch Mercury Steam schafft es nur selten, die Seele der letzten mobilen Castlevanias zu erfassen.

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